Beschäftigung von Ausländern in nicht wirtschaftlicher oder persönlicher Abhängigkeit vom Auftraggeber
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Auf Grund einer Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 12.12.1990 gegen Herrn V, Hausverwalter, 1969 geboren, wohnhaft in Wien 10, laut Meldeauskunft dort aufrecht gemeldet wurde Herr V, wohnhaft in Wien 10, zur Rechtfertigung durch das Magistratische Bezirksamt für den 17. Bezirk aufgefordert. Zur Vernehmung am 22.1.1991 erschien Herr V, Vorstandsvorsitzender einer AG, geboren 1949, wohnhaft in Wien 10, und wurde nach Vorhalt der oben angeführen Anzeige als Beschuldigter vernommen. Die Frage der Identitiät der in der Anzeige genannten und der zur Vernehmung erschienenen Person wurde auch trotz der Erklärung des als Beschuldigter Vernommenen, nicht Hausverwalter des am Tatort befindlichen Hauses zu sein, nicht geprüft.
Auch das als Partei gehörte Landesarbeitsamt Wien gab nach Übermittlung der Anzeige und der Niederschrift vom 22.1.1991 eine Stellungsnahme hinsichtlich des Herrn V Hausverwalter, geboren 1969, 1100 Wien, wohnhaft, ab und stellte gegen den Genannten Strafantrag wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch den in der Anzeige beschriebenen Sachverhalt, wobei ausdrücklich auch auf den angegebenen Beruf des Beschuldigten (Hausverwalter) Bezug genommen wird.
Das daraufhin erlassene Straferkenntnis vom 20.2.1991 wurde ohne nähere Individualisierung an "Herrn V, 1100 Wien" zugestellt und von einem Mitbewohner der Abgabestelle übernommen. Weiters geht weder aus dem Spruch noch aus der Begründung dieses Straferkenntnisses eindeutig hervor, daß sich dieses an den 1949 geborenen Herrn V und nicht an seinen 1969 geborenen gleichnamigen und an derselben Adresse gemeldeten Sohn richtet, da sowohl der Inhalt der Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien als auch die Angaben "des Beschuldigten V" anläßlich seiner Einvernahme berücksichtigt werden.
Es war daher im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.9.1987, 87/02/0038, vorerst zu klären, wer Empfänger des Bescheides und damit zur Erhebung eines Rechtsmittels berechtigt war.
Diesbezüglich ergab sich bei der vor dem UVS Wien am 16.9.1991 durchgeführten mündlichen Verhandlung, daß das Straferkenntnis von Herrn V sen ungeöffnet mit der sonstigen Post in Wien 10, vorgefunden und von ihm Berufung erhoben wurde.
Beschuldigter und somit zur Berufung berechtigt war auf Grund der mangelhaften Individualisierung im gegenständlichen Straferkenntnis dessen Empfänger V sen.
Der Beschuldigte V sen brachte in der Berufung und anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem UVS Wien im wesentlichen vor, daß es sich bei Herrn J um einen Verwandten von ihm handle, der sich für die ihm bei seinem Hausbau in der CSFR geleistete Unterstützung revanchieren wollte. Es liege in diesem Fall kein Arbeitsverhältnis vor sondern handle es sich um eine "Nachbarschaftshilfe". Herr J habe seine Hilfe angeboten und die Arbeit kostenlos ausgeführt.
Die Vertreterin des Magistrates der Stadt Wien verwies auf die Begründung des Straferkenntnisses. Die Vertreterin des Landesarbeitsamtes Wien vertrat die Auffassung, daß auf die unbestrittene Tätigkeit des Herrn J, nämlich den Austausch alter Fenster unter Anleitung des Beschuldigten und zum Nutzen des Beschuldigten die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes Anwendung finden. Die vom Beschuldigten in seiner Berufung behauptete Nachbarschaftshilfe finde über die Grenzen Österreichs hinaus keine gesetzliche Deckung. Da für eine Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz weder die Entgeltlichkeit noch die Dauer der Beschäftigung eine Rolle spielen, beantragte sie der gegenständlichen Berufung nicht stattzugeben bzw die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung vom 16.9.1991 und den sonstigen Akteninhalt erscheint folgender Sachverhalt erwiesen: Herr J ist ein in der CSFR wohnhafter entfernter Verwandter von Herrn V sen und wurde ihm von diesem bei einem Wienbesuch Anfang Dezember 1990 Kost und Logis in seinem Haus in Wien 10, gewährt. Die Reisekosten trug Herr J selbst. Anläßlich dieses Aufenthaltes trug sich Herr J an, Herrn V sen und jun beim Einbau bereits gelieferter Fenster im Mietshaus von Frau V in Wien 17, der wegen der kalten Jahreszeit rasch erfolgen und für die nächste Zeit vorgesehen war, zu helfen.
Die Herren V sen und jun sowie Herr J begaben sich daher zusammen mit Material am 8.12.1990 im PKW von Herrn V sen von Wien 10 nach Wien 17. Dort hatten die beiden Herren V bereits einige Zeit vorher Fenster an der Front zum D-platz, zum Teil auch zusammen mit einem Monteur der Lieferfirma H, Wien 17, ausgetauscht. Am 8.12.1990 wurde die Arbeit im wesentlichen von den beiden Herren V unter Anleitung von Herrn V sen geleistet. Herrn J fielen lediglich helfende Tätigkeiten, wie Hinuntertragen der alten Fensterflügel, Schlichten des alten Holzes im Hof, Halten des Fensterrahmens beim Anpassen, Halten der Bohrmaschine,... zu. Nach Angabe von Herrn V sen hätte Herr J auch diese Tätigkeiten jederzeit einstellen können.
Als nach einiger Zeit das Material ausging, fuhren die beiden Herren V neues herbeischaffen. Nach Aussage von Herrn V jun sollte Herr J in der Zwischenzeit einen alten Fensterrahmen herausreißen. Bei dieser Tätigkeit wurde er von Herrn Bezirksinspektor K betreten.
Diesem fiel während des Fußstreifendienstes um 11.50 Uhr auf, daß der Gehsteig vor dem Haus Wien 17, mit alten Holzteilen, Fensterflügeln und Teilen von Fensterrahmen abgesperrt war. Im ersten Stock sah der Zeuge einen Mann und eine Frau, die mit Fensteraustauscharbeiten beschäftigt waren, wobei der Mann augenscheinlich die Hauptarbeit verrichtete und die Frau ihm dabei behilflich war.
Im Zuge der Amtshandlung stellte Herr Bezirksinspektor K fest, daß es sich bei diesen Personen um Herrn J und die Wohnungsinhaberin Frau A handelte. Herr J gab über Befragen an, seit ca 3 Wochen bei Herrn V in Wien 10, wohnhaft zu sein. Er erklärte weiters, vom Hausverwalter V mit dem Fensteraustausch beauftragt worden zu sein. Weder Herr J noch Frau A gaben an, daß Herr V an diesem Tag beim Fenstertausch mittätig gewesen wäre noch erfolgte ein Hinweis darauf, daß mit der baldigen Rückkunft desselben mit neuem Material zu rechnen wäre. Eine diesbezügliche Fragestellung erfolgte jedoch auch nicht.
Nach übereinstimmenden Zeugenaussagen ist Herr J der deutschen Sprache nur gebrochen mächtig und macht sich auch unter Zuhilfenahme der Zeichensprache verständlich.
Da der Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung ausreichend geklärt wurde, konnte unter Zustimmung der Verfahrensparteien auf die Einvernahme der Zeugin A verzichtet werden.
Das Ausländerbeschäftigungsgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern - ohne Berücksichtigung von eventuellen Verwandtschaftsverhältnissen - in Österreich.
Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt worden ist. § 3 Abs 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sieht vor, daß ein Arbeitgeber - soweit im Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht anderes bestimmt ist - einen Ausländer nur beschäftigen darf, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Als "Beschäftigung" gilt - soweit die Regelung für den gegenständlichen Fall in Betracht kommt - gemäß § 2 Abs 2 leg cit die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis.
Maßgebend ist daher, daß die Tätigkeit in persönlicher bzw wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird (vgl Schnorr, AuslBG, Manz, 2. Auflage, Wien 1989, Seite 22). Diese persönliche bzw wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei Aufnahme eines Ausländers während seines Urlaubes gegen Kost und Logis aus Gefälligkeit und von ihm gefälligkeitshalber (einmalig) verrichteter Hilfstätigkeit ohne persönliche Arbeitspflicht und zeitlichem Verpflichtungsverhältnis, wobei dem "Arbeitgeber" auch der wirtschaftliche Erfolg nicht zugute kommt, nicht gegeben. (Vgl in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.7.1990, 90/09/0062.) Da der Tatbestand des § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz vom Beschuldigten nicht verwirklicht wurde, war spruchgemäß vorzugehen.