Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch insoweit abgeändert, als Punkt 4) wie folgt zu lauten hat:
Die Jugendliche S S hat folgende Tätigkeiten vorgenommen:
Am 4., 8. und 9. Jänner 1991: Einkauf in der Zeit zwischen 10,00 Uhr und 11,30 Uhr sowie Geschäftsräumlichkeiten reinigen, Auslagenscheiben und Toiletten putzen und Geschirr abwaschen zwischen 16,00 Uhr und 18,00 Uhr.
Am 10. Jänner 1991: Einkauf zwischen 10,00 Uhr und 11,30 Uhr. Die Berufungswerberin hat dem Land NÖ gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, VStG, BGBl Nr 52/1991, S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen zu zahlen.
Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:
"Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Sie haben in Ihrem Gewerbebetrieb in B, W straße 17, im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Jugendlichen (M S, S S) am 22. Jänner 1991 folgende Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht eingehalten:
1) Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung waren nicht vorhanden bzw unzureichend.
2) Ein Abdruck des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes war nicht an geeigneter, für die Dienstnehmer zugänglicher Stelle aufgelegt.
3) An einer für die Arbeitnehmer des Betriebes leicht zugänglichen Stelle war kein Aushang über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit und der Ruhepausen sowie über die Dauer der Wochenruhezeit gut sichtbar angebracht.
4) Die Jugendliche S S hat seit Beginn ihres Lehrverhältnisses (16. Oktober 1990) häufig täglich zwischen ca 10,00 Uhr und 11,30 Uhr Einkäufe getätigt und zwischen ca 16,00 Uhr und 18,00 Uhr die Geschäftsräumlichkeiten gereinigt, Auslagescheiben und Toiletten geputzt sowie das Geschirr abgewaschen. Dies insbesonders am 4., 8. und 9. Jänner 1991 sowie am 10. Jänner 1991 Einkaufen von 10,00 Uhr bis 11,30 Uhr. Im Hinblick auf die Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Friseur und Perückenmacher handelt es sich um berufsfremde Tätigkeiten.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1)
§30, §26 Abs1 Z5,
2)
§30, §27 Abs1 und 3) §30, §27 Abs2 des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes
4) §32 Abs1 litd des Berufsausbildungsgesetzes
Neben dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe falls diese uneinbringlich gemäß
ist, Ersatzfreiheitsstrafe
von
1) S 1.000,-- 24 Stunden §30 KJBG
2) S 1.000,-- 24 Stunden §30 KJBG
3) S 1.000,-- 24 Stunden §30 KJBG
4) S 1.000,-- 24 Stunden §32 AbsBAG
Ferner haben Sie gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 % der verhängten Strafe (ein Tag Arrest) ist gleich S 50,--), das sind S 400,-- zu bezahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag: S 4.400,--
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§54d VStG)."
Gegen die Punkte 1 und 4 dieses Straferkenntnisses erhob Frau I G Berufung und führte darin aus, daß der ihr zur Last gelegte Verstoß nicht gegeben sein könne, nur deshalb, weil die Aufzeichnungen über die vom Jugendlichen geleisteten Arbeitsstunden nicht im Betrieb aufgelegen seien. Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit sei aus der Lohnabrechnung ersichtlich. Es sei ihr unverständlich, daß sie berufsfremde Tätigkeiten verhindern müßte. Im Interesse eines guten Betriebsklimas habe sie es immer abgelehnt, diesbezüglich Weisungen zu geben. Die Berufungswerberin stellte daher den Antrag, das zitierte Straferkenntnis aufzuheben und unter Hinweis auf §21 VStG die Mindeststrafe durch eine Ermahnung zu ersetzen. Die Punkte 2 und 3 des Straferkenntnisses blieben unangefochten.
Dazu hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ erwogen:
Gemäß §26 Abs1 Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz ist in jedem Betrieb, in dem Jugendliche beschäftigt werden, ein Verzeichnis der Jugendlichen zu führen, wobei dieses unter anderem Aufzeichnungen über die geleistete Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu enthalten hat.
Daraus ergibt sich, daß es nicht ausreicht, wenn derartige Aufzeichnungen getätigt bzw grundsätzlich vorhanden sind. Dieser Forderung ist vielmehr erst dann entsprochen, wenn diese Aufzeichnungen auch tatsächlich in den Betriebsräumlichkeiten aufliegen. Die Tatsache, daß die geleisteten Arbeitsstunden aus der Lohnabrechnung ersichtlich sind, die auch die Jugendlichen erhalten, reicht daher zur Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht aus, weshalb ein Verstoß der Berufungswerberin gegen die genannte Bestimmung unzweifelhaft gegeben ist.
Gemäß §32 Abs1 litd Berufungsausbildungsgesetz ist strafbar, wer einen Lehrling zu berufsfremden Tätigkeiten verwendet.
§9 Abs2 legcit bestimmt, daß der Lehrberechtigte den Lehrling nur zu solchen Tätigkeiten heranzuziehen hat, die mit dem Wesen der Ausbildung vereinbar sind.
Die im Punkt 4) des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Tätigkeiten sind zweifellos als ausbildungsfremde Tätigkeiten anzusehen. Der Lehrberechtigte hat dafür Sorge zu tragen, daß vom Lehrling keine ausbildungsfremden Tätigkeiten ausgeübt werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Initiative dafür vom Lehrberechtigten oder vom Lehrling ausgeht. Der Lehrberechtigte ist nämlich für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmung im Zuge der Ausbildung des Lehrlings verantwortlich, was sich aus dem ihm zustehenden Unterweisungs- und Anleitungsrecht ergibt. Er muß daher durch entsprechende Weisungen an den Lehrling die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sicherstellen. Der Lehrberechtigte macht sich daher auch durch Unterlassen der erforderlichen Weisungen strafbar.
Zum beantragten Ausspruch einer Ermahung ist folgendes festzustellen:
Nach §21 Abs1 VStG kann die Behörde ohne weiters Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Die Schuld des Beschuldigten ist nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Diese Voraussetzung liegt aber im gegenständlichen Fall nicht vor, da die begangenen Übertretungen als dem Tatbild voll entsprechend anzusehen sind und es daher keinerlei Hinweise auf einen verminderten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat gibt. Auch die Berufung bringt diesbezüglich nichts vor, da sie lediglich die Unrechtmäßigkeit der im Straferkenntnis unter den Punkten 1) und 4) angeführten Handlungen bezweifelt, jedoch keine Anhaltspunkte über ein möglicherweise geringfügiges Verschulden gibt. Auch sind die Folgen der Übertretung nicht als unbedeutend anzusehen, da die Durchführung berufsfremder Tätigkeiten durch die Jugendliche immerhin zu einer Verkürzung der berufsadäquaten Ausbildung im selben Zeitausmaß geführt hat.
Da die Voraussetzungen zur Anwendung des §21 VStG nicht vorliegen und sich die verhängten Strafen im unteren Bereich der Strafrahmen bewegen, war das angefochtene Straferkenntnis unter Berücksichtigung der Schuldelemente sowie der Einkommens- und Familienverhältnisse zu bestätigen.
Gemäß §64 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat, wobei dieser für das Berufungsverfahren 20 % der verhängten Strafe, das sind zu Punkt 1 des Straferkenntnisses S 200,--, beträgt.
Nach §65 VStG sind die Kosten des Berufungsverfahrens dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wird.
Dies trifft auch dann zu, wenn eine Einschränkung des Tatvorwurfes erfolgt.
Da im Punkt 4) des Straferkenntnisses eine unklare Tatzeitformulierung gewählt wurde ("häufig täglich") mußte eine diesbezügliche Klarstellung bzw Einschränkung vorgenommen werden. Aus diesem Grund war auch von einer Kostenersatzpflicht für diesen Teil des Berufungsverfahrens abzusehen.
Die Punkte 2 und 3 wurden nicht angefochten und sind daher rechtskräftig. Der zu entrichtende Gesamtbetrag beträgt daher 4.600,-- S. Da die Entscheidung nur von einer Rechtsfrage abhängig war, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß §51e Abs2 VStG unterbleiben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.