TE UVS Wien 1991/06/21 03/16/118/91

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Veröffentlicht am 21.06.1991
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Betreff

Kundmachungsmangel

Spruch

Die Bundesolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Döbling, hat am 9.4.1991 zur Zahl Cst 700/D/91 Dil, betreffend Frau R, ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch gefällt:

Sie haben am 27.11.1990 von 18.05 Uhr bis 18.20 Uhr in Wien 3, Löwengasse 55 das Kraftfahrzeug XY so abgestellt, daß ein Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren bzw Wegfahren gehindert war, wodurch eine Verkehrsbeeinträchtigung vorlag.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 23/1 StVO. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 700,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Stunden gemäß § 99/3 a StVO. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG 1950 zu zahlen:

S 70,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten) beträgt daher S 770,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG 1950).

Aufgrund der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Alllgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, der angefochtene Bescheid behoben und es wird das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Zi 2 VStG eingestellt.

Text

Begründung:

Im vorliegenden Fall blieb der im Spruch umschriebene Sachverhalt unbestritten; ergänzend ist festzustellen, daß es sich beim am Vorbeifahren gehinderten Fahrzeug um einen Zug der Straßenbahnlinie N handelte.

Das im ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 46 ergab, daß das Verkehrszeichen "Kurzparkzone Anfang" unmittelbar nach dem Schutzweg über die Löwengasse situiert ist und die Gleisanlage der Linie N in Bogenlage im knappen Abstand am Gehsteig vorbeiführt. Das Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges ohne Behinderung der Straßenbahn, welche an dieser Stelle eine 90 Grad-Kurve  nach rechts durchfährt, ist erst nach ca 7 m, gemessen ab dem Verkehrszeichen, möglich.

Bereits in ihrem Einspruch gegen die Strafverfügung erklärte die Berufungswerberin den Grund für die Behinderung wie folgt:

"Einer der Polizeibeamten am Einsatzort erklärte mir meinen Irrtum. Und zwar könnte die Straßenbahn, würde sie geradeaus fahren, an meinem Auto ungehindert vorbei; in einer Kurve zieht sich der Waggon in der Mitte aber etwas zusammen und wird dadurch breiter. Daraus folgt: Der erste Teil der Straßenbahn kam am Auto vorbei, die Mitte des Zuges aber nicht mehr."

Eine Kurzparkzone wird durch eine Verordnung geschaffen, die Kundmachung erfolgt durch Verkehrszeichen. Rechtsvorschriften sind, wie sich aus dem bundesverfassungsgesetzlichen Legalitätsprinzip ergibt, so zu gestalten, daß ein mit den gesetzlich geschützten Werten verbundener Normunterworfener wissen kann, was rechtens ist.

Unter diesen Voraussetzungen vermag die erkennende Behörde weder der Ansicht der Behörde erster Instanz, noch der Ansicht des Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 46 zu folgen. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus, "ein gewissenhafter Fahrzeuglenker hätte sich in einem solchen Fall selbst davon überzeugt, ob der nächste Straßenbahnzug die Örtlichkeit (....) hätte passieren können"; der Amtssachverständige der Magistratsabteilung 46 bemerkte, "daß das Verkehrszeichen gemäß § 52 Zif 13 d StVO 1960 (Kurzparkzone) keine Verpflichtung zum Abstellen eines Kraftfahrzeuges darstellt, sondern nur den Beginn einer Zone anzeigt".

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ist es nämlich Sache der mit technischen Amtssachverständigen besetzten Verkehrsbehörde, bereits bei der Erarbeitung der Verordnung zu wissen, daß und warum eine Straßenbahn in der Kurve mehr Platz braucht als sonst und dieses Wissen bei der Wahl des Aufstellungsortes des Verkehrszeichens zu berücksichtigen. Es ist hingegen das Recht des Normunterworfenen, sich darauf verlassen zu können, daß die Verkehrsbehörde das Zeichen "Kurzparkzone Anfang" dort angebracht hat, wo das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen auch tatsächlich möglich ist. Warum ein Fahrzeuglenker sein Fahrzeug abstellt, wo es ihm durch ein Verkehrszeichen ausdrücklich erlaubt ist, ist allein seine Sache und hat sich einer Wertung durch die Behörde zu entziehen. Wenn ein normal breites, mehrspuriges Fahrzeug ohne Behinderung der Straßenbahn, weil diese hier eben eine Kurve fährt, erst sieben Meter nach dem derzeitigen Aufstellungsort des Verkehrszeichens abgestellt werden kann, wird der Aufstellungsort des Verkehrszeichens zu ändern sein.

Auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt uneingeschränkt das Schuldprinzip; da die erkennende Behörde aber ein schuldhaftes Verhalten der Berufungswerberin nicht zu erblicken vermag, war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Falschparken, Behinderung des öffentlichen Verkehrs
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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