Eine Ordnungsstrafe ist keine Verwaltungsstrafe
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Zif 1 VStG eingestellt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber angelastet, er habe am 28.1.1991 in Wien 4, Taubstummengasse 11 (Bez Pol Koat) durch seine Eingabe zu Cst 931/W/88 dem Bez Pol Koat Wieden einen Schriftsatz dargebracht, in dem er in ungeziemender und für die betroffenen Beamten beleidigender Schreibweise Ausdrücke und Anspielungen verwendet habe, die den gebotenen Anstand im Umgang mit Behörden verletzten. Dadurch habe er die Rechtsvorschrift des § 34 Abs 3 AVG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über ihn eine Geldstrafe von S 600,-- gemäß § 34 Abs2 AVG verhängt.
Ferner habe er gemäß § 64 des Verwaltungstrafgesetzes S 60,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) betrage daher S 660,--. Außerdem seien die Kosten des Strafvollzuges gemäß § 67 VStG (richtig wohl § 54d VStG) zu ersetzen.
Hinsichtlich der Zahlungsfrist wurde der Berufungswerber darauf hingewiesen, daß er bei Verzug damit rechnen müsse, daß der Betrag zwangsweise eingetrieben und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werde.
Es besteht somit kein Zweifel, daß die Erstbehörde zur Verhängung der Ordnungsstrafe ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und durchgeführt hat.
Zum Wesen einer Verwaltungsübertretung gehört jedoch, daß es sich nach den Verwaltungsvorschriften um eine richtige Strafbestimmung mit deliktsmäßigem Charakter handelt.
Deliktsmäßiger Charakter der Strafbestimmung ist nur dann gegeben, wenn die vorgesehene Strafe vor allem eine Ahndung für die Verletzung rechtlich allgemein geschützter Rechtsgüter durch unrechtmäßiges menschliches Verhalten darstellt und nicht nur vornehmlich ein Mittel zur Erreichung eines bestimmten Erfolges (wie zB im gegenständlichen Fall die Aufrechterhaltung der Ordnung) sein soll. Der Umstand allein, daß die Verhängung von Strafen angeordnet ist, genügt für die Charakterisierung als Verwaltungsübertretung nicht.
Demgemäß sind Ordnungsstrafen, die sich lediglich als Disziplinarmittel darstellen, von Strafen für Verwaltungsübertretungen streng auseinanderzuhalten, zumal gemäß § 36 Abs 1 zweiter Satz AVG auf die Ordnungsstrafen nur einzelne Bestimmungen des VStG (nämlich jene über den Strafvollzug), im übrigen aber die Bestimmungen des AVG anzuwenden sind. Eine Ordnungstrafe ist somit in Form eines verfahrensrechtlichen Bescheides zu verhängen, weshalb sich die Erlassung eines Straferkenntnisses im Zusammenhang mit der Verhängung einer Ordnungsstrafe gemäß § 34 AVG als unzulässig darstellt. Da die dem Berufungswerber zur Last gelegte Tat außerdem keine Verwaltungsübertretung bildet, war auch aus diesem Grund spruchgemäß zu entscheiden.
Nach Meinung des Verwaltungssenates stellt sich die Verhängung einer Ordnungsstrafe für die Äußerungen des Berufungswerbers in seinem Schriftsatz vom 28.1.1991 als nicht zielführend dar, doch bleibt es der gemäß § 34 Abs 3 AVG zur Verhängung einer Ordnungsstrafe zuständigen Behörde erster Instanz überlassen, darüber zu befinden, ob dieses Disziplinarmittel unbedingt erforderlich ist.
Der Berufungswerber wird jedenfalls darauf aufmerksam gemacht, in Hinkunft in seinen Schriftsätzen bei der Wortwahl größere Sorgfalt anzuwenden.