Eine Zustellung an einen Rechtsanwalt ist auch bei Übernahme durch einen Angestellen rechtswirksam
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 400,-- , das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, es als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges XY unterlassen zu haben, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 15.1.1991, zugestellt am 25.1.1991, innerhalb der Frist von 2 Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 5.1.1991 um 20.06 Uhr, in Wien 9, Spittelauer Lände 15-21, Richtung Roßauer Lände, gelenkt habe.
Der Berufungswerber brachte im wesentlichen folgendes vor:
Die Vorschrift des § 23 Abs 7 AVG (alt), wonach bei vorübergehender Abwesenheit vom gewöhnlichen Aufenthaltsort eine Ersatzzustellung nach § 23 Abs 1 AVG (alt) nicht zulässig sei, gelte mangels anderer Regelung auch für Zustellungen, die in der Kanzlei eines Rechtsanwaltes an den Rechtsanwalt als Vertreter einer Partei vorzunehmen seien (VwGH 19.4.1977 Slg 9301 A). An dieser Judikatur habe sich bis dato nichts geändert, sodaß mangels anderer gesetzlicher Bestimmung davon auszugehen sei, daß die Ortsanwesenheit des Adressaten für eine ordnungsgemäße Zustellung erforderlich sei.
Da er - wie von ihm mehrfach ausgeführt - zum Zustellzeitpunkt nicht ortsanwesend gewesen sei und ihm auch die Lenkerauskunft tatsächlich nicht zugekommen sei, sei auch keine Heilung des vorliegenden Zustellmangels eingetreten und sei ihm daher weder eine schuldhafte noch rechtswidrige Handlung vorzuwerfen. Diesem Vorbringen ist in rechtlicher Hinsicht folgendes entgegenzuhalten:
§ 13 Abs 4 Zustellgesetz bestimmt: "Ist der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person, so ist die Sendung in deren Kanzlei zuzustellen und darf an jeden dort anwesenden Angestellten des Parteienvertreters zugestellt werden; durch Organe der Post darf an bestimmte Angestellte nicht oder nur an bestimmte Angestellte zugestellt werden, wenn der Parteienvertreter dies schriftlich bei der Post verlangt hat. Die Behörde hat Angestellte des Parteienvertreters wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer zuvor der Behörde schriftlich abgegebenen Erklärung des Parteienvertreters durch einen Vermerk auf der Sendung und dem Rückschein von der Zustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden."
§ 13 Abs 4 Zustellgesetz findet auch dann Anwendung, wenn einem Rechtsanwalt ein an ihn persönlich (und nicht als Parteienvertreter) gerichtetes Schriftstück in seiner Kanzlei zugestellt wird, weshalb es dort auch (selbst bei eigenhändigen Zustellungen) an seinen Angestellten zugestellt werden darf (siehe
VwGH 21.2.1990, 89/02/0161 = ZfVB 1991/1/231 mit Zitierung VwGH
9.11.1988, 88/03/0137; 19.4.1989, 89/02/0018 = ZfVB 1990/1/272).
Die Übernahme der Sendung, welche die schriftliche Aufforderung der Behörde vom 15.1.1991 zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers im Sinne des § 103 Abs 2 KFG 1967 enthielt, durch den Angestellten des berufsmäßigen Parteienvertreters, im gegenständlichen Fall am 25. Jänner 1991, hatte somit für den Berufungswerber die Wirkung, daß ihm die schriftliche Aufforderung der Behörde vom 15.1.1991 zugestellt war. Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens der Sendung an den Berufungswerber kommt es daher nicht mehr an. Dies bedeutet, daß trotz Abwesenheit des Berufungswerbers von der Abgabestelle - hier durch eine berufliche Tätigkeit in Eisenstadt - in dieser Hinsicht kein Zustellmangel vorlag, der erst im Sinne des § 7 Zustellgesetz geheilt werden hätte müssen, und die Zustellung der Sendung bereits mit dem 25.1.1991 bewirkt war. Der Umstand, daß dem Berufungswerber die Sendung tatsächlich (persönlich) nicht zugekommen ist, vermag somit an der ordnungsgemäßen Zustellung dieser Sendung nichts zu ändern. Festzuhalten ist noch, daß der Berufungswerber nicht einmal behauptet hat, die Zustellung durch das Organ der Post wäre an einen Angestellten erfolgt, an welchen auf Grund seines schriftlichen Verlangens an die Post (bzw an die Behörde) nicht hätte zugestellt werden dürfen.
Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Durch die Zustellung der schriftlichen Aufforderung der Behörde im Sinne des § 103 Abs 2 KFG 1967 am 25.1.1991 hat die zweiwöchige Frist zur Auskunftserteilung mit diesem Tag zu laufen begonnen und am 8.2.1991 geendet.
Der Berufungswerber hat unbestrittenermaßen innerhalb dieser zweiwöchigen Frist keine Auskunft erteilt und damit die ihm im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Verwaltungsübertretung verwirklicht.
Auf Grund der vorigen Ausführungen und Erwägungen war der Berufung keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis spruchgemäß zu bestätigen.
Gemäß § 51e Abs 2 VStG konnte die Durchführung einer öffentlichen
mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zur Strafbemessung wird ausgeführt:
Die Tat schädigte in bedeutendem Maße das Interesse an der raschen Ermittlung der im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Person, weshalb der Unrechtsgehalt groß war, konnte doch ein "Schnellfahrer" nicht ausgeforscht werden. Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, wobei zu bemerken ist daß das Nichtübergeben einer Sendung seitens des Angestellten eines Rechtsanwaltes an diesen dem Rechtsanwalt als Verletzung seiner Aufsichtspflicht gegenüber dem Angestellten angerechnet werden muß.
Bei der Strafbemessung waren zwei gleichartige Verwaltungsvorstrafen als erschwerend zu werten.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis S 30.000,-- reichenden Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe von S 2.000,-- sogar bei Vorliegen ungünstiger Einkommens- und Vermögensverhältnisse und bei Bestehen von gesetzlichen Sorgepflichten durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal sie im untersten Bereich liegt und weitere Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind.
Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam daher nicht in Betracht. Dies auch deshalb, weil eine mildere Strafe nicht geeignet wäre, den Berufungswerber von einer neuerlichen Wiederholung der Tat ausreichend abzuhalten.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.