TE UVS Wien 1991/09/18 03/18/757/91

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Veröffentlicht am 18.09.1991
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Betreff

Unkenntnis über Medikametwirkung entschuldigt nicht

Spruch

Aufgrund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs 4 AVG in Punkt 1) bestätigt, in Punkt 2) wird die Berufung jedoch als unzulässig zurückgewiesen.

Dem Berufungswerber wird gemäß § 64 Abs 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von zu 1) S 2.000,-- auferlegt.

Text

Begründung:

Zu Punkt 2) wird einleitend ausgeführt:

Nach der zwingenden Vorschrift des § 63 Abs 3 AVG, welche Vorschrift  nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren bei schriftlichen Berufungen Anwendung zu finden hat, muß die Berufung nicht nur den Bescheid bezeichnen, gegen den sie sich richtet, sondern auch einen begründeten Berufungsantrag enthalten. Auf das Erfordernis eines solchen Antrages wurde in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich hingewiesen.

Die schriftliche Berufung vom 2.9.1991 enthält hinsichtlich Punkt

2) des Straferkenntnisses jedoch einen solchen begründeten Berufungsantrag nicht. Mangels dieser Voraussetzung war die Berufung hinsichtlich Punkt 2) als unzulässig spruchgemäß zu rückzuweisen.

Zu Punkt 1) wird ausgeführt:

Der Berufungswerber bestreitet, daß er, wie in der Verkehrsunfallsaufnahme vom 21.3.1991 ausgeführt wird, angegeben hätte, zwei Krügerl Bier und ein Viertel Liter Wein getrunken zu haben. Richtig wäre viel mehr, daß er vor dem Verkehrsunfall Bier genossen habe, jedoch keinesfalls Wein, da er grundsätzlich niemals Wein trinke. Darüber hinaus hätte er eine Blutabnahme nicht abgelehnt, doch wurde ihm von den einschreitenden Polizeiorganen dargelegt, daß man lediglich die Wahl entweder Alkomat oder Blutabnahme hätte. Da die Alkomatüberprüfung bereits stattgefunden hatte, mußte er aufgrund der Ausführungen der Sicherheitswachebeamten zur Ansicht gelangen, daß eine Blutabnahme nun nicht mehr möglich wäre. Darüber hinaus sei ihm auch nicht vorgeschlagen worden, sich dem Amtsarzt vorführen zu lassen. Desweiteren seien die Ausführungen des Amtsarztes pauschal und nicht geeignet, ein ordnungsgemäßes Gutachten zur Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes zu erstatten. Eine amtsärztliche Befundung des Berufungswerbers wäre jedenfalls erforderlich gewesen, um die Art der von diesem eingenommenen Beruhigungstabletten und ihren Einfluß auf den Alkoholkonsum feststellen zu können. Schließlich sei es auch nicht sachgerecht, lediglich das Ergebnis  der Alkomatuntersuchung der Bergründung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes zu Grunde zu legen. Diesem Vorbringen wird zunächst in rechtlicher Hinsicht entgegengehalten:

§ 5 Abs 1 StVO 1960 bestimmt:

Wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Oktober 1973, Z 2041 und 2042/71, zum rechtlichen Gehaltes des § 5 Abs 1 StVO 1960 unter anderem folgendes - auch nach Inkrafttreten der 13. StVO- Novelle Gültiges - ausgeführt:

"Die Bestimmung des § 5 Abs 1 hat zwei Aussagen zum Inhalt:

a) Wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustande befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen.

b) Bei einem Blutalkoholgehalt (BAG) von 0,8 Promille oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt. Da dem Gesetz, insbesondere im Hinblick auf die Verfassungsbestimmung  des § 5 Abs 6 StVO 1960, zu entnehmen ist, daß es Absicht des Gesetzgebers war, im Fall eines Blutalkoholgehaltes von 0,8 Promille oder darüber die Notwendigkeit jeder weiteren Beweisführung über die Beeinträchtigung durch Alkohol auszuschließen, kann dem zweiten Satz des § 5 Abs 1 nur die Bedeutung beigemessen werden, daß damit eine unwiderlegliche Rechtsvermutung aufgestellt werden sollte, nach der eine Person bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille oder darüber auf jeden Fall als beeinträchtigt zu werten ist. Diese an der Rechtslage bis zum Inkrafttreten der 13. StVO-Novelle am 1. Mai 1986 ausgerichteten Ausführungen haben - wie gesagt - weiterhin Geltung. In der Umschreibung des Tatbestandes ist nur insoferne eine Änderung eingetreten, als die bisher ausschließlich auf den Blutalkoholwert abgestellte unwiderlegliche Rechtsvermutung der Beeinträchtigung durch Alkohol nunmehr auch auf den Atemalkoholgehalt (AAG) gestützt werden kann. Demnach gilt der Zustand einer Person auch bei einem Atemalkoholgehalt von 0,4 mg/l oder darüber als von Alkohol beeinträchtigt."

Der Berufungswerber wurde, nachdem bei ihm bestimmte Symptome einer Alkoholisierung (gerötete Augenbindehäute, undeutliche Aussprache, schwankender Gang und Geruch nach alkoholischen Getränken aus dem Mund) festgestellt wurden, aufgefordert, sich einer Untersuchung der Atemluft mittels Alkomaten zu unterziehen. Das Meßergebnis der ersten Messung um 02.42 Uhr ergab einen Atemalkoholgehalt von 0,98 mg/l, das Meßergebnis der zweiten Messung um 02.43 Uhr sodann einen Atemalkoholgehalt von 1,02 mg/l (Blatt 3).

Damit galt der Berufungswerber als vom Alkohol beeinträchtigt. Zu den Trinkangaben des Berufungswerbers laut Protokoll der Atemalkoholuntersuchung im Zeitraum vom 20. März 1991, 20.30 Uhr bis 21. März 1991, 01.30 Uhr, zwei Krügel Bier und einen Gespritzten getrunken zu haben, wird bemerkt, daß zwei Krügel Bier rein rechnerisch einen Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille aufzubauen geeignet sind. Ein Viertel Liter Gespritzter noch zusätzlich 0,25 Promille Blutalkoholgehalt. Selbst wenn der Berufungswerber grundsätzlich niemals Wein trinkt, erklärt der Konsum von zwei Krügel Bier nicht den Atemluftalkoholgehalt von 0,98 mg/l bzw von 1,02 mg/l, da diese beiden Werte einem Blutalkoholgehalt von mehr als 1,7 Promille entsprechen. Es muß daher zwingend angenommen werden, daß die diesbezüglichen Trinkangaben des Berufungswerbers nicht der Wahrheit entsprechen.

§ 5 Abs 4a StVO 1960 bestimmt, wenn eine Untersuchung der Atemluft nach Abs 2a lit b leg cit vorgenommen wird, so gilt deren Ergebnis als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung, es sei denn, daß eine Bestimmung des Blutalkoholgehaltes etwas anderes ergibt. Im Falle einer Untersuchung der Atemluft nach Abs 2a lit b hat eine Vorführung nach Abs 4 zu unterbleiben. Der Berufungswerber hat nun kein Verlangen zur Vornahme einer Blutabnahme gestellt. Er hat sich vielmehr sogar geweigert, daß Druckerprotokoll der Atemalkoholmessung zu unterfertigen (Blatt 3).

Bemerkt wird noch, daß Polizeiorgane nicht verpflichtet sind, im Zuge der von ihnen durchgeführten Amtshandlungen rechtliche Aufklärungen zu geben (VwGH 28.11.1966, 734/66, ZVR 1967/185). Der Berufungswerber wird noch auf das Erkenntnis des VwGH vom 16.1.1963, 2227/61 hingewiesen, wonach die Unkenntnis über die Wirkung eines Medikamentes nicht entschuldigt.

Auch wenn die Fahruntüchtigkeit nicht allein durch die Alkoholmenge,  sondern auch oder sogar überwiegend durch die Einnahme eines Medikamentes verursacht war, ist der Tatbestand des § 5 Abs 1 StVO 1960 gegeben (vgl VwGH 16.2.1979, 1622/77, ZfV 1979/2001).

Das polizeiamtsärztliche Gutachten vom 4.6.1991 (Blatt 13) war daher der Entscheidung nicht zu Grunde zu legen, da die diesbezüglichen Ausführungen für das Verfahren irrelevant sind, zumal es nach der in dieser Hinsicht eindeutigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in den Ingerenzbereich des Berufungswerbers fällt, ein Fahrzeug trotz Alkohol- und Medikamentenkonsums zu lenken (actio libera in causa). Die dem Berufungswerber zu Punkt 1) angelastete Tat war daher als erwiesen anzunehmen, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen war. Eine Herabsetzung der Strafe kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:

Die Tat schädigte in erheblichem Maße das Interesse am Ausschluß nicht fahrtauglicher Personen von der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Lenker.

Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat nicht gering, zumal der Alkoholisierungsgrad nach dem Meßergebnis eher hoch anzusehen war und als Folge der Tat ein nicht unerheblicher Sachschaden an mehreren KFZ's verursacht wurde.

Das Verschulden des Berufungswerbers war ebenfalls als erheblich anzusehen, da der Berufungswerber vorsätzlich gehandelt hat, mußte er doch wissen, daß selbst nach seinen Angaben der Genuß von zwei Krügel Bier bereits einen Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille rechnerisch ergibt und hätte er daher vom Lenken des Fahrzeuges unter diesen Bedingungen unbedingt Abstand nehmen müssen. Er hat dies jedoch wissentlich (sohin vorsätzlich) nicht getan. Bei der Strafbemessung wurde zugunsten des Berufungswerbers die zur Tatzeit vorgelegene verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit angenommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den zu Punkt 1) von S 8.000,-- bis S 50.000,-- reichenden Strafrahmen ist die verhängte Geldstrafe selbst unter der Annahme ungünstiger Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie bei Bestehen etwaiger gesetzlicher Sorgepflichten des Berufungswerbers durchaus angemessen und keinesweges zu hoch, zumal weitere besondere Milderungründe im Verfahren nicht hervorgetreten sind. Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Punkt 1) stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 2 des VStG.

Auf die Möglichkeit der Einbringung eines mit S 120,-- Bundesstempelmarken zu versehenden Ratenansuchens bei der Behörde

1. Instanz wird hingewiesen.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.

Schlagworte
Blutabnahme, Alkoholgehalt, Alkoholbeeinträchtigung, Alkomat, Blutalkoholwert, Atemluftalkoholgehalt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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