TE UVS Steiermark 1991/10/29 30.3-29/91

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Veröffentlicht am 29.10.1991
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat über die Berufung des Herrn H. K., geb.am 31.10.1958, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. G. R., J., wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft M. vom 14.5.1991, GZ.: 15 Ka, wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gem. § 45 Abs. 1 lit. a VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen zu haben, da er am 17.12.1990 um 18.00 Uhr den PKW St 339.280 auf der B 75 in O. auf Höhe des Straßenkilometers 10,2 gelenkt und dabei die im Ortsgebiet erlaubte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h überschritten habe.

 

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte eine öffentliche, mündliche Verhandlung im Sinne des § 51 g Abs. 1 VStG entfallen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt hiezu nachfolgendes fest:

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Sicherheitsorganen grundsätzlich ein Urteil im Wege der Schätzung darüber zuzubilligen, ob ein Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet (Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 4.9.1986, 86/02/0070 u.a.). Aus der Anzeige des GPK O. vom 20.12.1990 geht hervor, daß "die Annäherungsgeschwindigkeit dieses PKW's ungefähr der durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit der vorbeifahrenden Fahrzeuge, also vermutlich ca. 50 km/h, entsprach. Als der Lenker den Standort des Beamten passiert hatte, beschleunigte er sein Fahrzeug auf der leicht abschüssigen Straße in der Weise, daß er auf Höhe der Auffahrt zur B.-Siedlung, also ca. 10 m vor der Ortstafel O., mit einer Geschwindigkeit von schätzungsweise 80 - 90 km/h fuhr." In seiner Zeugenaussage bestätigte der Meldungsleger diese Angaben, wobei er angab, daß seine Schätzung durch das Motorgeräusch - "lautere Auspuffgeräusche durch Gasgeben" - bekräftigt worden sei.

 

Hiezu wird ausgeführt, daß eine Schätzung der Geschwindigkeit auch dann Beweiskraft zukommen kann, wenn das Kraftfahrzeug sich an dem zur Überwachung des Verkehrs eingesetzten Organ nicht mit gleichbleibender Geschwindigkeit vorbeibewegt (Entscheidung des VWGh vom 24.6.1976, 429/75). Unter ganz besonderen Konstellationen kann auch die Schätzung der Geschwindigkeit eines lediglich herannahenden Fahrzeuges ein taugliches Beweismittel darstellen (Erkenntnis des VwGH vom 22.11.1985, 85/18/0058), so etwa, wenn - neben weiteren Voraussetzungen - die eingesehene Fahrtstrecke "mehrere hundert Meter" lang ist. Im Licht dieser Rechtsprechung liegt demnach in der Schätzung der Geschwindigkeit eines herannahenden Fahrzeuges auf einer Strecke von etwa 150 m kein taugliches Beweismittel vor.

 

In concreto ist jedoch davon auszugehen, daß das Fahrzeug des Berufungswerbers unbestrittenermaßen unter Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit an den Meldungsleger vorbeigefahren ist. Der Meldungsleger vermeint erst im Nachschauen bei einer Einsichtsstrecke von ca. 200 m aufgrund des lauteren Motorgeräusches eine Geschwindigkeitsüberschreitung wahrgenommen zu haben. Hiebei ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Meldungsleger keinesfalls eine Einsichtstrecke von 200 m zur verläßlichen Schätzung heranziehen konnte, da - folgt man den Ausführungen des Meldungslegers -, der Beschleunigungsweg ebenfalls eine gewisse Strecke in Kauf nimmt. Im übrigen ist es auch denkmöglich, daß das laute Motorengeräusch auch andere Ursachen haben konnte (aufgrund des abschüssigen Geländes könnte auf einen niedrigeren Gang zurückgeschaltet worden sein). Das Fahrzeug hat sich somit vom Standort des Meldungslegers wegbewegt und ist eine verläßliche Schätzung daher nicht möglich.

 

Für die erkennende Behörde steht somit fest, daß eine Schätzung einer Geschwindigkeit die sich ausschließlich auf das Nachschauen bezieht, nicht als Grundlage für eine ordnungsgemäße Schätzung einer Höchstgeschwindigkeit herangezogen werden kann.

 

Den Berufungsantrag, "das angefochtene Straferkenntnis dahin abzuändern, daß dieses behoben werde und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen" konnte daher ohne näher auf die weiteren Ausführungen der Berufung einzugehen stattgegeben werden.

Schlagworte
Schätzung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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