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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. Walter Brandt, Rechtsanwalt in 4780 Schärding, Silberzeile 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 29. Juli 1998, Zl. VwSen-510032/7/SCHI/Km, betreffend Erteilung einer Fahrschulbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23. Februar 1998 auf Erteilung einer Fahrschulbewilligung für die Klassen A bis G gemäß § 108 Abs. 3 und § 109 Abs. 1 lit. e und Abs. 2 KFG 1967 abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der im Jahr 1943 geborene Beschwerdeführer sei österreichischer Staatsbürger und Fahrschullehrer für die Klassen A bis G. Der Beschwerdeführer besitze kein Diplom einer Fakultät für Maschinenbau oder für Elektrotechnik einer österreichischen Technischen Universität. Er habe auch nicht die Reifeprüfung an einer österreichischen Höheren technischen Lehranstalt maschinen- oder elektrotechnischer Richtung erfolgreich bestanden. Er übe seit 1969 den Beruf als Fahrlehrer und seit 1978 als Fahrschullehrer aus. Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer die persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung gemäß § 109 Abs. 1 lit. e KFG 1967 nicht erfülle. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung liege aus den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Juni 1995, G 198/94, G 23/96 und G 43/96 (= VfSlg. Nr. 14.165) genannten Gründen nicht vor. Die Rechtslage habe sich seither nicht wesentlich geändert. Der Umstand, dass Besitzer von Fahrschullehrerberechtigungen zu Fahrprüfern bestellt werden können, stelle keinen Grund für ein Absehen von den Voraussetzungen des § 109 Abs. 1 lit. e KFG 1967 dar. Weder aus der Aktenlage noch aus dem in der mündlichen Verhandlung erstatteten Vorbringen ergebe sich ein Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer über eine gleichwertige andere Schulausbildung im Sinne des § 109 Abs. 2 KFG 1967 verfüge. Seine langjährige Berufserfahrung stelle keine Schulausbildung dar. Das Gleiche gelte für einen in der mündlichen Verhandlung erstmals erwähnten "freiwilligen" Kurs (privater Lehrgang) in der Dauer von zweieinhalb Jahren, zumal der Beschwerdeführer darüber keinerlei Unterlagen habe vorlegen können. Ein gemeinschaftsrechtlich relevanter Sachverhalt liege im Falle des Beschwerdeführers nicht vor.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der er u.a. die Verfassungswidrigkeit des § 109 Abs. 1 lit. e KFG 1967 wegen Verstoßes gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsausübung und auf Freiheit der Berufswahl und der Berufsausbildung sowie wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz geltend machte.
Mit Beschluss vom 25. September 2000, B 1733/98-11, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung dieses Beschlusses verwies der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Fehlen hinreichender Erfolgsaussichten der Beschwerde auf seine Rechtsprechung, darunter das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis vom 19. Juni 1995. Es liege auch kein Verstoß gegen das Verbot der Inländerdiskriminierung vor, weil gemäß § 109 Abs. 1 lit. a KFG 1967 Angehörige einer Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt seien und in § 109 Abs. 5 leg. cit. die Bestimmung aufgenommen worden sei, dass der Landeshauptmann bei Prüfung der persönlichen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 lit. e bis h auch die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat erworbenen Qualifikationen im Sinne der Richtlinie des Rates Nr. 92/51/EWG in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG entsprechend zu berücksichtigen und zu beurteilen habe, ob und inwieweit diese den nationalen Erfordernissen entsprächen.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ergänzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des KFG 1967 lauten (auszugsweise) wie folgt:
"XI. Abschnitt
Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern
Ausbildung in Fahrschulen
§ 108.
...
(3) Die Errichtung einer Fahrschule und die Verlegung ihres Standortes bedürfen der Bewilligung des Landeshauptmannes; die Verlegung des Standortes ist nur innerhalb desselben Bundeslandes zulässig. Der Betrieb der Fahrschule darf erst aufgenommen werden, wenn der Landeshauptmann die Genehmigung hiezu erteilt hat (§ 112 Abs. 1). ...
...
Persönliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung
§ 109. (1) Eine Fahrschulbewilligung (§ 108 Abs. 3) darf nur natürlichen Personen und nur Personen erteilt werden, die
a) österreichische Staatsbürger sind und das 27. Lebensjahr vollendet haben, wobei Angehörige einer Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind,
...
e) das Diplom der Fakultät für Maschinenbau oder für Elektrotechnik einer österreichischen Technischen Universität besitzen oder die Reifeprüfung an einer österreichischen Höheren technischen Lehranstalt maschinen- oder elektrotechnischer Richtung erfolgreich bestanden haben,
...
(2) Der Landeshauptmann kann vom Erfordernis der Erbringung des Nachweises über die erfolgreiche Absolvierung der im Abs. 1 lit. e angeführten Schulen befreien, wenn der Antragsteller eine gleichwertige andere Schulausbildung genossen hat. Eine solche Befreiung gilt für das gesamte Bundesgebiet.
...
(5) Der Landeshauptmann hat bei Prüfung der persönlichen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 lit. e bis h auch die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat erworbenen Qualifikationen im Sinne der Richtlinie des Rates Nr. 92/51/EWG, ABl. Nr. L 209 vom 24. Juli 1992, S 25, über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG, entsprechend zu berücksichtigen und zu beurteilen, ob und inwieweit diese den nationalen Erfordernissen entsprechen. Er hat hierüber binnen vier Monaten zu entscheiden."
Der Beschwerdeführer behauptet auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Unsachlichkeit der im § 109 Abs. 1 lit. e KFG 1967 enthaltenen Regelung und damit deren Verfassungswidrigkeit.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich dadurch zu einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG nicht veranlasst, dies insbesondere im Hinblick auf das oben zitierte abweisende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Dass die Regelung auch nicht wegen Verstoßes gegen das Verbot der Inländerdiskriminierung (Schlechterstellung von österreichischen Staatsbürgern) gleichheitswidrig ist, hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hegt aus den bereits vom Verfassungsgerichtshof genannten Erwägungen keine Bedenken gegen die vom Beschwerdeführer bekämpfte Regelung.
Soweit der Beschwerdeführer in seinem Fall eine Prüfung im Sinne des § 109 Abs. 5 KFG 1967 vermisst, ist ihm zu erwidern, dass er eine Qualifikation im Sinne der in dieser gesetzlichen Regelung erwähnten Richtlinien unbestritten nicht aufweist, sodass eine Berücksichtigung einer solchen Qualifikation und deren Beurteilung auf ihre Gleichwertigkeit mit dem inländischen Nachweis nicht in Betracht kam. Da im Fall des Beschwerdeführers kein gemeinschaftsrechtlich relevanter Sachverhalt erfüllt ist - auf die Staatsbürgerschaft kommt es im Übrigen in diesem Zusammenhang nicht an -, ist für ihn auch aus dem Gemeinschaftsrecht, so auch aus dem von ihm erwähnten Verbot von Beschränkungen des Niederlassungsrechtes gemäß Art. 43 (ex-Art. 52) EG-Vertrag, nichts zu gewinnen.
Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, dass ihm im Jahr 1976 im Zusammenhang mit dem Erwerb der Fahrschullehrerberechtigung gemäß § 116 Abs. 2 KFG 1967 eine Befreiung vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses gewährt worden sei, hat im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers nicht zur Folge, dass bei ihm die persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung gemäß § 109 Abs. 1 KFG 1967 vorliegen. Eine Befreiung vom Erfordernis gemäß § 109 Abs. 1 lit. e KFG 1967 kann nach § 109 Abs. 2 leg. cit. nur erfolgen, wenn der Betreffende eine gleichwertige andere Schulausbildung genossen hat. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Verfahrensmängel geltend macht, weil seine Behauptung, einen zweieinhalb Jahre dauernden Privatlehrgang absolviert zu haben, und seine langjährige Tätigkeit als Fahrschullehrer nicht berücksichtigt worden seien, ist er auf die zutreffende Begründung der belangten Behörde zu verweisen, wonach eine berufliche Tätigkeit keine Schulausbildung darstellt und auch der in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde genannte "freiwillige Kurs" (private Lehrgang) nicht als Schulausbildung angesehen werden kann. Diesen Lehrgang hat der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde bei einem "Ingenieur der Landesregierung" absolviert. Nach den Angaben des Beschwerdeführers in seinem Ansuchen um Erteilung einer Fahrschulbewilligung vom 17. Juli 1995 hat der Beschwerdeführer diesen Kurs zur Vorbereitung auf die Fahrschullehrerprüfung bei einem Ingenieur für Maschinenbau absolviert. Dass es sich dabei um keine andere Schulausbildung im Sinne des § 109 Abs. 2 KFG 1967 handelt, liegt auf der Hand. Welche Kenntnisse der Beschwerdeführer dadurch im Konkreten erworben hat, hatte die belangte Behörde nicht näher zu untersuchen, weil eine "gleichwertige andere Schulausbildung" im Sinne des § 109 Abs. 2 KFG 1967 nach der dargestellten Rechtslage nicht durch den Nachweis bestimmter Kenntnisse und Fähigkeiten ersetzt werden kann.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000110283.X00Im RIS seit
05.11.2001