TE UVS Niederösterreich 1992/03/18 Senat-MD-91-044

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Veröffentlicht am 18.03.1992
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, teilweise Folge gegeben.

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird insoweit abgeändert, als er hinsichtlich des 1) Punktes der Tatbeschreibung behoben und das Strafverfahren diesbezüglich nach §45 Abs1 lit1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt wird.

 

Hinsichtlich des Punktes 2) der Tatbeschreibung wird die verhängte Primärgeldstrafe gemäß §99 Abs3 litb StVO 1960 auf S 1.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt. Der vorgeschriebene Kostenbeitrag gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes wird demnach mit S 100,-- bestimmt. Insgesamt ist somit ein Betrag von S 1.100,-- zu entrichten.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx erkannte Herrn H T mit Straferkenntnis vom 7. Juni 1991 zu Zl xx schuldig, als Lenker des PKWs mit dem Kennzeichen W xx am 17. Oktober 1990 um 02,00 Uhr in V auf der Ax ca 300 m nach der Ax bei seiner Fahrt in Richtung Norden

1) das Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall nicht sofort angehalten, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, zu haben und

2) nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt zu haben, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Identitätsnachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte.

 

Und demnach

 

Zu 1) eine Übertretung gemäß §99 Abs2 lita,

      §4 Abs1 lita StVO 1960 und

zu 2) eine Übertretung gemäß §99 Abs3 litb,

      §4 Abs5 StVO 1960 begangen zu haben.

 

Für beide Delikte wurde eine Primärgeldstrafe von je S 2.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 48 Stunden aus den Gründen des §99 Abs2 lita sowie Abs3 litb StVO verhängt. Gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes wurde ein Kostenbeitrag von S 400,-- vorgeschrieben.

 

Außerdem erfolgte gemäß §54d Abs1 des Verwaltungsstrafgesetzes ein Ausspruch über die Kosten des Strafvollzuges.

 

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung führte der Beschuldigte im wesentlichen aus, daß er am 17. Oktober 1990 gegen 02,00 Uhr früh mit dem verfahrensgegenständlichen PKW auf der Autobahn kurz vor Wien unterwegs gewesen und ihm anläßlich dieser Fahrt ein Rotfuchs gegen den Wagen geprallt sei. Den weiteren Darstellungen des Berufungswerbers zufolge, hätte er unfallsbedingt unverzüglich angehalten, um einerseits den entstandenen Schaden zu begutachten und andererseits, um sich um das verletzte Tier zu kümmern. Nachdem der Berufungswerber den Fuchs auf der Fahrbahn bzw im Umfeld derselben nicht ausmachen konnte, habe er sich angeschickt, zu Fuß die nächstgelegene Notrufsäule zu erreichen, um den Vorfall zu melden. Am Wege dorthin hätte er jedoch zufälligerweise einen geeigneten Holzprügel gefunden, welcher geeignet gewesen sei, die eingebogenen Blech- und Kunststoffteile, welche das Ventilatorrad seines PKWs blockierten, herauszubiegen. Durch diese behelfsmäßige Reparatur sei es dem Beschuldigten gelungen, sein Fahrzeug wieder in Gang zu setzen und die ereignisbedingt unterbrochene Heimreise, so gut dies unter den gegebenen Umständen möglich war, fortzusetzen. All dies in der Absicht, ein in Wien gelegenes Polizeiwachzimmer aufzusuchen, weil der Rechtsmittelwerber der, wie sich später herausstellen sollte, irrigen Auffassung gewesen sei, daß sich der Unfall bereits auf Wiener Stadtgebiet ereignet hätte. Als der Einschreiter schließlich gegen 03,00 Uhr früh in seiner Wohnung eingelangt sei, hätte er sich um seine besorgte Gattin, die inzwischen infolge seines überlangen Ausbleibens einen Nervenkollaps erlitten hatte, vorgefunden und wäre demnach zu allererst verhalten gewesen, seine Ehefrau zu beruhigen. Da es inzwischen bereits früher Morgen geworden sei, hätte er sich entschlossen, erst gegen 08,00 Uhr früh im Wachzimmer xxgasse xx der Bundespolizeidirektion Wien Anzeige über das Unfallgeschehen zu erstatten.

 

Der Berufungswerber beantragte zu Punkt 1) der Tatbeschreibung Einstellung des Verfahrens, weil er die Tat nicht begangen habe; und zu Punkt 2) der Tatbeschreibung die Klärung der Rechtsfrage, ob die von ihm verspätet erstattete Unfallsmeldung eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung darstelle.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx beantragte die vollinhaltliche Bestätigung des bekämpften Straferkenntnisses.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hiezu erwogen:

 

Bei dem Beschuldigten handelt es sich um die Person des am 8. Jänner 1931 in Wien geborenen österreichischen Staatsbürger H T. Der Genannte versah unter einem 36 Jahre Dienst bei der W B und ging als xx in Pension. Sein monatliches Nettoeinkommen liegt bei ca S 25.000,--. Über ein nennenswertes Vermögen verfügt der Beschuldigte nicht. Auch treffen ihn keinerlei Sorgepflichten. Wie der Meldung über "Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden" vom 17. Oktober 1990 der Bundespolizeidirektion Wien, Wachzimmer xx, xxgasse xx, zweifelsfrei zu entnehmen ist, fand sich der Einschreiter am 17. Oktober 1990 aus freien Stücken im vorzitierten Wachzimmer ein, um eine Verkehrsunfallmeldung mit bloßem Sachschaden zu erstatten. Bereits zum damaligen Zeitpunkt gab der Beschuldigte zu Protokoll, daß er nach der Kollision mit dem Fuchs angehalten habe. Diese Verantwortung behielt der Einschreiter auch anläßlich seiner Beschuldigtenvernehmung am 8. April 1991 vor der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat xx und in seiner Berufungsbegründung vom 2. Juli 1991 vollinhaltlich bei.

 

Tatsachen, oder auch nur begründete Verdachtsmomente, die den Tatverdacht stützen, daß der Beschuldigte das Fahrzeug bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall nicht sofort angehalten hat, sind aus dem vorliegenden Akteninhalt nicht nachvollziehbar. Aus diesem Grunde und den bereits oben wiedergegebenen gleichlautenden Beschuldigtenverantwortungen, welche zudem sehr glaubwürdig und lebensnah sind, folgte der Senat in diesem Punkt der Rechtfertigung des Einschreiters. Es war daher diesbezüglich, weil eben die Tatbildmäßigkeit des Verhaltens des Beschuldigten nicht mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit nachgewiesen werden konnte, mit einer Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

 

Hinsichtlich des Punktes 2) des Straferkenntnisses, in welchem dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, es verabsäumt zu haben, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall verständigt zu haben, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Identitätsnachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte, darf zunächst festgehalten werden, daß auch der Beschuldigte in seiner Berufungsschrift sein diesbezügliches tatbildmäßiges Verhalten außer Streit stellt.

 

Er vertritt jedoch in diesem Zusammenhang die (und dies sei bereits vorweg festgestellt) irrige Rechtsmeinung, daß seiner Selbstanzeige, welche nur wenige Stunden nach dem inkriminierten Verkehrsunfall stattfand, strafbefreiende Wirkung zukomme. Dieser Ansicht des Berufungswerbers kann von seiten des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ nicht beigepflichtet werden, weil das Rechsinstitut der Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung nicht dem Rechtsbestand der hier zur Anwendung gelangenden Verwaltungsvorschriften angehört.

 

Dennoch war im gegenständlichen Fall das Strafmaß auf die spruchgegenständliche Höhe herabzusetzen:

 

Gemäß §19 Abs2 VStG iVm den §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches sind, den Grundsätzen der Strafzumessung folgend, die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Ferner ist auf das Ausmaß des Verschuldens des Täters besonders Bedacht zu nehmen. Zudem sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im gegenständlichen Fall waren dem Beschuldigten die Ersttäterschaft, sein aktiver Beitrag zur Wahrheitsfindung sowie sein (Tatsachen) Geständnis als mildernd anzurechnen. Erschwerend war kein Umstand. Gemäß den im §19 VStG normierten Grundsätzen der Strafbemessung ist die zu verhängende Primärgeldstrafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens von S 10.000,-- auszuloten. Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe gründet sich auf die Bestimmung des §16 VStG. In Würdigung der bereits angeführten vorliegenden wesentlichen mildernden Umstände war daher das spruchgegenständliche Strafmaß als tat- und tätergerecht zu verhängen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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