Index
44 Zivildienst;Norm
ZDG 1986 §14 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in O, vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stainerstraße 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 2001, Zl. 245130/2- IV/3/a/01, betreffend Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1982 geborene Beschwerdeführer schloss im Sommer 2000 die Handelsschule W. mit Erfolg ab.
Am 4. August 2000 wurde seine Tauglichkeit festgestellt.
Seit September 2000 besucht er als ordentlicher Schüler den Aufbaulehrgang der Bundeshandelsschule und Bundeshandelsakademie T. Es handelt sich dabei um einen dreijährigen Lehrgang, der mit Matura abgeschlossen wird.
Am 29. September 2000 gab der Beschwerdeführer eine mängelfreie Zivildiensterklärung ab.
Mit Schreiben an die belangte Behörde vom 6. Dezember 2000 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er den genannten Lehrgang absolviere und sein Schulbesuch voraussichtlich im Jahr 2003 ende. Er bitte daher um Aufschub des Antrittes des Zivildienstes bis zum Abschluss des Schulbesuches.
Mit Schreiben vom 3. Jänner 2001 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf nachzuweisen, wann er mit der in seinem Antrag angeführten Schulausbildung begonnen habe. Im Falle einer erst nach dem 1. Jänner des Jahres, in dem die Tauglichkeit festgestellt worden sei, begonnenen Ausbildung habe der Beschwerdeführer auch nachzuweisen, welchen bedeutenden Nachteil er durch die Unterbrechung dieser Ausbildung erleiden würde bzw. welche außerordentliche Härte mit der Unterbrechung verbunden wäre, insbesondere allfällige Umstände, die der unmittelbaren Fortsetzung seiner Ausbildung nach Leistung des ordentlichen Zivildienstes entgegen stünden.
Der Beschwerdeführer brachte in seinem Schreiben vom 2. Februar 2001 vor, nur auf Grund der Tatsache, dass er (infolge einer verfehlten Schulwahl nach der Hauptschule) ein Schuljahr verloren habe, sei es dazu gekommen, dass er den Aufbaulehrgang im Jahre der "Musterung" begonnen habe. Die Unterbrechung des Schulbesuches durch die Ableistung des Zivildienstes verzögere seine Reifeprüfung wahrscheinlich um zwei Jahre. Es sei schwierig nach einer Unterbrechung von ein oder zwei Jahren den Anschluss wieder zu finden bzw. werde in den meisten Fällen der Schulbesuch aus diesen Gründen nicht wieder aufgenommen. Er ersuche daher um Aufschub bis zum Ablauf des dritten Schuljahres im Jahr 2003.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 14 Abs. 1 bis 3 Zivildienstgesetz 1986 - ZDG ab.
In der Begründung führte sie nach Wiedergabe des § 14 Abs. 1 bis 3 ZDG und des Verfahrensverlaufes im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seit 4. August 2000 tauglich. Zum Stichtag gemäß § 36a Abs. 3 Wehrgesetz sei er Handelsschüler gewesen. Auf ihn sei daher § 14 Abs. 2 ZDG anzuwenden. Der festgestellte Sachverhalt biete keinen Grund, dem Beschwerdeführer Aufschub zu gewähren. Als bedeutender Nachteil oder als außerordentliche Härte könnten keinen Umstände erfolgreich geltend gemacht werden, die notwendigerweise mit der gesetzlich zulässigen Unterbrechung der Ausbildung für alle Fälle in gleicher Weise verbunden seien. Die mit der Ableistung des Zivildienstes verbundene Verhinderung einer zügigen und ununterbrochenen Ausbildung stelle für sich allein keinen bedeutenden Nachteil dar. Die bloße Verlängerung der Ausbildung infolge der Zivildienstleistung sei eine natürliche Folge der Erfüllung der in Rede stehenden staatsbürgerlichen Pflicht und könne keine außerordentliche Härte begründen. Mit der Aufnahme eines Schülers verpflichte sich der Träger der Lehranstalt mit Öffentlichkeitsrecht grundsätzlich, diesem den Abschluss der Ausbildung zu ermöglichen. Der Beschwerdeführer sei zum Dienstantrittstermin Oktober 2001 zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen. Der behauptete Verlust von zwei Studienjahren bei Leistung des ordentlichen Zivildienstes sei bei diesem Dienstantrittstermin nicht schlüssig. Der Antrag sei daher abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des ZDG
maßgebend:
"§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem im § 36a Abs. 3 WG genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist - sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegen stehen - auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht.
(2) Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegen stehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamkeit der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 36a Abs. 3 WG genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde."
Der in § 36a Abs. 3 WG genannte Zeitpunkt ist der 1. Jänner des Kalenderjahres, in dem die Tauglichkeit des Wehrpflichtigen festgestellt wurde. Im Beschwerdefall war dies der 1. Jänner 2000. Zu diesem Zeitpunkt besuchte der Beschwerdeführer die Handelsschule, die er im Sommer 2000 abgeschlossen hat. Die belangte Behörde hat daher mit Recht die Auffassung vertreten, dass der Antrag des Beschwerdeführers nicht nach § 14 Abs. 1 sondern nach § 14 Abs. 2 ZDG zu beurteilen ist.
Der Beschwerdeführer hat, ohne zugewiesen zu sein, mit dem Besuch des Aufbaulehrganges ab September 2000 eine weiterführende Ausbildung begonnen. Seinem Antrag kann nach § 14 Abs. 2 zweiter Satz ZDG nur dann stattgegeben werden, wenn eine Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.
Der Beschwerdeführer behauptet, die Ableistung des Zivildienstes würde für ihn eine Unterbrechung der Schule im Ausmaß von zwei Jahren bedeuten. Der Verlust eines ganzen weiteren Schuljahres über die durch die Dauer des Zivildienstes selbst bedingte Verzögerung des Schulbesuches hinaus, würde eine außerordentliche Härte im Sinne der genannten Gesetzesstelle darstellen (siehe dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0079, und vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0139).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid das Vorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine Zuweisung zum Zivildienst ab Oktober 2001 als unschlüssig bezeichnet, ohne sich allerdings damit auseinander zu setzen, dass der Beschwerdeführer den Zivildienst im Hinblick auf dessen Dauer von zwölf Monten (§ 7 Abs. 2 erster Satz ZDG) erst mit Ende September 2002 abgeleistet haben wird. Zu diesem Zeitpunkt wird nach der Aktenlage bereits ein weiteres Schuljahr begonnen haben. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von jenen Fällen, in denen es um eine Hochschulausbildung gegangen ist (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/11/0151, vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0207, und vom 24. März 1999, Zl. 98/11/0180). Nur wenn dem Beschwerdeführer der Einstieg in den zweiten Jahrgang im Oktober 2002 möglich und zumutbar ist, kann gesagt werden, dass die Unterbrechung des Schulbesuches ab Oktober 2001 für die Dauer eines Jahres keine außerordentliche Härte darstellt. Um dies beurteilen zu können, bedarf es entsprechender Ermittlungen und begründeter Sachverhaltsfeststellungen dazu, ob der Beschwerdeführer auch während des Schuljahres in den zweiten Jahrgang des Aufbaulehrganges eintreten und diesen erfolgreich absolvieren kann. Solche Feststellungen enthält der angefochtene Bescheid nicht, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001110116.X00Im RIS seit
27.11.2001