Dem BW war aufgrund einer zugrundeliegenden Übertretung eine Anonymverfügung zugestellt worden, welche er fristgerecht mittels Überweisung von seinem Konto auf das der Behörde einzahlte. Jedoch verwendete er nicht den von der Behörde beigelegten Beleg, weshalb ein Verwaltungsstrafverfahren in Gang gesetzt wurde, in dessen Zug der BW gemäß §103 Abs2 KFG zur Bekanntgabe des Lenkers aufgefordert wurde. Der BW kam dieser Aufforderung unter Hinweis auf die geleistete Zahlung nicht nach.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat in Angelegenheit Berufung des Herrn H gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bez Pol Koat Döbling vom 18.4.1991, Zl Cst 972/D/91, entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:
"Herr H hat es als Zulassungsbesitzer des dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 8.2.1991, zugestellt am 1.3.1991, innerhalb der Frist von zwei Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 12.12.1990 um 16.12 Uhr in Wien 21, A22 Höhe Lichtmast D3 in Richtung A23 gelenkt hat, und hat dadurch die Bestimmung des §103 Abs2 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) verletzt.
Gemäß §21 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt."
Gemäß §65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Am 27.12.1990 wurde von der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsabteilung, gegen den unbekannten Lenker des dem Kennzeichen nach bestimmten Kombinationskraftwagens eine Anzeige erstattet, weil er am 12.12.1990 in Wien 21, A22 Höhe Lichtmast D3, Richtung A23 gegen die Bestimmung des §52 Zif10a StVO verstoßen habe.
Am 8.2.1991 richtete die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Döbling, zur Zl Cst 972/D/91, an den Zulassungsbesitzer des in der Anzeige genannten Fahrzeuges, Herrn H, geb 1952, eine Anfrage, wer das Kraftfahrzeug zu der in der Anzeige genannten Zeit und an dem dort genannten Ort gelenkt habe. Diese Anfrage beantwortete der Zulassungsbesitzer mit den Worten "für umseitig genanntes Delikt wurde eine Anonymverfügung verhängt und am 19.2.1991 bezahlt - siehe Beilage". Diesem Schreiben legte Herr H einen Kontoauszug der Creditanstalt Bankverein bei und hob darin eine Lastschrift vom 19.2.1991 hervor, "DVR 3506 912901004134".
Daraufhin erließ die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Döbling, eine Strafverfügung vom 14.3.1991, Zl Cst 972/D/91, mit der gegen den nunmehrigen Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000,-- S, im Falle der Uneinbringlichkeit 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, wegen Verletzung des §103 Abs2 KFG verhängt wurde.
Gegen diese Strafverfügung erhob der Berufungswerber fristgerecht einen Einspruch.
In der am 18.4.1991 im Bezirkspolizeikommissariat Döbling durchgeführten Strafverhandlung betreffend die in Rede stehende Angelegenheit brachte der Berufungswerber vor, er wolle nicht bekanntgeben, wer der Lenker des Fahrzeuges war. Er habe nämlich eine Anonymverfügung in der Höhe von S 1.000,-- in dieser Angelegenheit erhalten und diese einbezahlt. Nach seiner Ansicht bestehe somit keine Verpflichtung, den Lenker bekanntzugeben. Auch nach Hinweis, daß die Kontrollnummer des Cst-Sets nicht ident ist mit der Nummer auf der Kopie des beigelegten Kontoauszuges, blieb der Berufungswerber bei seiner Angabe, daß ein Fahrzeug sicherlich nur einmal an diesem Tag zu schnell unterwegs war. Der Berufungswerber beantragte daher die Einstellung des Verfahrens. Nach Abschluß der Beweisaufnahme in der Strafverhandlung verkündete der Leiter der Amtshandlung ein Straferkenntnis, womit gegen den Beschuldigten wegen Verstoßes gegen §103 Abs2 KFG eine Geldstrafe von S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe gemäß §134 KFG verhängt wurde. Ferner wurden dem Beschuldigten gemäß §64 VStG S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zur Bezahlung vorgeschrieben.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber unmittelbar nach Verkündung des Bescheides Berufung und beantragte, das Verfahren einzustellen.
Mit einem am 23.4.1991 bei der Behörde erster Instanz eingelangten Schriftsatz, teilte der Berufungswerber der Behörde folgendes mit:
"Durch einen bedauerlichen Irrtum habe ich die falsche Überweisung kopiert. Anbei übersende ich den Beleg über die richtige Überweisung. Ich ersuche sie, diese dem Akt beizulegen."
Diesem Schriftsatz lag ein Kontoauszug der Creditanstalt Bankverein bei, bei welcher zum Buchungstag 21.1. ein Betrag von S 800,-- unter dem Buchungstext "Lastschrift DVR0003506 902902043141" gebucht war.
Der Berufungswerber hat somit glaubhaft gemacht (auch bestätigt durch eine Mitteilung der Bundespolizeidirektion Wien, Buchhaltung, vom 3.6.1991), daß für das dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Delikt nach §52 Zif10a StVO rechtzeitig der mit Anonymverfügung deswegen verhängte Betrag von S800,-- gezahlt wurde.
Diese Bezahlung erfolgte jedoch, wie sich aus dem vom Berufungswerber vorgelegten Unterlagen ergibt, durch Überweisung von einem Konto der Creditanstalt Bankverein auf das PSK-Konto der Bundespolizeidirektion Wien.
Gemäß §49a Abs4 VStG ist einer Anonymverfügung ein zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneter Beleg beizugeben.
Abs7 dieser Bestimmung normiert, daß die Behörde dann, wenn der Strafbetrag mittels Belegs fristgerecht eingezahlt wird, von der Ausforschung des unbekannten Täters endgültig Abstand zu nehmen und jede Verfolgungshandlung zu unterlassen hat.
Wird der Strafbetrag nach Ablauf der gesetzlichen Frist oder nicht mittels Beleges bezahlt und weist der Beschuldigte die Zahlung im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nach, so ist der Strafbetrag zurückzuzahlen oder anzurechnen (Abs9 obzitierter Bestimmung). Da sich somit der Berufungsantrag auf die Frage, ob die vom Berufungswerber getätigte Zahlung der Anonymstrafverfügung im Zuge einer Banküberweisung die Rechtsfolgen des §49a Abs7 herbeiführen könne, reduziert, konnte gemäß §51e Abs2 1.Fall VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde.
Zu dieser Rechtsfrage aber ist auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 28.9.1973, B 208/73) und des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 13.2.1974, Z 1737/73), welche zu der Bestimmung des §50 VStG ergangen ist, zu verweisen.
Im Hinblick auf die Parallelität des Regelungsinhaltes der oben genannten Absätze des §49a und der Absätze 2, 6 und 7 des §50 VStG war diese Judikatur auch für den gegenständlichen Fall heranzuziehen.
Dieser Judikatur ist eindeutig zu entnehmen, daß das gegenständliche, wegen Verletzung des §103 Abs2 KFG ergangene Straferkenntnis nur dann zu Unrecht erlassen worden wäre, wenn der mit der vorangegangenen Anonymverfügung festgesetzte Strafbetrag mittels eines "zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneten Beleges" fristgerecht eingezahlt worden wäre. Wurde aber die Einzahlung von Konto zu Konto und nicht "mittels Beleges" durchgeführt, so war die Behörde erster Instanz berechtigt, so vorzugehen, als wäre der festgesetzte Strafbetrag nicht einbezahlt worden. Die vom Berufungswerber gewählte Zahlungsart von einem Konto der Creditanstalt Bankverein zu einem Konto der Behörde erster Instanz ist auch deswegen nicht als "mittels Beleges durchgeführt" anzusehen, da hierbei der für die Behörde bestimmte Teil des Beleges dieser nicht zukommt, und daher auch nicht bestimmungsgemäß verwendet wird.
Die dem Beschuldigten angelastete Tat war somit und auch auf Grund der unbestrittenen Sachlage als erwiesen anzusehen, weshalb der Berufung diesbezüglich kein Erfolg beschieden war und der erstinstanzliche Schuldspruch unter Abänderung zu bestätigen war. Gemäß §21 Abs1 VStG kann die Behörde ohne weitere Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Grundsätzlich ist zu bemerken, daß der Beschuldigte nach seinen eigenen Worten vorsätzlich gehandelt hat. Allerdings kann auch in einem solchen Fall das Verschulden geringfügig sein, jedoch nur dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat diesen Schluß rechtfertigen. Angesichts der komplizierten, nicht leicht einsehbaren Rechtslage war aber davon auszugehen, das ein solch besonderer Umstand im vorliegenden Fall vorlag. Für die Zukunft aber sei bemerkt, daß ein derartiger Schluß in gleichgelagerten Fällen nicht mehr zulässig sein wird.
Da auch die Folgen der Übertretung als unbedeutend einzustufen sind (der mit Anonymstrafverfügung festgesetzte Strafbetrag für das Grunddelikt wurde bezahlt und kann zum nunmehrigen Zeitpunkt ein Strafverfahren gegen den Lenker des Fahrzeuges wegen
Eintrittes der Verfolgungsverjährung nicht mehr eingeleitet werden) war im Sinne des §21 VStG vorzugehen.