Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991, (AVG) insoweit Folge gegeben, als
1. die unter Punkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe von S 6.000,-- auf S 3.000,-- herabgesetzt und die in diesem Punkt angeführte Ersatzfreiheitsstrafe (5 Tage) mit 3 Tagen festgesetzt wird,
2. das erstinstanzliche Straferkenntnis in seinem Punkt 4 aufgehoben wird,
3. die Tatbeschreibung im erstinstanzlichen Straferkenntnis dahingehend ergänzt wird, daß der erste Halbsatz zu lauten hat: "Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß §9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma xx GesmbH nicht dafür gesorgt", und
4. die Zitierung der Übertretungsnorm in den Punkten 3, 5 und 7 des angefochtenen Bescheides jeweils "§25 in Verbindung mit §28 Abs1 AZG" zu lauten hat.
Gemäß §64 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, (VStG) hat der Berufungswerber binnen zwei Wochen dem Land NÖ hinsichtlich des Punktes 3 des angefochtenen Bescheides den Betrag von S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz und hinsichtlich der Punkte 5 und 7 des angefochtenen Bescheides den Betrag von jeweils S 600,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu bezahlen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 10. April 1991, Zl , wurde M S zur Last gelegt, als gemäß §9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma xx GesmbH unter anderem nicht dafür gesorgt zu haben, daß die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden. Unter den Punkten 3, 4, 5 und 7 des gegenständlichen Straferkenntnisses wird ihm angelastet, daß in vier Filialen in , nämlich in der Filiale xxstraße 1, der Filiale xxstraße 1a, der Filiale xxstraße 90a und der Filiale xxstraße 89 kein Aushang über den Beginn und das Ende der tatsächlichen Normalarbeitszeit vorhanden gewesen sei. Dieser Vorwurf bezieht sich hinsichtlich der Filialen xxstraße 1 und xxstraße 89 auf den 30.11.1990 und hinsichtlich der Filialen xxstraße 1a und xxstraße 90a auf den 4.12.1990. Die Aushänge hätten in den genannten Filialen gefehlt, obwohl vom Arbeitgeber an einer für die Arbeitnehmer des Betriebes leicht zugängigen Stelle ein solcher Aushang über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit und der Ruhepausen, sowie über die Dauer der Wochenruhe gut sichtbar anzubringen sei.
Der Beschuldigte habe daher in allen vier Fällen eine Übertretung des §25 Arbeitszeitgesetz zu verantworten. Hinsichtlich des Punktes 3 des angefochtenen Bescheides (Filiale xxstraße 1) wurde eine Geldstrafe von S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage), hinsichtlich der Punkte 4, 5 und 7 jeweils eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 3 Tage) verhängt.
Mit Schriftsatz vom 29. April 1991 hat der Beschuldigte gegen dieses Straferkenntnis Berufung erhoben und zum Punkt 4 dieses Bescheides ausgeführt, daß die Firma xx GesmbH keine Betriebsstätte an der Anschrift , xxstraße 1a, betreibe. Hinsichtlich der Punkte 3, 5 und 7 ist in der Berufung ausgeführt, daß entgegen den Angaben des Arbeitsinspektorates die erforderlichen Aushänge über die Normalarbeitszeit und Ruhepausen in den Geschäften vorhanden gewesen seien. In jeder Betriebsstätte liege nämlich eine deutlich sichtbare orangefarbene Mappe auf, in der sich auch diese Aufzeichnungen befunden hätten. Die Existenz dieser Mappe würde jedem Dienstnehmer ausdrücklich bei Dienstantritt bekannt gemacht.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat zu diesem Berufungsvorbringen
am 16.3.1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt,
bei der zunächst eine schriftliche Mitteilung des Magistrats der
Stadt vom 11.11.1991 verlesen wurde. In dieser
Mitteilung ist ausgeführt, daß die xx Gesellschaft mbH laut
Gewerberegister des Magistrats der Stadt für folgende
Standorte in die Ausübung des Gewerbes Blumenbinder
gemäß §103 Abs1 litb Z5 der Gewerbeordnung 1973 in der Form von
weiteren Betriebsstätten angezeigt hat: xxstraße 1, xxstraße 87 und
xxstraße 90a. Ergänzend ist in diesem Schreiben noch angeführt, daß
"laut den Unterlagen im Bauamt der Stadt die
Liegenschaft , xxstraße 90a, auch die xxgasse berührt
und dort die Orientierungsnummer 1a trägt".
Die bei dieser Verhandlung erfolgte zeugenschaftliche Einvernahme des anzeigelegenden Organes des Arbeitsinspektorates xx hat folgendes erbracht:
Der Zeuge konnte sich - seinen Angaben zufolge - an die gegenständlichen Kontrollen noch erinnern. Es seien Routinekontrollen gewesen, bei denen er festgestellt habe, daß der Aushang über die Normalarbeitszeit im Geschäft nicht vorhanden gewesen sei. In jeder der angeführten Filialen habe er aufgrund seiner Berufserfahrung auch die Frage gestellt, ob es über die Normalarbeitszeit Unterlagen in schriftlicher Form gebe. Diese Frage sei in allen vier Fällen verneint worden. Erst im Zuge des weiteren Gespräches mit den Angestellten sei ihm dann eine Mappe gezeigt worden, in der angeblich Unterlagen über die Normalarbeitszeit enthalten sein sollten. Eine Durchsicht dieser Mappe, die er persönlich vorgenommen habe, habe jedoch ergeben, daß in allen vier Filialen keine derartigen Unterlagen über die Normalarbeitszeit vorhanden gewesen seien. Der Zeuge räumte aber die Möglichkeit ein, daß in diesen Mappen ein "Vordruck über die Normalarbeitszeit" gewesen sein könnte. Er könne aber mit Sicherheit ausschließen, daß in diesen Mappen eine Unterlage war, auf der die Normalarbeitszeit dieser Filialen aufgeschrieben gewesen sei.
Hinsichtlich der Filiale xxgasse 1a erläuterte der Zeuge, daß er
davon ausgegangen sei, daß es sich hiebei um eine selbständige
Filiale gehandelt habe. Er habe dies deshalb angenommen, weil ihm im
Zuge der Kontrolle der Filiale xxstraße 90a hinsichtlich des
Zwischenlagers hinter dieser Filiale ein eigener Verantwortlicher
genannt worden sei. Die xxstraße und die xxgasse würden parallel
zueinander verlaufen. Direkt an der xxstraße 90a befinde sich ein
Gassengeschäft, unmittelbar dahinter sei ein Hof gelegen. Im
Anschluß an diesen Hof bis zur xxgasse habe sich ein Zwischenlager
befunden. Von diesem Zwischenlager aus werde die Belieferung
sämtlicher Filialen vorgenommen.
Aufgrund der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung erhobenen
Beweise (Mitteilung des Magistrats der Stadt vom
11.11.1991 und Aussage des Zeugen G) steht folgender Sachverhalt fest:
Bei der am 30.11.1990 durchgeführten Überprüfung der Filiale
, xxstraße 1, und der Filiale , xxstraße 89, war in
diesen Filialen kein Aushang über den Beginn und das Ende der
Normalarbeitszeit und der Ruhepausen sowie über die Dauer der
Wochenruhe angebracht. Ebenso war bei der am 4.12.1990 in der
Filiale , xxstraße 90a, durchgeführten Kontrolle kein
derartiger Aushang vorhanden.
Diese Feststellungen sind aufgrund der glaubwürdig vorgetragenen
Zeugenaussage des anzeigelegenden Organes des Arbeitsinspektorates
xx, G, zu treffen. Der Zeuge hat nämlich keinen Zweifel daran
gelassen, daß er sich an die gegenständlichen Kontrollen noch gut erinnert. Trotz des relativ langen Zeitraumes, der seit den Überprüfungen vergangen ist, konnte er den Verlauf der gegenständlichen Kontrollen durchaus noch im Detail schildern. Weder in der Berufung noch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von Seiten des Beschuldigten das Vorhandensein eines eigenen Aushanges behauptet, vielmehr wurde im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens auf den Inhalt der (orangefarbenen) Mappen verwiesen. Wenn nun der Vertreter des Berufungswerbers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Glaubwürdigkeit des Zeugen deshalb erschüttert sah, weil dieser nicht mehr genau wußte, ob in den in Rede stehenden Mappen ein Formular über die Normalarbeitszeitaufzeichnung aufgelegen ist, so ist dem entgegenzuhalten, daß ja keine Veranlassung für den Arbeitsinspektor bestanden hat, sich nicht ausgefüllte Formularblätter einzuprägen. Derartige Formularblätter waren für die Kontrolltätigkeit von keiner Relevanz. Daß er in den gegenständlichen Mappen die gesuchten Normalarbeitszeitaufzeichnungen tatsächlich nicht gefunden hat, hat er hingegen durchaus glaubwürdig dargetan.
Gemäß §25 AZG muß vom Arbeitgeber an einer für die Arbeitnehmer des Betriebes leicht zugänglichen Stelle ein Aushang über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit und der Ruhepausen sowie über die Dauer der Wochenruhe gut sichtbar angebracht werden.
Ein in einer Mappe eingelegtes Schriftstück kann nicht dem vom Gesetz geforderten Aushang an einer leicht zugänglichen Stelle in "gut sichtbarer Form" gleichgestellt werden. Somit wäre eine Verletzung der Bestimmung des §25 AZG auch für den Fall anzunehmen, daß der kontrollierende Arbeitsinspektor in den angeführten Mappen ein Schriftstück mit Angaben über die Normalarbeitszeit, die Ruhepausen und die Dauer der Wochenruhe gefunden hätte. Ein in einer Mappe einliegendes Blatt kann nämlich nicht als "Aushang" qualifiziert und auch nicht als "gut sichtbar" im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmung bezeichnet werden.
Hinsichtlich des Punktes 4 des angefochtenen Straferkenntnisses hat das vom Unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführte Beweisverfahren ergeben, daß sich auf einem zusammenhängenden Areal ein Gassengeschäft und ein Zwischenlager befinden. Aufgrund der Aussage des Zeugen G steht auch fest, daß von diesem Zwischenlager auch das anschließende Filialgeschäft beliefert wird. Neben diesem eindeutigen organisatorischen Zusammenhang zwischen Gassengeschäft und Lager wird auch in gewerberechtlicher Hinsicht - wie die Auskunft des Magistrats der Stadt vom 11.11.1991 zeigt - dieser Betrieb als eine Betriebsstätte gesehen. Das auch für das Gassengeschäft xxstraße 90a erforderliche Zwischenlager kann somit nicht als selbständige Betriebseinheit aufgefaßt werden; dies umso mehr, wenn man die räumliche Geschlossenheit der Liegenschaft
, xxstraße 90a/xxgasse 1a in Rechnung stellt. Der Umstand, daß gegenüber dem kontrollierenden Arbeitsinspektor jeweils ein eigener Verantwortlicher genannt wurde, kann vor dem geschilderten Hintergrund nicht als entscheidendes Kriterium für das Vorliegen von zwei Betrieben angesehen werden.
Von diesen Überlegungen ausgehend liegt somit hinsichtlich des Standortes xxstraße 90a eine Doppelbestrafung vor, weil die Betriebstätigkeit auf dem Areal xxstraße 1a (richtig xxgasse 1a) der Betriebsstätte xxstraße 90a zugerechnet werden muß. Das Straferkenntnis war daher in seinem Punkt 4 aufzuheben.
Hinsichtlich der Strafbemessung hat der Unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:
Bei einem Strafrahmen von S 300,-- bis 6.000,-- bzw Arrest von 3 Tagen bis 6 Wochen hat die Behörde erster Instanz die Geldstrafen in den Punkten 5 und 7 mit 50 % der höchstmöglichen Geldstrafe angesetzt. Lediglich in Punkt 3 des angefochtenen Bescheides wurde die höchste Geldstrafe verhängt. Im erstinstanzlichen Bescheid findet sich kein Hinweis auf Gründe für die unterschiedliche Strafbemessung.
Abgesehen von der Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse bzw der Sorgepflichten (Einkommen S 22.000,-- monatlich, kein Vermögen, Sorgepflicht für Gattin und 3 Kinder) ist zunächst festzuhalten, daß - wie im erstinstanzlichen Bescheid zutreffend ausgeführt - mildernde Umstände nicht zu berücksichtigen waren; als erschwerend ist jedoch die Vielzahl der einschlägigen Strafvormerkungen zu werten. Allein im Zeitraum von 1989 bis 1990 wurden über den Berufungswerber von der Bezirkshauptmannschaft xx mit Strafbescheiden Geldstrafen von insgesamt mehr als S 200.000,-- verhängt. Seit 1989 sind bereits mehr als 30 Bestrafungen nach dem Arbeitszeitgesetz erfolgt.
Durch die im Gesetz normierte Verpflichtung des Aushanges der Normalarbeitszeit, der Ruhepausen und der Dauer der Wochenruhe soll der Arbeitnehmer letztlich vor einer zeitlich übermäßigen Beanspruchung geschützt werden. Durch die Nichteinhaltung dieser Bestimmung hat der Beschuldigte es zu verantworten, daß Arbeitnehmer in den genannten Filialbetrieben ein ihnen gesetzlich zustehendes Recht nicht in Anspruch nehmen konnten. Die Arbeitnehmer konnten sich sohin nicht über den gesetzlich vorgeschriebenen Aushang informieren, wann die Normalarbeitszeit, die Ruhepausen und die Wochenruhe beginnt bzw endet. Auch wenn konkrete Folgen dieser Mißachtung der Bestimmung des §25 AZG nicht bekannt geworden sind, ist doch in Verbindung mit der Vielzahl der Verwaltungsstrafvormerkungen beeindruckend ersehbar, daß der Beschuldigte offensichtlich nicht bereit ist, für die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften in seinem Verantwortungsbereich zu sorgen. Da eine solche Verhaltensweise jeweils zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmer geht, ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, daß eine Geldstrafe von S 3.000,-- keinesfalls überhöht ist.
Davon ausgehend muß aber gleichzeitig auch festgehalten werden, daß bei gleichgelagerten Verwaltungsübertretungen wie im vorliegenden Fall in den Punkten 3, 5 und 7 keine sachliche Rechtfertigung dafür besteht, in einem Fall (Punkt 3) die höchstmögliche Geldstrafe und in den anderen Fällen (Punkte 5 und 7) jeweils die Hälfte dieser höchstmöglichen Geldstrafe zu verhängen. Eine derartige Vorgangsweise bei der Straffestsetzung ist nicht geeignet, beim Bestraften jene Einsicht zu erzeugen, die durch die Bestrafung insgesamt erreicht werden soll. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat daher die im Punkt 3 des angefochtenen Bescheides verhängte Geldstrafe auf das in den Punkten 5 und 7 verhängte Strafausmaß herabgesetzt. Durch die Geldstrafen von jeweils S 3.000,-- wird dem Berufungswerber der Unrechtsgehalt seines Verhaltens durchaus deutlich vor Augen geführt und gleichzeitig auch eine generalpräventive Wirkung erzielt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Hinsichtlich des Punktes 8 des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses ergeht eine gesonderte Entscheidung.