TE UVS Steiermark 1991/08/02 30.3-1/91

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Veröffentlicht am 02.08.1991
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat über die Berufung des Herrn Dr. K. C., geb.am 11.5.1931, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L., Politische Expositur B.A. vom 11.3.1991, GZ.: 15.1, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 51 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz wird der Berufung Folge gegeben, das angefochteten Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 lit a VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, eine Verwaltungsübertretung nach § 56 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 des Steiermärkischen Landesstraßenverwaltungsgesetzes 1964 (im folgenden: Stmk. LStVG) in Verbindung mit § 3 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 22.4.1974, LGBl. Nr. 42/1974, begangen zu haben.

 

Der Bescheid der belangten Behörde wird im wesentlichen damit begründet, daß mit Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.6.1988, Zl.: 88/06/023-14 und 88/06/0024-10 bestätigt worden sei, die T.-A. Straße sei sowohl im Bereich der Gemeinde B. M. als auch im Bereich der Gemeinde T. als öffentlich anzusehen. Im übrigen habe der Oberste Gerichtshof mit Erkenntnis vom 9.11.1989, Zl.: Ob/616/89 ausgesprochen, daß die Einhebung einer Maut auf dieser Straße unzulässig sei. Die Entscheidung der Behörde I. Instanz stützt sich weiters auf die Rechtsauskunft des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Rechtsabteilung 3, aus welcher hervorgehe, daß für diese Straße keine Maut bzw. kein Entgelt für die Benützung eingehoben werden könne, da es in der Steiermark kein Mautstraßengesetz gebe. Es sei lediglich die Vorschreibung eines Beitrages nach den §§ 19 und 20 des Stmk. LStVG. möglich. Diese Bestimmung normiere, daß eine Beitragspflicht für die Inanspruchnahme einer Gemeindestraße erst dann entstehe, wenn die Straße mit einem Fahrzeug oder Wagenzug von mehr als 6 Tonnen Gesamtgewicht befahren werde. Die Höhe der Benützungsgebühr sei mit Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 22.4.1974, LGBl. Nr. 42, geregelt worden. Hinzuweisen sei auf § 3 des Stmk. LStVG, wonach für die Benützung von Straßen, welche mit PflasterBeton- oder anderen besonders tragfähigen Decken versehen sind, eine Beitragsleistung nicht vorgeschrieben werden dürfe. Die T.-A. Straße sei mit einer besonders tragfähigen Bitumendecke ausgestattet, so daß eine Beitragsleistung unzulässig sei.

 

Weiters wurde ausgeführt, daß die Einhebung einer Maut auf keiner gesetzlichen Grundlage basiere und im Widerspruch zu § 15 Abs. 3 Z. 5 Finanzausgleichgesetz 1989 stehe, demzufolge es den Gemeinden verboten sei, Weg- und Brückenmauten auszuschreiben.

 

Der Berufungswerber habe somit den ihm angelasteten Tatbestand gesetzt, da er den Auftrag erteilt habe, das Kraftfahrzeug des Herrn Dr. T. am 12.1.1991 an der Mautstelle B. M. am Beginn der öffentlichen T.-A. Straße anzuhalten um ein gesetzlich nicht vorgeschriebenes Entgelt zu verlangen. Er habe dadurch gegen § 5 des Stmk. LStVG verstoßen, da er dadurch die bestimmungsgemäße Benützung einer öffentlichen Straße zum Verkehr eigenmächtig behindert habe.

 

In der dagegen eingebrachten Berufung wird auf das gleichzeitig vorgelegte Rechtsgutachten des Vorstandes des Institutes für öffentliches Recht der Universität Innsbruck, Univ.Prof. Dr. Peter Pernthaler, verwiesen, sowie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, Zl.: 83/06/0051. Das Rechtsgutachten wurde dem Berufungsschriftsatz beigelegt.

 

Weiters wurde bemängelt, daß die Entscheidung des OGH vom 9.11.1989, Zl.: 6 Ob 616/89, Ob 616/89, falsch ausgelegt worden sei, weil lediglich festgestellt worden sei, daß die private Straßenbetreiberin T.-A. Straße S. S. M. GesmbH und Co. KG. sehr wohl privatrechtliche Entgelte für den Transport von Lasten einheben könne, allerdings nicht in der geforderten Höhe, sondern nur in der Höhe, wie dies bei öffentlich rechtlichen Straßenbetreibern aufgrund der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung, zulässig sei. Für darüber hinausgehende Entgelte sei ein besonderer Rechtstitel notwendig. Keinesfalls könne daraus der Schluß gezogen werden, daß der OGH die Einforderung privatrechtlicher Benützungs- und Erhaltungsentgelte grundsätzlich verboten hätte.

 

Auch sei der Hinweis auf die §§ 19 und 20 des Stmk.LStVG verfehlt, da unter diesen Bestimmungen nur Beitragsleistungen zu verstehen seien, die ein öffentlich rechtlicher Straßenbetreiber aufgrund öffentlich rechtlicher gesetzlicher Bestimmungen einfordern könne, nicht aber Entgelte, die aufgrund privatrechtlicher (etwa vertraglicher) Bestimmungen eingefordert werden können. Auch regelten diese Bestimmungen nur den Fall, daß eine "Unternehmung" eine Straße übergebührlich beanspruche, jedoch habe dies weder mit einer öffentlich rechtlichen Maut, noch mit privatrechtlichen Benützungsentgelten etwas zu tun.

 

Im übrigen wird auf § 23 Abs. 1 Stmk. LStVG Bezug genommen, woraus hervorgehe, daß durch "dieses Gesetz ...die aufgrund eines besonderen Rechtstitels bestehenden Verpflichtungen zur Herstellung und Instandhaltung einer öffentlichen Straße oder zur Beitragsleistung nicht berührt" werden. Diese Bestimmung sei Grundlage dafür, daß privatrechtliche Benützungs- und Erhaltungsentgelte auf einer Gemeindestraße eingehoben werden könnten, und zwar auch dann, wenn die Gemeindestraße durch einen privatrechtlichen Straßenerhalter betrieben werde.

 

Es wurde daher der Berufungsantrag gestellt das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben bzw. abzuändern. Im Zuge des Verfahrens wurde vom Berufungswerber ein Beschluß des Kreisgerichtes L. vom 11.6.1991, Zl.: 4 Cg., vorgelegt, mit dem die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verworfen wurde. Das Kreisgericht L. hat damit die Möglichkeit der Einforderung privatrechtlicher Straßenbenützungs- und Erhaltungsentgelte - begehrt wurde die Feststellung des Rechtes auf Einforderung solcher, und zwar betriebswirtschaftlich kalkulierter Entgelte - und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Entscheidung darüber bejaht.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt hiezu nachfolgendes fest:

 

Unbestritten ist der Sachverhalt, daß nämlich der Berufungswerber als verantwortlicher Geschäftsführer der T.-A. Straße S. S. GmbH.& Co.KG., B. M. am 12.1.1991 veranlaßte, die Gemeindestraße von B. M. zur T.-Alm bei der Mautstation nördlich des Gasthofes H., B. M., durch den mit einer Stopptafel versehenen Schranken zu sperren, wobei hiedurch das Fahrzeug des Herrn Dr. W. T. angehalten wurde, um von diesem eine Personenmaut von S 95,-- einzuheben.

 

Da somit in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und eine Verhandlung in der Berufung nicht ausdrücklich verlangt wurde, konnte gem. § 57e Abs. 2 VStG von einer öffentlich mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden. Unbestritten ist auch, daß die T.-A. Straße eine öffentliche Straße im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 Stmk.LStVG ist (siehe Entscheidung des VwGh. vom 23.6.1988, Zl.: 88/06/0023, sowie gleichen Datums, Zl.:

88/06/0024). Auf dieser öffentlichen Straße (Gemeindestraße) sind somit die Bestimmungen des Stmk. LStVG anzuwenden (§ 1 Abs. 1 Stmk. LStVG)

 

Zu klären war somit die Rechtsfrage, ob auf dieser Gemeindestraße eine Mauteinhebung zulässig ist, oder ob der § 5 Stmk. LStVG dem entgegensteht.

 

§ 5 leg.cit normiert, daß die bestimmungsgemäße Benützung einer öffentlichen Straße zum Verkehr jedermann gestattet ist und von niemandem eigenmächtig behindert werden darf.

 

Wenn auch das Stmk. LStVG (anders § 3 Abs. 3 Salzburger Landesstraßengesetz, LGBl. Nr. 119/1972), keine Regelung über die Einhebung einer Maut enthält, "so wird doch durch die Einhebung einer Maut die Benützung im Sinne der hier zur Auslegung stehenden Kriterien nicht eingeschränkt; schließlich gibt es öffentliche Straßen mit Maut und Privatstraßen ohne Maut" (siehe obzitierte Entscheidungen des VwGh).

 

 

Die Einhebung einer Maut steht somit keinesfalls den im § 5 leg.cit gestellten Anforderungen entgegen. Zum einen ist es "jedermann gestattet", durch Bezahlung der Maut die Straße zu benützen, zum anderen gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Berufungswerber bestimmte Personen an der Benützung der Straße "behindert" hätte. Für die Benützung sind somit die §§ 18 folgende Stmk.LStVG anzuwenden. Im Urteil des OGH vom 9.11.1989, Zl.: 8 Ob 616/89 wird keinesfalls die Mauteinhebung als unzulässig angesehen, sondern wurde festgestellt, daß ein über die im §§ 19 Stmk.LStVG vorgesehenen Beitragsleistungen hinausgehender Anspruch - mangels gesonderter Vereinbarung - nicht abzuleiten ist. Keinesfalls kann daraus der Schluß gezogen werden, daß ", ein Entgelt für die Straßenbenützung mit dem Charakter der Straße als (öffentliche) Gemeindestraße rechtlich überhaupt unvereinbar sei" (siehe Rechtsgutachten zur Rechtmäßigkeit der Entgelteinhebung auf der T.-A. Straße von ord.Univ.Prof.Dr. Peter Pernthaler, Institut für öffentliches Recht der Universität Innsbruck, Seite 11).

 

Zusätzlich wird noch auf die Bescheide der beiden Gemeinden vom 30.10.1985 (Gemeinde T.) und vom 31.10.1985, bzw. 8.11.1988 (Gemeinde B. M.) verwiesen, die eine Öffentlichkeitserklärung im Sinne der §§ 2-4 Stmk. LStVG. unter der Prämisse der Mauteinhebung feststellten.

 

Für die T.-A. Straße (Gemeindestraße) ist somit neben den Beitragsleistungen nach den §§ 19, 20 Stmk. LStVG in Verbindung mit der Verordnung LGBl. 1974/42, auch eine "besondere privatrechtliche Vereinbarung zwischen Straßenerhalter und Straßenbenützer als Anspruchsgrundlagen einer prinzipiell zulässigen Entgelteinhebung" zu berücksichtigen (siehe oben zitiertes Rechtsgutachten, Seite 41). Der Berufungswerber als verantwortlicher Geschäftsführer der Straßengesellschaft konnte daher - allerdings unter Kontrahierungszwang wegen der Öffentlichkeitserklärung der Straße - mit jedem Straßenbenützer einen entgeltlichen Benützungsvertrag abschließen. Es war somit zulässig, den PKW des Herrn Dr. W. T. anzuhalten, um von diesem eine Maut einzuheben.

 

Da somit eine Mauteinhebung trotz Öffentlichkeitserklärung der T.-A. Straße gestattet ist, war dem Berufungsantrag Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Schlagworte
Maut
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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