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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
VwRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Hinterwirth, Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des ES in L, vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 19. Juli 2000, Zl. WA1-W- 20.679/99-00, betreffend wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W (kurz: BH) vom 21. November 1996 wurden unter Spruchteil II der Beschwerdeführer sowie Andreas H.-S. als Wasserberechtigte an den nach Postzahlen näher genannten Wasserkraftanlagen zum "Neubau der so genannten K-Wehr" in der KG L beim L.er Werkskanal, welche als Hochwassereinrichtung anzusehen sei, gemäß den Projektsunterlagen und der Verhandlungsschrift vom 16. Oktober 1995 unter näher angeführten Nebenbestimmungen und unter Hinweis insbesondere auf die §§ 21a, 50 und 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 verpflichtet.
Auf Grund einer gegen diesen Bescheid von den Verpflichteten erhobenen Berufung hob der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 3. Juni 1997 unter Spruchpunkt II den Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides vom 21. November 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos auf. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, es sei dem gesamten der Wasserrechtsbehörde zur Verfügung stehenden Wasserrechtsakt keine Aussage darüber zu entnehmen, wer Wasserberechtigter oder Eigentümer der K-Wehr sei. Da mit der Bewilligung einer Wiederherstellung einer zerstörten Anlage kein Wasserrecht verliehen werde, es sich bei der gegenständlichen Wehranlage nicht um ein Wasserbenutzungsrecht, sondern um eine sonstige Wasseranlage handle, aus dem gesamten bezughabenden Wasserrechtsakt sowie auch aus den Wasserbuchunterlagen nicht hervorgehe, wer nunmehr Wasserberechtigter bzw. Eigentümer der Wehranlage sei, somit keine wasserrechtliche Bewilligung, welche Voraussetzung für die Erlassung von Aufträgen gemäß § 21a oder § 50 in Verbindung mit § 138 Abs. 1 WRG 1959 sei, vorliege, fehle diesem Auftrag die notwendige rechtliche Grundlage.
Die BH führte in der Folge u.a. am 17. November 1999 eine mündliche Verhandlung durch, an der laut Verhandlungsniederschrift auch der Beschwerdeführer teilnahm. In der Verhandlungsschrift wird u.a. ausgeführt, dass sich am Ler Werkskanal 300 m oberhalb der ersten Wasserkraftanlage die so genannte K-Wehr befinde. Aus einem Grundbuchsauszug bzw. einer Mappenkopie des Gemeindekatasters gehe hervor, dass die Wehranlage auf dem Grundstück Nr. 167 "oder" 345/1, KG L, liege. Beide Grundstücke stünden im Eigentum des Beschwerdeführers.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2000 verpflichtete die BH den Beschwerdeführer als Liegenschaftseigentümer, die auf den Grundstücken Nrn. 345/1 und 167, KG L, stehende K-Wehr, welche eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung darstelle, bis längstens 31. August 2000 zu entfernen.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, die Grundstücke Nrn. 167 und 345/1, KG L, auf welchen die gegenständliche Wehranlage liege, stünden beide im Eigentum des Beschwerdeführers. Die K-Wehranlage diene zur schadlosen Ableitung von Hochwässern des K-Baches und des L-Baches. Es handle sich bei der K-Wehr um eine sonstige Wasseranlage, einen Schutz- und Regulierungswasserbau, welcher den Kreuzungsbereich zwischen K-Bach und Ler Werkskanal regele und gemäß § 41 WRG 1959 bewilligungspflichtig sei. Zusätzlich erfülle diese Wehranlage aber auch einen Nutzen für die unterhalb liegenden Wasserkraftanlagen, weil eine Zuschotterung des Werkskanals verhindert werde.
Mit Schreiben vom 4. Mai 2000 - so die BH in der Begründung dieses Bescheides weiter - sei von der Niederösterreichischen Landesregierung, Gruppe Baudirektion, Abteilung Vermessung, das Ergebnis der Vermessung übermittelt worden. Daraus sei erkennbar, dass die Wehranlage fast zur Gänze auf dem Grundstück Nr. 167, KG L, stehe. Nur ein kleiner Teil, nämlich der südwestlichste Teil der gegenständlichen Wehranlage, stehe auf dem Grundstück Nr. 345/1, KG L. Beide Grundstücke würden dem Beschwerdeführer gehören. Da es für die K-Wehranlage keinen Eigentümer gebe, sei subsidiär der Liegenschaftseigentümer heranzuziehen, die eigenmächtige Neuerung zu entfernen. Er habe diese Wehranlage auf seinem Grund jahrelang geduldet, weil er bis zum Jahr 1997 im Glauben gewesen sei, Wasserberechtigter dieser Anlage zu sein. Da es für die Behörde nicht möglich sei nachzuweisen, wer die K-Wehr errichtet habe und daher Adressat eines Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 sein könne, bestehe nur die Möglichkeit, die subsidiäre Haftung des Liegenschaftseigentümers in Anspruch zu nehmen. Da der Beschwerdeführer im jahrelangen Glauben, selbst Wasserberechtigter dieser Wehranlage zu sein, das Bestehen der Wehranlage auf seinem Grund geduldet habe, sei daher die Verpflichtung zur Entfernung zu verfügen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juli 2000 als unbegründet abgewiesen wurde. Das Fristende für die Beseitigung dieser Wehranlage wurde mit 31. Oktober 2000 neu festgesetzt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird insbesondere ausgeführt, es handle sich bei der gegenständlichen Wehranlage um einen Schutz- und Regulierungswasserbau, für den keine wasserrechtliche Bewilligung vorliege. Der Beschwerdeführer habe sogar auf Grund der Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 3. Juni 1997 gewusst, dass für die gegenständliche Wehranlage keine wasserrechtliche Bewilligung vorliege. Er habe dennoch das Weiterbestehen (dieser Anlage) trotz dieser Kenntnis wissentlich zugelassen und keinerlei Maßnahmen zur Beseitigung gesetzt. Auf Grund der Ausführungen des Amtssachverständigen für Wasserbau im Aktenvermerk vom 30. Juni 2000, welcher dem Beschwerdeführer in einer Besprechung der Sachlage am 18. Juli 2000 zur Kenntnis gebracht worden sei, sei die von der Behörde erster Instanz im Bescheid vom 30. Mai 2000 festgelegte Frist von 3 Monaten jedenfalls im Hinblick auf die öffentlichen Interessen und die technischen Möglichkeit ausreichend.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, er sei nicht einmal Eigentümer jener Liegenschaft, auf der sich die K-Wehr befinde. Die Wehranlage bestehe an dieser Stelle schon seit zumindest 150 Jahren. Ein Vergleich der Katasterpläne des Vermessungsamtes W zeige nun, dass sein Grundstück Nr. 167 in der ersten Auflage des Katasterplanes (1891) eben jenen Teil, auf dem sich die Wehranlage derzeit befinde (und damals befunden habe), gerade nicht umfasst habe. Die K Wehr sei damals auf einem Teil des Grundstückes Nr. 164, das sich im Eigentum der Gemeinde L befunden habe, gestanden. Erst der im Jahre 1953 neuaufgenommene Katasterplan zeige sein Grundstück Nr. 167 plötzlich um jenen Teil des Grundstücks Nr. 164 vergrößert, auf dem sich die Wehranlage befinde. Gleiches gelte für die dritte Auflage der Katasterpläne (1969). Wie und warum es zu dieser Grundarrogation gekommen sei, lasse sich nicht mehr nachvollziehen. Weder im Familienarchiv des Beschwerdeführers, noch im Gemeindeamt oder im Grundbuch seien Hinweise auf einen allfälligen Kaufvertrag auffindbar. Es sei daher anzunehmen, dass es sich dabei schlicht um einen Fehler bei der Neuaufnahme der Grundstücksgrenzen im Jahre 1953 handle.
Dem Beschwerdeführer sei die Abtragung der K-Wehr in Form eines Beseitigungsauftrages gemäß § 138 Abs. 4 WRG 1959 vorgeschrieben worden. Ein solcher Auftrag sei jedoch nur dann zulässig, wenn die Beseitigung der eigenmächtigen vorgenommenen Neuerungen im öffentlichen Interesse liege. Nur in diesem Falle könne dem Liegenschaftseigentümer ein entsprechender Beseitigungsauftrag oder aber der Ersatz der Entfernungskosten auferlegt werden. Der Beschwerdeführer habe schon in der Berufung dargelegt, dass die BH die Rechtslage verkannt habe. Dem subsidiär haftenden Liegenschaftseigentümer dürfe eine Beseitigung nämlich nur dann aufgetragen werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung ausdrücklich gestattet habe. Unerheblich sei hingegen, ob er "zugestimmt oder ..... freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen gestattet" habe. Dies deshalb, weil diese Kriterien auf Grund des klaren Wortlautes des Gesetzes nur bei Ablagerungen zu entsprechenden wasserpolizeilichen Aufträgen führen würden. Im gegenständlichen Fall handle es sich aber um keine Ablagerungen, sondern - allenfalls - um eine eigenmächtige Neuerung, sodass der Beschwerdeführer als Liegenschaftseigentümer nur dann haften würde, wenn er zugestimmt, freiwillig geduldet oder ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen habe. Die - dem grammatikalischen Zusammenhang des Gesetzestextes keine Rechnung tragende - Rechtsansicht der erst- und zweitinstanzlichen Behörde sei verfehlt.
Es sei aber evident, wer Nutznießer dieser Wehranlage sei. Die K Wehr diene als Hochwasserentlastungsanlage für den K- und L-Bach. Durch diese beiden Bäche werde ein Gebiet von 68 km2 entwässert. Eben aus diesem Grund sei sie wohl auch nach dem K-Bach bzw. nach der 6 km entfernt liegenden Gemeinde K benannt. Nutznießer der Hochwasserentlastungsanlagen könnten daher nur jene Gemeinden sein, die durch die Regulierung der genannten Gerinne vor Hochwasserschäden geschützt würden. Es sei daher nicht verwunderlich, dass sich die Wehranlage ursprünglich auf einem Grundstück der Gemeinde L befunden habe. Tatsächlich sei diese Wehranlage für die Wasserberechtigungen des Beschwerdeführers sogar von Nachteil. Bei sachgerechter Bedienung der "E-Wehr" würde der Ler Werkskanal genügend Wasser führen, um eine Wassernutzungsanlage betreiben zu können. Durch die K-Wehr schottere hingegen jenes Geschiebe des entwässerten K- und L-Baches in den Ler Werkskanal ein, das der Beschwerdeführer bislang auf eigene Kosten entfernen habe müssen, um die Funktionsfähigkeit des Mühlbaches zu erhalten. Dass die K Wehr nicht den "S.-Werken" dienlich gewesen sei, zeige sich überdies auch aus dem Umstand, dass die Wasserbenutzungsberechtigten unmittelbar vor ihren Werken mit dem sog. "Au-Wehr" eine eigenständige Entlastungsanlage besessen hätten. Das diesbezügliche Wasserrecht sei daher auch "recte" ins Wasserbuch eingetragen. Richtigerweise hätte daher die Behörde angesichts dieser vom Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren mehrfach relevierten Faktenlage zu ermitteln gehabt, ob nicht die Gemeinde L der Verursacher dieser "eigenmächtig vorgenommenen Neuerung" sei.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der u. a. ausgeführt wird, dass bereits am 20. Juli 2000 an Dr. H.-S. auf dessen Ersuchen eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides, adressiert an den Beschwerdeführer, den dieser am 18. Juli 2000 in der gegenständlichen Berufungssache vertreten habe, per Fax zugestellt worden sei (siehe Aktenvermerk vom 18. und 20. Juli 2000). Die belangte Behörde beantragte daher die Zurückweisung der Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist.
Zu diesem Vorbringen erstattete der Beschwerdeführer eine Replik, in der er u.a. ausführte, dass die Behörde offenbar Dr. Andreas H.-S. mit dessen Vater, Herrn Paul H., verwechsle, der am 18. Juli 2000 tatsächlich zu einer Besprechung mit Landesrat Mag. S und Umweltanwalt Prof. Dr. R nach S geladen gewesen sei. Inhalt dieser Besprechung sei allein die Frage gewesen, wie eine ausreichende Dotierung des Ler Werkskanals mit Wasser und sohin ein Betrieb der dort gelegenen E-Werke sichergestellt werden könne. Die in Rede stehende Besprechung habe sich daher naturgemäß um die (zur Dotierung des Werkskanals bestehende) E-Wehr und nicht um die im Beschwerdefall gegenständliche K Wehranlage gedreht. Die Behörde verwechsle nicht nur die handelnden Personen, sondern auch die beiden Wehranlagen. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer weder Paul H. noch Dr. Andreas H.-S. mit seiner Vertretung beauftragt. Es sei eine solche Vertretung auch der Behörde nie angezeigt worden. Vielmehr sei der Beschwerdeführer in diesem Verfahren schon von Beginn an von der auch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren einschreitenden Rechtsanwaltskanzlei vertreten worden. Dies sei auch der Behörde durchaus bewusst gewesen. Schließlich habe sie den angefochtenen Bescheid rechtmäßig an "Herrn E. S. (= Beschwerdeführer), vertreten durch die Rechtsanwälte S., ..." zugestellt. Eine Zusendung des angefochtenen Bescheides an Paul H. wäre mithin rechtswidrig gewesen. Weder der Beschwerdeführer noch dessen Rechtsfreund hätten von Paul H. tatsächlich eine solche Ausfertigung übergeben bekommen. Die erste rechtmäßige Zustellung sei mithin am 28. Juli 2000 zu Handen des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers erfolgt. Die vorliegende Beschwerde sei daher rechtzeitig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Aus einem den vorgelegten Verwaltungsakten zuliegenden Aktenvermerk der belangten Behörde ist zu ersehen, dass auch der den Beschwerdeführer betreffende erstinstanzliche Bescheid vom 30. Mai 2000 Gegenstand einer Besprechung mit "Dr. Andreas H.-S."
sowie mit dem vorgenannten Landesrat der N.Ö. Landesregierung, dem N.Ö. Umweltanwalt und mit Beamten der N.Ö. Landesregierung gewesen ist. In diesem Aktenvermerk wurde ferner festgehalten, dass "Dr. Andreas H.-S." den Beschwerdeführer vertreten habe.
Darüber hinaus findet sich in einem weiteren Aktenvermerk vom 20. Juli 2000 der Hinweis, dass "Dr. H.-S." auf Grund eines USA-Aufenthaltes "auch" um die Übermittlung des Bescheides vom 19. Juli 2000, "adressiert an seinen Cousin E. S."
(= Beschwerdeführer), "den er bereits in der Besprechung am 18. Juli 2000 vertreten" habe, ersucht habe.
Aus einer mit 4. Dezember 2000 datierten eidesstattlichen Erklärung des Dr. Andreas H.-S. geht hervor, dass dieser Person "niemals" der beschwerdegegenständliche Bescheid zugestellt worden sei. Er habe auch nie den Beschwerdeführer vor der belangten Behörde vertreten. Schließlich sei er auch "noch nie" in S bei der Wasserrechtsabteilung der N.Ö. Landesregierung gewesen. Der Beschwerdeführer erklärt dies in seiner mit 14. Dezember 2000 datierten Replik mit einer Verwechslung der Personen, weil nämlich Paul H., der Vater von Dr. Andreas H-S., an der Besprechung in der N.Ö. Landesregierung am 18. Juli 2000 teilgenommen habe. Diese Replik wurde der belangten Behörde vom Verwaltungsgerichtshof zur Kenntnis gebracht; diese gab jedoch hiezu keine weitere Stellungnahme ab.
Eine Vertretung des Beschwerdeführers durch Paul H., der offenbar vor der N.Ö. Landesregierung am 18. Juli 2000 aufgetreten ist, wird vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf seine permanente Vertretung durch die von ihm der Behörde bekannt gegebenen Rechtsanwälte in Abrede gestellt und auch von der belangten Behörde in den Aktenvermerken vom 18. und 20. Juli 2000 nicht behauptet. Auf Grund der fehlenden Bezeichnung des Vornamens sowohl im Aktenvermerk vom 20. Juli 2000 als auch in der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift vom 25. Oktober 2000 bleibt daher unklar, an wen tatsächlich der an den Beschwerdeführer gerichtete Berufungsbescheid vom 20. Juli 2000 durch Fax am 20. Juli 2000 übermittelt wurde.
Eine Übermittlung an Dr. Andreas H.-S. konnte wegen der dem Verwaltungsgerichtshof durchaus als plausibel erscheinenden Personenverwechslung (siehe Äußerung des Beschwerdeführers in der Replik vom 14. Dezember 2000 und Vorlage einer eidesstattlichen Erklärung von Dr. Andreas H. S.) keine wirksame Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer an diesem Tag bewirken, zumal Dr. Andreas H.-S. keine den Beschwerdeführer betreffende Vertretungsbefugnis (einschließlich allfälliger Zustellbevollmächtigung) erklärt hat. Aus den Verwaltungsakten ist auch nicht zu ersehen, dass eine Zustellung dieses Bescheides mittels Fax allenfalls an Paul H., mit dem offenbar Dr. Andreas H.- S. verwechselt wurde, (z.B. als weiterer Zustellbevollmächtigter des Beschwerdeführers) erfolgt wäre. Es ergeben sich somit für den Verwaltungsgerichtshof keine Anhaltspunkte für eine bereits am 20. Juli 2000 wirksam erfolgte Zustellung des angefochtenen Bescheides an einen Vertreter des Beschwerdeführers, weshalb dem Einwand der belangten Behörde, die gegenständliche Beschwerde sei verspätet erhoben worden, keine Berechtigung zukommt.
Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.
Wenn das öffentliche Interesse die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, dann kann nach § 138 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat.
Als eigenmächtige Neuerung ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde. Hiebei kann es sich um völlig konsenslose, aber auch um konsensüberschreitende Veränderungen handeln (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. April 1998, Zl. 98/07/0004).
Unbestritten ist, dass es sich beim K-Wehr um eine Hochwasserentlastungsanlage handelt; derartige Anlagen unterliegen als Schutz- und Regulierungswasserbau nach § 41 WRG 1959 grundsätzlich einer Bewilligungspflicht.
Der Beschwerdeführer wendet in der erstatteten Replik ein, dass die gegenständliche Wehranlage unter die Überleitungsbestimmung des Art. II Abs. 3 der WRG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 74, fällt. Diese Bestimmung lautet:
"Anlagen und Maßnahmen, für deren Bewilligung gemäß den §§ 38, 40 oder 41 ab dem 19. Juni 1985 strengere Bestimmungen eingeführt wurden und die zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden haben, gelten als bewilligt, wenn sie binnen Jahresfrist nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes unter Angabe der Lage und der wesentlichen Merkmale der Anlage sowie des Berechtigten der Behörde angezeigt werden, oder wenn nach Ablauf dieser Frist der Berechtigte den Bestand dieser Anlage zum Stichtag nachweist. Diese Anzeigen sind nicht gebührenpflichtig."
Die Inanspruchnahme dieser Bestimmung setzt u.a. voraus, dass der Berechtigte fristgerecht an die Behörde eine entsprechende Anzeige erstattet hat oder nach Ablauf dieser Frist der Behörde den Bestand dieser Anlage nachweist. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass er (oder ein allfälliger sonstiger Berechtigter) etwa fristgerecht eine entsprechende Anzeige betreffend die gegenständlichen Anlage erstattet hätte. Es liegen auch - auf der Grundlage der vorgelegten Verwaltungsakten - keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer (oder ein allenfalls sonstiger Berechtigter) vor Abschluss des dem angefochtenen Bescheides zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahrens der Behörde gegenüber einen entsprechenden Nachweis über den Bestand der Anlage zum Zweck der nachträglichen Legitimierung der bestehenden Anlage erbracht hätte. Schon aus diesem Grund kommt eine Anwendung dieser Übergangsbestimmung im Beschwerdefall nicht in Betracht. Für den Verwaltungsgerichtshof ergeben sich daher auf der Grundlage des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalts keine Anhaltspunkte dafür, dass die gegenständliche Wehranlage nicht nach § 41 WRG 1959 bewilligungspflichtig wäre.
Nach § 137 Abs. 1 Z. 16 WRG 1959 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer ohne wasserrechtliche Bewilligung nach § 41 Abs. 1 und 2 bewilligungspflichtige Schutz- und Regulierungswasserbauten errichtet.
Im Zuge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens sind keine Umstände hervorgekommen, dass die gegenständliche Wehranlage jemals wasserrechtlich bewilligt worden wäre. Die Wehranlage stellt daher eine eigenmächtige Neuerung dar. Es konnte auch nicht festgestellt werden, wer als allfälliger Verursacher dieser Neuerung und somit als Verpflichteter im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 in Frage kommen könnte. Dass es in diesem Zusammenhang allfällige "Nutznießer" dieser Wehranlage nach Behauptung des Beschwerdeführers geben soll (nämlich die durch die Hochwasserentlastungsmaßnahmen begünstigten Gemeinden), vermag jedoch für sich allein keine unmittelbare Heranziehung dieser "Nutznießer" im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu rechtfertigen.
Die subsidiäre Inanspruchnahme des Grundeigentümers nach § 138 Abs. 4 WRG 1959 setzt u.a. voraus, dass derjenige, an den sich ein solcher wasserpolizeilicher Auftrag richtet, auch tatsächlich Eigentümer jener Liegenschaft (oder Liegenschaften) ist, auf der (denen) sich im Falle der Beseitigung die eigenmächtige Neuerung befindet.
In der Beschwerde wird nunmehr erstmalig unter Hinweis auf ergänzend dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegte - und offenbar erst nach Abschluss des behördlichen Verfahrens vom Beschwerdeführer beigeschaffte - Unterlagen sein Eigentum an jenen Liegenschaftsteilen, auf denen sich die gegenständliche Wehranlage befindet, in Frage gestellt. Der Beschwerdeführer vertritt nämlich (nunmehr) die Auffassung, dass durch einen Fehler bei der Neuaufnahme der Grundstücksgrenzen im Jahre 1953 (Katasterplan 1953) die Grundstücksgrenzen nunmehr so verlaufen würden, dass die gegenständliche Wehranlage zu Unrecht als auf den Grundstücken des Beschwerdeführers, insbesondere dem Grundstück Nr. 167, liegend ausgewiesen werde.
Die in diesem Zusammenhang erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen betreffend eine angeblich fälschliche Ausweisung jener Fläche, auf der sich die gegenständliche Wehranlage befindet, als dem Beschwerdeführer gehörend stellt eine nach § 41 VwGG unbeachtliche Neuerung dar. Es erübrigt sich daher auch, auf das übrige in diesem Zusammenhang erstattete Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
Zur Frage des öffentlichen Interesses an der Beseitigung der gegenständlichen Wehranlage konnte sich die belangte Behörde - wie im angefochtenen Bescheid näher dargelegt - auf die Stellungnahme des Amtsachverständigen, die dieser im Zuge einer von der Wasserrechtsbehörde durchgeführten mündlichen Verhandlung am 17. November 1999 abgegeben hat, stützen. Der Amtsachverständige stellte nämlich u.a. fest, dass die Wehranlage "durch verschiedene Ereignisse" bereits gekippt und damit die Standsicherheit nicht mehr gegeben sei. Bei Hochwasserereignissen seien ein Bruch der Wehranlage und damit Beschädigungen des umliegenden Geländes zu erwarten. Der aktuelle Zustand der Wehranlage stelle im Hochwasserfall am K- und auch am L-Bach ein Hochwasserhindernis dar, wodurch das öffentliche Interesse der Vermeidung einer erheblichen Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer verletzt werde.
Dieser fachlichen Beurteilung der von der bestehenden Wehranlage insbesondere im Hochwasserfall ausgehenden Gefährdungen vermochte der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens nichts Wesentliches entgegen zu setzen.
Ein derartiges öffentliches Interesse an der Verhinderung einer erheblichen Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer wird in § 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959 genannt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/07/0155, ausgesprochen hat, kann bereits eine Änderung der (bei Hochwasser auftretenden) Strömungsverhältnisse, die zu Nachteilen für Dritte führt, nicht mehr als unerhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer angesehen werden.
Umso mehr stellt daher die gegenständliche Wehranlage, die auf sachkundiger Basis als "Hochwasserhindernis" eingestuft wurde, eine erhebliche Beeinträchtigung des Abflusses der Hochwässer dar. Insoweit war daher eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung eines Beseitigungsauftrages nach § 138 Abs. 4 WRG 1959 gegeben.
Zutreffend weist jedoch der Beschwerdeführer bei dem hier zu beurteilenden Beseitigungsauftrag, der keine "Ablagerung" betrifft, unter Bezugnahme auf den Wortlaut des § 138 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 darauf hin, dass weitere Voraussetzung nach dieser Gesetzesstelle u.a. ist, dass der Grundeigentümer "die eigenmächtige Neuerung ..... ausdrücklich gestattet hat". Dass der Beschwerdeführer (oder einer seiner Rechtsvorgänger) als Grundeigentümer die Errichtung dieser Wehranlage "ausdrücklich gestattet" hätte, ist während des gesamten wasserrechtlichen Verfahrens nicht hervorgekommen und wird auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht behauptet. Es fehlt daher am Vorliegen dieser weiteren wesentlichen Voraussetzung, die nach dem dargestellten Wortlaut dieser Bestimmung für eine Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers im Zusammenhang mit einem Beseitigungsauftrag, der sich nicht auf Ablagerungen bezieht, unerlässlich ist.
Der erstinstanzliche Bescheid vom 4. Mai 2000 legt dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit § 138 Abs. 4 WRG 1959 zur Last, er habe die Wehranlage auf seinem Grund "jahrelang geduldet".
§ 138 Abs. 4 WRG 1959 wurde erst durch die WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252/1990, in das Wasserrechtsgesetz 1959 eingefügt. Wie aus den Gesetzesmaterialien zu ersehen ist, hatte diese Bestimmung in der Regierungsvorlage (1152 der Beilagen zu den Sten. Protokollen des NR, XVII. GP, S. 19) noch eine andere Fassung, wobei es in diesem Zusammenhang nur auf die ausdrückliche Gestattung (etwa einer eigenmächtigen Neuerung) ankam. Im Zuge der Ausschussberatungen wurde diese Bestimmung auf die nunmehr geltende Fassung abgeändert (vgl. AB 1228 der Beilagen zu den Sten. Protokollen des NR, XVII. GP, S. 24), wobei dem Ausschussbericht keine nähere Erläuterung zu dieser geänderten Bestimmung zu entnehmen ist. Es ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass schon aus dem Textzusammenhang dieser Bestimmung ("... oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet hat ...") unschwer zu ersehen ist, dass sich die freiwillige Duldung nur auf den Fall der Ablagerung, nicht jedoch auch auf eine eigenmächtige Neuerung bezieht. Auf eine allfällige "Duldung des Bestands der Anlage" auf dem Grund des Beschwerdeführers kommt es daher im Zusammenhang mit einem Beseitigungsauftrag für eine eigenmächtige Neuerung nach § 138 Abs. 4 WRG 1959 nicht an. Ebenso wenig ist das "Wissen um den Bestand dieser Anlage" durch den Grundeigentümer nach dem Wortlaut dieser Bestimmung im Zusammenhang mit der aufgetragenen Beseitigung der gegenständlichen Anlage - entgegen der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht - von Relevanz.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. September 2001
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000070222.X00Im RIS seit
19.12.2001