Die BW war bestraft worden, weil sie 1) einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursachte und a) nicht anhielt, b) die nächste Polizeidienststelle nicht verständigte und 2) den seitlichen Sicherheitsabstand unterschritten habe und in der Folge an geparkte Kfz streifte. Sie erhob gegen diesen Schuldspruch Berufung. Der UVS stellte fest, 1) daß ihr der Anstoß nicht hätte zu Bewußtsein kommen müssen und 2) daß die BW durch ein anderes Kfz zu einem Fahrmanöver veranlaßt wurde, durch das sie ins Schleudern geriet, weshalb sie in der Folge den seitlichen Sicherheitsabstand unterschritt und den Anstoß verursachte. Der UVS gab der Berufung Folge und stellte das Verfahren in diesem Punkt gem §45 Abs1 Z1 VStG ein.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Bachler über die Berufung der Frau Z gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Hietzing vom 8.5.1991, Zahl Pst 391/Hg/91, wegen Übertretung der §§ 1) 4 Abs1 lita, 2) 4 Abs5 und 3) 17 Abs1 StVO 1960, entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Zif1 VStG eingestellt.
Die Berufungswerberin hat daher gemäß §65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Zu Punkt 1) und 2) des angefochtenen Straferkenntisses:
Voraussetzung zur Bestrafung nach §4 StVO 1960 ist, daß das von der Beschuldigten gelenkte Fahrzeug Schäden verursachte und daß der Beschuldigten objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sein müssen, sodaß sie von der Tatsache des Verkehrsunfalls entweder gewußt hat oder diesen bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen können.
Zur Klärung dieser Fragen wurde ein kraftfahrtechnisches Sachverständigengutachten eingeholt. Dieses Gutachten lautet:
"Es ist technisch nicht möglich sämtliche von Herrn K angegebene und im Befundbogen festgehaltenen Beschädigungen am Fahrzeug XX mit dem Fahrzeug ZZ bei einem wie oa Verkehrsunfall zu verursachen. Im Bereich der rechten vorderen Fahrzeugecke befinden sich keine möglichen Kontaktzonen, mit denen die Lackabschürfungen am Fahrzeug XX in der Höhe zwischen 400 mm und 440 mm bzw 430 mm üdF verursacht werden hätten können.
Aus technischer Sicht wäre lediglich die Beschädigung der Zierleiste und eine damit verbundene Eindellung des Karosseriebleches möglich. Es kann jedoch bei dieser Kontaktnahme, mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit, nicht davon ausgegangen werden, daß die Berufungswerberin diese, bei der für diese Verkehrssituation nötigen Aufmerksamkeit, lediglich aufgrund
objektiver Umstände, zu Bewußtsein kommen hätte müssen."
Auf Grund dieses Gutachtens konnten daher die angelasteten Übertretungen nicht mit der im Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit nachgewiesen werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu Punkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses:
Zur Klärung der Frage der Einhaltung des notwendigen Sicherheitsabstandes beim Vorbeifahren, wurde der Zeuge G am 6.5.1991 niederschriftlich vernommen. Er gab an:
"Die Lenkerin eines offensichtlich ganz neu, rot lackierten Kleinwagens ist mit ihrem Fahrzeug ins Schleudern gekommen und dabei mit der rechten vorderen Fahrzeugecke an ein am rechten Fahrbahnrand abgestelltes Fahrzeug (großer schwarzer Volvo-Kombi) im Bereich des vorderen Kotflügels angestoßen. Warum die Lenkerin ins Schleudern gekommen ist, kann ich nur vermuten, nämlich daß sie als ihr ein anderes Fahrzeug entgegengekommen ist, scharf bremste."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat den eingehaltenen seitlichen Abstand durch eine Entfernungsangabe, bestehe sie in einer Zahl oder in einer Bandbreite zwischen zwei Zahlen zu enthalten. Aus der zitierten Zeugenaussage ist aber kein Abstand der Berufungswerberin zu den geparkten Fahrzeugen vor dem Schleudervorgang zu entnehmen.
Daß die Berufungswerberin vermutlich durch ein entgegenkommendes Fahrzeug ein Fahrmanöver setzte, durch das sie ins schleudern kam, somit in einen unkontrollierten Fahrzustand, kann ihr nicht als Nichteinhaltung des notwendigen Seitenabstandes zugerechnet werden, da sie ab dem Beginn des Schleuderns bemüht sein mußte, die Kontrolle über das von ihr gelenkte Fahrzeuge wiederzuerlangen. Die Unterschreitung des seitlichen Sicherheitsabstandes während des unkontrollierbaren Fahrvorganges kann daher nicht als verschuldet zugerechnet werden. Somit war Punkt 3) des Straferkenntnisses, soweit es sich um das Vorbeifahren vor dem Schleudern bezieht, mangels Feststellung einer Entfernungsangabe einzustellen, soweit es sich auf den Seitenabstand nach Beginn des Schleuderns bezieht, wegen mangelndem Verschulden einzustellen. Der Ausdruck im Straferkenntnis ("beim Ausparken") ist im Zusammenhang mit der Zeugenaussage unverständlich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.