TE UVS Niederösterreich 1992/01/13 Senat-AM-92-005

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Veröffentlicht am 13.01.1992
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991, (AVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 26.11.1991, Zl xx, wurde über den Beschuldigten G L wegen Übertretung der Bestimmung des §366 Abs1 Z1 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden) verhängt. Dem Beschuldigten wurde angelastet, am 10. und 11.5.1991 beim Haus des J L in xx Malerarbeiten (Streichen der Faschen) ausgeführt und dadurch im Standort xx das Maler- und Anstreichergewerbe ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt zu haben.

 

In der dagegen erhobenen Berufung stellt der Beschuldigte nicht in Abrede, daß er beim Haus des J L Faschen gestrichen habe, er präzisiert vielmehr, er habe die Faschen gemeinsam mit J L gestrichen. Im übrigen weist er darauf hin, daß die gegenständliche Tätigkeit ein reiner Freundschaftsdienst für die Familie L gewesen sei. Er habe für die Arbeit kein Entgelt bekommen und auch keine entsprechende Gegenleistung verlangt. Er könne sich daher nicht vorstellen, daß "seine Arbeit als Pfuschertätigkeit" angesehen werde.

 

Dem von der Behörde I Instanz vorgelegten Verwaltungsakt ist folgendes zu entnehmen:

 

Der Bauherr J L hat bei einer Vernehmung als Beschuldigter am 28.6.1991 wohl zunächst zugegeben, daß der Berufungswerber "mit ihm am 10. und 11. Mai 1991 die Faschen gestrichen hat", er hat aber auch klargestellt, daß nur "F L von der Firma Z entlohnt worden sei, während die übrigen Personen unentgeltlich geholfen hätten".

 

Der Berufungswerber selbst hat bei seiner Vernehmung als Beschuldigter am 13.8.1991 zugegeben, "die Faschen von einem Fenster gestrichen" zu haben.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist somit zunächst  erwiesen, daß der Berufungswerber durch das Streichen der Faschen von zumindest einem Fenster am gegenständlichen Haus Maler- und Anstreicherarbeiten (im technischen Sinn) ausgeführt hat. Ob durch diese Tätigkeit auch die Gewerbeordnung 1973 übertreten wurde, stellte eine weitere, im angefochtenen Bescheid nicht behandelte Frage dar. In der Begründung des Straferkenntnisses wird nämlich nur der Nachweis geführt, weshalb die Behörde davon ausgegangen ist, daß der Berufungswerber Maler- und Anstreicherarbeiten ausgeführt hat, nicht aber auf die Frage eingegangen, ob diese Tätigkeit auch "gewerbsmäßig" vorgenommen worden ist. Denn nach §1 Abs1 GewO 1973 gilt die Gewerbeordnung grundsätzlich nur für alle "gewerbsmäßig ausgeübten" und gesetzlich nicht verbotenen Tätigkeiten.

 

Gemäß §1 Abs2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Schon aufgrund des Akteninhaltes ist davon auszugehen, daß die Erhebungen hinsichtlich des Erfordernisses der "Gewinnerzielungsabsicht" nicht zielführend waren. So hat der Bauherr - wie bereits dargestellt - angegeben, daß vom Berufungswerber unentgeltlich geholfen wurde. Auch aus den übrigen im Akt erliegenden Vernehmungsprotokollen ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß die inkriminierte Tätigkeit in der Absicht vorgenommen worden ist, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

 

Ohne nun auch noch die weiteren Erfordernisse für das Vorliegen einer "gewerbsmäßigen Tätigkeit" zu prüfen (Selbstständigkeit, Regelmäßigkeit), ist bereits aufgrund der vorstehenden Ausführungen festzustellen, daß die Behörde erster Instanz nicht zu Recht von einer gewerbsmäßig ausgeübten Tätigkeit ausgegangen ist; haben die von der Behörde aufgenommenen Beweise doch keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer "Gewinnerzielungsabsicht" erbracht, im Gegenteil: Die Bezeichnung der gegenständlichen Tätigkeit als Freundschaftsdienst bzw Nachbarschaftshilfe durch den Berufungswerber deckt sich sogar mit den Angaben des Bauherrn und steht auch zu den im Akt erliegenden weiteren Vernehmungsprotokollen nicht in Widerspruch.

 

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, daß nach der Aktenlage die dem Berufungswerber angelastete Tat (was die Gewerbsmäßigkeit seiner unbestritten erbrachten Arbeitsleistung betrifft) nicht erwiesen werden konnte. Sein inkriminiertes Tätigwerden konnte daher nicht als eine der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeit qualifiziert werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Gemäß §51e Abs1 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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