BESCHEID
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (UVS) hat über die am 18. April 1991 eingelangte auf § 5a Abs 1 Fremdenpolizeigesetz gestützte Beschwerde des Herrn M, geb 5.März 1963, vertreten durch Rechtsanwälte Dr P, Dr G, wegen der behaupteten Rechtswidrigkeit der Anhaltung seit dem 13.Februar 1991 nach der am 25. April 1991 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt :
Gemäß § 5a Abs 6 Fremdenpolizeigesetz wird der Beschwerde Folge gegeben und die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 13. 2.1991, Zl XI-M-13/2-1991, sowie mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Burgenland vom 3.4.1991, Zl Fr- 151/91, verfügte Anhaltung des M in der Zeit vom 13. Februar 1991, 9 Uhr 55, bis 25. April 1991, 13 Uhr 30, gem. § 67 c Abs 3 AVG für rechtswidrig erklärt.
Gemäß § 79a AVG ivM § 67c leg cit , § 5a Abs 6 des Fremdenpolizeigesetzes, TP 2 I Z 1 lit e des Tarifes des Bundesgesetzes über den Rechtsanwaltstarif sowie §§ 5 Z 38 lit a und 11 der Autonomen Honorar-Richtlinien werden die Kosten mit S 32.567,- inkl 20 % USt bestimmt.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten im Betrag von S 32.567,- binnen 14 Tagen zHd der Rechtsanwälte Dr P, Dr G, bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Dolmetschkosten werden mit S 1.571.- bestimmt.
Die Kosten für den Dolmetsch werden als Verfahrenskosten gemäß § 76 Abs 2 AVG im Betrag vom S 1.571,- dem Bund (Bundesminister für Inneres) auferlegt und sind binnen 14 Tagen dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, 1200 Wien, Dresdnerstraße 75, zu überweisen.
BEGRÜNDUNG
In seiner auf § 5a Fremdenpolizeigesetz gestützten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer (im folgenden Bf) vor, er sei am 12.2.1991 gegen 10 Uhr auf österreichischem Gebiet festgenommen worden, nachdem er von Ungarn die Grenze überschritten hatte, um in Österreich um Asyl anzusuchen. Am 12.2.1991 sei er der BH Jennersdorf vorgeführt, am 13.2.1991 um 9 Uhr 30 sei er vernommen worden. Er beherrsche die pakistanische Staatssprache Urdu, nur wenige Worte Englisch und kein Deutsch. Die Einvernahme sei in englischer Sprache ohne Dolmetsch erfolgt. Er habe unter Verwendung des Wortes Asyl einen Asylantrag gestellt, und versucht mitzuteilen, daß er unter politischer Verfolgung leide. Der Asylantrag sei nicht zu Protokoll genommen worden. Das Protokoll sei ihm nicht übersetzt, es sei ihm aber mitgeteilt worden, daß es den Asylantrag enthalte. Am 13.2.1991 sei ihm ein Aufenthaltsverbotsverbot und Schubhaftbescheid ausgehändigt worden. In der Folge sei er nach Wien verbracht und es sei ihm mitgeteilt worden, daß er dort mit einem Dolmetsch vernommen werden sollte. Ein in der Schubhaft verfaßter Asylantrag sei wegen eines Formfehlers nicht behandelt worden. Am 8.4.1991 sei der Asylantrag neuerlich eingebracht worden.
Das Beschwerdevorbringen wird wie folgt begründet: Der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) habe nicht nur eine formelle Prüfung vorzunehmen, sondern über die Haftgründe zumindest in einer Grobprüfung auch meritorisch zu entscheiden. Bei dem gegenständlichen Bescheid handle es sich um ein Formular, in das die Daten des Bf lediglich eingefügt seien. Dies sei ein Verstoß gegen die Verpflichtung der Behörde, Bescheide zu begründen, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Es müsse daher von Willkür gesprochen werden, sodaß in die Verfassungssphäre reichende Verfahrensmängel vorlägen. Darüber hinaus verstoße die Verhängung der Schubhaft über Asylwerber gegen die tragenden Grundsätze des Asylgesetzes. Nach Art 31 Abs 2 der Flüchtlingskonvention wären Flüchtlingen keine Bewegungsbeschränkungen aufzuerlegen, außer denen, die notwendig sind. Stelle ein Fremder innerhalb von zwei Wochen ab der Einreise einen Asylantrag, so sei er zum Aufenthalt gem § 5 Abs 1 Asylgesetz berechtigt. Ein Aufenthaltsverbot stehe dieser Aufenthaltsberechtigung zwar nicht entgegen, letztere ersetze aber eine Bewilligung gem § 6 FrPolG, was einen automatischen Vollstreckungsaufschub zur Folge habe. Ein Asylwerber könne längstens für die Dauer von zwei Monaten zum Aufenthalt in dem als Überprüfungsstation einzurichtenden Teil des Flüchtlingslagers Traiskirchen verpflichtet werden. Das Asylgesetz sei gegenüber dem FrPolG lex specialis, es könne zwar ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, die Verhängung der Schubhaft sei aber nur aus den im Asylgesetz genannten Gründen zulässig. Im übrigen rechtfertigten keine Tatsachen die Annahme, daß der Fremde strafbare Handlungen begehe, da der Bundesminister für Inneres die Betreuung hilfsbedürftiger Asylwerber übernehme. Es widerspreche dem Grundsatz der Rechtsstaatlichlichkeit des Verfahrens ("fair trial"), sprachunkundigen Personen keinen Dolmetsch zur Verfügung zu stellen.
Die Beschwerde wendet sich sowohl gegen die Festnehmung und Anhaltung vor Erlassung eines Schubhaftbescheides, als auch gegen die (weitere) Anhaltung aufgrund eines Schubhaftbescheides. Der Rechtsbehelf nach § 5a Fremdenpolizeigesetz richtet sich, wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt ("Wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird ..."), nur gegen eine Schubhaft, die - wie aus der Judikatur des VfGH (B 1276,1277/87, 3.10.1988) folgt - stets bescheidmäßig zu verhängen ist. Eine Festnehmung oder Anhaltung vor Erlassung des Schubhaftbescheides (wenn auch zu gleichen Zwecken) bildet hingegen nach der Rechtsprechung des VfGH die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die nunmehr nach Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG (§ 67a Abs 1 Z 2 AVG) vor dem UVS bekämpfbar ist.
Zusammengefaßt folgt daraus, daß mit einer Beschwerde nach § 5a Fremdenpolizeigesetz nur die aufgrund eines Bescheides erfolgte Schubhaft bekämpfbar ist, im vorliegenden Fall also die Anhaltung ab Zustellung des Schubhaftbescheides; nur diese ist Gegenstand des vorliegenden Bescheides.
Da das erkennende Mitglied des UVS Wien nach der Geschäftsverteilung des UVS Wien vom 12.12.1990 zwar zur Entscheidung über Beschwerden nach § 5a Fremdenpolizeigesetz, nicht aber über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zuständig ist, wurde dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers, über die auf Art 129a Abs 1 Z 2 -BVG gestützte Beschwerde gegen Festnahme und Anhaltung vor Erlassung des Schubhaftbescheides unter einem zu entscheiden, bereits in der Verhandlung keine Folge gegeben.
Aufgrund des durchgeführten Verfahrens wird folgender Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer hatte sein Heimatland Pakistan wegen der dort für ihn lebensbedrohenden politischen Situation verlassen. Über Rumänien und Ungarn kommend überschritt er am 12.2.1991 unter Umgehung der Grenzkontrolle die österreichische Staatsgrenze. Am selben Tag wurde er von einem Organ des Gendarmeriepostens Heiligenkreuz festgenommen und anschließend von Organen des Gendarmeriepostens Jennersdorf vernommen. In der Folge wurde er zur Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf (im folgenden BH) überstellt und dort angehalten.
Da kein Dolmetsch für die Sprache des Bf (Urdu) zur Verfügung stand, versuchte die BH in Gastarbeiterkreisen und bei Asylwerbern vergeblich einen Übersetzer zum finden.
Am 13.2.1991 wurde der Bf in der Zeit von 9 Uhr 30 bis 9 Uhr 55 von einem Organ der BH in englischer Sprache vernommen. In dieser Vernehmung wurden die Reiseroute des Bf und der Umstand, daß der Bf unter Umgehung der Grenzkontrolle die österreichische Staatsgrenze überschritten hatte, geklärt. Da der Bf das Wort "Asyl" aussprach, wurde er dazu befragt. Es kam heraus, daß der Bf der oppositionellen Partei in Pakistan angehöre und daß er im Falle der Zurück- oder Abschiebung mit schweren Strafen in seinem Heimatland zu rechnen habe. Das vernehmende Organ erachtete das Vorbringen des Bf nicht als ausreichende Begründung für ein Asylbegehren, sodaß ein Asylantrag nicht zu Protokoll genommen wurde. Als der Bf um die Beiziehung eines Dolmetsch ersuchte, wurde ihm mitgeteilt, er werde zur Schubhaft nach Wien gebracht und könne dort einen Dolmetsch verlangen.
Gleichzeitig mit Ende der Vernehmung wurden dem Bf ein Bescheid betreffend ein befristetes Aufenthaltsverbot und ein Schubhaftbescheid ausgehändigt.
Das Aufenthaltsverbot wurde im wesentlichen mit Mittellosigkeit des Bf begründet.
Im Spruch des Schubhaftbescheides wurde mit sofortiger Wirksamkeit die vorläufige Verwahrung zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründet wurde dieser Bescheid damit, daß der Bf am 12.2.1991 unbefugt die österreichische Staatsgrenze überschritten habe. Die Verhängung der vorläufigen Verwahrung liege im öffentlichen Interesse, da der weitere Aufenthalt des Bf im Bundesgebiet der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zuwiderlaufe.
In der Folge wurde der Bf in das polizeiliche Gefangenenhaus Hernalser Gürtel in Wien überstellt.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 4. April 1991 wurde die Ausdehnung der Schubhaft bis zur Höchstdauer von insgesamt drei Monaten, längstens bis 13. Mai 1991, bewilligt.
Zwischenzeitig war bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien ein Asylverfahren anhängig gemacht worden.
Der Bf blieb bis zur mündlichen Verkündung dieses Bescheids am Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem UVS in Haft. Diese Feststellungen gründen sich auf den Inhalt des Aktes XI - M - 13 - 91 der BH Jennersdorf, den mittels Telefax fragmentarisch übermittelten Inhalt eines Aktes der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten, sowie die Aussagen der Zeugen W und M und des Bf als Partei.
In der mündlichen Verhandlung vom 25. April 1991 konnte der Zeitpunkt der ersten Asylantragstellung - ob diese bereits vor einem Gendarmen oder erst in der Vernehmung durch die BH erfolgte - nicht mit eindeutiger Sicherheit geklärt werden. Auch was den Grund der Befürchtungen des Bf anbelangt, waren die Aussagen des Zeugen M mit denen des Bf nicht deckungsgleich.
Inwiefern der Beschwerdeführer bereits bei seiner Festnehmung einen Antrag auf Asylgewährung gestellt hat, brauchte im Hinblick auf den zweiten Antrag vor den Beamten der BH Jennersdorf nicht festgestellt zu werden. Hinsichtlich der Stellung eines Asylantrages bei der Vernehmung durch den Zeugen M stützen sich die Feststellungen auf die glaubwürdigen Angaben dieses Zeugen und des Bf, die insoweit übereinstimmen, daß der Beschwerdeführer das Wort Asyl verwendete und deutlich machte, in Pakistan der Oppositionspartei anzugehören und im Falle der Ab- oder Zurückschiebung mit schweren Strafen rechnen zu müssen. Hinsichtlich der Darlegung des Bf, bei seiner Rückkehr in seine Heimat aus politischen Gründen schwere Strafen, ja sogar die Vernichtung seiner physischen Existenz zu befürchten, folgt der UVS Wien den Angaben des Beschwerdeführers. Diese Aussagen wurden zwar in diesem Detail nicht vom Zeugen M bestätigt, der davon ausging, die Strafbefürchtung sei wegen Verletzung pakistanischer paßrechtlicher Vorschriften geäußert worden. Es erscheint aber als durchaus wahrscheinlich, daß der Zeuge M insoweit den Beschwerdeführer nicht verstand, zumal er zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Vorbereitung der im Anschluß dem Beschwerdeführer übergebenen Bescheide beschäftigt war.
Dieser festgestellte Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:
Gemäß § 5a Abs 6 Fremdenpolizeigesetz hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen. Nach Absatz 3 ist zur Entscheidung über die Beschwerde der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde oder angehalten wird; im Falle der Anfechtung von Festnahme und Anhaltung oder der Anfechtung einer Anhaltung an mehreren Orten obliegt die Entscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer bei Einbringung der Beschwerde angehalten wird. Im vorliegenden Fall erfolgte die Anhaltung in Schubhaft im Polizeigefangenenhaus in 1080 Wien, Hernalser Gürtel. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ist daher, soweit die Anhaltung in Schubhaft betroffen ist, gegeben. Wie bereits oben dargelegt wurde, kann unter "Schubhaft" nur eine bescheidmäßig verhängte Schubhaft verstanden werden (überdies wäre bei einer anderen Auslegung § 5a Fremdenpolizeigesetz überflüssig, da gegen eine nicht bescheidmäßig verhängte Schubhaft ohnedies eine Maßnahmenbeschwerde nach Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG möglich wäre). Dies hat zur Folge, daß der UVS zu prüfen hat, ob die Verhängung der Schubhaft rechtmäßig war, ob also die im Bescheid genannten Schubhaftgründe tatsächlich bestehen. Insofern bildet das Beschwerdeverfahren nach § 5a Fremdenpolizeigesetz für diesen Fall der Freiheitsentziehung das von Art 6 persönliches Freiheitsschutzgesetz garantierte Verfahren, daß zweifellos eine inhaltliche Prüfung der Gründe des Freiheitsentzuges gebietet. Da aber in § 11 Abs 2 und 3 Fremdenpolizeigesetz die Möglichkeit der Berufung gegen den Schubhaftbescheid an die Sicherheitsdirektion vorgegeben ist, hat der UVS nicht den Schubhaftbescheid als solchen zu prüfen, ihm kommt insbesondere auch nicht die volle Entscheidungsbefugnis nach § 66 Abs 4 AVG zu.
Gem § 5 Abs 1 Fremdenpolizeigesetz kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden (Schubhaft), wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern. Gem § 5 Abs 1 AsylG ist ein Asylwerber bis zum rechtskräftigen Abschluß des Feststellungsverfahrens (§ 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, wenn er den Antrag auf Asylgewährung innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt stellt, in dem er in das Bundesgebiet eingereist ist.
Der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung steht gem § 5 Abs 2 AsylG ein nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes erlassenes Aufenthaltsverbot nicht entgegen; in diesem Fall ersetzt die vorläufige Aufenthaltsberechtigung eine Bewilligung gemäß § 6 des Fremdenpolizeigesetzes.
Daraus folgt, daß zwar auch über einen Asylwerber ein Aufenthaltsverbot verhängt werden kann, dieses aber bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens nicht vollstreckt werden darf. Da eine Abschiebung die Vollstreckung eines Aufenthaltsverbotes ist (vgl § 13 Fremdenpolizeigesetz), ist die Verhängung einer Schubhaft nach § 5 Fremdenpolizeigesetz zum Zweck der Abschiebung über einen Asylwerber unzulässig. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (87/11/0037 vom 19.4.1988) kommt der in § 5 Abs 2 AsylG normierten Aufenthaltsberechtigung die Wirkung eines Vollstreckungsaufschubes zu.
Es ist daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführer als Asylwerber die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 5 Asylgesetz erlangt hat.
Unter "Asylwerber" ist, wie sich aus § 2 Asylgesetz ergibt, ein Fremder zu verstehen, der Asylgewährung mit der Behauptung beantragt, daß auf ihn die Voraussetzungen der Flüchtlingskonvention zutreffen. Flüchtling im Sinne der Konvention ist unter anderem, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Ein Asylantrag kann nach § 2 Abs 2 Asylgesetz auch mündlich gestellt werden, wobei ein solcher mündlicher Antrag ab dem Zeitpunkt vorliegt, indem er der Behörde zugegangen ist, also ihr gegenüber geäußert wird, unabhängig davon, ob sie ihn förmlich entgegennimmt (vgl Steiner, Österreichisches Asylrecht, Seite 12f).
Wie festgestellt, hat der Beschwerdeführer unter Verwendung des Wortes "Asyl" um Asylgewährung angesucht und dies auch für die Behörde insoweit verständlich - damit begründet, daß er in seinem Heimatland wegen politischer Aktivitäten Nachteile befürchte. Damit hat der Beschwerdeführer das Vorliegen von Voraussetzungen dargelegt, bei denen nicht von vorneherein ausgeschlossen ist, daß sie die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention begründen könnten. Ob diese Behauptung (im Falle ihres Zutreffens) tatsächlich die Flüchtlingseigenschaft begründet, ist erst im Asylverfahren zu klären, da andernfalls bereits bei Prüfung des Vorliegens eines Asylantrages inhaltlich über die Hauptfrage abgesprochen würde.
Hiebei ist auch zu berücksichtigen, daß nach § 11 Abs 1 Asylgesetz der Vernehmung eines der deutschen Sprache nicht kundigen Asylwerbers eine der fremden Sprache mächtige Person als Dolmetsch zuzuziehen ist, der Asylwerber also das Recht hat, sich im Asylverfahren seiner Sprache zu bedienen. Daraus und aus der allgemeinen Manuduktionspflicht der Behörde im Verwaltungsverfahren folgt, daß es nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen kann, wenn die Beiziehung eines Dolmetschers unterlassen wurde und er deswegen nicht deutlich alle seine Gründe, Asyl zu beantragen, insbesonders, daß die politische Situation in seiner Heimat für ihn lebensbedrohend sei, der Behörde verständlich vorbringen konnte.
Aus dem Gesagten folgt - da der Beschwerdeführer den Asylantrag auch rechtzeitig gestellt hat - daß ihm als Asylwerber gemäß § 5 Asylgesetz die vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet zukommt. Die Verhängung der Schubhaft zum Zwecke der Abschiebung ist daher rechtswidrig, weswegen die Rechtwidrigkeit der Anhaltung ab dem Zeitpunkt der Schubhaftverhängung festzustellen war. Es erübrigt sich somit auch, auf die Frage der zulässigen Dauer der Schubhaft einzugehen.
Ergänzend ist festzuhalten, daß weder dem Parteienvorbringen noch den Akteninhalten Anhaltspunkte im Hinblick auf einen offensichtlichen Ausschluß des vorläufigen Aufenthaltsverbots im Sinne des § 5 Abs 3 AsylG (sogenannte "Drittlandklausel") zu entnehmen waren. Insbesonders erlaubt die als erwiesen anzunehmende Tatsache, daß der Bf über Drittländer eingereist ist, keine Feststellung durch den UVS, daß der Bf "anderweitig Schutz gefunden hat". In diesem Zusammenhang wird abermals festgehalten, daß die der Behörde anzulastenden Unterlassungen nicht zu Lasten des Bf gehen können.
Im übrigen hätte das Schubhaftverfahren auch einer grobinhaltlichen Überprüfung durch den UVS nicht standgehalten, da dem Schubhaftbescheid keine Tatsachen (§3 Abs 2 FrPolG) zu entnehmen sind, die die Annahme rechtfertigen würden, die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit sei gefährdet. Dem Vorbringen des Vertreters der Bundespolizeidirektion Wien (BP), diese Behörde sei nicht als belangte Behörde anzusehen, ist zunächst entgegenzuhalten, daß zwischen dem Bf und der von ihm als Prozeßgegner bezeichneten belangten Behörde ein Prozeßrechtsverhältnis begründet wird. (VwGH v 27. 5. 1988, 88/18/0068, 19.12.1984, Z 81/11/0119 ua; § 28 Abs Z 2 VwGG, auf den sich diese Judikatur bezieht, ist inhaltlich - soweit es in diesem Zusammenhang von Interesse ist - ident mit § 67c Abs 2 Z 2 AVG). Dem UVS steht es demnach nicht zu, diesbezüglich von sich aus eine Änderung vorzunehmen, zumal der als belangte Behörde bezeichneten Behörde alle Parteienrechte zukommen.
Davon zu trennen sind die Fragen, ob sich im Verfahren die Behauptungen des Bf, nämlich, daß der bekämpfte Verwaltungsakt der bezeichneten Behörde zuzurechnen ist, und in weiterer Folge, daß die behauptete Rechtswidrigkeit vorliegt, als richtig herausstellen.
Die Anhaltung ist eine der Vollstreckung des Schubhaftbescheides dienende Maßnahme (VfGH vom 12.6.1987, B 830/86). Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, daß diese Maßnahme der Anhaltungsbehörde als Vollstreckungsbehörde zuzurechnen ist. Auch ein im Hinblick auf § 5a FrPolG relevantes rechtwidriges Verhalten der Vollzugsbehörde ist durchaus denkbar, etwa wenn die Anhaltungsbehörde den Wegfall eines Schubhaftgrundes erkennt, aber keine entsprechenden Maßnahmen setzt oder diese verzögert. Es ist daher jeweils im Einzelfall zu überprüfen, welcher Behörde eine Rechtswidrigkeit zuzurechnen ist.
Im vorliegenden Fall steht fest, daß das Verhalten, das zur Rechtswidrigkeit der Schubhaft geführt hat, allein der BH Jennersdorf anzulasten ist.
Hinsichtlich der BP ist kein rechtswidriges Verhalten feststellbar. Es bestehen zum einen keine Zweifel, daß die Voraussetzungen gem §5 Abs 3 und 4 FrPolG vorlagen. Zum anderen hätte es dem österreichischen Rechtssystem widersprochen, wenn die BP das von einer gleichrangigen Behörde durchgeführte Verfahren überprüft oder wieder aufgerollt hätte. Die BP hätte sich dadurch überdies dem Vorwurf, das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf den gesetzlichen Richter zu verletzen, ausgesetzt. Die Kostenregelung beruht auf den im Spruch genannten Bestimmungen. Im Lichte der Verfassungsbestimmung des Art 7 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit (Anspruch auf volle Genugtuung) kann der Verweis des § 5a Abs 6 Fremdenpolizeigesetzes auf die §§ 67c bis 67g AVG bei verfassungskonformer Interpretation dieser Bestimmung mangels einer expliziten Kostenregelung nur so verstanden werden, daß mit diesem Verweis auch § 79a AVG erfaßt ist, welcher ausdrücklich auf § 67c AVG Bezug nimmt.
Unterliegt die belangte Behörde, so kann nicht sie zum Kostenersatz verpflichtet sein, sondern nur der hinter ihr stehende Rechtsträger. (Thienel, das Verfahren der Verwaltungssenate, S 144 und die dort zit Jud). Die BH Jennersdorf war im gegenständlichen Verfahren funktionell (VfSlg 8770, 10.112, 11.527) für den Bund tätig. Der Kostenersatz war daher dem Bund aufzuerlegen.
Was die Höhe der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten (§79a AVG) anbelangt, wurde gem § 5 Ziffer 38 AHR von einer Bemessungsgrundlage von S 300.000,- ausgegangen.
Kommission, TP 7 RAT, 3/2 Stunden S 4.344,-
Beschwerdeschriftsatz, TP 2 I Z1 lit e RAT S 2.291,-
Verhandlung TP 3A RAT, erste Stunde S 4.532,-
3 weitere Stunden S 6.798,-
___________
S 17.965.-
Einheitssatz 50 %, §11 AHR S 8.982,5o
___________
S 26.947,50
USt S 5.389,50
___________
S 32.337,-
Fahrt S 80,-
Gebühren S 150,-
___________
S 32.567,-
Das Mehrbegehren in Höhe von S 85.867,- war abzuweisen, da die Leistungen offenbar gemäß § 8 Abs 1 AHR (Vertretung vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof) bewertet worden waren. Dem ist entgegenzuhalten, daß der UVS der nachprüfenden Kontrolle durch die Höchstgerichte unterliegt. Ein Verfahren vor dem UVS kann daher keinesfalls dem vor einem Höchstgericht gleichgesetzt werden. Der UVS wird im Verfahren gem § 5a FrPolG als Behörde erster Instanz tätig, es sind daher für Schriftsätze die TP 2 I Z1 lit e und für Verhandlungen mit Beweisaufnahmen die TP 3 A anzuwenden.
Die Auslagen für den Dolmetsch waren dem Bund aufzuerlegen, da es die für die Entgegennahme des Asylantrages zuständige Behörde unterlassen hat, den Bf zeitgerecht unter Zuziehung eines Dolmetsch zu vernehmen (§ 11 Abs 1 AsylG). Es liegt somit ein Verschulden im Sinne des § 76 Abs 2 AVG vor.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen diesen Bescheid ist eine Berufung unzulässig.
HINWEIS
Gegen diesen Bescheid kann vom Beschwerdeführer innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.