Auf Grund bereits bekannter Beschwerden war kein Notstand gegeben
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat:
"Sie (Herr S) haben am 29.1.1991 um 6.30 Uhr in Wien 11., Geiselbergstraße 27 als Lenker den PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen XY abgestellt gehabt, obwohl an dieser Stelle ein durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachtes Halte- und Parkverbot bestanden hat."
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 200,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
Mit Straferkenntnis vom 29.7.1991, Zl Cst 1794-Sg/91, erkannte die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Simmering, den Berufungswerber schuldig, er habe am 29.1.1991 um
6.30 Uhr in Wien 11., Geiselbergstraße 27 als Lenker des PKW XY das Fahrzeug abgestellt gehabt, obwohl an dieser Stelle ein durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachtes Halte- und Parkverbot bestand, wodurch der übrige Straßenverkehr beeinträchtigt bzw. behindert wurde. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 3 lit a iVm § 24 Abs 1 lit a StVO 1960 (StVO) begangen. Gemäß § 99 Abs 3 lit a leg cit wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt.
Die Verwirklichung des Tatvorwurfes in objektiver Hinsicht stellte der Berufungswerber außer Frage, brachte aber in seinem Rechtsmittel vom 13.8.1991 in subjektiver Hinsicht im wesentlichen folgendes vor:
Er habe die geplante Fahrt wegen starken Durchfalls unterbrechen müssen. Da in kürzerer Entfernung von seiner Wohnung - er habe dringend die Toilette aufsuchen wollen - kein Parkplatz vorhanden gewesen sei, habe er sich notgedrungen für wenige Minuten in das Halte- und Parkverbot einparken müssen. Es sei ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen, die Fahrt fortzusetzen. Es liege somit aus gesundheitlichen Gründen Notstand vor. Er verfüge über keine einschlägigen Vormerkungen. Jeder, der bereits unter Durchfällen vor allem im Zusammenhang mit einer Lebensmittelvergiftung gelitten habe wisse, daß in einem derartigen Fall der Stuhldrang selbstverständlich nicht beherrscht werden könne. Er beantrage dazu als Beweis ein Gutachten eines Sachverständigen aus dem Gebiete der Inneren Medizin. Mit seinem gesamten Vorbringen macht der Berufungswerber sohin eine notstandsähnliche Situation geltend.
Unter Notstand ist ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein durch Begehung einer im allgemeinen strafbaren Handlung retten kann. Weiters gehört zum Wesen des Notstandes, daß die Gefahr zumutbarerweise nicht anders als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben und die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (VwGH 17.6.1987, 85/01/0172, 15.9.1987, 86/04/0036, 30.5.1989, 88/08/0168).
Dazu ist aber zu bemerken, daß der Berufungswerber in seinem Schreiben vom 27.5.1991 (Einspruch gegen die Strafverfügung vom 2.5.1991, Blatt 9) vorbrachte, daß er zur Tatzeit bereits 2 Tage an einer Durchfallserkrankung gelitten habe. Am Tattag habe sich sein Zustand allerdings so weit gebessert, daß kein Zweifel an seiner Fahrtauglichkeit bestanden habe. Aus diesem Vorbringen ergibt sich, daß derartige Beschwerden wie zur Tatzeit nicht zum ersten Mal und für den Berufungswerber somit auch nicht überraschend aufgetreten sind.
Hat der Täter sich aber ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund selbst in eine Zwangslage begeben, die er voraussehen konnte, dann er sich nicht mit Erfolg auf Notstand berufen (vgl ua VfGH 17.2.1988, 88/03/0023). Da der Berufungswerber schon längere Zeit an Durchfallserkrankungen gelitten hat und auch am Tattag nicht völlig beschwerdefrei gewesen ist, hat er sich selbst in eine Zwangslage begeben, die er voraussehen konnte. Die Zwangslage und das vorschriftwidrige Abstellen seines Kraftfahrzeuges infolge seiner Erkrankung war somit selbst verschuldet und vermag daher den Berufungswerber nicht zu entschuldigen.
Da eine selbstverschuldete Zwangslage nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Schuldausschließungsgrund darstellt, war von der Einholung eines vom Berufungswerber beantragten Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Gebiete der Inneren Medizin und auch von einer ergänzenden Einvernahme des Berufungswerber abzusehen.
Der Berufung war daher keine Folge zu geben und das erstinstanzliche Straferkenntnis zu bestätigen.
Die Abänderung im Spruch diente der Anpassung des Spruches an die Gesetzesstelle und der Präzisierung des dem Beschuldigten zur Last gelegten Verhaltens.
Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:
Bei der Übertretung des § 24 Abs 1 lit a StVO handelt es sich um kein Erfolgsdelikt, bei welchem erst der Eintritt einer Verkehrsbeeinträchtigung die Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes bedeutet. Der Eintritt einer Verkehrsbeeinträchtigung findet vielmehr bei der Bemessung der Strafe einen Niederschlag. Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen, weshalb der Unrechtsgehalt der Tat beträchtlich war, zumal es offensichtlich ist, daß durch das Abstellen des gegenständlichen Kraftfahrzeuges am Tatort zur Zeit der "Verkehrsspitze" (Tatzeit war der 29.1.1991, ein Dienstag, um 6.30 Uhr) der Fließverkehr behindert wird, zumal auch im konkreten Fall laut Anzeige nur ein Fahrstreifen für den Fließverkehr freigeblieben ist.
Das Verschulden des Berufungswerbers war als erheblich anzusehen, da er - wie bereits ausgeführt - grob fahrlässig gehandelt hat. Bei der Strafbemessung wurde auch die zur Tatzeit vorgelegene verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt. Weiters wurden bei der Strafbemessung die angenommenen durchschnittelichen Einkommensverhältnisse (der Berufungswerber ist nach seinen eigenen Angaben als Versicherungsangestellter im Außendienst tätig) berücksichtigt, sowie Vermögenslosigkeit und das Fehlen von Sorgepflichten angenommen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis S 10.000,-- reichenden Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe von S 1.000,--, die sich durchaus im unteren Bereich des Strafsatzes befindet, durchaus angemessen und keinesweg zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.
Da der Berufungswerber, wie sich aus dem Inhalt seines Rechtsmittels ergibt, nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, war gemäß § 51e Abs 2 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen, weil die Durchführung einer solchen in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde.