Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991, (AVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Gemäß §45 Abs1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, (VStG) wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 23.4.1991, Zl -91, wurde über die Beschuldigte M N wegen Übertretung der Bestimmung des §366 Abs1 Z4, zweite Alternative Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt. Ihr wurde als gewerberechtliche Geschäftsführerin der L N GesmbH & Co KG angelastet, daß am 15.2.1991 um 15,30 Uhr die genehmigte Betriebsanlage (Wartungshalle, Holzlagerplatz und Abstellplatz für Lkw) im Standort Parzelle Nr 705/3, 707/1 und 707/2, KG xx, nach Änderung der Betriebsanlage durch Abstellen eines alten Lkw (teilweise zerlegt), zwei alten Lkw-Kränen und ca 50 Stück alten Lkw-Reifen ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden sei. Die Genehmigung sei deshalb erforderlich gewesen, weil die Anlage so geändert worden sei, daß sich neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des §74 Abs2 GewO 1973 ergeben hätten können.
Dagegen hat die Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und die Aufhebung des Strafbescheides beantragt. In Begründung dieses Antrages führte sie aus, daß sich auf den Parzellen Nr 707/1 und 707/2, KG xx, ein gewerbebehördlich genehmigter Holzlagerplatz und Abstellplatz für Lkw und Anhänger befinde. Auf diesem Abstellplatz müßten Kräne, welche abnehmbar sind, und auch Lastkraftwagen, welche zum Ausbau von Ersatzteilen verwendet werden, abgestellt sein können, zumal die gegenständliche Fläche mit einer zweifachen, je 10 cm dicken Asphaltdecke hergerichtet sei. Auf einer derartigen Fläche müsse ein Transportunternehmen auch Fahrzeuge abstellen können. Ebenso müßten Altreifen bis zur Vornahme der Entsorgung (im Ausmaß einer Ladung) zwischengelagert werden dürfen. Nach Ansicht der Berufungswerberin sei die gegenständliche Betriebsanlage daher nicht geändert worden, vielmehr sei der Betrieb im Rahmen der erteilten Genehmigung erfolgt.
Aus dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, daß der I N GesmbH & Co KG mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 15.9.1983, 12- , die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Wartungshalle, eines Holzlagerplatzes und eines Abstellplatzes für Lkw im Standort Parzelle Nr 705/3, 707/1 und 707/2, alle KG xx, rechtskräftig erteilt worden ist.
Von dieser Sachlage ausgehend hat der Unabhängige Verwaltungssenat von der Abteilung B/9 des Amtes der NÖ Landesregierung ein Gutachten zu der Frage eingeholt, ob es im gegenständlichen Fall durch das Abstellen eines alten, teilweise zerlegten Lkw's und zweier alter Lkw-Kräne bzw durch das Ablagern von ca 50 Stück alten Lkw-Reifen auf einer zweifachen, je 10 cm dicken Asphaltdecke zu einer Beeinträchtigung der im §74 Abs2 Gewerbeordnung 1973 geschützten Interessen kommen kann (was bejahendenfalls eine neuerliche Genehmigungspflicht bewirken würde).
In diesem Gutachten, datiert vom 28. Jänner 1992, ist wörtlich folgendes ausgeführt:
"Lkw-Fahrzeuge bestehen zum Großteil aus Eisenmetallen, Nicht-Eisenmetallen und aus Reststoffen, die sich aus festen, nicht metallischen und flüssigen (Stoffen) zusammensetzen. Die flüssigen Reststoffe stellen im wesentlichen gefährliche Abfälle im Sinne des AWG (Abfallwirtschaftsgesetz) dar, wobei hiezu Treibstoffreste, Altöle, Kühlflüssigkeiten und Batteriesäuren zählen.
Sollten die flüssigen Reststoffe in keiner bestimmungsgemäßen Verwendung stehen, so gelten diese als gefährliche Abfälle im Sinne des AWG.
Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, daß auf der befestigten Lagerfläche ein Lkw-Fahrzeug sowie 2 Lkw-Kräne abgestellt sind, deren tatsächliche Entledigung einerseits und deren Entledigungsabsicht andererseits nicht vorrangiges Ziel sind. Aus der Aktenlage ist weiters nicht ersichtlich, ob die Funktionstüchtigkeit der Fahrzeuge noch gegeben ist. Es ist jedoch zu vermuten, daß das Lkw-Fahrzeug und die 2 Lkw-Kräne nach allgemeiner Verkehrsauffassung noch in bestimmungsgemäßer Verwendung stehen und daher eine geordnete Erfassung und Behandlung im Sinne des AWG nicht im öffentlichen Interesse geboten ist.
Die Abstellfläche besteht aus einer ca 10 cm dicken Asphaltdecke, sodaß bei einem Gebrechensfall der Lkw-Fahrzeuge die eventuell noch vorhandenen Reststoffe nicht in den Untergrund versickern können. Auch wurde zum Zeitpunkt der Kontrolle kein Ölaustritt an dieser Stelle wahrgenommen.
Folglich ist festzustellen, daß im gegenständlichen Fall keine neuen oder größeren Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen im Sinne der Gewerbeordnung 1973 unmittelbar zu erwarten sind.
Bezüglich der an diesem Lagerplatz vorhandenen 50 Lkw-Reifen wird wie folgt ausgeführt:
Den Hauptbestandteil aller technischer Gummierzeugnisse und also auch der Fahrzeugreifen bilden Gemische von Kautschuk, die ihrerseits aus hochmolekühlaren Kohlenwasserstoffen bestehen. Im Wasser sind diese völlig unlöslich und keinesfalls toxisch. Gegenüber Bakterien sind Natur- und Synthetikkautschuk außerordentlich beständig und können daher auch beliebig lange Zeit lagern, ohne sich zu zersetzen. Neben dem Hauptbestandteil Kautschuk beinhalten Reifen noch Füllstoffe, wie Ruß, als Vulkanisationsmittel Schwefel und Zinkoxid, wobei die letztgenannten nur wenige Gewichtsprozente an der Gesamtmenge des Gummis ausmachen und ebenso im Wasser unlöslich sind.
Nach dem derzeitigen Stand der Kenntnisse sind Fahrzeugreifen für Oberflächen- und Grundwasser als ungefährlich anzusehen.
Nach obigen Ausführungen können von Lkw-Reifen, die auf asphaltierter Fläche gelagert werden, keine Gefährdungen, Belästigungen oder Beeinträchtigungen der geschützten Interessen im Sinne der Gewerbeordnung 1973 ausgehen."
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dieses Gutachten mit Schreiben vom 29.1.1992 der Bezirkshauptmannschaft xx zur Kenntnis gebracht; auf die Abgabe einer Stellungnahme hiezu wurde von der Behörde I Instanz ausdrücklich verzichtet.
Somit ergibt sich bereits aus der Aktenlage, daß für den festgestellten Betrieb (nämlich das Abstellen eines alten Lkw, zweier alter Lkw-Kräne und das Ablagern von ca 50 Stück alten Lkw-Reifen) die Erwirkung einer neuerlichen gewerberechtlichen Genehmigung nicht erforderlich war, weil eine Beeinträchtigung der von der Gewerbeordnung geschützten Interessen durch diese Betriebsführung nicht zu erwarten war. Dies geht in durchaus schlüssiger Form aus dem oben wiedergegebenen Gutachten hervor, das aufgrund seiner den Denkgesetzen der Logik entsprechenden Schlußfolgerungen der gegenständlichen Entscheidung vorbehaltlos zugrundezulegen war. Es ist daher - auch dem Vorbringen in der Berufung Rechnung tragend - festzustellen, daß in dem der Berufungswerberin angelasteten Verhalten kein Verstoß gegen die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 erblickt werden kann. Das der Beschuldigten angelastete Tatverhalten ist somit nicht als Verwaltungsübertretung zu qualifizieren; das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren war daher einzustellen.
Gemäß §51e Abs1 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.