TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/20 99/06/0198

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Veröffentlicht am 20.09.2001
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;

Norm

BauG Stmk 1995 §37;
BauG Stmk 1995 §4 Z12;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde der S Bauträger- und Vermögensverwaltungsgesellschaft m.b.H. in Graz, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 8. November 1999, Zl. A 17-C-20.935/1997-6, betreffend Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Parteien: 1. GK in Graz, vertreten durch Dr. M, Mag. K und Mag. M, Rechtsanwälte in Graz,

2. HK in Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. Juli 1998 erteilte der Stadtsenat der Stadt Graz der Beschwerdeführerin die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung eines Wohnhauses mit sieben Wohnungen sowie einer offenen Garage für vier Pkw und einer Abstellfläche für einen Pkw auf dem näher bezeichneten Grundstück.

Mit Schreiben vom 20. April 1999 machte die Erstmitbeteiligte, die Miteigentümerin eines an das Grundstück der Beschwerdeführerin nordöstlich angrenzenden Grundstückes ist, eine Verletzung der Grenzabstände gemäß § 13 Stmk. BauG durch das auf dem Nachbargrundstück errichtete Gebäude geltend.

Auf Grund einer vom Stadtvermessungsamt in der Folge durchgeführten Vermessung betreffend die Abstände des verfahrensgegenständlichen Gebäudes zu den in der Natur ersichtlichen Grenzen wurde festgestellt, dass die in der Baubewilligung genehmigten Mindestabstände von 6 m im Norden mit 5,45 m, im Nordosten mit 3,67 m, im Osten mit 4,75 m und im Südosten mit 5,19 m unterschritten würden. Daraufhin erging mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom 2. Juli 1999 gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. Baugesetz (Stmk. BauG) der Auftrag, die auf dem näher bezeichneten Grundstück errichtete bauliche Anlage binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass ein Baubewilligungsverfahren ein antragsbedürftiges Projektgenehmigungsverfahren darstelle, in dem die Baubehörde über das Parteibegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den Plänen und der Baubeschreibung ergebe, abzusprechen habe. Aus dem Lageplan im Maßstab 1 : 1000, der einen integrierenden Bestandteil des Baubewilligungsbescheides vom 29. Juli 1998 darstelle, sei ersichtlich, dass der Mindestabstand zum Nachbargrundstück u.a. der Erstmitbeteiligten zu den jeweils nächstgelegenen Punkten des aufgehenden Mauerwerks des errichteten Gebäudes jeweils 6 m aufweise. Bei der Feststellung des erteilten Konsenses sei daher nicht von den Naturmaßen, sondern von den behördlich genehmigten Plänen mit dem Ergebnis auszugehen, dass ein Mindestabstand von 6 m zur genannten Nachbargrundgrenze durch das bewilligte Objekt in keinem Punkt überschritten werden dürfe. Eine auf Grund einer Anzeige der Erstmitbeteiligten vom 20. April 1999 wegen behaupteter Unterschreitung der geforderten Grenzabstände vorgenommene amtswegige Überprüfung durch das Stadtvermessungsamt habe ergeben, dass das in der Natur errichtete Objekt die im genannten Baubewilligungsbescheid genehmigten Mindestabstände von 6 m zur Nachbargrundgrenze im Norden mit 5,45 m, im Nordosten mit 3,67 m, im Osten 4,75 m und im Südosten mit 5,19 m unterschreite. Durch die aktenkundig in der Natur festgestellte wesentliche Abweichung von der bewilligten Situierung des Objektes erweise sich das in der Natur errichtete Objekt im Vergleich zum bewilligten als ein wesentlich anderes und damit konsensloses. Die Behörde erster Instanz sei daher in Übereinstimmung mit der anzuwendenden Rechtslage verpflichtet gewesen, gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Darüber hinaus stehe dem Nachbarn gemäß § 41 Abs. 6 leg. cit. das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn bauliche Anlagen seine Rechte gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG verletzten, wobei gemäß Z. 2 der letztgenannten Bestimmung auf die Einhaltung der Abstände (§ 13 leg. cit.) ein subjektiv-öffentlicher Rechtsanspruch bestehe. An dieser Entscheidung könne auch die am 25. Oktober 1999 bei der Behörde eingelangte Stellungnahme der ab diesem Zeitpunkt rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin nichts zu ändern, nach der kein vorschriftswidriger Bau im Sinne einer konsenslosen Bauführung vorliege, sondern lediglich eine so genannte Konsenswidrigkeit bzw. konsenslose Planabweichung von einer erteilten Baubewilligung, sodass die Rechtsfolge nicht auf Beseitigung des Baues, sondern auf Herbeiführung des konsensgemäßen Zustandes durch Entfernung der konsenswidrig errichteten Wandscheibe und Herstellung des konsensgemäßen Zustandes durch Errichtung an der richtigen Stelle zu lauten hätte. Das Bauvorhaben stelle nämlich technisch und rechtlich ein unteilbares Ganzes dar, welches im Vergleich zum bewilligten Objekt die erforderlichen bauordnungsgemäßen Mindestabstände an mehreren Seiten unterschreite und daher ein wesentlich anderes und damit konsensloses Objekt darstelle, dessen Rechtmäßigkeit nicht dadurch hergestellt werden könne, "die konsenswidrig errichtete Wandscheibe zu entfernen". Auf Grund der dreiseitigen Unterschreitung des bauordnungsgemäßen Mindestabstandes in den genannten Ausmaßen könne durch die Entfernung der Wandscheibe der konsensgemäße Zustand nicht bewirkt werden. Hiezu bedürfe es vielmehr einer gravierenden Änderung des Projektes und nicht einer geringfügigen Modifikation. Daher habe der baupolizeiliche Auftrag nur auf die Beseitigung des gesamten, ein unteilbares Ganzes darstellenden Objektes lauten können. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, die Lage eines Bauvorhabens an einer bestimmten Stelle eines Grundstückes sei für die Beurteilung des Bauvorhabens nicht von entscheidender Bedeutung, solange nur die erforderlichen Abstände zu den Nachbargrenzen und Verkehrsflächen eingehalten würden, erweise sich als irrig, weil jede Baubewilligung für ein auch durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt werde, sodass für jedes Verrücken des Bauvorhabens eine neuerliche Baubewilligung erwirkt werden müsse. Daher sei die Behörde nicht verpflichtet, einen Bauauftrag bloß auf jene Teile der errichteten baulichen Anlage zu beschränken, hinsichtlich derer der von der Baubehörde geforderte Grenzabstand nicht eingehalten werde.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die erstmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 3 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, mit Bescheid vom 10. Juni 1998 (gemeint wohl: 29. Juli 1998) sei die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung des Wohnhauses nach Maßgabe des (einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bildenden) Planes und der Baubeschreibung erteilt worden. Die von der Baubehörde bewilligten Pläne würden einen inneren Widerspruch aufweisen, dessen Lösung nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin als Konsensinhaberin gehen dürfe. Der im bewilligten Plan mit dem Genehmigungsvermerk vom 10. Juni 1998 ausgewiesene Lageplan sei im Maßstab 1 : 1000 erstellt und solcherart für eine messtechnische Hinterfragung zu kleinformatig. Dieser Lageplan entspreche dem Außenanlagenplan im Maßstab 1 : 100, in welchem die Bauplatzgrenzen als auch die Baukörpergrenzen eingetragen seien. Auf diesem Plan sei von der nordöstlichen Gebäudeecke eine Kote in Richtung nordöstlicher Bauplatzgrenze mit einer Entfernungsangabe von 6 m eingetragen. Entgegen den Regeln der Technik sei diese Kote nicht im rechten Winkel auf die Nachbargrundgrenze, sondern davon abweichend dargestellt. Dazu komme ein Ziffernfehler: Die solcherart schon unrichtige Kotendarstellung enthalte auch (statt richtig 5 m) die unrichtige Bezifferung 6 m. Dieser "doppelte Fehler" habe sich durch das gesamte Bauvorhaben hingezogen. Abgesehen von dieser unrichtigen Kotierung wiesen die bewilligten Pläne (sowohl der Lageplan im Maßstab 1 : 1000 als auch der Außenanlagenplan im Maßstab 1 : 100) eine unrichtige Darstellung der Bauplatzgrenze aus. Dieser Sachverhalt sei erst im Rahmen der Vorbereitung der Beschwerde offenkundig geworden. Gehe man von einem plankonformen und damit richtigen Abstand der nordöstlichen Hausecke schräg hin zur nordöstlichen Grundgrenze aus, dann sei der bewilligungskonforme Abstand von 5 m eingehalten worden. Gehe man von der (gleichsam parallel verschobenen) Darstellung der nördlichen Hauskante zur nördlichen Bauplatzgrenze aus, dann sei der bewilligungskonforme Abstand von 6 m eingehalten worden. Gehe man von der südlichen Baukörpergrenze im Verhältnis zur südlichen Platzgrenze aus, dann sei auch dort der bewilligungskonforme Abstand von 6 m eingehalten worden. Grundlage dieses Vergleiches sei ein vom Vermesser erstellter Absteckplan. Aus dem Grundsatz, dass Widersprüche einer Baubewilligung im Zweifel für den Konsensinhaber auszulegen seien, ergebe sich der Anspruch, das Gebäude in der vorliegenden Form zu belassen.

Bei dem Vorbringen, soweit es die behauptete unrichtige Darstellung der Bauplatzgrenzen auf den bewilligten Plänen betrifft, handelt es sich - wie auch die Beschwerdeführerin selbst einräumt - um ein erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattetes Vorbringen betreffend den Sachverhalt, das im Hinblick auf das aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Juni 1999, Zl. 95/05/0242, und vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/06/0108). Der von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Widerspruch zwischen dem bewilligten Lageplan und dem bewilligten Außenanlageplan betreffend den Abstand an der nordöstlichen Gebäudeecke ist dahin zu lösen, dass der sich aus dem letzteren Plan an dieser Stelle ergebende Abstand, der zudem senkrecht zur Grundstücksgrenze gemessen werden muss, maßgeblich ist. Danach ergibt sich an der nordöstlichen Gebäudeecke ein bewilligter Abstand von ca. 4,8 m. Gemäß der Vermessung des Baupolizeiamtes an Hand des errichteten Gebäudes ist an dieser Stelle ein Abstand von 3,67 m festgestellt worden. Es liegt somit im Hinblick auf den nordöstlichen, das Grundstück u.a. der Erstmitbeteiligten betreffenden Abstand jedenfalls eine Abstandsverletzung vor. Aus dem bewilligten Bauplan und aus dem vom Vermessungsamt erstellten Lageplan geht im Übrigen weiters hervor, dass die Abstände im Norden 5,45 m, im Osten 4,75 m und im Südosten 5,19 m betragen und somit die bewilligten Abstände unterschritten werden.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, dass die Planabweichung als eine solche zu qualifizieren sei, die während der Bauführung erfolgt sei. Es wäre daher § 37 Stmk. BauG anzuwenden gewesen. Nach dessen Abs. 4 habe die Behörde die unverzügliche Abstellung der Mängel bescheidmäßig anzuordnen, wenn bei der Baudurchführung gegen baurechtliche Vorschriften verstoßen werde. Der mögliche Anordnungsinhalt eines solchen Bescheides nach Abs. 4 könne von der bloßen Baueinstellung bis hin zum Auftrag auf Beseitigung der konsenswidrigen Teile in Verbindung mit dem Auftrag auf Herstellung des bescheidkonformen Zustandes lauten. Die Baudurchführung sei mit Vollendung des Vorhabens, somit mit Erteilung der Benützungsbewilligung nach § 38 Stmk. BauG abgeschlossen. Solange eine solche nicht vorliege, seien Aufträge nach § 37 leg. cit. zulässig. Hievon zu unterscheiden sei der Regelungsinhalt des § 41 Stmk. BauG. Dieser regle baupolizeiliche Aufträge (Baueinstellung und Beseitigung). Der grundsätzliche Regelungsinhalt werde in Abs. 1 definiert, in dem dort von "Verstößen gegen das Gesetz" die Rede sei, dies insbesondere wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung und anzeigepflichtige Vorhaben ohne Baufreistellung ausgeführt würden.

§ 41 Abs. 3 leg. cit. verwende den Begriff "vorschriftswidrige bauliche Anlagen", welche für einen Beseitigungsauftrag nach dieser Gesetzesstelle zugänglich sein sollten. Unter Vorschriftswidrigkeit nach dieser Gesetzesstelle sei bei dogmatischer Analyse in jedem Fall Konsenslosigkeit und darüber hinaus Konsenswidrigkeit nur nach folgender Maßgabe zu verstehen:

ein Abweichen von einem Konsens nach vollendeter Bauführung, also nach Benützungsbewilligung, sei inhaltlich als konsenslose Abweichung von einem konsentierten Bauzustand zu qualifizieren. Es sei daher verfehlt gewesen, eine noch im Rahmen der Baudurchführung vorgenommene Planabweichung einem Auftrag nach § 41 Abs. 3 Stmk. BauG zu unterwerfen.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. § 41 Abs. 3 Stmk. BauG bezieht sich ohne Einschränkung auf vorschriftswidrige bauliche Anlagen. Auch eine allenfalls noch nicht vollendete bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z. 12 Stmk. BauG fällt unter diesen Begriff. Aus dem jeweiligen Wortlaut des § 37 bzw. des § 41 Stmk. BauG ergibt sich nicht, dass eine Rangordnung zwischen diesen Bestimmungen in dem Sinne besteht, dass, solange Maßnahmen gemäß § 37 leg. cit. möglich sind, keine Maßnahmen gemäß § 41 leg. cit. getroffen werden dürften. Bei der dabei von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Frage, ob die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen während der Bauführung ergangen sind, handelt es sich im Übrigen um eine Neuerung. Auch rechtliche Ausführungen fallen unter das vom Verwaltungsgerichtshof aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot, wenn deren Richtigkeit nur auf Grund von den Sachverhalt betreffenden Feststellungen überprüft werden kann, die im Verwaltungsverfahren unterblieben sind, weil der Beschwerdeführer in diesem Verfahren untätig geblieben ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Juni 1985, Zl. 85/05/0001, und vom 25. April 1996, Zl. 95/07/0204). Bei diesem nach Erteilung der Baubewilligung errichteten Gebäude, das die zu den Nachbargrenzen bewilligten Abstände nicht einhält, liegt nicht nur eine planwidrige Abweichung von der Baubewilligung vor, sondern ein insgesamt konsenslos errichtetes Gebäude (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2001, Zl. 2001/05/0072, und die dort dazu angeführte hg. Vorjudikatur). Die erteilte Baubewilligung erfasst das aus den bewilligten Plänen hervorgehende Projekt, wobei die bewilligte Lage und die bewilligten Abstände zu den Nachbargrenzen dabei von zentraler Bedeutung sind. Es ist daher zu Recht ein Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG ergangen.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, dem baupolizeilichen Regelungsbereich sei die Berücksichtigung des Schonungsprinzips immanent. Baupolizeiliche Aufträge sollten und könnten nicht weiter reichen, als es zur Herstellung des bauordnungskonformen Zustandes bedürfe. Dementsprechend könne die Behörde mit einer Beseitigung jener Bauwerksteile das Auslangen finden, welche den Verstoß begründen würden. Indem die Behörde diese Rechtslage verkannt habe und einen umfassenden, also das Gesamtbauwerk erfassenden Beseitigungsauftrag auf der Grundlage des § 41 Abs. 3 Stmk. BauG erlassen habe, belaste sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Beschwerdeführerin ist diesbezüglich entgegenzuhalten, dass sich ein Abbruchsauftrag nur dann auf Teile eines Bauvorhabens bzw. einer baulichen Änderung zu beziehen hat, wenn die konsenswidrigen oder konsenslosen Teile eines Bauvorhabens bzw. einer Änderung vom übrigen Bauvorhaben trennbar sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 96/06/0182, ergangen zur Tiroler Bauordnung). Im vorliegenden Fall betrifft - wie dargelegt - die Konsenswidrigkeit die gesamte bauliche Anlage, die als konsenslos anzusehen ist. Ein nur auf einen Teil des verfahrensgegenständlichen Gebäudes bezogener Abbruchsauftrag kommt schon aus diesem Grund nicht in Betracht. Abgesehen davon könnten Gebäudefronten, die bewilligte Abstände verletzen, keinesfalls als von einem Gebäude trennbare Teile beurteilt werden. Bei einem einheitlichen Bauwerk, als ein solches ist das vorliegende Wohnhaus zu qualifizieren, ist im Übrigen grundsätzlich der gesamte Bau Gegenstand eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages, mag auch ein Teil davon bei einer anderen Projektsgestaltung einer nachträglichen Baubewilligung zugänglich sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1991, Zl. 90/05/0246, ergangen zur O.ö. Bauordnung).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. September 2001

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999060198.X00

Im RIS seit

03.12.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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