Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
Über die Beschwerde von Herrn Franz G vom 20.7.1991 (eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 23.7.1991), mit der Herr Franz G die rechtswidrige Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien infolge Festnahme und Anhaltung am 8.7.1991 zwischen ca 02.00 und 03.00 Uhr auf der Donauinsel beim Restaurant- und Diskothekenbetrieb "A" sowie infolge Verweigerung der Akteneinsicht am 10.7.1991 im Wachzimmer und im Bezirkspolizeikommissariat anficht, ausdrücklich deren Aufhebung begehrt, ausdrücklich auch Berufung gegen die Festnahme und Anhaltung am 8.7.1991 zwischen ca 02.00 und 03.00 Uhr auf der Donauinsel beim "A" erhebt und außerdem weitere nicht näher spezifizierte Verletzungen von Grundrechten behauptet, hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien durch sein Mitglied DDr Schönberger nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.12.1991 wie folgt entschieden:
1. Die Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit (Art1 ff PersFrSchG 1988, BGBl 684/1988, und Art5 MRK) infolge Festnahme durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit (Art1 ff PersFrSchG 1988, BGBl 684/1988, und Art5 MRK) infolge Anhaltung durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien wird als unbegründet abgewiesen.
3. Die Beschwerde wegen erniedrigender und menschenunwürdiger Behandlung (Art3 MRK) durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien wird als unzulässig zurückgewiesen.
4. Die Berufung gegen die Anhaltung und Festnahme wird als unzulässig zurückgewiesen.
5. Die Beschwerde wegen Verweigerung der Akteneinsicht am 10.7.1991 durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien einerseits im Wachzimmer und andererseits am Kommissariat wird als unzulässig zurückgewiesen.
6. Die Anträge auf Aufhebung des Freiheitsentzuges (der Festnahme und Anhaltung) und auf Aufhebung der Verweigerung der Akteneinsicht werden als unzulässig zurückgewiesen.
7. Jene Anträge, die nur durch Aufzählung von Normen gestellt wurden oder bloß einen Überbegriff darstellen, werden als unzulässig zurückgewiesen.
8. Die Eingabe vom 22.9.1991 (zur Post gegeben am 23.9.1991, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 24.9.1991) wird, soweit deren Beschwerdevorbringen bzw Anträge über jene vom 20.7.1991 hinausgehen, als verspätet zurückgewiesen. Dem Beschwerdeführer werden gem §76 Abs1 AVG Barauslagen in der Höhe von S 35,-- für Kopien vorgeschrieben.
Begründung:
I. Beweisaufnahme
1. Vorbringen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer wies in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.1991 auf seine 10-seitige Beschwerde hin. In dieser gab er an, er habe am 8.7.1991 gegen 00.00 Uhr zu Fuß, mit Fahrrad, das Restaurantlokal "A" erreicht. Er habe das Fahrrad zwischen einer Bank und einem Blumenstock abgestellt und sich auf eine Bank gesetzt, von wo er das Geschehen auf der Freiluftdiskothek beobachtet habe.
Kurz vor 02.00 Uhr sei er aufgestanden und habe sich zwischen Blumenstock und Restaurant gestellt. Ein Mitarbeiter (Aufpasser - "Rausschmeißer") und später eine Art Geschäftsführer hätten ihn gefragt, warum er hier stehe.
Um ca 02.15 Uhr sei dann oben der Polizeiwagen BP 85 stehengeblieben; 2 Polizeibeamte seien ausgestiegen und hätten mit den "Restaurantleuten" gesprochen.
Ein Polizist sei dann zu ihm (dem Beschwerdeführer) gekommen und habe von ihm den Ausweis verlangt, den er ausgefolgt habe. Auf die Frage des Polizisten, "Warum stehen Sie da?", habe er (der Beschwerdeführer) zur Antwort gegeben: "Ich stehe eben da, das muß Ihnen genügen."
Was darauf folgte, sei eine beleidigende Provokation gewesen; es sei auch von einer Blutabnahme die Rede gewesen, obwohl die Beamten erzählt hätten, sie hätten erhoben, daß er nichts konsumiert habe.
Der Beamte habe dann vorgegeben, es gehe um Erhebungen "wegen Minderjährige und ... Belästigungen wegen sexueller Beziehungen" (Beschwerde, Seite 7 oben).
Der Beschwerdeführer sei dann zum Polizeiwagen "gebeten" worden und habe sich deswegen mit seinem Fahrrad hinaufbegeben. Der Polizeibeamte auf dem Beifahrersitz habe angegeben, sie hätten eine Mitteilung von jemandem erhalten. Er (der Beschwerdeführer) habe den Geschäftsführer gefragt, ob er die Polizei herbestellt habe, von ihm aber keine Antwort erhalten. Weder die Polizeibeamten noch der Geschäftsführer hätten ihm
Auskunft über die "Minderjährigengeschichte, ... über die Zeit,
Zeitpunkt ... etc" gegeben (Beschwerde, Seite 7 Mitte).
Er (der Beschwerdeführer) habe einige Schritte zu seinem Fahrrad gemacht und gemeint "Sie benötigen mich ja nicht mehr". Der eine Sicherheitswachebeamte habe ihm aber gesagt, daß er dableiben müsse, und der andere, daß es sich nun entscheiden würde, ob sie ihn behielten oder ob er gehen könne.
Um ca 02.35 Uhr seien die Polizeibeamten weggefahren, sie hätten ihm zwar ihre Dienstnummer gegeben, jedoch die Nennung ihres Namens verweigert.
Am 10.7.1991 sei ihm (dem Beschwerdeführer) sowohl im Wachzimmer als auch am Bezirkspolizeikommissariat die Akteneinsicht verweigert worden: Im Wachzimmer sei er auf das Bezirkspolizeikommissariat verwiesen worden. Am Bezirkspolizeikommissariat hätten zunächst 4 Damen die Akteneinsicht verweigert und wissen wollen, um welche Sache es gehe. Schließlich hätten sie ihm die Aktenzahl notiert und an Mag M verwiesen. Auch dieser habe ihm die Akteneinsicht verweigert, indem er angab, er wisse nicht, wohin der Akt gehe (zur Staatsanwaltschaft oder zum Gericht).
2. Zeugenschaftliche Aussage des Polizeibeamten RevI B RevI B gibt zeugenschaftlich nach Wahrheitserinnerung durch die Verhandlungsleiterin und Hinweis auf die Folgen einer falschen Zeugenaussage folgendes an:
"Ich glaube (weiß es aber nicht mehr genau), daß ich damals Lenker des Streifenkraftwagens war.
Wir wurden damals über Funk verständigt, daß jemand, der im Laufe des Tages Kinder belästigt hat, sich schon längere Zeit beim Lokal "A" aufhält.
Über Funk wurde uns mitgeteilt, daß der Aufforderer Geschäftsführer oder leitender Angestellter oder Lokalbesitzer des Restaurants wäre.
Als wir am Einsatzort eintrafen, kam uns der Aufforderer entgegen; er bezeichnete den Beschwerdeführer als jenen Mann, weswegen er die Polizei angerufen hätte.
Der Aufforderer teilte uns mit, daß im Laufe des Tages mehrere Kinder bzw deren Eltern einem Kellner des Restaurants mitgeteilt hätten, daß die Kinder bei der Wasserrutsche von einem Mann sexuell belästigt würden. Der Aufforderer meinte, die Beschreibung, die der Kellner von den Eltern und Kindern bekommen hätte, entspräche der Beschreibung dieses draußen vor dem "A" stehenden Mannes.
Aufgrund dieser Mitteilung des Aufforderers gingen wir zu diesem Mann, das ist der nunmehrige Beschwerdeführer. Wir forderten ihn zur Ausweisleistung auf und fragten ihn, was er da macht. Der Beschwerdeführer fragte, warum er sich ausweisen müsse, und meinte, es sei seine Sache, was er hier mache, es sei seine Freizeit.
Nachdem wir vom Beschwerdeführer den Personalausweis erhalten hatten, gingen wir zum Streifenkraftwagen und führten über Funk eine Perlustrierung durch, die negativ verlief. Daraufhin fragte ich, ebenfalls über Funk, die beiden Bäderbusse für den 21. und für den 22. Bezirk an, ob von Eltern oder sonstigen Personen im Laufe des vergangenen Tages eine Anzeige wegen sexueller Belästigungen bei der Wasserrutsche oder in deren Bereich gemacht worden sei. Auch diese Anfrage, welche über die Fixstellen im Bezirk (Kommissariate) lief, verlief negativ.
Daraufhin sah ich, ebenso mein Kollege, keinen weiteren Grund für unser Einschreiten.
Eine Festnahme des Beschwerdeführers war von uns Sicherheitswachebeamten nicht beabsichtigt und wurde auch nicht durchgeführt, da sich der Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung, der wir aufgrund der Mitteilung des Aufforderers an die Polizei nachgehen mußten, nicht erhärtet hat.
Die Wachemeldung über diesen Vorfall habe ich nach Einrücken auf meinen Stützpunkt (damals Wachzimmer U) gemacht, damit war die Amtshandlung für mich erledigt."
Auf die Frage des Beschwerdeführers, ob eine Anhaltung erfolgt sei, wenn auch ohne Festnahme, gebe ich an, daß eine solche erfolgt ist.
Auf Befragen des Beschwerdeführers, wann der Kellner im "A" Dienst gemacht hat, muß ich sagen, daß ich das nicht weiß, weil ich nur mit dem Aufforderer gesprochen habe.
Auf der Donauinsel ist in den Sommermonaten ständig viel los, von Vergewaltigungen angefangen, über Exhibitionismus bis zu Raub. Wir müssen dem natürlich nachgehen.
Der Aufforderer gab an, die Beschreibung, die er vom Kellner erfahren habe, passe auf den dort stehenden Mann, das war der Beschwerdeführer.
Der Aufforderer gab auch an, daß der Beschwerdeführer dort schon 2 Stunden stehe und die Menschen beobachte.
Nachdem sich der Verdacht, den der Aufforderer ausgesprochen hatte, nicht erhärtet hat, haben wir den Beschwerdeführer auch nicht festgenommen, sondern die Amtshandlung beendet. Auf die Frage, warum wir erst gegen 02.05 Uhr über Funk verständigt wurden bzw warum der Aufforderer erst gegen 02.00 Uhr die Meldung an die Polizei erstattet hat, gebe ich an, daß ich mich nur erinnern kann, daß der Aufforderer gesagt hat, es sei verdächtig, daß der Beschwerdeführer schon 2 Stunden dort stehe und Leute beobachte.
Ich weiß nicht, daß der Beschwerdeführer, wie er jetzt sagt, dem Kellner persönlich bekannt ist.
Als ich die Perlustrierung per Funk durchführte, sagte der Beschwerdeführer 'mich brauchen Sie eh nicht mehr, ich gehe', daraufhin teilte ich ihm mit, daß er noch dableiben müsse. Eine Überprüfung des Blutalkoholgehalts war nicht vorgesehen, weil es ja keinen Verkehrsunfall mit erheblichem Personenschaden gegeben hat (es hat ja überhaupt keinen Verkehrsunfall gegeben). Mein Kollege sagte sehr wohl zum Beschwerdeführer, daß es um sexuelle Belästigung von minderjährigen Badegästen geht. Auf Befragen des Beschwerdeführers, ob sich mein Kollege im Ton vergriffen habe, gebe ich an, daß ich so etwas nicht gehört habe. Die Kellner und Lokalbesitzer sind uns nicht persönlich bekannt. Ich kann mich nicht erinnern, daß mein Kollege gesagt haben soll 'Geh, red du mit ihm, sonst beleidige ich ihn wieder', wenn der Kollege überhaupt etwas in dieser Richtung gesagt haben sollte, dann sicherlich nur, damit die Amtshandlung nicht eskaliert.
Auf Befragen des Beschwerdeführers, ob wir ihn verbal zu hart angefaßt haben, gebe ich an, daß dies keinesfalls der Fall war. Auf die Frage des Beschwerdeführers, warum wir ihm unsere Namen nicht genannt haben, gebe ich an, daß wir Weisungen haben, daß wir nicht verpflichtet sind, den Namen bekanntzugeben, sondern nur die Dienstnummer; dies ist auch geschehen. Ich habe auch gar nicht gehört, daß der Beschwerdeführer von mir meinen Dienstausweis verlangt hat.
Ich habe gesagt, 'Sie haben jetzt die Dienstnummer vom Kollegen, schreiben Sie sich meine dazu'.
Soweit mir bekannt ist, wollte der Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt Akteneinsicht, wo der 'Akt' zwar am Kommissariat war, aber noch nicht fertig protokolliert war.
Am Wachzimmer gibt es nur einen Ordner mit sämtlichen Wachemeldungen des jeweiligen Monats, zB am 8.7.1991 sind alle Wachemeldungen als Nachweis für die geleistete Arbeit vom 1.7. bis zu diesem Tag gesammelt.
Ich bin überfragt, ob Mag M die Weisung erteilt hat, keine Akteneinsicht zu gewähren."
II. Beweiswürdigung
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien schenkt den Angaben des Sicherheitswachebeamten B Glauben.
Der Sicherheitswachebeamte wurde bei seiner Einvernahme als Zeuge ausdrücklich auf seine Wahrheitspflicht und auf die dienst- und strafrechtlichen Folgen bei deren Verletzung aufmerksam gemacht.
Außerdem waren seine Angaben klar und widerspruchsfrei. Es fand sich auch kein Anhaltspunkt dafür, daß der Sicherheitswachebeamte seine Aussage ohne tatsächliche Erinnerung an den damaligen Vorfall gemacht habe (ist doch zwar die eigentliche Amtshandlung eine Routinesache gewesen, die Nebenumstände - Nachtzeit, Donauinsel, ein Mann, der stundenlang nur andere Menschen beobachtet und deswegen von einem Aufforderer für einen möglichen Sexualtäter gehalten wird - sind jedoch geeignet, den ggst Vorfall lange in Erinnerung zu behalten) oder weswegen er das damalige Geschehen nicht richtig wiedergeben sollte, zumal der Beschwerdeführer ihm damals völlig unbekannt war und die Amtshandlung (Ausweisleistung und Perlustrierung einer Person) zu den üblichen Routinehandlungen von Sicherheitswachebeamten zählt.
Letztendlich deckt sich die Aussage des Sicherheitswachebeamten in den entscheidungswesentlichen Umständen auch mit den Angaben des Beschwerdeführers.
III. Als erwiesen angenommener Sachverhalt
Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers und der Zeugenaussage des Sicherheitswachebeamten B nimmt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien folgenden Sachverhalt als gegeben an:
Die Sicherheitswachebeamten waren am 8.7.1991 gegen 02.05 Uhr über Funk zu einem Einsatz auf der Donauinsel beordert worden, weil sich dort eine Person aufhalte, die verdächtig sei, im Laufe des vergangenen Tages Minderjährige sexuell belästigt zu haben. Die am Einsatzort (Restaurant und Diskothek "A") eingetroffenen Beamten nahmen zunächst Kontakt mit dem Aufforderer auf; dieser meinte, er habe von seinem Kellner, der von Kindern bzw deren Eltern im Laufe des Vormittages über sexuelle Belästigungen informiert worden sei und eine Beschreibung des Täters erhalten habe, eine Beschreibung des Mannes bekommen, die auf den Beschwerdeführer passe.
Daraufhin kamen die Sicherheitswachebeamten zum Beschwerdeführer, forderten ihn zur Ausweisleistung auf, fragten ihn, warum er dort stehe, teilten ihm mit, daß sie wegen sexueller Belästigungen von Minderjährigen ermitteln würden und forderten ihn schließlich auf, zum Funkwagen mitzukommen, wo sie über Funk eine Perlustrierung durchführten; da sowohl diese als auch eine Anfrage bei den Bäderbussen (spezielle Einrichtung der Polizei zur Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit auf der Donauinsel in den Sommermonaten) negativ verlief, wurde die Amtshandlung um 02.35 Uhr beendet.
IV. Rechtliche Beurteilung
1. Zur Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit durch die behauptete Festnahme
Eine Festnahme liegt - unabhängig davon, ob sie verbalisiert wird oder nicht - nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes immer dann vor, wenn der Wille der Behörde oder des behördlichen Hilfsorganes primär auf eine Beschränkung der Freiheit einer Person gerichtet ist. Hingegen liegt eine Festnahme nicht vor, wenn eine andere Maßnahme den Betroffenen dazu nötigt, sich nicht zu entfernen, diese Beschränkung also bloß eine sekundäre Folge der Maßnahme ist.
Der Zeugenaussage des Sicherheitswachbeamten ist zu entnehmen, daß eine Festnahme nicht beabsichtigt war und auch nicht vorgenommen wurde, weil der Beschwerdeführer weder auf frischer Tat betreten wurde, noch sich der von einem Dritten gegen den Beschwerdeführer geäußerte Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung bestätigte.
Die gesamte Amtshandlung war - das geht auch aus dem Beschwerdevorbringen eindeutig hervor - vielmehr (bloß) auf die Abklärung eben der Frage gerichtet, nämlich ob sich der gegen den Beschwerdeführer geäußerte Verdacht verdichtete oder nicht; erst wenn sich der Verdacht gegen den Beschwerdeführer aufgrund der Perlustrierung und Nachfrage bei den Bäderbussen verstärkt hätte, wäre der Beschwerdeführer festgenommen worden.
Eine Festnahme (und eine aus dieser resultierende Anhaltung) lag somit überhaupt nicht vor.
Die Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit infolge Festnahme war daher mangels dieses Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückzuweisen.
2. Zur Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit durch die Anhaltung.
Wie unter 1. ausgeführt, kam es zu keiner Festnahme und somit auch zu keiner aus dieser resultierenden Anhaltung.
Dennoch lag insofern eine Anhaltung vor, als der Beschwerdeführer sich ausweisen, zum Streifenkraftwagen mitgehen und beim Streifenkraftwagen warten mußte, bis die Perlustrierung abgeschlossen war.
Diese Anhaltung war somit etwa jener bei einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle vergleichbar.
Demnach waren die Aufforderung zur Ausweisleistung bzw die Aufforderung zum Funkwagen mitzugehen, um eine Perlustrierung über Funk durchzuführen, Maßnahmen, die nicht primär auf die Freiheitsentziehung des Beschwerdeführers gerichtet waren, sondern primär der Einholung von Informationen über den Beschwerdeführer dienten.
Die aus diesen Maßnahmen resultierende Anhaltung war somit nur eine Sekundärfolge.
Da jedoch ein Weggehen des Berufungswerbers vor dem Einlangen des Ergebnisses der Perlustrierung bzw der Antwort der Bäderbusse mit größter Wahrscheinlichkeit zu nachfolgenden Zwangsmaßnahmen seitens der behördlichen Organe geführt hätte bzw der Beschwerdeführer mit solchen Zwangsmaßnahmen (Einholung durch die Sicherheitswachebeamten, Mitnahme auf das Polizeikommissariat) rechnen mußte, konnte es sich der Beschwerdeführer wohl nicht aussuchen, ob er der Aufforderung durch den Sicherheitswachebeamten nachkommen wollte oder nicht und war insoweit wohl doch als in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt anzusehen.
Insofern kann von einer "Anhaltung" im Sinne einer Freiheitsbeschränkung ausgegangen werden.
Diese Anhaltung zwecks Aufforderung zur Ausweisleistung und Perlustrierung war allerdings einerseits auch gesetzmäßig, zumal etwa §24 StPO das spontane Einschreiten von Sicherheitswacheorganen zur Nachforschung über bzw Aufklärung von gerichtlich strafbaren Taten deckt.
Andererseits dauerte diese Anhaltung auch nicht übermäßig lange (insgesamt weniger als 30 Minuten: 02.05 Verständigung des Streifenkraftwagens über Funk, 02.35 Uhr Beendigung der Amtshandlung), und war diese Zeit zur Abwicklung der Amtshandlung (Befragung des Aufforderers, Aufforderung zur Ausweisleistung und Befragung des Beschwerdeführers, Mitgehen zum Streifenkraftwagen, Perlustrierung über Funk, Anfrage an die Bäderbusse per Funk) erforderlich.
Die Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit durch die Anhaltung war daher als unbegründet abzuweisen.
3. Zur Beschwerde wegen erniedrigender und menschenunwürdiger
Behandlung
Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, diesen Beschwerdepunkt zu konkretisieren; auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 19.12.1991 hat der Beschwerdeführer trotz Befragung durch die Verhandlungsleiterin nur darauf hingewiesen, daß die menschenunwürdige Behandlung verbal erfolgte.
Abgesehen davon, daß somit - obwohl zur Beurteilung, ob der behauptete Beschwerdegegenstand vorliegt oder nicht, erforderlich - überhaupt keine nähere Ausführung darüber erfolgte, worin der Beschwerdeführer die erniedrigende Behandlung erblickte, wird darauf hingewiesen, daß Beschimpfungen (dh bloß verbale Attacken bzw die beleidigende Ausdruckweise eines amtshandelnden Organs) nach der Judikatur des VfGH nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anfechtbar sind (vgl zB Erk d VfGH v 27.9.1985, Zl. B 643/82) und daher auch im ggst Fall keine Verletzung des Art3 MRK hervorzurufen geeignet waren.
Die Beschwerde wegen erniedrigender und unmenschlicher Behandlung war somit jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen.
4. Zur Berufung gegen die Festnahme und Anhaltung
Der Beschwerdeführer bestand in der am 19.12.1991 abgehaltenen mündlichen Verhandlung auf den Abspruch über seine Berufung gegen die Festnahme und Anhaltung.
Da die Berufung ein ordentliches Rechtsmittel gegen einen (in einem Verfahren erlassenen) Bescheid darstellt, im gegenständlichen Fall jedoch überhaupt kein mit einem Bescheid abgeschlossenes (erstinstanzliches) Verwaltungsverfahren vorliegt, sondern die Berufung gegen die (behaupteten) Maßnahmen der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt eingebracht wurde (wogegen die Beschwerde gemäß §67a Abs1 Z2 iVm §67c AVG normiert wurde), war die gegenständliche Berufung als unzulässig zurückzuweisen.
5. Zur Beschwerde gegen die Verweigerung der Akteneinsicht
Die Akteneinsicht ist gemäß §17 AVG das Recht einer Partei in einem Verwaltungsverfahren, also ein prozessuales Recht. Die Verweigerung der Akteneinsicht ist daher durch Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid bekämpfbar. Liegt gar kein Verfahren vor oder kommt dem die Akteneinsicht Begehrenden keine Parteistellung zu, so kann diese Person eine bescheidmäßige Zurückweisung ihres Antrages begehren und gegen den zurückweisenden Bescheid mit Rechtsmittel vorgehen. Da die Akteneinsicht demnach ein Verfahrensrecht darstellt, stellt die Verweigerung der Akteneinsicht eine verfahrensrechtliche Anordnung dar, jedoch keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Das zeigt sich schon darin, daß die (unberechtigte) Verweigerung der Akteneinsicht sich nicht bereits unmittelbar im Faktischen auswirkt, sondern allenfalls zu einem Verfahrensmangel führen kann.
Die Beschwerde wegen Verweigerung der Akteneinsicht war daher als unzulässig zurückzuweisen.
6. Zum Antrag auf Aufhebung des Freiheitsentzuges und auf Aufhebung der Verweigerung der Akteneinsicht
Der in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.1991 trotz Belehrung durch die Verhandlungsleiterin ausdrücklich aufrechterhaltene Antrag auf Aufhebung des Freiheitsentzuges war als unzulässig zurückzuweisen, da erstens eine Festnahme überhaupt nicht vorgelegen hatte und da zweitens die Anhaltung (als sekundäre Folge der Aufforderung zur Ausweisleistung, der Befragung des Beschwerdeführers, der Perlustrierung und der Anfrage an die Bäderbusse) bereits am 8.7.1991 um 02.35 Uhr geendet hatte. Eine Maßnahme kann aber nur dann vom Unabhängigen Verwaltungssenat aufgehoben werden, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen, nämlich wenn die Maßnahme erstens für rechtswidrig erklärt wird (was hier weder bezüglich des Freiheitsentzuges noch bezüglich der Akteneinsicht der Fall ist) und sie im Zeitpunkt der Rechtswidrigerklärung außerdem noch andauert (was ebenfalls nicht zutrifft).
Da weder bezüglich des Freiheitsentzuges noch bezüglich der Verweigerung der Akteneinsicht diese beiden Voraussetzungen gemeinsam vorliegen, war der Antrag auf Aufhebung dieser Maßnahmen als unzulässig zurückzuweisen.
7. Zu den Anträgen, die nur durch Aufzählung von Normen gestellt wurden oder bloß einen Überbegriff darstellen
Auf der Seite 10 seiner Beschwerde hat der Beschwerdeführer behauptet, in den Art4, 5, 6, 7, 13, 18 und 19 StGG sowie in den Art6, 7, 8, 10 und 14 MRK verletzt worden zu sein, ohne jedoch auszuführen, wodurch etwa in seine Meinungsäußerungsfreiheit oder in sein Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs eingegriffen worden sei. Mangels Konkretisierung konnte aber der Behauptung einer Verletzung dieser Rechte nicht nachgegangen werden und war die Beschwerde aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen. Ebenso war der Antrag auf "Aufhebung der Ausübung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt" (Beschwerde, Seite 3 ganz unten) zurückzuweisen, da die "Ausübung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt" nur einen Überbegriff für sämtliche faktischen Amtshandlungen von Verwaltungsbehörden darstellt, der im Einzelfall einer Konkretisierung bedarf, die hier jedoch fehlte.
8. Zur Eingabe vom 22.9.1991
Die in dieser Eingabe enthaltenen Beschwerdevorbringen und sonstigen Anträge, soweit sie nicht ohnehin schon in der mit 20.7.1991 datierten Beschwerde enthalten sind, werden als verspätet zurückgewiesen.
Gemäß §67c Abs1 AVG sind nämlich Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (welcher Art auch immer) innerhalb von 6 Wochen ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Beschwerdeführer Kenntnis von dieser Ausübung erlangt hat.
Die vom Beschwerdeführer in der Eingabe vom 22.9.1991 behaupteten Maßnahmen der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt wurden am 8.7.1991 gesetzt, sodaß die 6-wöchige Beschwerdefrist nur bis 19.8.1991 reichte. Die erst am 23.9.1991 zur Post gegebene Eingabe war somit als verspätet zurückzuweisen. Der Antrag des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 19.12.1991 auf Einvernahme des zweiten Sicherheitswachebeamten, des Aufforderers und des Kellners war zurückzuweisen, da der Unabhängige Verwaltungssenat Wien den Sachverhalt, soweit er sich auf die vom Beschwerdeführer konkretisierten Beschwerdepunkte bezieht, ohnehin den Angaben des Beschwerdeführers entnommen hat; die vom Beschwerdeführer darüberhinaus vorgeschlagenen Beweisthemen (Befragung der Zeugen, warum der Beschwerdeführer überwacht und verfolgt wurde, ob der Aufforderer tatsächlich der Aufforderer war) bilden für die konkretisierten Beschwerdepunkte kein Beurteilungskriterium und waren daher aus diesem Grund entbehrlich; auch die Befragung der Zeugen über die "unmenschliche oder erniedrigende" Behandlung des Beschwerdeführers war nicht erforderlich, zumal der Beschwerdeführer einerseits diesen Beschwerdepunkt nicht konkretisiert hat und andererseits selbst ausdrücklich angegeben hat, daß diese Behandlung (nur) verbal erfolgte.
Ein Kostenersatz an den Beschwerdeführer hatte trotz seines diesbezüglichen Antrags nicht zu erfolgen, da er in keinem Beschwerdepunkt obsiegt hatte.
Die Vorschreibung der Barauslagen erfolgte gem §76 Abs1 AVG, weil der Beschwerdeführer um Übersendung von Kopien des Protokolls samt Beilagen ersuchte und diese Kopien dem Beschwerdeführer gleichzeitig mit der Ausfertigung des Bescheides zugestellt werden. Da das Protokoll samt Beilagen 14 Seiten aufweist und für eine Kopie S 2,50 zu verrechnen sind, beträgt der Gesamtbetrag der Barauslagen S 35,--.