TE UVS Niederösterreich 1992/03/17 Senat-GD-91-013

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Veröffentlicht am 17.03.1992
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, in Verbindung mit §24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991 keine Folge gegeben und der

erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 VStG S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat über den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 14.8.1991, Zl xx, eine Geldstrafe in Höhe von S 1.000,-- sowie einen Kostenbeitrag von S 100,-- und Barauslagen von S 520,--, insgesamt S 1.620,-- wegen Übertretung des §4 Abs1 Z1 litc der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 verhängt.

 

Im Spruch des Straferkenntnisses wird ihm angelastet, er habe als §9 VStG 1991 verantwortlicher Beauftragter der Firma R Gesellschaft mbH, Filiale xx, xxstraße 34A, zu verantworten, daß das von der genannten Firma verpackte Lebensmittel "Cevapcici" am 14.11.1990 um 10,15 Uhr feilgehalten und damit in Verkehr gesetzt wurde, obwohl es nicht den Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 entsprach.

 

Zur Begründung wurde angeführt, daß es sich bei der gezogenen Probe laut Zeugenaussage des Lebensmittelinspektors und laut Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung, 1090 Wien vom 21.12.1990, um verpackte Ware im Sinne der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung handelte, welche daher entsprechend zu kennzeichnen war.

Gegen diesen Bescheid hat der Rechtsmittelwerber, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr P Z fristgerecht Berufung erhoben und im wesentlichen ausgeführt, daß es sich bei den Cevapcici nicht um verpackte Ware im Sinne der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung gehandelt habe. Die Behörde erster Instanz habe sich nur auf die Angaben des Lebensmittelinspektors gestützt und auch dessen rechtliche Beurteilung übernommen und das Straferkenntnis nicht ausreichend begründet. Sie habe den §1 Abs3 litb der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung und die dazu ergangenen Durchführungserlässe nicht berücksichtigt.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die erkennende Behörde festgestellt, daß es sich bei der Nylonfolie, mit der die Ware Cevapcici in der Kühlvitrine eingeschlagen war, um eine "lose Klarsichthülle" im Sinne der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 gehandelt habe.

Da mit derartigen Hüllen versehene Waren gemäß §1 Abs3 litb der LMKV 1973 nicht als verpackt im Sinne der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung gelten, seien diese auch nicht gemäß der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung zu kennzeichnen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §66 Abs4 AVG 1991 hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Entscheidung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angeführten Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß §24 VStG 1991 gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt.

 

Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §51e Abs3 VStG ausdrücklich verzichtet.

 

Gemäß §1 Abs1 LMKV sind verpackte Lebensmittel, soferne sie im Inland gewerbsmäßig verkauft, feilgehalten oder sonst in Verkehr gesetzt werden, entsprechend den Bestimmungen dieser Verordnung zu kennzeichnen.

 

Aufgrund der Legaldefinition des §1 Abs2 der LMKV gelten alle Lebensmittel als verpackt im Sinne des Abs1, die in Behältnisse oder Packungen (Einzelstücke, Überverpackungen) abgefüllt oder abgepackt und zur Abgabe an Letztverbraucher bestimmt sind.

 

Nicht als verpackt im Sinne des Abs2 gelten Lebensmittel,

 

a) die in Gegenwart des Käufers in Behältnisse oder Packungen abgefüllt oder abgepackt werden oder

 

b) die aus verkaufstechnischen Gründen in Netzen oder ähnlichen Umhüllungen, soweit in diesen Fällen die Erkennbarkeit des Lebensmittels nicht beeinträchtigt wird, zur Abgabe an Letztverbraucher bereitgehalten werden.

 

Gemäß §4 Abs1 Z1 litc der LMKV unterliegen der Kennzeichnungspflicht folgende verpackte Lebensmittel: Fleisch, Fleischerzeugnisse sowie Erzeugnisse mit einem Zusatz von Fleisch oder Fleischerzeugnissen soweit der Zusatz nicht nur der Garnierung dient: c) sonstige Waren im Umfang des §3 Z1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 lita, 10 lita, 13, 18 und 19.

Dem Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung  und -forschung vom 21. Dezember 1990 ist zu entnehmen, daß die untersuchte Ware in eine farblose, durchsichtige, nach dem Lösen nicht wieder anbringbare Kunststoffolie gewickelt war.

 

Der Berufungswerber bestreitet nun den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltenen und auf das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchungen gestützten Sachverhalt und behauptet, die verfahrensgegenständlichen Cevapcici seien nur in eine Folie eingeschlagen gewesen, um sie vor dem Austrockenen zu schützen; diese Folie sei nicht verschlossen gewesen und konnte jederzeit entfernt und wieder angebracht werden.

 

Grundsätzlich muß die Behörde dafür sorgen, daß der Sachverhalt ausreichend geklärt wird.

 

Der Senat sieht aber keinen Grund, an den Aussagen eines Revisionsorgans der Lebensmittelkontrolle, der im Verfahren auch als Zeuge einvernommen worden ist, zu zweifeln. Seine Wahrnehmungen, nämlich daß die verfahrensgegenständliche Klarsichthülle nicht ohne weiteres nach dem Lösen wieder anbringbar war, hat auch die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung im Gutachten vom 21.12.1990, angeführt.

 

Dem gegenüber erweist sich die Behauptung des Berufungswerbers, daß es sich nur um eine lose Verpackung gehandelt habe, als Schutzbehauptung. Darüberhinaus wäre es dem Berufungswerber umbenommen geblieben, anhand der Gegenprobe ein Gutachten auf gleichem fachlichen Niveau vorzulegen.

 

Von einer detaillierten Auseinandersetzung mit dem umfangreichen Berufungsvorbringen konnte der Verwaltungssenat Abstand nehmen, weil es nur die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und einige Erlässe des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz zitiert, die von der Voraussetzung ausgehen, daß die Umhüllung jederzeit, ohne beschädigt oder zerstört zu werden, geöffnet und wieder verschlossen werden kann, was im vorliegenden Fall nicht zutreffend war. Eindeutig unterliegt daher die verfahrensgegenständliche Ware der Kennzeichnungspflicht sowie dem zum Zwecke der einheitlichen Auslegung ergangenen 1 Durchführungserlaß zur LMKV, der zu §1 Abs3 litb LMKV folgendes ausführt:

"Vacuumverpackte Lebensmittel sowie Lebensmittel, die - sei es auch nur aus verkaufstechnischen Gründen - in verschlossenen Klarsichthüllen feilgehalten werden, wie portioniertes Fleisch oder Fleischwaren in Kühltruhen, unterliegen den Bestimmungen der gegenständlichen Verordnung."

 

Bezüglich der Strafhöhe wurde erwogen:

 

Der Berufungswerber hat ein monatliches Einkommen von S 13.500,-- netto und ist für niemanden sorgepflichtig.

 

Unter Berücksichtigung der mit der Tat verbundenen Schädigung, der Gefährdung der vom Gesetz geschützten Interessen und des Ausmasses des Verschuldens ist der Senat zur Ansicht gelangt, daß die im Spruch angeführte Strafe angemessen ist.

 

Eine Herabsetzung oder völlige Nachsicht der Strafe konnte nicht erfolgen, weil der Berufungswerber durch die Strafhöhe auch davon abgehalten werden soll neuerlich eine vergleichbare Verwaltungsübertretung zu begehen und eine generalpräventive Wirkung erreicht werden soll. Hierbei war zu berücksichtigen, daß die Strafhöhe ohnedies an der Untergrenze der Strafdrohung bemessen wurde.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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