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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BStFG 1996 §1 Abs1 idF 2000/I/142;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch sowie die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des AL in L, Deutschland, vertreten durch W - H, Rechtsanwaltspartnerschaft in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 5. Juni 2001, Zl. 1-0300/01/E4, betreffend eine Übertretung gemäß § 13 Abs. 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist vom folgenden Sachverhalt auszugehen:
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 23. März 2001 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- bestraft, weil er am 28. Jänner 2001 um 17.20 Uhr auf der Rheintal Autobahn A 14 in Göfis bei km 40,750 in Fahrtrichtung Deutschland als Lenker eines PKW mit einem näher bezeichneten Kennzeichen eine mautpflichtige Bundesstraße benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der vom Beschwerdeführer gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG insoweit Folge, als die verhängte Geldstrafe in Anwendung des § 20 VStG auf S 2.000,-- und die für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben.
Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Mautpflicht nur dann entsprochen werde, wenn am Fahrzeug eine gültige Mautvignette angebracht sei. Wenn der Beschwerdeführer als Grund dafür, dass keine Mautvignette am Fahrzeug angebracht gewesen sei, anführe, dass die Windschutzscheibe des von ihm gelenkten Fahrzeuges am 20. November 2000 zu Bruch gegangen sei und daher ersetzt habe werden müssen, so könne ihn das nicht entschuldigen. Vielmehr wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, entweder für eine Ersatzvignette Sorge zu tragen oder er hätte schon vor dem Befahren der gegenständlichen mautpflichtigen Bundesstraße eine neue, für das Jahr 2001 gültige Vignette erwerben müssen, zumal Mautvignetten aus dem Jahre 2000 zum Tatzeitpunkt ohnehin nur mehr 3 Tage gültig gewesen seien. Da nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 "Bundesstraßengesetz" (gemeint wohl: Bundesstraßenfinanzierungsgesetz) die Maut durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei, sei für den Beschuldigten auch damit nichts gewonnen, dass er einen Kaufabschnitt über die Entrichtung der Autobahngebühr 2000 (Jahreskarte) in seinem Fahrzeug mitgeführt habe. Bei der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung handle es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt. Dies bedeute, dass auf Seiten des Beschuldigten von einem Verschulden auszugehen sei, wenn dieser nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Dies sei ihm im gegenständlichen Fall nicht gelungen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG 1996), BGBl. Nr. 201 i.d.F. BGBl. I Nr. 107/1999, begehen Kraftfahrzeuglenker, die gemäß § 7 Abs. 1 zeitabhängig bemautete Bundesstraßen benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 3.000,-- bis 30.000,-- zu bestrafen.
Gemäß § 7 Abs. 1 BStFG 1996 i.d.F. BGBl. I Nr. 142/2000 unterliegt die Benützung der Bundesstraßen gemäß § 1 Abs. 1 mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5 t beträgt, einer zeitabhängigen Maut. Solange keine fahrleistungsabhängige Maut eingehoben wird, unterliegt die Benützung der Bundesstraßen gemäß § 1 Abs. 1 mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstens zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t, aber weniger als 12 t beträgt, und mit Omnibussen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, einer zeitabhängigen Maut. Sobald künftig auf gemäß § 1 Abs. 2 festgelegten Bundesstraßen oder Bundesstraßenstrecken die in § 1 Abs. 1 genannte Fahrzeugkategorie fahrleistungsabhängig bemautet wird, unterliegt deren Benützung mit anderen Fahrzeugkategorien einer zeitabhängigen Maut. Die Maut ist vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.
Gemäß § 7 Abs. 9 BStFG 1996 i.d.F BGBl. I Nr. 142/2000, ist, wenn die Mautvignette zerstört wird, vor der nächsten mautpflichtigen Straßenbenützung eine Ersatzvignette am Fahrzeug anzubringen. In der Mautordnung ist zu regeln, unter welchen Voraussetzungen die Ersatzvignette kostenlos abzugeben ist.
Der Beschwerdeführer rügt, gemäß § 44a Z. 2 VStG sei im Spruch des Bescheides die verletzte Verwaltungsvorschrift anzuführen. Er habe jedoch nur gegen § 7 Abs. 12 BStFG 1996 (gemeint wohl § 7 Abs. 9 leg.cit.) verstoßen, und nicht gegen § 7 Abs. 1 letzter Satz BStFG 1996, wonach die Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Tatsächlich habe er nämlich die Maut für das Jahr 2000 durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug ordnungsgemäß entrichtet. Am 20. November 2000 sei die Windschutzscheibe zu Bruch gegangen. Er sei daher nicht verpflichtet gewesen, nochmals eine Mautvignette zu erstehen und diese am Fahrzeug anzubringen, sondern lediglich, sich eine Ersatzvignette zu besorgen und diese am Fahrzeug anzubringen.
Dazu ist dem Beschwerdeführer entgegen zu halten, dass gemäß § 13 Abs. 1 leg. cit. strafbar ist, wer als Kraftfahrzeuglenker gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. zeitabhängig bemautete Bundesstraßen benützt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Aus § 7 Abs. 1 letzter Satz BStFG 1996 in der angeführten Fassung ergibt sich zur ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut, dass die Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Gemäß Punkt 8 der auf Grund des § 4 Abs. 1 BStFG 1996 von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) erlassenen Mautordnung (zuletzt die ab 1. Dezember 2000 gültige Mautordnung, kundgemacht im Amtblatt der Wiener Zeitung 228/2000 vom 28. November 2000) ist die Vignette innen direkt auf der Windschutzscheibe gut sichtbar und unbeschädigt anzukleben. In gleicher Weise ist das Ankleben auf einer nicht versenkbaren Seitenscheibe im linken vorderen Bereich gestattet. Angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass die Mautordnung insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut der sie betreffenden gesetzlichen Regelungen (§ 2 Abs. 3, § 4 Abs. 1 und 3, § 6 und § 7 Abs. 8 und 9 BStFG idF BGBl. I Nr. 42/2000) als Durchführungsverordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG zu qualifizieren ist. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) wird im Rahmen der angeführten gesetzlichen Regelungen zur Erlassung einer Verordnung ermächtigt, mit der sie einheitliche Bedingungen für die Benützung der Mautstrecken gemäß §§ 1 und 7 Abs. 1 BStFG festlegen soll (u.a. hat sie "Festlegungen über die Beschaffenheit und Anbringung der Mautvignetten an den Fahrzeugen und über den Beginn der Frist gemäß Abs. 5 zu treffen"). Insoweit ist die ASFINAG mit einer hoheitlichen Aufgabe betraut und ein sogenanntes beliehenes Unternehmen wie z.B. die Österreichische Nationalbank. Die Mautordnung trifft für den allgemein bestimmten Adressatenkreis der Benützer der von § 1 Abs. 1 und 2 BStFG erfassten Bundesstraßen unmittelbar verbindliche Regelungen (auch wenn sie zum Teil Regelungen des BStFG und in der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über die Festsetzung von Vignettenpreisen, BGBl. II Nr. 254/2000, wiederholt; vgl. zur Qualifikation einer Norm als Verordnung auch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Dezember 1990, VfSlg. Nr. 12.574, und vom 13. Dezember 1988, VfSlg. Nr. 11.938).
Zum Tatzeitpunkt war am PKW des Beschwerdeführers unbestritten keine Vignette angebracht. Die Maut ist nach dem Gesetz (§ 7 Abs. 1 letzter Satz leg. cit.) durch Anbringen einer Mautvignette am Kraftfahrzeug zu entrichten Von einer ordnungsgemäß entrichteten Maut gemäß § 13 abs. 1 leg. cit. kann daher immer nur dann gesprochen werden, wenn die Mautvignette am Kraftfahrzeug im Sinne der näheren Regelungen der Mautordnung angebracht ist. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Regelung des § 7 Abs. 9 BStFG 1996 betreffend die Anbringung einer Ersatzvignette im Falle der Zerstörung der angebrachten Vignette trifft nur Vorsorge dafür, wie dem Gebot, die Maut mittels Anbringens der Mautvignette am Kraftfahrzeug zu entrichten, auch in dieser Situation zu entsprechen ist. Daher lag eine Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 BStFG 1996 durch den Beschwerdeführer vor. Zu Recht hat die belangte Behörde daher § 7 Abs. 1 leg. cit als übertretene Norm im Spruch angeführt.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, die in § 13 Abs. 1 BStFG 1996 angedrohte Strafdrohung von mindestens S 3.000,-- bis höchstens S 30.000,--stelle eine exzessive Bestrafung dar und sei daher gleichheitswidrig (er verweist dabei auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshof zu § 9 Abs. 1 GebührenG). Der in den Gesetzesmaterialien (1853 BlgNR XX. GP, zu Z. 23) gezogenene Vergleich zu den Strafdrohungen der Straßenverkehrsordnung sei unsachlich, denn Übertretungen der Straßenverkehrsordnung bezögen sich auf die Gefährdung der Verkehrssicherheit und somit der anderen Verkehrsteilnehmer, während die Nichtentrichtung der zeitabhängigen Maut eine Gebührenverkürzung zu Lasten des Staates (einer staatsnahen Gesellschaft) darstelle. Schließlich wäre der Gesetzgeber auch gehalten, für Fälle des Verstoßes gegen § 7 Abs. 12 BStFG 1996 (gemeint wohl: § 7 Abs. 9) eine differenzierte Strafdrohung vorzusehen, da dort gar keine Gebührenverkürzung stattgefunden habe, sondern lediglich eine Ordnungsvorschrift verletzt werde.
Abgesehen davon, dass es sich bei der Maut gemäß dem Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 um keine Abgabe handelt, sondern, wie dies in § 1 Abs. 1 BStFG 1996 zum Ausdruck kommt, um ein Entgelt, das dem Bund für die Benützung bestimmter Bundesstraßen zu leisten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 98/06/0002), erscheint dem Verwaltungsgerichtshof der vorgesehene Strafrahmen angesichts des nicht als gering einzuschätzenden öffentlichen Interesses des Gesetzgebers an der wirksamen Durchsetzung des BStFG und des Umstandes, dass Kontrollen nur stichprobenartig erfolgen können, nicht unsachlich (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 2000, G 312/97, und das dort zitierte Erkenntnis VfSlg. 7967/1976). Im Lichte der möglichen Missbräuche, wenn als Entrichtung der Maut nicht die Anbringung der entsprechenden Vignette am jeweiligen Kraftfahrzeug verlangt würde, bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber ohne Ausnahme (also auch nach Zerstörung der Vignette) die Entrichtung der Maut in Form der Anbringung der Vignette (sei es nun mittels Original- oder Ersatzvignette) am Kraftfahrzeug fordert.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Dem Antrag auf eine mündliche Verhandlung in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren, in dem nur Rechtsfragen aufgeworfen wurden (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 26. April 1995 im Fall Fischer gegen Österreich, Z. 44), konnte gemäß § 35 Abs. 1 VwGG nicht entsprochen werden. Im Lichte des Art. 6 MRK ist weiters darauf hinzuweisen, dass vor der belangten Behörde, die als unabhängiges Tribunal im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK zu qualifizieren ist, bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Wien, am 20. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001060096.X00Im RIS seit
22.11.2001