TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/20 2000/06/0153

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Veröffentlicht am 20.09.2001
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Index

L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg;
L82000 Bauordnung;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;

Norm

BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
ROG Slbg 1998 §19 Abs1 Z1;
ROG Slbg 1998 §24 Abs2;
StGG Art2;
StGG Art6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde der Gemeinde B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 3. Juli 2000, Zl. 7/03- 3/03075/6-2000, betreffend Ausnahmegenehmigung gemäß § 24 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 (mitbeteiligte Parteien: 1. AP und 2. FP, beide in S, beide vertreten durch Dr. B und Dr. A, Rechtsanwälte in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen (eingelangt bei der Beschwerdeführerin am 29. Jänner 1998) wurde von den Mitbeteiligten für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebs- und Wohngebäudes auf dem näher bezeichneten Grundstück die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 24 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 beantragt. Das verfahrensgegenständliche Grundstück ist als "Grünland-Ländliche Gebiete" im Sinne des § 19 Z. 1 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 gewidmet. Mit Bescheid vom 24. November 1999 wies die Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin dieses Ansuchen der Mitbeteiligten wegen Widerspruches zum Räumlichen Entwicklungskonzept der Beschwerdeführerin und wegen Widerspruches zu erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsichten ab.

Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung wurde der Bescheid der Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin aufgehoben und die Angelegenheit an die Beschwerdeführerin zurückverwiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nach § 24 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 die Behörde zunächst (in rechtlicher Gebundenheit) zu beurteilen habe, ob die beantragte Ausnahmegenehmigung dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht entgegenstehe und sie - falls dies zutreffe - schon deshalb die beantragte Bewilligung zu versagen habe. Treffe dies nicht zu, so liege es im Ermessen der Gemeinde, ob sie die beantragte Bewilligung erteile. Der Widerspruch des Bauvorhabens mit der nach dem bestehenden Flächenwidmungsplan gültigen Widmung reiche allerdings allein noch nicht aus, das Bauvorhaben nicht zu genehmigen, setze doch die Erteilung einer Bewilligung im Sinne des § 19 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 1977 (nunmehr: § 24 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998) gedanklich eine Widmungswidrigkeit voraus. Es sei vielmehr maßgebend, ob nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalles die raumrelevanten Planungsabsichten durch das Bauvorhaben nicht beeinträchtigt würden. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin widerspreche das Vorhaben dem räumlichen Entwicklungskonzept und dessen erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsichten und sei daher schon aus diesem Grund abzulehnen gewesen. Eine Ermessensentscheidung brauche nicht getroffen werden. Gestützt auf das Raumordnungsgutachten des Ortsplaners Dipl.-Ing. W. stehe das Vorhaben nach Ansicht der Beschwerdeführerin folgenden Zielen und Maßnahmen des räumlichen Entwicklungskonzeptes und Planungsabsichten entgegen:

a) Ausweisung eines umfassenden Grünschutzgürtels im Gemeindegebiet, wozu unbestrittenerweise der klar abgegrenzte Landschaftsteil des G dazugehöre;

b)

keine Ausweitung von Streusiedlungen;

c)

Erhaltung des Landschaftsschutzes;

d)

Erhaltung von zusammenhängenden landwirtschaftlich genutzten Flächen;

              e)              Ausnahmegenehmigungen seien auf wirtschaftlich notwendige Erweiterungen zu beschränken, wobei jedoch strengste Maßstäbe bei der Beurteilung anzulegen seien;

              f)              der gesamte Grünraum um den H solle von einer Bebauung frei gehalten werden und die Bebauunggrenzen der V.Siedlung und Fischbachbebauung im Nord-Osten sollten nicht erweitert werden;

              g)              Hebung des Erholungswertes als Naherholungsgebiet der Stadt.

Dazu sei festzuhalten, dass Punkt a) nicht auf Aussagen des räumlichen Entwicklungskonzeptes rückführbar sei, zumal sich die gegenständliche Aussage des räumlichen Entwicklungskonzeptes (vgl. Maßnahmen zu Punkt Lage und Umlandbeziehungen und Karte B) lediglich auf den klar abgegrenzten Bereich des P-Berges beziehe. Sollte die Gemeinde hiermit die Zustimmung zu dem vom Regionalverband Salzburg Stadt und Umgebungsgemeinden geplanten Grüngürtel der Stadt Salzburg gemeint haben, so sei festzuhalten, dass der gegenständliche Bereich vom Grüngürtel des Regionalprogrammes Salzburg Stadt und Umgebungsgemeinden (LGBl. Nr. 97/1999) nicht erfasst sei. Der Schluss, wonach zum umfassenden Grünschutzgürtel im Gemeindegebiet unbestrittenerweise der Landschaftsteil des G gehöre, sei daher nicht nachvollziehbar.

Hinsichtlich der Punkte b, c, d und g sei zu erwähnen, dass diese REK-Ziele zwar ins Treffen geführt worden seien, jedoch nicht dargelegt worden sei, aus welchen Gründen das Vorhaben konkret diesen Zielsetzungen widersprechen würde. Festzuhalten sei, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Bescheid subjektiv-öffentliche Rechte verletze, wenn die Versagung der Bewilligung ausschließlich auf allgemeine Aussagen gestützt werde. Es sei vielmehr maßgebend, ob nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalles die raumrelevanten Planungsabsichten durch das Bauvorhaben beeinträchtigt würden.

Letztlich könnten auch die Punkte e) und f) einen Widerspruch zu den Zielsetzungen der Gemeinde nicht aufzeigen. Eine Interpretation des räumlichen Entwicklungskonzeptes dahingehend, dass Einzelbewilligungen nur für wirtschaftlich notwendige Erweiterung, nicht jedoch für Neuerrichtungen erteilt werden dürften, würde zu einer weit gehenden Aushöhlung der gesetzlichen Bestimmungen führen. Abgesehen davon scheine sich diese Formulierung des REK auf nicht landwirtschaftliche Bauten zu beziehen, könnten doch notwendige bauliche Erweiterungen von landwirtschaftlichen Betrieben im Grünland/ländlichen Gebiet gemäß § 24 Abs. 2 ROG 1998, d.h. ohne Verfahren gemäß § 24 Abs. 3 ROG 1998, erfolgen.

Hinsichtlich des Punktes f) sei zu erwähnen, dass dieser das Detailziel "Die Bebauungsgrenzen in Richtung Norden, H und Ausfallstraße B sind zu beachten" des Siedlungsleitbildes zum Bereich V.Siedlung zurückzuführen sei und gemäß den Ausführungen des Ortsplaners die Vermeidung von Zersiedelungstendenzen zum Inhalt habe. Hiezu sei festzuhalten, dass landwirtschaftliche Hofstellen - unabhängig davon, ob sie einer alternativen oder herkömmlichen Landwirtschaft dienten - mit der Widmung Grünland/ländliche Gebiete gemäß § 19 Z. 1 ROG 1998 in Einklang stünden und daher die Errichtung derselben nicht als Zersiedelungsmaßnahme anzusehen sei. Dass das gegenständliche Vorhaben in Größe und Raumaufteilung den Anforderungen, die an ein solches Gebäude auf Grund der beabsichtigten Bewirtschaftungsart zu stellen seien, entspreche, sei bereits im Gutachten des Amtssachverständigen für Landwirtschaftsfragen bestätigt und von der Gemeinde auch nicht bestritten worden.

Zusammenfassend könne daher festgehalten werden, dass die von der Beschwerdeführerin angeführten Versagungsgründe nicht geeignet seien, einen Widerspruch zum räumlichen Entwicklungskonzept der Beschwerdeführerin bzw. zu ihren grundsätzlichen Planungsabsichten aufzuzeigen. Die Mitbeteiligten seien daher durch den Bescheid der Beschwerdeführerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden.

An diesem Ergebnis könne auch der Umstand nichts ändern, dass die - wie im Bescheid angeführt - beabsichtigte biologische Landwirtschaft in keinem funktionellem Zusammenhang mit der im Flachgau ausgeübten Milchwirtschaft stehe, werde die beabsichtigte Art der Bewirtschaftung doch vom Amtssachverständigen für landwirtschaftliche Angelegenheiten ausdrücklich gut geheißen. Gleiches gelte für die Empfehlung des Ortsplaners, das bestehende Korbgut wieder als landwirtschaftliches Betriebsgebäude zu nutzen, stehe dieses Gebäude doch nicht im Eigentum der Mitbeteiligten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und, wie die mitbeteiligten Parteien gemeinsam, eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde haben in der Folge weitere Repliken erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 7 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998, LGBl. Nr. 44 (ROG 1998), gelten u.a. im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingeleitete Verfahren zur Erteilung einer Ausnahme gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 (nunmehr § 24 Abs. 3 ROG 1998) als Verfahren im Sinne dieses Gesetzes; sie sind auf der Basis des jeweiligen Verfahrensstandes nach dessen Bestimmungen weiterzuführen.

Gemäß § 19 Z. 1 ROG 1998 gehören zum Grünland und können besonders ausgewiesen werden:

              "1.              ländliche Gebiete (Grünland im engeren Sinn); das sind Flächen, die für die land- oder forstwirtschaftliche oder berufsgärtnerische Nutzung bestimmt sind."

§ 24 Abs. 1 ROG 1998 erster Satz sieht vor:

"Maßnahmen, die sich auf den Raum auswirken und die auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften einer Bewilligung, Genehmigung odgl der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich oder einer sonstigen, auf Grund baurechtlicher Vorschriften des Landes zu erteilenden Bewilligung odgl bedürfen, können vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes an nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung bewilligt, genehmigt oder sonst zugelassen werden; insbesondere dürfen Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nur innerhalb des Baulandes (§ 17) und entsprechend der festgelegten Widmung erteilt werden."

§ 24 Abs. 2 erster bis vierter Satz ROG 1998 ordnet Folgendes an:

"(2) Unter die Beschränkungen des Abs 1 fallen nicht Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen für Vorhaben im Grünland, welche für die der Widmung entsprechende Nutzung notwendig sind, sowie für Verkehrsbauten und Transformatoren- oder Gasdruckregelstationen. Als notwendig gelten bei der Widmung gemäß § 19 Z 1 nur die entsprechend der Agrarstruktur für bestehende land- und bzw. oder forstwirtschaftliche Betriebe an dem vorgesehenen Standort erforderlichen Bauten. Als bestehender land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinn dieser Bestimmung ist nur ein solcher anzusehen, der über eine Hofstelle (Wohn- und Wirtschaftsgebäude) verfügt. Bei der Beurteilung, ob ein Bau am vorgesehenen Standort erforderlich ist, ist auf betriebswirtschaftliche Verhältnisse möglichst Bedacht zu nehmen. Daneben sind ohne die Beschränkungen des Abs 1 in so ausgewiesenen Gebieten (§ 19 Z 1) Bauten für Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft gemäß § 2 Abs 4 der Gewerbeordnung 1994 sowie innerhalb der landwirtschaftlichen Wohngebäude bauliche Maßnahmen für die Privatzimmervermietung gemäß dem Salzburger Privatzimmervermietungsgesetz und mit einem Gesamtausmaß bis zu 150 m2 Wohnungsgröße für drei Ferienwohnungen sowie die Errichtung eines betriebszugehörigen, im Hofverband situierten Austraghauses mit höchstens 200 m2 Geschoßfläche zulässig; ein Austraghaus ist ein Bau, der vorwiegend dem Auszügler und seiner Familie als Wohnung dient."

§ 24 Abs. 3 erster und zweiter Satz leg. cit. lauten:

"Die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß Abs 1 können für bestimmte Grundflächen von der Gemeindevertretung (in der Stadt Salzburg vom Gemeinderat) auf Ansuchen des Grundeigentümers durch Bescheid ausgeschlossen und ein genau bezeichnetes Vorhaben raumordnungsmäßig bewilligt werden, wenn dieses dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht. Eine solche Einzelbewilligung kommt jedenfalls nicht in Betracht, wenn es sich bei dem Vorhaben handelt um:

1.

Zweitwohnungen;

2.

Handelsgroßbetriebe;

3.

Beherbergungsgroßbetriebe;

4.

die Neuerrichtung von nicht landwirtschaftlichen Wohnbauten im Grünland und, wenn hiedurch die Geschoßfläche des gesamten Baues 250 m2 überschreitet, die durch Auf- oder Zubauten erfolgende Erweiterung von solchen Bauten;

              5.              die Neuerrichtung von anderen Bauten als Wohnbauten im Grünland und die durch Auf- oder Zubauten erfolgende Erweiterung von solchen Bauten, wenn die Geschoßfläche des gesamten Baues 250 m2 überschreitet, es sei denn, es handelt sich um ein an die Grünlandnutzung gebundenes Bauvorhaben für Erwerbsgärtnereien oder Fischzuchtanlagen oder um die Neugründung land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe."

Die beschwerdeführende Gemeinde macht geltend, dass sie in ihrem Bescheid ausführlich dargelegt hätte, dass die Bewilligung gemäß § 24 Abs. 3 ROG 1998 von ihrer Rechtsnatur her eine Ermessensentscheidung darstelle, was bedeute, dass die Gemeindevertretung auf der Grundlage eines mängelfreien Ermittlungsverfahrens und insbesondere eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens zu entscheiden habe, ob einem Bauvorhaben - auch im Falle eines land- und forstwirtschaftlichen Wohn- und Betriebsgebäudes - erkennbare grundsätzliche Planungsabsichten bzw. das räumliche Entwicklungskonzept entgegenstünden oder nicht. Mit diesem Beweisthema habe sich das ausführliche Ermittlungsverfahren der Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin beschäftigt, weshalb auch ein Gutachten des Ortsplaners eingeholt worden sei. Aber auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu dieser Bestimmung sei beachtet worden. Danach komme das mit der Grünlandwidmung verfolgte Planungsziel, die Grundfläche vor einer Bebauung zu schützen, in Ansehung der konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalls, insbesondere dann zum Tragen, wenn die Grundfläche an einen Wald, ein Landschafts- und Naturschutzgebiet anschließe und die Bebauung des Grundstückes als Einbruch in eine geschlossene Grünlandstruktur gedeutet werden müsste. Ebenso hätten der Schutz der Naherholungsfunktion für die Gemeindebewohner, die Hintanhaltung einer Zersiedelung von Grünlandreserven, das Vorhandensein eines funktionellen Zusammenhanges der beabsichtigten landwirtschaftlichen Betriebsführung mit allfällig vorhandenen benachbarten landwirtschaftlichen Betrieben und die Hintanhaltung des Einbruches in einen in sich geschlossenen, von der Bebauung klar abgegrenzten Landschaftsteil im Hinblick auf die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes eine maßgebende Rolle gespielt. Nach der Auffassung der Beschwerdeführerin entspreche das Gutachten des Ortsplaners sehr viel mehr den Erfordernissen an die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung gemäß § 24 Abs. 3 ROG 1998 als das Privatgutachten von Dipl.-Ing. P. Der Ortsplaner habe in seinem Gutachten eindeutig festgestellt, dass er wesentliche, grundsätzliche Planungsabsichten, die im REK der Beschwerdeführerin festgelegt seien, durch das gegenständliche Bauvorhaben, bei dem es sich nicht um eine Hofstelle, sondern um ein Wohn- und Betriebsgebäude handle, maßgeblich verletzt sehe. Daran könne auch nichts ändern, dass der beabsichtigte Landwirtschaftsbetrieb sozusagen eine landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks garantiere und einer schleichenden Bewaldung vorbeuge, da es der Gemeinde als Raumordnungsbehörde sehr wohl vom Gesetz zugestanden werde, auch einen neuen landwirtschaftlichen Betrieb - noch dazu mit einem Wohngebäude in dieser Dimension - nur an Stellen zuzulassen, wo keine Planungsabsichten entgegenstünden. Insbesondere der wesentliche Planungsgrundsatz, neue landwirtschaftliche Betriebe nur im Fall des Vorhandenseins eines funktionellen Zusammenhanges der beabsichtigten landwirtschaftlichen Betriebsführung mit benachbarten landwirtschaftlichen Betrieben raumordnungsmäßig zu bewilligen, werde verletzt, da zum einen keinerlei landwirtschaftliche Betriebe im Nahbereich vorhanden seien und des Weiteren im Flachgau die Milchwirtschaft vorherrsche und deshalb auch kein funktioneller Zusammenhang mit der beabsichtigten biologischen Landwirtschaft vorliege.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nur die die Aufhebung tragenden Gründe eines aufhebenden Vorstellungsbescheides im fortgesetzten Verfahren Bindungswirkung entfalten und somit die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzen könnten (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1997, Zl. 97/05/0304). In dem von der Gemeindebehörde herangezogenen raumordnungsfachlichen Gutachten des Ortsplaners vom 6. April 1999 wurde zu der Frage, ob die begehrte Einzelbewilligung den Planungsabsichten des räumlichen Entwicklungskonzeptes und des Flächenwidmungsplanes der Beschwerdeführerin aus der Sicht der örtlichen Raumplanung entgegenstehe, Folgendes ausgeführt:

"Unter den Zielen des Räumlichen Entwicklungskonzeptes ist die besondere Bedachtnahme für die Sicherung ökologischer Ausgleichsräume sowie die Erhaltung der Naherholungsräume angeführt.

Der Landschaftsteil in dem das gegenständliche Grundstück liegt, ist klar abgegrenzt durch seine großflächigen Hangwiesen und den umgebenden Wald. Das Korbgut ist als Bauerngehöft im oberen Teil dieses Gebietes markant sichtbar und durchaus als bauliche Marke signifikant und wesentlich.

Die Kulisse 'Wald' betont diesen Raum noch besonders. Die beiden Wohnhäuser sind hinter dem Bauernhof angeordnet und treten nicht wesentlich in Erscheinung. Eine zusätzliche neue Baumaßnahme auf dem gegenständlichen Grundstück, das unmittelbar an Wald angrenzt, würde die harmonische landschaftliche Einheit empfindlich stören, außerdem ist die beabsichtigte landwirtschaftliche biologische Nutzung des Grundstückes nicht in einem funktionellen Zusammenhang mit der vorhandenen Milchwirtschaft zu sehen, sondern eher dem Ackerbau zuzuordnen.

Aus der Sicht der örtlichen Raumplanung steht die begehrte Einzelbewilligung der Planungsabsicht des Räumlichen Entwicklungskonzeptes und des Flächenwidmungsplanes entgegen. Es wird empfohlen das bestehende Korbgut wieder als landwirtschaftliches Betriebsgebäude zu nutzen."

In dem Bescheid der Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin vom 24. November 1999 wurde die Auffassung vertreten, dass folgende Festlegungen des Räumlichen Entwicklungskonzeptes der beantragten Ausnahme entgegenstehen:

"-

Ausweisung eines umfassenden Grünschutzgürtels im Gemeindegebiet, wozu unbestrittenerweise der klar abgegrenzte Landschaftsteil des G dazugehört

-

keine Ausweitung von Streusiedlungen

-

Erhaltung des Landschaftsschutzes

-

Erhaltung von zusammenhängenden landwirtschaftlich genutzten Flächen

-

Ausnahmegenehmigungen sind auf wirtschaftlich notwendige Erweiterungen zu beschränken, wobei jedoch strengste Maßstäbe bei der Beurteilung anzulegen sind

-

Der gesamte Grünraum um den H soll von einer Bebauung freigehalten werden und die Bebauungsgrenzen der V.Siedlung und Fischachbebauung im Nord-Osten sollen nicht erweitert werden

-

Hebung des Erholungswertes als Naherholungsgebiet der Stadt".

Wenn die Beschwerdeführerin meint, dass das herangezogene Gutachten schlüssig und nachvollziehbar ist, kann dem nicht gefolgt werden. Der Sachverständige vertrat im Ergebnis die Auffassung, dass durch die geplante Baumaßnahme die harmonische landschaftliche Einheit in dem vorliegenden Gebiet empfindlich gestört würde und die beabsichtigte landwirtschaftliche biologische Nutzung des Grundstückes nicht in einem funktionellen Zusammenhang mit der vorhandenen Milchwirtschaft stehe. Aus dem Gutachten und auch aus dem vorgelegten Räumlichen Entwicklungskonzept ergeben sich diese maßgeblich ins Treffen geführten Zielsetzungen bzw. Festlegungen nicht. Sofern man aber in das Ziel der Erhaltung des Landschaftsschutzes die Erreichung einer harmonischen landschaftlichen Einheit hineininterpretieren wollte, würde eine Auslegung dieser Zielsetzung, die dazu führte, dass im "Ländlichen Gebiet" gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 ROG 1998, das für die land- und forstwirtschaftliche oder berufsgärtnerische Nutzung bestimmt ist, jede Neuerrichtung eines dem Erforderlichkeitskriterium des § 24 Abs. 2 ROG 1998 entsprechenden landwirtschaftlichen Wohn- und Betriebsgebäudes unzulässig wäre, gegen § 19 Z. 1 ROG 1998 und auch gegen das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit verstoßen. Auf Flächen mit der Widmung "Ländliches Gebiet" ist, selbst wenn man eine harmonische landschaftliche Einheit anstrebte, das Bestehen von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben immer als Teil dieser Einheit mit ins Kalkül zu ziehen. Es erwiese sich als unsachlich wollte man angesichts der Neuerrichtung eines solchen Betriebes diesen als die landschaftliche Einheit störend beurteilen. Eine Zielsetzung der Gemeinde, die auf u.a. zur landwirtschaftlichen Nutzung bestimmten Flächen nur eine bestimmte Art der Landwirtschaft zuließe, wäre im Übrigen gleichfalls im Hinblick auf das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit bedenklich.

Dazu kommt im vorliegenden Fall, dass die Gemeindebehörde ihre Entscheidung gar nicht im Sinne der angeführten Schlussfolgerungen des Gutachtens getroffen hat, sondern abweichend von dessen wiedergegebenen Schlussfolgerungen näher angeführte Zielsetzungen und Festlegungen als dem Vorhaben entgegenstehend beurteilt hat. So hat die erstinstanzlich Behörde u. a. folgende Festlegungen als dem räumlichen Entwicklungskonzept der Beschwerdeführerin als dem Bauvorhaben der Mitbeteiligten entgegenstehend ins Treffen geführt:

-

keine Ausweitung von Streusiedlungen

-

Erhaltung des Landschaftsschutzes

-

Erhaltung von zusammenhängenden landwirtschaftlich genutzten Flächen

-

die Bebauungsgrenzen der V.Siedlung und Fischbachbebauung im Nordosten sollen nicht erweitert werden.

Diese Zielsetzungen werden in dem herangezogenen Gutachten zwar als erkennbare grundsätzliche Planungsabsichten im Rahmen des Flächenwidmungsplanes der Beschwerdeführerin angeführt. Diese Zielsetzungen werden jedoch in diesem Gutachten nicht ins Treffen geführt, um einen Widerspruch der beabsichtigten Baumaßnahme mit dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. den erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsichten der Beschwerdeführerin zu begründen. In Bezug auf die Zielsetzungen (keine Ausweitung von Streusiedlungen; Erhaltung des Landschaftsschutzes und Erhaltung von zusammenhängenden landwirtschaftlich genutzten Flächen) stellte die belangte Behörde zutreffend fest, dass diesbezüglich keine Begründung im erstinstanzlichen Bescheid enthalten ist. Eine Begründung findet sich dazu auch nicht in dem angeführten Gutachten des Ortsplaners. Angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass die Zielsetzung des räumlichen Entwicklungskonzeptes "keine Ausweitung von Streusiedlungen" im Abschnitt "Naturraum und Umwelt" (eingangs dieses Abschnittes wird von der expansiven Bautätigkeit in der beschwerdeführenden Gemeinde gesprochen, die das Landschaftsbild beeinträchtigt) dahin zu verstehen ist, dass es zu keinen Bauland-Widmungen in Streulage kommen soll. Eine Auslegung dieser Zielsetzung, wie sie die Beschwerdeführerin im Auge hat, dass auch für ein landwirtschaftliches Wohn- und Betriebsgebäude im Grünland-Ländliches Gebiet vom Entstehen einer Streusiedlung gesprochen werden müsste, würde wiederum nicht im Einklang mit der gesetzlichen Widmungsregelung des § 19 Z. 1 ROG stehen. Die Zielsetzung "Landschaftsschutz" wiederum muss im Zusammenhalt mit der Anordnung auf Seite 24 des Räumlichen Entwicklungskonzeptes gesehen werden, wonach in der Gemeinde zwei Landschaftsschutzgebiete bestehen:

"o 500  m Schutzgebiet um den R-See

o Landschaftsschutzgebiet P-Berg

Das im beiliegenden Plan (Karte B) abgegrenzte Gemeindegebiet soll einem gesonderten und nachhaltigen Grünlandschutz unterstellt werden und in den, vom Regionalverband Salzburg Stadt und Umgebungsgemeinden geplanten Grünflächengürtel um die Landeshauptstadt Salzburg eingebunden werden. die Bedingungen hiefür sind im Maßnahmenkatalog Lage- und Umlandbeziehungen festgehalten."

In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde unter Verweis auf die angeführte Karte B zutreffend darauf hingewiesen, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück nicht in diesen Schutzbereich fällt.

Nicht nachvollziehbar ist auch, dass die Errichtung eines landwirtschaftlichen Wohn- und Betriebsgebäudes (das nach Auffassung des landwirtschaftlichen Sachverständigen den Erforderlichkeitskriterien in Bezug auf die beabsichtigte Bewirtschaftungsart im Sinne des § 24 Abs. 2 ROG 1998 entspricht), der Zielsetzung der Erhaltung zusammenhängender landwirtschaftlich genutzter Flächen widersprechen soll. Der Umstand, dass in unmittelbarer Nähe ein nicht mehr landwirtschaftlich genutztes Gebäude besteht, kann nichts daran ändern, dass das verfahrensgegenständliche Bauansuchen und die davon betroffenen Grundstücke zur landwirtschaftlichen Nutzung vorgesehen sind und daher der Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen dienen.

Die Gemeindebehörde hat weiters ins Treffen geführt, dass gemäß dem räumlichen Entwicklungskonzept (Kapitel Besiedelung und Bebauung) Ausnahmegenehmigungen auf wirtschaftlich notwendige Erweiterungen zu beschränken seien, wobei strengste Maßstäbe bei der Beurteilung anzulegen seien. Auch auf diese Überlegung konnte ein Versagungsgrund gemäß § 24 Abs. 3 erster Satz ROG 1998 nicht gestützt werden. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde zutreffend die Auffassung vertreten, dass sich diese Zielsetzung des räumlichen Entwicklungskonzeptes nur auf nicht landwirtschaftliche Bauten beziehen kann, da notwendige bauliche Erweiterungen von bestehenden landwirtschaftlichen Betrieben gemäß § 24 Abs. 2 ROG 1998 jedenfalls zulässig seien. Dies ergibt sich aber auch daraus, dass sich das Kapitel "Besiedelung und Bebauung" - wie sich dies aus dem Wortlaut ergibt - allein auf das bestehende und allenfalls zu widmende Bauland bezieht.

Aber auch auf den unter lit. f angeführten Versagungsgrund, dass der gesamte Grünraum um den H von einer Bebauung freigehalten werden solle und die Bebauungsgrenzen der V.Siedlung und Fischbachbebauung im Nord-Osten nicht erweitert werden sollten, konnte der Bescheid der Gemeindevertretung rechtmäßigerweise nicht gestützt werden. Diese Zielsetzung hat ihre Grundlage im Detailziel des Räumlichen Entwicklungskonzeptes betreffend das Siedlungsleitbild im Bereich der V.Siedlung, nach dem die "Bebauungsgrenzen in Richtung Norden, H und allenfalls Straße B ... zu beachten" sind. Dieses Detailziel richtet sich offensichtlich auf die Grenzen des als Bauland gewidmeten Gebietes der sog. V.Siedlung. Aus dieser Zielsetzung betreffend die Einhaltung von vorgesehenen Grenzen des Baulandes kann für die Zulässigkeit von landwirtschaftlich genutzten Bauten im Grünland-Ländliches Gebiet nichts abgeleitet werden.

Wenn die Gemeindevertretung unter lit. g auch noch die Zielsetzung der Hebung des Erholungswertes als Naherholungsgebiet der Stadt erwähnt, enthält weder das herangezogene Gutachten noch der erstinstanzliche Bescheid eine Begründung dafür, dass das von den Mitbeteiligten beabsichtigte landwirtschaftliche Vorhaben dieser Zielsetzung widersprechen würde. Es ist auch nicht ersichtlich, wie ein Privatgrundstück mit der Widmung Ländliches Gebiet über die vorgesehene Grünland-Widmung hinaus der Zielsetzung der Hebung des Erholungswertes als Naherholungsgebiet der Stadt dienen soll.

Es kann daher zum einen keine Rede davon sein, das Gutachten des Ortsplaners vom 6. April 1999 sei schlüssig und nachvollziehbar. Zum anderen hat sich die Gemeindebehörde - wie näher aufgezeigt - auf die maßgeblichen Schlussfolgerungen des Gutachtens gar nicht gestützt. Auf Grund der von der Gemeindebehörde herangezogenen Zielsetzungen konnte - wie dargelegt - eine Versagung des verfahrensgegenständlichen Ansuchens rechtens nicht gestützt werden. Ob das räumliche Entwicklungskonzept einer Gemeinde und grundsätzliche Planungsabsichten einer Gemeinde einem Bauvorhaben im Sinne des § 24 Abs. 3 Sbg. ROG entgegenstehen, ist im Übrigen immer nur anhand des konkreten räumlichen Entwicklungskonzeptes in der Gemeinde bzw. den sonstigen für die örtliche Raumordnung der betroffenen Gemeinde allenfalls bedeutsamen Grundlagen abzuleiten. Davon losgelöste Bezugnahmen auf Aussagen in der Judikatur zu § 24 Abs. 3 ROG 1998 zu bestimmten Zielsetzungen können zu der Frage der Gesetzmäßigkeit der von der Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin getroffenen abweisenden Entscheidung gemäß § 24 Abs. 3 ROG 1998 nichts beitragen.

Im Lichte dieser Überlegungen brauchte auf das übrige Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. September 2001

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000060153.X00

Im RIS seit

03.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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