TE UVS Wien 1992/01/28 02/32/30/91

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Veröffentlicht am 28.01.1992
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Beschluß des VfGH vom 14.6.1993, Zl B 767/92-10, über die Ablehung der Beschwerde Betreff

Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied DDr Schönberger nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung über die undatierte und am 10.9.1991 beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingelangte rechtzeitige Beschwerde des Herrn Johann B, vertreten durch Rechtsanwalt, mit der er behauptet, infolge seiner gewaltsamen Entfernung aus einem Postautobus in Wien 14, Keißlergasse, Busbahnhof Hütteldorf, am 27.7.1991 gegen 20.40 Uhr, infolge seiner anschließenden Festnahme und infolge Anlegens von Handfesseln durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit gemäß Art5 MRK und Art8 StGG und auf menschliche und nicht erniedrigende Behandlung gemäß Art3 MRK verletzt worden zu sein, wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit (Art1ff PersFrSchG, BGBl 684/1988, und Art5 MRK) durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien wird gemäß §67c Abs3 AVG als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unterlassung unmenschlicher und erniedrigender Behandlung (Art3 MRK) durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien wird gemäß §67c Abs3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund gemäß §79a AVG die mit S 2.024,-- bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Dem Beschwerdeführer werden gemäß §76 Abs1 AVG Barauslagen in der Höhe von S 60,-- für 24 Ablichtungen des Verhandlungsprotokolls vorgeschrieben.

Text

Begründung:

I. Schriftliche Sachverhaltsschilderung des Beschwerdeführers einerseits und der belangten Behörde andererseits

1. Der Beschwerdeführer brachte in seiner am 10.9.1991 beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingelangten Beschwerde vor, daß er auf Grund eines erlittenen Unfalles stark gehbehindert sei und seit 1984 die Autobusse der Linie 49B und 52B benütze. Da ihm das Aufstehen größere Schwierigkeiten und Schmerzen verursache, stehe er immer hinter dem Lenkersitz und halte sich an einer Stange fest. Die Chauffeure, mit Ausnahme des Herrn Pf, hätten dies immer akzeptiert.

Am 27.7.1991 gegen 20.40 Uhr habe er den Postautobus der Linie 49B mit dem Kennzeichen PT beim Bahnhof Hütteldorf bestiegen. Der Autobuslenker habe ihn aufgefordert, entweder einen rückwärtigen Stehplatz einzunehmen oder sich niederzusetzen. Er habe darauf hingewiesen, daß er seit mehreren Jahren und bei allen Chauffeuren diesen Stehplatz einnehme und sich krankheitsbedingt nicht niedersetzen könne. Nach einer Fahrstrecke von ca 20 Metern sei der Chauffeur stehengeblieben und zu einer Telefonzelle gegangen. Nach ca 5 Minuten seien zwei Sicherheitswachebeamte erschienen und hätten ihn ersucht, einen anderen Platz im Autobus einzunehmen. Er habe ihnen erklärt, warum und wie lange er bereits diesen Platz während der Fahrt einnehme.

In der Folge hätten die zwei Sicherheitswachebeamten ihn mit Gewalt aus dem Autobus zu zerren versucht, was ihnen jedoch mißlungen sei, weil er sich mit voller Kraft an der Stange festgehalten habe. Nach größerer Kraftanstrengung sei es jedoch den Beamten gelungen, ihn aus dem Wagen zu zerren, und hätten sie ihn zum abgestellten Funkstreifenwagen geschleppt.

Die Beamten hätten ihn ersucht, in den Wagen einzusteigen. Zuvor habe er jedoch die Bekanntgabe der Dienstnummern begehrt. Da er auf die Bekanntgabe der Dienstnummern beharrt habe, seien ihm in der Folge die Hände von den Sicherheitswachebeamten am Rücken verschränkt und Handschellen angelegt worden. Danach sei er mit Gewalt in den Funkstreifenwagen verbracht worden. Nach dem Eintreffen im Wachzimmer seien ihm die Geldbörse abgenommen und die Kleidungsstücke durchsucht worden. Die Entlassung aus dem Wachzimmer sei gegen 21.45 Uhr erfolgt.

Eine Behinderung des Autobuslenkers an der Weiterfahrt sei in keiner Weise gegeben gewesen, da der Autobuslenker in der Lage gewesen sei, sowohl den linken als auch den rechten Außenspiegel bei der Fahrt zu benützen. In diesem Zusammenhang weise er auf die Tatsache hin, daß bei einem vollbesetzten Autobus die Fahrgäste auch am Mittelgang stünden und der Autobuslenker den Innenspiegel nicht verwenden könne. Weiters sei das Stehen im Autobus nicht verboten.

Es sei nicht richtig, daß die Sicherheitswachebeamten vor seiner Entfernung aus dem Autobus die Festnahme ausgesprochen hätten. Vielmehr sei er ohne Abmahnung von den Sicherheitswachebeamten gegen sein Willen aus dem Autobus entfernt worden. Er habe keineswegs randaliert bzw ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Vielmehr hätten die Sicherheitswachebeamten durch ihr Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört. Die Sicherheitswachebeamten hätten auch kein Recht gehabt, ihn mit Gewalt aus dem Autobus zu entfernen.

Die Festnehmung sei erfolgt, nachdem der Einschreiter aus dem Autobus entfernt worden sei. Er sei lediglich deshalb, weil er die Bekanntgabe der Dienstnummern begehrt habe, festgenommen worden. Die Handfesseln seien ihm nicht im Autobus angelegt worden, sondern außerhalb des Autobusses, kurz bevor er gezwungen worden sei, im Funkstreifenwagen Platz zu nehmen. Da weder Selbst- noch Gemeingefährdung vorgelegen habe, seien ihm zu Unrecht die Handfesseln gemäß §1 HFDA angelegt worden.

2. Demgegenüber führte die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aus, daß RevI U und RevI G über Aufforderung des Postautobuslenkers Pf gegen den Beschwerdeführer eingeschritten seien, da dieser aufgrund der Wahl seines Standplatzes unmittelbar hinter dem Buslenker diesen beim Lenken des Autobusses behindert und dessen Anordnungen nicht Folge geleistet habe.

Die Beamten hätten versucht, den Beschwerdeführer eine Zeitlang durch gutes Zureden davon zu überzeugen, sein Verhalten aufzugeben. Dieser habe sich jedoch über die Beamten lustig gemacht und sich bemüht, die Amtshandlung auf die übrigen Fahrgäste lächerlich wirken zu lassen. Überdies habe er aggressives Verhalten gegen den Buslenker und die Sicherheitswachebeamten gezeigt. Der Autobus sei dadurch in seinem Fahrbetrieb gestört worden. Nach einiger Zeit seien die Fahrgäste unruhig geworden und hätten ihren Unmut über das Verhalten des Beschwerdeführers ausgedrückt. Der Beschwerdeführer sei mehrmals vergeblich abgemahnt worden, sein die Ordnung störendes Verhalten einzustellen. In weiterer Folge sei er aufgefordert worden, sein Nationale bekanntzugeben. Dieser Aufforderung habe er keine Folge geleistet.

RevI U habe daraufhin am 27.7.1991, 21.05 Uhr, die Festnahme gemäß §35 Z1 VStG iVm ArtIX Abs1 Z1 EGVG ausgesprochen. Da sich der Beschwerdeführer gegen die Festnahme gesträubt und sich an den Haltestangen und Sitzen des Autobusses festgeklammert habe, sei er durch Anwendung von Körperkraft aus dem Autobus geschafft worden. Da er sich auch tätlich gegen seine Verbringung in den Funkwagen gewehrt habe, seien ihm Handfesseln angelegt und nach dem Eintreffen am Bezirkspolizeikommissariat Penzing wieder abgenommen worden.

Zu diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer weder über Schmerzen noch über Verletzungen geklagt. Nachdem die Identität des Beschwerdeführers aufgrund der bei ihm im Zuge einer Personsdurchsuchung aufgefundenen Dokumente (deren Herausgabe der Beschwerdeführer vor der Festnahme verweigert gehabt hatte) festgestellt worden sei, sei er am 27.7.1991, 21.45 Uhr, aus der Haft entlassen worden.

3. Aufgrund des widersprüchlichen Vorbringens war es notwendig, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen, um den Sachverhalt ausreichend zu klären. Die öffentliche mündliche Verhandlung fand am 28.1.1992 statt.

II. Beweismittel

1. Einvernahme des Beschwerdeführers

Dem Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 28.1.1992 sowohl vor als auch nach den Zeugeneinvernahmen Gelegenheit gegeben, sich zu äußern. Hierbei gab er folgendes an:

"Ich fahre täglich mit dem Bus, entweder mit dem 49B oder mit dem 52B und muß daher entweder 300 m oder 500 m bis zum Bus gehen. Mit dem Bus fahre ich entweder bis zur Straßenbahnlinie 49 oder bis nach Hütteldorf zur U-Bahn-Station. Hierbei fahre ich zu verschiedenen Zeiten. Am 27.7.1991 bin ich in den 49B-Bus eingestiegen.

Ich habe denselben Buschauffeur, der damals den 49B-Bus lenkte, schon jahrelang gekannt.

Ich stehe immer hinter dem Buslenker, weil ich mich dort mit beiden Händen festhalten und weil ich die Verkehrssituation überschauen kann; außerdem kann ich mich nicht im Bus niedersetzen, da ich 1983 bei einem Verkehrsunfall eine Hüftluxation erlitten habe und, wenn ich mich niedersetze, danach beim Aufstehen mein Bein nicht gleich belasten kann. Auf die Frage der Verhandlungsleiterin gebe ich an, daß ich auch bei demselben Buslenker schon oft hinter ihm gestanden bin. Ich glaube, daß der Buslenker mich damals deswegen nicht mehr hinter ihm stehen haben wollte, weil ich mehrere Beschwerden gegen die Buslenker eingebracht habe, zB wenn der Bus zu früh abgefahren ist. Ca 10 Tage vor dem gegenständlichen Vorfall wollte ich bei der Stammhausstraße aussteigen und ging nach vor, der Bus blieb aber nicht in der Haltestelle stehen. Als ich den Buslenker daraufhin zur Rede stellte, sagte er mir, ich hätte den Mund aufmachen sollen. Daraufhin gab ich ihm zur Antwort, daß das Mund-Aufmachen mir nichts hilft, denn es dient nur zum Luftholen. Ich möchte bemerken, daß ich 1991 beim Leiter der Postautobusse, Dipl Ing T, war, ich weiß nicht mehr genau wann, vielleicht im Frühjahr oder Sommer. Er hat mir gesagt, daß ich den Stehplatz hinter dem Lenker benützen darf.

Der Buslenker hat, nachdem er mich aufgefordert hat, weiter nach hinten zu gehen, und ich das nicht gemacht habe, die Polizei gerufen. Zwei Beamte sind daraufhin in den Bus gekommen. Ich glaube, daß die Sicherheitswachebeamten aus Hernals gekommen sind, weil der Streifenkraftwagen das Kennzeichen BP hatte, das ist für mich deswegen wichtig, weil Herr Pf (der Buslenker) in Neustift wohnt und möglicherweise die Polizisten kennt. Auf die Frage der Verhandlungsleiterin gebe ich an, daß die Polizisten in Uniform waren.

Die Polizisten ersuchten mich, mich entweder zu setzen oder weiter nach hinten zu gehen; als ich ablehnte, da ich dort keine Haltemöglichkeit hatte, wurde meine Nationale noch im Bus aufgenommen. Nachher wurde ich nochmals ersucht, nach hinten zu gehen; da ich nicht wollte, packten mich die Sicherheitswachebeamten, um mich aus dem Bus zu holen. Ich hielt mich aber mit beiden Händen an den Haltestangen fest, um das zu verhindern.

Einen Ausweis konnte ich weder im Bus noch sonst wo herzeigen, da ich keinen bei mir hatte; ich hatte ja nur den Straßenbahn- und ÖBB-Ausweis bei mir.

Meines Erachtens bin ich nach Art3 MRK nicht verpflichtet, einen Ausweis mitzuführen.

Ich glaube, daß die Festnahme nicht rechtmäßig war, weil ich, nachdem ich aus dem Bus entfernt wurde, kein Delikt mehr begangen habe.

Nachdem ich mit Gewalt aus dem Bus entfernt worden bin, machte ich die Polizisten aufmerksam, daß sich mein Schirm noch im Bus befand. Darauf nahmen die Polizisten keine Rücksicht. Ich mußte den Schirm dann von der Postgarage in Mauerbach abholen und tat dies am 1.8.1991.

Ich verlangte nach dem brutalen Vorgehen der Inspektoren deren Dienstnummer; die Sicherheitswachebeamten suchten scheinbar nach ihrer Nummer und behaupteten dann, sie nicht zu finden. Ich aber dachte bei mir, ohne es konkret zu sagen 'Ich steige nur ein, wenn ich die Nummer habe'.

Es stimmt nicht, daß ich mit Händen und Füßen herumgestoßen habe, da ich behindert bin.

Es stimmt nicht, daß ich, wie der Lenker und die beiden Polizisten behaupten, sehr schonend aus dem Bus herausgeholt wurde. Nachdem ich die Handfesseln angelegt bekommen hatte, wurde ich mit einem kräftigen Stoß gegen die Brust in den Streifenkraftwagen hineingestoßen; hätte ich nicht meinen Kopf eingezogen, hätte ich vermutlich meinen Kopf oder mein Genick am Fahrzeug verletzt. Vermutlich durch diesen Stoß gegen die Brust sind meine Schürfwunden entstanden.

Auf Vorhalt der Verhandlungsleiterin, daß ich in der Beschwerde (sowohl in der vom Rechtsanwalt eingebrachten, als auch in der von mir selbst verfaßten, aber später zurückgezogenen) von diesen Schürfwunden nichts erwähnt hätte, kann ich nichts angeben. Am Kommissariat wurden meine Taschen entleert und durchsucht, so etwas ist mir noch nicht vorgekommen.

Dann wurde mit dem Schreiben des Protokolls begonnen, wobei ich Verschiedenes gefragt wurde (zB Geburtsort).

Wenn mir nicht aufgefallen wäre, daß ich den Verkehrsbetriebe- und ÖBB-Ausweis nicht zurückbekommen habe, wären diese Ausweise im Kommissariat liegengeblieben.

Insp U fragte mich noch vorher, ob ich Bruder oder Schwester habe, worauf ich ihm sagte, daß ich eine Schwester hätte. Daraufhin gab ich ihm auch ihre Telefonnummer.

Ich glaube, daß meine Schwester oder mein Schwager (es stimmt, wie RevI G behauptet hat, daß mein Schwager auch Polizist ist) nur deswegen telefonisch angegeben haben, daß ich aggressiv wäre, weil ich mit meiner Schwester (deswegen, da mir mit 14 Jahren der elterliche Landwirtschaftsbetrieb versprochen wurde, ihn aber dann meine Schwester bekommen hat) vor dem Arbeitsgericht prozessiert habe.

Meine Entlassung erfolgte nicht, wie im Akt vermerkt, schon um

21.45 Uhr, sondern erst um 22.10 Uhr.

Es stimmt nicht, daß ich das Wachzimmer nicht freiwillig verlassen wollte. Nachdem mir die Beamten nicht ihre Dienstnummern geben wollten, sondern nur falsche angaben (4711, 0815) und ich mir meine liegengebliebenen Ausweise genommen hatte, verließ ich das Wachzimmer.

Ich weise darauf hin, daß auf Blatt 2 der Anzeige vermerkt ist, daß meine Handfesseln um 21.20 Uhr im Kommissariat abgenommen wurden, hingegen in der Strafverfügung vom 31.7.1991 vermerkt ist, daß ich von 20.40 Uhr bis 21.40 Uhr in Wien 14, Keißlergasse Busbahnhof Hütteldorf im Fahrzeug PT durch Randalieren ungebührlicherweise Lärm erregt hätte, was offensichtlich nicht möglich ist."

2. Zeugenaussage des Buslenkers

Der Buslenker gab als Zeuge im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 28.1.1992 folgendes zu Protokoll:

"Ich war damals Buslenker des 49B-Busses, ich fahre immer auf dieser Linie.

Ich und auch andere Lenker haben Herrn B schon öfters (auch vor diesem Vorfall am 27.7.1991) aufgefordert, Platz zu nehmen oder weiter nach hinten zu gehen, da er nicht nur mit seinem Kopf den Rückblickspiegel verdeckt, sondern auch Fahrgäste beim Ein- und Aussteigen behindert, da es gerade vorne bei der Tür ziemlich schmal ist und die einsteigenden Fahrgäste bei mir ihre Fahrkarten oder Fahrscheine markieren müssen. Herr B fährt etwa zw 09.00 und 09.30 Uhr etwa von der Jägersiedlung von der Station Campingplatz 2 Richtung Hütteldorf. Um diese Zeit herrscht reger Verkehr, da viele Camper einsteigen und auch viele ältere Damen bei der Linie 49 zum Einkaufen aussteigen.

Ungefähr um 17.00 Uhr fährt Herr B (nicht immer, aber oft) zurück vom Bahnhof Hütteldorf. Unsere Wartezeit dort beträgt zwei bis fünf Minuten bis zur Abfahrt. In dieser Zeit haben die Fahrgäste die Möglichkeit, einzusteigen. Herr B bleibt vor dem Bus stehen mit der Begründung, daß er frische Luft braucht und es ihm im Bus zu sehr stinkt. Genau dann, wenn ich abfahren will, steigt er langsam, auf provozierende Weise ein und verzögert die Abfahrt. Vorher, als er noch draußen gestanden ist, stellt er seinen schwarzen Koffer provozierend auf eine der beiden Einstiegstufen, sodaß andere Fahrgäste nur eine Seite der Einstiegstelle benützen können. Diese Vorgangsweise des Herrn B hat sich oft wiederholt, nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Kollegen. Am 27.7.1991 stieg Herr B gegen 20.50 Uhr in den 49B, den ich lenkte, ein. Zwei Damen, die weiter hinten Platz nahmen, ersuchten mich, ihnen zu sagen, wann sie umsteigen müßten (die Umsteigestelle Mondweg kannten die Damen offenbar nicht). Ich ersuchte Herrn B, der sich wieder hinter mir aufstellte, weiter nach hinten zu gehen, da ich freie Sicht durch den Rückblickspiegel nach hinten in den Bus haben wollte, er lächelte aber nur. Als ich ihn aufmerksam machte, daß ich die Aufforderung an ihn ernst meine, sagte er, ich könnte ohnehin durch die Außenspiegel genug sehen. Ich klärte ihn darüber auf, daß jeder der Spiegel eine andere Funktion hat. Dennoch wollte Herr B nicht von seinem Standort weggehen. Daraufhin erklärte ich ihm, daß ich die Polizei rufen würde. Da er noch immer nicht reagierte und auf seinem Platz stehen blieb, rief ich die Funkstreife von einer Telefonzelle aus, an (die Notrufnummer 133).

Die Beamten sind dann gekommen und in den Bus eingestiegen; sie forderten ebenfalls Herrn B auf, sich niederzusetzen oder zumindest weiter nach hinten in den Bus zu gehen. Die Polizisten redeten fünf bis sieben Minuten sehr höflich und ruhig auf ihn ein, erklärten ihm die Sache mit dem Rückblickspiegel, jedoch ohne Erfolg. Ein Polizist sagte wörtlich: 'Das gibt es doch nicht, daß Sie so uneinsichtig sind'. Herr B gab zur Antwort: 'Alles gibt es, weil es auch Gips gibt'.

Erst daraufhin sagten die Polizeibeamten 'So jetzt ist es aber genug, entweder Sie gehen nach hinten in den Bus, oder Sie steigen aus'. Es hat sich kein Fahrgast eingemischt, die meisten Fahrgäste waren Jugendliche, die offenbar Zeit hatten.

Nachdem Herr B aber weder nach hinten in den Bus ging, noch freiwillig ausstieg, nahmen ihn die beiden Polizeibeamten äußerst behutsam und vorsichtig, wobei Herr B sich aber zunächst an den Haltestangen festklammerte, aus dem Bus heraus. Sie paßten ganz besonders auf, daß er sich nicht verletzte.

Nachdem die Polizisten Herrn B aus dem Bus entfernt hatten (vorher hatte der jüngere Polizist meinen Namen und meine Dienststelle notiert), schloß ich die Tür und fuhr mit ca zehnminütiger Verspätung weiter.

Bemerken möchte ich, auch auf die Frage der Verhandlungsleiterin hin, daß andere Fahrgäste, wenn sie mir die Sicht durch den Rückblickspiegel verdecken, sofort auf meine Bitte weiter nach hinten oder auf die Seite zu gehen, reagieren und nur Herr B uneinsichtig und stur stehenbleibt. Unsere Busse sind nicht wie die städtischen Busse mit Lichtschranken ausgestattet, sodaß ich sehr wohl die Sicht zu der rückwärtigen Ausstiegstelle haben muß, da ich sonst nicht sehe, ob hinten noch Leute ein- oder aussteigen, dh sich noch auf den Stufen befinden. Ich habe sehr oft ältere Fahrgäste, die nicht sehr schnell aus- oder einsteigen können, sodaß ich besonders vorsichtig sein muß, um niemanden mit der Tür einzuzwicken. Ich möchte betonen, daß wir mit unseren Fahrgästen, die ich zwar nicht namentlich, aber doch vom Sehen her kenne, fast eine Familie bilden und auf alle erfüllbaren Wünsche der Fahrgäste eingehen.

Die einzigen Beschwerden die wir bekommen, stammen von Herrn B; zB ruft er an oder schreibt der Dienststelle, daß unser Bus eine Minute zu früh in die Station eingefahren ist; er weiß nämlich nicht, daß wir zwei bis drei Minuten früher oder später ankommen dürfen (Toleranzgrenze), weil es auf den jeweiligen sonstigen Verkehr ankommt.

Abschließend möchte ich noch betonen, daß ich absolut nichts gegen den Herrn B habe, aber aus Gründen der Sicherheit der anderen Fahrgäste es nicht zulassen kann, daß er mir die Sicht nach hinten, insbesondere auf die hintere Einstiegstelle, nimmt. Auf die Frage der Verhandlungsleiterin gebe ich an, daß Personen die meinen Anordnungen nicht Folge leisten, nach den Allgemeinen Beförderungsbedingungen aus dem Bus entfernt werden können; ich kann das allerdings nicht selbst, sondern muß die Polizei rufen."

3. Zeugenaussage der Sicherheitswachebeamten

3.1. RevI U machte in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 28.1.1992 folgende zeugenschaftliche Angaben:

"Ich kann mich an den Vorfall vom 27.7.1991 sehr genau erinnern. Ich wurde damals mit einem Kollegen zusammen von der Funkstelle zum 49B-Bus, der etwa 100 Meter von seiner Haltestelle entfernt stand, gerufen, weil ein Mann den Anordnungen des Buslenkers, den Platz hinter dem Buslenker zu räumen und weiter nach hinten zu gehen, nicht nachkam.

Mein Kollege und ich versuchten, Herrn B durch gutes Zureden dazu zu bringen, daß er sich weiter nach hinten in den Bus begibt; wir erklärten ihm auch, daß der Buslenker keine Sicht durch den Rückblickspiegel hat, weil Herr B direkt hinter ihm steht und ihm dadurch die Sicht nimmt; außerdem wiesen wir Herrn B darauf hin, daß er im Falle einer Notbremsung durch die Windschutzscheibe fliegen könnte und es daher für ihn sicherer wäre, weiter hinten Platz zu nehmen oder weiter hinten zu stehen.

Herr B war komplett uneinsichtig und zeigte sofort ein aggressives Verhalten uns gegenüber, aber auch dann gegen den Lenker. Wir versuchten, Herrn B zu beruhigen, wir waren ca 10 Minuten im Bus; doch Herr B versteifte sich auf seine Meinung und wurde eher noch aggressiver.

Das aggressive Verhalten des Beschwerdeführers zeigte sich darin, daß er sehr laut wurde und laut sagte 'Ich kann tun, was ich will, ich kann stehen, wo ich will' und auch mit den Händen gestikulierte.

Da unsere Beruhigungsversuche keinen Erfolg zeigten, mahnte ich den Beschwerdeführer ab und drohte ihm die Anzeige wegen Störung der Ordnung an. Er beruhigte sich jedoch noch immer nicht. Inzwischen regten sich auch schon einige Fahrgäste auf, weil der Bus schon so viel Verspätung hatte.

Da der Beschwerdeführer in seinem Verhalten verharrte und auch alle Angaben über seine Nationale verweigerte und auch keinen Ausweis vorweisen wollte, sprach ich die Festnahme aus und nahm ihn im Bus fest. Der Beschwerdeführer sagte daraufhin 'Das könnt S' nicht mit mir machen' und klammerte sich mit beiden Händen an der Haltestange fest.

Unter möglichster Schonung lösten wir seine Hände von der Haltestange und trugen ihn aus dem Bus.

Während der Bus weiterfuhr, beschimpfte uns der Beschwerdeführer draußen weiter und stieß mit seinen Händen umher, damit wir ihn nicht mitnehmen können. Wir mußten ihn aber schon wegen der Identitätsfeststellung entweder (was wir ihm auch anboten) nach Hause oder auf's Kommissariat bringen und versuchten, ihn in den Streifenkraftwagen zu setzen. Er aber breitete seine Arme so aus, daß wir ihn nicht in den Streifenkraftwagen brachten und daher, um weder uns noch ihn selbst zu gefährden, die Handfesseln anlegen mußten, erst so konnten wir ihn in den Streifenkraftwagen hineinbekommen.

Im Streifenkraftwagen war Herr B dann ruhig, drohte uns aber an, daß er sich bei sämtlichen möglichen Stellen über uns beschweren würde.

Am Kommissariat gab er uns endlich seinen Namen und seinen Wohnort an; er hatte keinen Ausweis bei sich. Wir machten eine Meldeauskunft, die war richtig; wir riefen dann seine Schwester an und berichteten ihr über den Vorfall und baten die Schwester, als Identitätszeugin zu erscheinen; sie gab an, daß der Beschreibung des Vorfalls nach, es sich um ihren Bruder handeln müßte, er schon öfters derartiges gemacht habe, sie und die gesamte Familie aber nichts mit ihm zu tun haben wollten.

Nachdem die Angaben des Beschwerdeführers über seinen Namen und Wohnort stimmten, wurde er entlassen, nachdem ich noch überprüft hatte, ob er Verletzungen oder dergleichen aufwies; ich stellte fest, daß er keine Verletzungen aufwies; er selbst sagte auch nichts derartiges."

3.2. RevI G machte am 28.1.1992 als Zeuge folgende Aussage:

"Wir haben damals am 27.7.1991 über Funk unseren Einsatz zum Bahnhof Hütteldorf bekommen, wo der Bus etwas außerhalb der Haltestelle gestanden ist.

Der Buslenker hat uns ersucht, den Beschwerdeführer aufzufordern, sich weiter nach hinten zu stellen oder zu setzen. Wir haben das oft versucht, zB habe ich den Beschwerdeführer gefragt: 'Können S' Ihnen nicht weiter rückwärts stellen?'. Er gab darauf zur Antwort: 'China liegt in Asien'. Auf meine Frage: 'Müssen S' denn da stehen?', antwortete er: 'müssen tu ich sterben'. Zuerst hörten die etwa 15 bis 20 Fahrgäste noch ruhig zu, dann wurden sie ziemlich unruhig, weil manche auch befürchteten, ihre Anschlüsse zu verpassen, und taten ihren Unmut kund.

Mindestens 5 bis 10 Minuten versuchten wir, Herrn B dazu zu bewegen, seinen Standort zu verlassen. Er aber machte keine Anstalten, unserer Aufforderung nachzukommen, sondern krallte sich mit seinen beiden Händen an den Haltestangen fest und gab uns nur Antworten, wie oben geschildert.

Ganz vorsichtig lösten wir Finger um Finger des Beschwerdeführers und trugen ihn aus dem Bus. Ich kann nicht sagen, daß Herr B richtig aggressiv war, er setzte vielmehr passiven Widerstand entgegen.

Als der Beschwerdeführer endlich aus dem Bus entfernt war, sodaß der Bus endlich weiterfahren konnte, wollten wir einen Ausweis von ihm sehen. Er war zur Ausweisleistung jedoch nicht bereit. Daraufhin sprach mein Kollege die Festnahme gemäß §35 Z1 VStG aus.

Daraufhin brachten wir ihn zum Streifenkraftwagen, öffneten die hintere Tür, damit er einsteigen könne, da wir ihn auf's Kommissariat mitnehmen wollten.

Der Beschwerdeführer sträubte sich jedoch gegen das Einsteigen und krallte sich fest, wobei wir wieder viele Zuschauer hatten. Erst daraufhin legten wir ihm die Handfesseln an, weil wir ihn sonst überhaupt nicht in den Streifenkraftwagen hineinbekommen hätten. Das Anlegen der Handfesseln dient auch unserem eigenen Schutz, da sehr oft festgenommene Personen plötzlich aggressiv werden und auf uns einschlagen - wie es mir erst kürzlich passiert ist - , wenn sie merken, daß es wirklich ernst ist.

Vor dem Einsteigen erfolgte noch eine oberflächliche Visitierung des Beschwerdeführers, die ebenfalls unserem Schutz dient. Auf dem Kommissariat wurden dem Beschwerdeführer die Handfesseln gleich abgenommen und dort erfolgte eine neuerliche Visitierung, bei der ein Ausweis des Beschwerdeführers vorgefunden wurde. Bevor wir jedoch den Ausweis des Beschwerdeführers vorfanden, gab er uns  seinen Namen und auch die Telefonnummer seiner Schwester an, die wir anriefen.

Die Schwester sagte, nachdem wir ihr gesagt hatten, um was es ginge, daß sie mit ihrem Bruder nichts zu tun haben wolle und mit ihm seit 8 Jahren nicht mehr rede. Die Schwester machte uns auch aufmerksam, daß ihr Bruder leicht aggressiv würde und manchmal hinschlage.

Soweit ich mich erinnere, leistete Herr B damals nur  passiven Widerstand, er war mir gegenüber nicht aggressiv.

Die Festnahme erfolgte aus dem Grund, da wir seine Identität nicht feststellen konnten.

Nachdem wir am Kommissariat schließlich seine Identität feststellen konnten, wurde er, nachdem er von der Anzeige in Kenntnis gesetzt wurde, vom Kommissariatswachkommandanten entlassen.

Im Kommissariat verhöhnte der Beschwerdeführer mit seinen Sprüchen auch unsere Kollegen. Außerdem wollte er das Kommissariat nicht verlassen und wir mußten ihn sozusagen aus dem Wachzimmer drängen. Auf Befragen der Verhandlungsleiterin gebe ich ausdrücklich an, daß Herr B keinerlei Verletzungen, auch nicht durch das Anlegen der Handfesseln, erlitten hat. Es ist möglich, daß eventuell eine Rötung an den Handgelenken durch die vorschriftsmäßig angelegten Handfesseln entstanden ist. Das ist mir aber nicht mehr erinnerlich."

III. Beweiswürdigung

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien schenkt den Angaben des Buslenkers und der beiden Sicherheitswachebeamten Glauben. Die Zeugen unterlagen aufgrund ihrer Stellung der Wahrheitspflicht, auf die sie ausdrücklich hingewiesen wurden, und hätten im Falle ihrer Verletzung mit strafrechtlichen (die Sicherheitswachebeamten auch mit dienstrechtlichen) Folgen zu rechnen.

Die Zeugenaussagen waren auch klar, nachvollziehbar und jede für sich widerspruchsfrei.

Es findet sich kein Anhaltungspunkt dafür, weswegen die Sicherheitswachebeamten eine ihnen bis dahin völlig unbekannt gewesene Person zu Unrecht irgendwelcher Übertretungen beschuldigen sollten.

Im übrigen stimmen die drei Zeugenausagen in allen entscheidungswesentlichen Punkten überein.

Aber auch in den nicht entscheidungsrelevanten Punkten ergeben sich keine echten Gegensätze:

Daß nur RevI U behauptete, daß der Beschwerdeführer sich aggressiv verhalten habe, stellt deswegen keinen Widerspruch zu den Zeugenaussagen des Buschauffeurs und des RevI G dar, da U unter "aggressivem Verhalten" des Beschwerdeführers vor allem dessen lautes uneinsichtiges (Zurück)Reden verstand, also ua den Ton der Äußerungen des Beschwerdeführers meinte. RevI G, (er meinte, er könne nicht sagen, daß der Beschwerdeführer "richtig aggressiv" gewesen sei) sowie der Chauffeur faßten das Verhalten des Beschwerdeführers als provozierend bzw als Verhöhnung ihrer Person durch die vom Beschwerdeführer von sich gegebenen Sprüche auf. Bemerkt wird in diesem Zusammenhang, daß auch RevI G bei seiner ersten Einvernahme in seiner Dienststelle am 13.8.1991 noch von diesem "aggressiven" Verhalten des Beschwerdeführers gesprochen hatte. Auch das Gestikulieren mit den Händen kann, muß aber nicht als aggressives Verhalten des Beschwerdeführers ausgelegt werden. Ebensowenig stellt es einen Widerspruch dar, wenn der Busfahrer angab, daß sich kein Fahrgast eingemischt habe, während RevI U und RevI G ausgesagt haben, daß sich "inzwischen auch schon einige Fahrgäste aufregten" (weil der Bus schon so viel Verspätung hatte), bzw RevI G zu Protokoll gab, daß die 15 bis 20 Fahrgäste "zuerst noch ruhig zuhörten", dann aber "ziemlich unruhig" wurden, "weil manche befürchteten, ihre Anschlüsse zu verpassen, und ihren Unmut" kundtaten.

Es widerspricht nämlich nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß verschiedene Personen, auch wenn sie sich zur selben Zeit am selben Ort befinden, einzelne Ereignisse infolge ihrer eigenen subjektiven Einstellung oder aufgrund ihres verschiedenen Standortes etc verschieden qualifizieren. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Zeugen das Verhalten des Beschwerdeführers aufgrund seiner Äußerungen als aggressiv, verhöhnend oder provokativ beschrieben.

Es ist auch nicht verwunderlich, daß den Sicherheitswachebeamten das Unruhigwerden der Passagiere und ihre diesbezüglichen Unmutsäußerungen auffielen, während der Buslenker das Verhalten der Fahrgäste als "sich nicht in die Amtshandlung einmischend" bewertete; hierbei muß bedacht werden, daß sich auch Personen, die ihren Unmut über die Verzögerung der Weiterfahrt äußern bzw unruhig werden, nicht unbedingt konkret in die Amtshandlung selbst einmischen, sodaß der Buslenker das Verhalten der Fahrgäste eben nicht als Einmischung in die Amtshandlung empfunden hat. Auch die Frage, wann die Festnahme ausgesprochen wurde, ist nicht entscheidungswesentlich, da eine Festnahme jedenfalls auch ohne verbalen Ausspruch vorliegen kann; dem RevI U wird jedoch Glauben geschenkt, daß er die Festnahme bereits im Bus ausgesprochen hatte, nachdem der Beschwerdeführer das von RevI U als aggressiv eingestufte Verhalten trotz Abmahnung und Anzeigeandrohung nicht einstellen und sich auch nicht ausweisen wollte. RevI U hatte dies (daß die Festnahme noch im Bus erfolgte) im übrigen auch schon in der Anzeige (die noch am Tag des Vorfalls verfaßt wurde) und bei seiner Einvernahme auf seiner Dienststelle am 13.8.1991 zu Protokoll gegeben. Dies schließt jedoch nicht aus, daß RevI U außerhalb des Busses den Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Festnahme aufforderte, in den Streifenkraftwagen einzusteigen und auf das Kommissariat mitzufahren (vielleicht so: "Sie sind festgenommen und müssen auf's Kommissariat mitfahren - Steigen'S ein!"), und RevI G sich an diesen Hinweis auf die Festnahme außerhalb des Busses erinnert.

Im übrigen lassen sich die Angaben des Beschwerdeführers zum Sachverhalt in vielen Details mit den Angaben der Zeugen in Einklang bringen (zB hinsichtlich seines Verhaltens im Bus, der Debatte mit dem Fahrer des Busses, dessen Verständigung der Polizei, des Ersuchens der Polizeibeamten, daß er seinen Stehplatz wechseln müßte; des Nichtnachgebens des Beschwerdeführers; des Festklammerns des Beschwerdeführers an den Haltestangen; der Entfernung des Beschwerdeführers durch die Sicherheitswachebeamten aus dem Bus; des Nichtvorweisens eines Lichtbildausweises; des Ausspruchs der Festnahme an sich; des Anlegens der Handfesseln; der Verbringung ins Kommissariat; des Telefonats mit der Schwester des Beschwerdeführers).

Jenen Angaben des Beschwerdeführers, die bezüglich entscheidungswesentlicher Umstände von den Zeugenaussagen abweichen, wird kein Glauben geschenkt.

So behauptete der Beschwerdeführer, daß er von den Sicherheitswachebeamten mit Gewalt aus dem Bus entfernt worden sei; wenn er damit meint, daß er nicht freiwillig aus dem Bus gestiegen ist, so entspricht dies den Zeugenaussagen; wenn er jedoch damit behaupten will, er sei nicht schonend aus dem Bus befördert worden, wird ihm deswegen nicht geglaubt, weil nicht nur die Sicherheitswachebeamten selbst ihr Bemühen um maßvolle Behandlung des Beschwerdeführers beim Entfernen aus dem Bus hervorgestrichen haben, sondern auch vom Buslenker ausdrücklich und aus eigenem Antrieb das schonende Einschreiten der Beamten gelobt wurde.

Dazu kommt noch, daß der Beschwerdeführer seine in der mündlichen Verhandlung am 28.1.1992 aufgestellte Behauptung, er sei bei der Amtshandlung am 27.7.1991 durch die Sicherheitswachebeamten in den Streifenkraftwagen gestoßen und dadurch verletzt worden (er habe Schürfwunden davongetragen), weder in der vom Rechtsanwalt verfaßten Beschwerde noch in seiner eigenen (zurückgezogenen und daher nicht den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden) Beschwerde vorgebracht hat. Zwar hat der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme bei der Bundespolizeidirektion Wien - Generalinspektorat der Sicherheitswache am 29.7.1991 angegeben, er verspüre Schmerzen an beiden Handgelenken, da ihm die Handfesseln so streng angelegt worden seien, und habe zwei Schürfwunden auf der Brust, doch konnte er dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien diesbezüglich keine Beweismittel (ärztliche Befunde etc) vorlegen. Ebenso hat der Beschwerdeführer in der vom Rechtsanwalt verfaßten Beschwerde (wie auch in seiner eigenen, zurückgezogenen) die Zeit seiner Entlassung aus dem Kommissariat mit "gegen 21.45 Uhr" angeführt, was sich auch der Anzeige entnehmen läßt. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 28.1.1992 vorgetragenen Behauptung, die Anhaltung habe bis 22.10 Uhr gedauert, wird daher kein Glauben geschenkt. Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, die Sicherheitswachebeamten würden in Hernals arbeiten, der Buslenker stamme aus Neustift und kenne daher möglicherweise die Polizisten, erweist sich als unschlüssig, da die Sicherheitswachebeamten ihren Dienst in einem anderen Bezirk (also nicht in Hernals) versehen als der Beschwerdeführer vermeint hatte, und dieser Bezirk (übrigens ebenso wie Hernals) verschieden von jenem Bezirk ist, in dem Neustift liegt (Döbling). Im übrigen hat der Buslenker damals die Notrufnummer 133 gewählt und kann über diese Nummer nur die Funkzentrale verständigt werden, die dann den jeweils dem Einsatzort nächstbefindlichen Streifenkraftwagen zum Einsatz beordert; über die Notrufnummer kann jedoch keinesfalls ein Streifenkraftwagen direkt erreicht werden (dieser kann nur über den Polizeifunk direkt verständigt werden). Der Buslenker hatte daher gar keine Möglichkeit, bestimmte Polizeibeamte zu Hilfe zu holen.

IV. Als erwiesen angesehener Sachverhalt

Aufgrund der vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien vorgenommenen Beweiswürdigung ergibt sich folgender Geschehensablauf:

Der Beschwerdeführer befand sich am 27.7.1991 um ca 20.50 Uhr in einem Bus der Linie 49B In diesem stand er direkt hinter dem Lenkersitz.

Da der Beschwerdeführer dadurch die Sicht durch den Rückblickspiegel verdeckte und dem Buschauffeuer damit die Sicht nach hinten in den Innenraum des Busses, insbesondere auf die rückwärtige Ausstiegstelle, nahm, forderte der Buslenker den Beschwerdeführer mehrmals auf, sich entweder zu setzen oder weiter nach hinten in den Bus zu gehen.

Der Beschwerdeführer kam aber nicht einmal dann dieser Aufforderung nach, als der Lenker mit der Verständigung der Polizei drohte. Daher rief der Buschauffeur von einer Telefonzelle aus den Notruf an.

Kurz darauf kam eine Funkstreife mit zwei Sicherheitswachebeamten. Auch diese ersuchten den Beschwerdeführer 5 bis 10 Minuten lang, sich zu setzen oder weiter nach hinten zu gehen, was dieser jedoch (weiterhin) ablehnte. Der Beschwerdeführer blieb also, obwohl die Sicherheitswachebeamten ihr Ersuchen mit der Notwendigkeit der freien Sicht des Buslenkers nach hinten begründeten, uneinsichtig und zeigte ein lautes und provokantes Verhalten und gestikulierte dabei teilweise auch mit den Händen.

Zuerst hörten die Fahrgäste noch ruhig zu, doch taten sie dann (einige deswegen, weil sie befürchteten, ihre Anschlüsse zu verpassen) ihren Unmut kund.

RevI U mahnte den Beschwerdeführer schließlich ab und drohte ihm eine Anzeige wegen Ordnungsstörung an.

Der Beschwerdeführer verharrte jedoch in seinem Verhalten, verweigerte auch die Angaben zu seiner Person und wollte auch keinen Ausweis vorweisen, sodaß ihn RevI U letztlich um ca 21.05 Uhr (vgl die Anzeige) festnahm.

Der Beschwerdeführer hielt sich mit voller Kraft an der Haltestange des Busses fest, da er nicht mit den Beamten aus dem Bus steigen wollte. Unter möglichster Schonung lösten die Sicherheitswachebeamten die Hände des Beschwerdeführers von der Haltestange und trugen ihn aus dem Bus.

Während der Bus daraufhin weiterfuhr, wehrte sich der Beschwerdeführer, auch durch Herumstoßen der Hände, um nicht auf das Kommissariat mitgenommen zu werden. Um ihn in den Streifenkraftwagen hineinsetzen zu können und weder den Beschwerdeführer noch sich selbst zu gefährden, mußten ihm die Sicherheitswachebeamten um 21.10 Uhr die Handfesseln anlegen. Während der Überstellungsfahrt verhielt sich der Beschwerdeführer ruhig.

Nach der Ankunft im Kommissariat wurden ihm die Handfesseln um

21.20 Uhr wieder abgenommen.

Im Kommissariat wurden Erhebungen zur Identitätsfeststellung des Beschwerdeführers (Anruf bei der Schwester des Beschwerdeführers, nach Auffinden eines Verkehrsbetriebe- und ÖBB- Ausweises Einholung einer Fahndungsauskunft) durchgeführt.

Der Beschwerdeführer hat weder durch das Aus-dem-Bus-Tragen noch durch das Anlegen der Handfesseln, Verletzungen erlitten und auf dem Kommissariat auch nicht Derartiges behauptet.

Der Beschwerdeführer wurde um 21.45 Uhr aus der Haft entlassen. V. Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer hat in seinem Beschwerdeantrag (Beschwerde Seite 5, ganz unten/6 oben) nicht differenziert, durch welche der von ihm angeführten drei Handlungen (Entfernung aus dem Bus, Festnahme und Anlegen der Handfesseln) seitens der Organe der Bundespolizeidirektion Wien in das Grundrecht auf den Schutz der persönlichen Freiheit und durch welche dieser Handlungen in das Grundrecht auf menschliche und nicht erniedrigende Behandlung eingegriffen worden ist.

Daher wird seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien angenommen, daß der Beschwerdeführer die von ihm behaupteten Eingriffe in beide Grundrechte auf alle drei Handlungen der Organe der Bundespolizeidirektion Wien zurückführt.

Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, daß der Beschwerdeführer die (von 21.05 bis 21.45 Uhr dauernde) Anhaltung nicht in Beschwerde gezogen hat.

1. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit 1.1.

Festnahme

Eine Festnahme liegt - unabhängig davon, ob sie verbalisiert wird oder nicht - nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs immer dann vor, wenn der Wille der Behörde oder des behördlichen Hilfsorganes primär auf eine Beschränkung der Freiheit der Person gerichtet ist.

Daß im gegenständlichen Fall eine Festnahme des Beschwerdeführers erfolgte, wird auch seitens der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt.

Der Beschwerdeführer behauptet, durch diese Festnahme in seinem durch Art8 StGG gewährleisteten Recht verletzt worden zu sein. Dazu wird bemerkt, daß diese Norm bereits mit Wirkung vom 1.1.1991 durch das Bundesverfassungsgesetz vom 29.8.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl Nr 684/88, abgelöst wurde. Art1 PersFrSchG 1988 gewährt - ebenso wie Art5 MRK (s VfSlg 7608/1975, 8815/1980) - Schutz gegen gesetzwidrige "Verhaftung" (s VfSlg 3315/1958 ua):

Das Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit, BGBl Nr 684/88, legt fest, daß die zur Anhaltung berechtigten Organe der öffentlichen Gewalt nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen eine Person in Verwahrung nehmen dürfen.

§35 VStG 1950 ist ein solches Gesetz (zB VfSlg 7252/1974), doch setzt die Festnehmung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in allen in dieser Gesetzesvorschrift angeführten (Anwendungs-)Fällen voraus, daß die festzunehmende Person "auf frischer Tat betreten" wird: Sie muß sich also eine als Verwaltungsübertretung strafbare Handlung zu Schulden kommen lassen und bei Begehung dieser Tat angetroffen werden, wobei die erste dieser beiden Voraussetzungen schon dann erfüllt ist, wenn das Organ die Verübung einer Verwaltungsübertretung mit gutem Grund annehmen konnte (s VfSlg 4143/1962, 7309/1974). Gemäß §35 Z1 VStG dürfen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außer in den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zwecke ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist. Dies traf im vorliegenden Fall zu, da sich der Beschwerdeführer den Sicherheitswachebeamten weder im Bus noch, nachdem er aus diesem hinausgetragen worden war, ausgewiesen hat.

Der Festnahmegrund des §35 Z1 VStG lag somit vor.

Gemäß §35 Z3 VStG 1950 wiederum ist eine Festnahme unter den schon umschriebenen Bedingungen (der Begehung einer Verwaltungsübertretung und der Betretung hierbei) zum Zweck der Vorführung vor die Behörde nur statthaft, wenn der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.

Dem Beschwerdeführer wurde vertretbarerweise die Verwaltungsübertretung der Ordnungstörung gemäß ArtIX Abs1 Z1 EGVG angelastet.

ArtIX Abs1 Z1 EGVG normiert, daß, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Orten stört, damit eine Verwaltungsübertretung begeht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Tatbild der "Ordungstörung" durch zwei Elemente gekennzeichnet: Zum ersten muß der Täter ein Verhalten gesetzt haben, das objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen. Zum zweiten muß durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein.

Die Beurteilung, ob einem Verhalten die objektive Eignung der Ärgerniserregung zukommt, ist nicht nach dem Empfinden der durch das Verhalten besonders betroffenen Personen vorzunehmen, sondern unter der Vorstellung, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren würden; von einem Ärgernis wird man dann sprechen können, wenn eine Handlung bei anderen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten und Schändlichen hervorzurufen geeignet ist (vgl Erk des VwGH vom 9.7.1984, Zl 84/10/0080, und vom 30.9.1985, Zl 85/10/0027, ua).

Dafür, daß durch ein Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort (tatsächlich) gestört wird, ist es nicht erforderlich, daß das Verhalten zu Aufsehen und zu einem Zusammenlaufen von Menschen führt, es muß vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht; eine solche Störung (negative Veränderung der gewöhnlichen Verhältnisse) ist schon dann zu bejahen, wenn eine Person dazu bewogen wurde, sich anders zu verhalten, als wenn der Vorfall nicht stattgefunden hätte (Erk des VwGH vom 24.11.1986, Zl 86/10/0131, vom 20.6.1988, Zl 87/10/0179-0183, und vom 26.2.1990, Zl 89/10/0215). Im gegenständlichen Fall verstieß der Beschwerdeführer nach oben Gesagtem aus folgenden Gründen gegen die ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinanderleben der Menschen angesehen werden muß:

Der Beschwerdeführer kam im Bus, in dem zahlreiche Fahrgäste anwesend waren, - somit an einem öffentlichen Ort - der mehrmaligen Anordnung des Buslenkers, sich einen Sitzplatz oder einen anderen Stehplatz zu suchen, nicht nach und verharrte somit in einem gegen §25 Abs1 der DVO zum Kraftfahrliniengesetz 1952 verstoßenden Verhalten, das an sich schon geeignet war, öffentliches Ärgernis zu erregen, da der Buslenker deswegen nicht weiterfahren konnte, sondern den Bus anhalten und die Polizei telefonisch zu Hilfe rufen mußte. Der Buslenker wurde demnach durch das Verhalten des Beschwerdeführers bewogen, sich anders zu verhalten, als wenn der Vorfall mit dem Beschwerdeführer nicht stattgefunden hätte.

Auch den diesbezüglichen Aufforderungen der Sicherheitswachebeamten kam der Beschwerdeführer nicht nach. Der übliche Ablauf der Busfahrt - und damit die übliche Ordnung - wurde somit erheblich gestört.

Dazu aber kam noch, daß der Beschwerdeführer diese Aufforderung der Beamten durch seine Kommentare ("China liegt in Asien", "müssen tu ich sterben"), die er gar nicht bestritten hat, ins Lächerliche zog; dadurch verstieß er ebenfalls und zusätzlich gegen die ungeschriebenen Regeln für ein gedeihliches Zusammenleben der (im Bus befindlichen) Menschen, und war dieses Verhalten nicht nur bei den beiden Sicherheitswachebeamten, sondern auch bei den Fahrgästen geeignet, Ärgernis hervorzurufen. Der Sicherheitswachebeamte, der den Beschwerdeführer festnahm, konnte daher - wie erwähnt - vertretbarerweise davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung gemäß ArtIX Abs1 Z1 EGVG erfüllt hatte und trotz Abmahnung in dieser verharrte.

Außerdem wies sich der Beschwerdeführer - unbestrittenermaßen - weder im Bus, noch nachdem er aus diesem hinausgetragen worden war, aus, sodaß seine Identität nicht feststand.

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien lag daher sowohl der Festnahmegrund gemäß §35 Z1 VStG als auch jener nach §35 Z3 VStG vor; bemerkt wird hierzu, daß schon das Vorliegen eines einzigen Festnahmegrundes für die Rechtmäßigkeit der Festnahme ausreicht.

Der Beschwerdeführer wurde daher durch die um ca 21.05 Uhr erfolgte Festnahme nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß Art1 ff PersFrSchG 1988 oder Art5 MRK verletzt.

1.2. Entfernung aus dem Bus

Der Beschwerdeführer wurde unbestrittenermaßen durch die beiden Sicherheitswachebeamten aus dem Bus getragen.

Wie als erwiesen angenommen wurde, war der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt bereits festgenommen, wobei es im übrigen unerheblich ist, daß diese Festnahme auch verbal ausgesprochen wurde.

Ein Festgenommener ist aber jedenfalls so rasch wie möglich der Behörde vorzuführen.

Da der Beschwerdeführer, wie er selbst zugegeben hat, den Bus nicht verlassen wollte, sondern sich mit ganzer Kraft an der Haltestange festhielt, mußte er durch Anwendung von Körperkraft aus dem Bus geschafft werden.

Diese Entfernung aus dem Bus war die notwendige Folge der Festnahme des Beschwerdeführers, da dieser der Festnahme durch Festklammern an der Haltestange Widerstand entgegensetzte. Der Beschwerdeführer wurde daher durch dieses Verschaffen aus dem Bus nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit verletzt, zumal er zu diesem Zeitpunkt bereits rechtmäßig festgenommen war und das Hinaustragen aus dem Bus erforderlich war, um den Beschwerdeführer ordnungsgemäß der Behörde vorzuführen.

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß der Beschwerdeführer durch die Entfernung aus dem Bus auch dann nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit verletzt worden wäre, wenn er nicht schon vorher festgenommen worden wäre.

Denn diesfalls hätte die Verschaffung aus dem Bus zwar nicht der Überstellung in das Kommissariat gedient, aber der Vollziehung des §25 Abs1 DVO zum Kraftfahrliniengesetz. Diese Bestimmung besagt, daß die Fahrgäste bei der Benützung der Fahrzeuge die Beförderungsbedingungen zu beachten und den sich darauf beziehenden Anordnungen des Fahrpersonals Folge zu leisten haben, widrigenfalls sie von der Fahrt ausgeschlossen werden können. Die Verbringung aus dem Bus hätte primär den Zweck erfüllt, den Ausschluß des Beschwerdeführers von der Fahrt mit dem Bus durchzusetzen (ihn also bloß vom Bus fernzuhalten, bis der Bus weiterfahren kann), nicht jedoch, die Freiheit des Beschwerdeführers zu beschränken.

1.3. Anlegen von Handfesseln

Da der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nicht nur das "Ob", sondern auch das "Wie" der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu überprüfen hat, war weiters auch zu überprüfen, ob der Beschwerdeführer in dem von ihm relevierten Grundrecht auf den Schutz der persönlichen Freiheit durch das Anlegen von Handschellen verletzt worden sein konnte.

Die Fesselung mit Handschellen ist auf das Verhalten des Beschwerdeführers vor dem Streifenkraftwagen zurückzuführen, da als erwiesen angesehen wurde, daß der Beschwerdeführer vor dem Streifenkraftwagen weiter herumgestikulierte bzw Widerstand leistete und nicht in das Polizeifahrzeug einsteigen wollte (ebenso wurde als erwiesen angesehen, daß ihm die Handfesseln bereits im Kommissariat, also nach ca 10 Minuten wieder abgenommen wurden).

Da der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt erstens schon - in gesetzmäßiger Weise - festgenommen war und zweitens die Fesselung des Beschwerdeführers mit Handschellen erforderlich war, konnte der Beschwerdeführer durch das zusätzliche Anlegen von Handfesseln gar nicht in seinem Recht auf Schutz seiner persönlichen Freiheit verletzt werden.

1.4. Ergebnis

Der Beschwerdeführer ist weder durch die ordnungsgemäße Festnahme noch durch die aus ihr resultierende, aufgrund des Widerstandes des Beschwerdeführers gegen die Festnahme (Festklammern) notwendig gewordene Entfernung aus dem Bus noch durch die ebenfalls wegen Widerstands gegen die Amtshandlung erforderlich gewordene Fesselung mit Handschellen in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit verletzt worden.

Die diesbezügliche Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

2. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unterlassung einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung

2.1. Festnahme

Unter 1.1. wurde ausgeführt, daß die Festnahmung gesetzmäßig erfolgte, und dies auch ausführlich begründet.

In der bloßen Tatsache der Festnahme an sich kann daher keinesfalls eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Beschwerdeführers erblickt werden.

Der Beschwerdeführer wurde durch die Festnahme nicht in seinem Recht gemäß Art3 MRK verletzt.

2.2. Entfernung aus dem Bus

Der zu diesem Zeitpunkt schon festgenommene Beschwerdeführer setzte seiner Festnahme Widerstand entgegen, indem er sich an einer Haltestange im Bus festklammerte. Er wurde daher von zwei Sicherheitswachebeamten unter Anwendung von Körperkraft aus dem Bus gebracht.

Körperkraft darf nur angewendet werden, wenn sie gerechtfertigt ist:

Angesichts des nachhaltigen Widerstandes des Beschwerdeführers war die Anwendung von Körperkraft in der Form des Hinaustragens aus dem Bus zur Erreichung des Zwecks der Amtshandlung (Verschaffung des Festgenommenen vor die Behörde) gerechtfertigt. Jedoch ist nicht gesagt, daß eine an sich gerechtfertigte Anwendung von Körperkraft in jedem Fall den Gesetzen entspricht. Vielmehr hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur mehrfach ausgesprochen, daß eine an sich gerechtfertigte Anwendung von Körperkraft auch (noch zusätzlich) maßhaltend sein muß. Der Verfassungsgerichtshof drückt dies in seiner ständigen Judikatur wie folgt aus:

"§4 WaffengebrauchsG 1969 sieht insbesondere vor, daß der Waffengebrauch nur zulässig ist, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauchs, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben. Nach §5 WaffengebrauchsG 1969 darf, wenn verschiedene Waffen zur Verfügung stehen, nur von der am wenigsten gefährlichen, nach der jeweiligen Lage noch geeignet scheinenden Waffe Gebrauch gemacht werden. Zweck des Waffengebrauchs darf nach §6 Abs1 leg cit nur sein, angriffs-, widerstands- oder fluchtunfähig zu machen. Abs2 dieses Paragraphen ordnet in seinem ersten Satz an, daß jede Waffe mit möglichster Schonung von Menschen und Sachen zu gebrauchen ist. Aus den zitierten Bestimmungen des WaffengebrauchsG ist abzuleiten, daß auch die als weniger gefährliche Maßregel eingestufte Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse, die sich als Mittel zur Überwindung eines auf die Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes und zur Erzwingung einer Festnahme vom Waffengebrauch selbst nur graduell unterscheidet, derselben grundsätzlichen Einschränkung wie der Waffengebrauch unterliegt, also zur Erreichung der vom Gesetz vorgesehenen Zwecke nur dann Platz greifen darf, wenn sie notwendig ist und maßhaltend vor sich geht" (vgl zB Erk des VfGH vom 6.10.1977, Zl B 350/76, vom 19.6.1979, Zl B 341/76, vom 11.6.1982, Zl B 332/80).

Aufgrund der Zeugenaussagen sowohl der beiden Sicherheitswachebeamten, als auch des Buslenkers wurde als erwiesen angesehen, daß die Finger bzw Hände des Beschwerdeführers vorsichtig von der Haltestange gelöst worden sind und der Beschwerdeführer dann ebenso vorsichtig aus dem Bus getragen wurde.

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates war die von den beiden Organen der Bundespolizeidirektion Wien angewandte Körperkraft daher sowohl erforderlich (da der festgenommene Beschwerdeführer nicht freiwillig den Bus verließ, um auf das Kommissariat mitzufahren) als auch maßhaltend (da der Beschwerdeführer auf schonende Weise von den beiden Sicherheitswachebeamten aus dem Bus gehievt wurde und die Entstehung von Verletzungen hierbei auch aufgrund des Fehlens derartiger ärztlicher Befunde nicht als erwiesen angesehen wurde). Durch die Entfernung aus dem Bus erfolgte daher keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Beschwerdeführers, sodaß hierdurch auch keine Verletzung des Art3 MRK erfolgte.

2.3. Anlegen von Handfesseln

Auch das Anlegen der Handfesseln war deswegen erforderlich, weil der Beschwerdeführer seiner Verbringung in das Kommissariat Widerstand entgegensetzte und nicht in den Streifenkraftwagen einsteigen wollte.

Das Schließen mit Handfesseln entsprach daher der Bestimmung des §4 Waffengebrauchsgesetz und der diesbezüglichen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs.

Daß die Sicherheitswachebeamten beim erforderlichen Anlegen der Handfesseln nicht maßvoll vorgegangen wären, sondern dem Beschwerdeführer Schmerzen und/oder Verletzungen zugefügt hätten, die nicht typischerweise mit dem Schließen von Handschellen verbunden sind, ist nicht hervorgekommen, zumal der Beschwerdeführer keine derartigen ärztlichen Befunde vorgelegt hatte.

Der Beschwerdeführer wurde daher durch das Fesseln mit Handschellen nicht erniedrigend oder unmenschlich behandelt und nicht in seinem durch Art3 MRK gewährleisteten Recht verletzt.

2.4. Ergebnis

Der Beschwerdeführer wurde weder durch die Festnahme selbst, noch durch die Art und Weise, wie der Beschwerdeführer auf das Kommissariat gebracht wurde (nämlich durch die Entfernung aus dem Bus mittels Hinaustragens und durch das Anlegen von Handfesseln), in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterlassung einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung verletzt.

Da somit der behauptete Beschwerdegegenstand (eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien) überhaupt nicht vorlag, war die diesbezügliche Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

3. Kosten und Barauslagen

Die vom Beschwerdeführer gemäß §79a AVG der belangten Behörde zu ersetzenden Kosten in der Höhe von S 2.024,-- ergeben sich nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl 91/19/0162, wonach der Unabhängige Verwaltungssenat Wien der obsiegenden Partei Kosten in der Höhe von zwei Dritteln jener Kosten zuzusprechen hat, die die Partei beim Verwaltungsgerichtshof auf Antrag erhalten hätte.

Die Bundespolizeidirektion Wien hat einen Schriftsatzaufwand und einen Vorlageaufwand geltend gemacht und hätte im Fall eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof den Ersatz dieses Aufwandes gemäß §§47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl 104/91, im Ausmaß von S 3.035,-- erhalten. Zwei Drittel davon ergeben S 2.024,--. Der Ersatz der Barauslagen in der Höhe von S 60,-- war gemäß §76 Abs1 AVG vorzuschreiben, da der Beschwerdeführer um eine Ablichtung des Protokolls samt Beilagen ersucht hatte (Protokoll vom 28.1.1992, Beilage 5, Seite 3 unten), wobei sich der Gesamtbetrag der Barauslagen aus dem Betrag von S 2,50 pro Kopie und der Anzahl der Kopien (24) zusammensetzt.

Schlagworte
Entfernung aus dem Bus, Festnahme; Handfesseln, persönliche Freiheit, erniedrigende und unmenschliche Behandlung, Ordnungsstörung, Kostenzuspruch gem §79a AVG;
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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