TE UVS Niederösterreich 1992/03/31 Senat-MD-91-123

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Veröffentlicht am 31.03.1992
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Spruch

Der Berufung wird gem §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

Gem §45 Abs1 Z1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991, wird die Einstellung des Verfahrens verfügt.

Text

Das Magistratische Bezirksamt für den xx Bezirk in W erkannte Herrn Mag V W mit Straferkenntnis vom 5.9.1991 zu Zl xx schuldig, am 3.2.1991 um 14,15 Uhr in xx G, Bezirk xx, Niederösterreich, ohne Bewilligung des Landeshauptmannes mit einem Paragleiter auf der Kuhheide, unterhalb der N-Hütte, gestartet, durch das Gelände bedingt bis zu 10 m vom Boden abgehoben und nach einer Flugstrecke von mindestens 200 m im Tal unterhalb der Hochstraße gelandet zu sein, dadurch einen Abflug und eine Landung außerhalb des Flugplatzes (Außenabflug und Außenlandung) mit einem Zivilluftfahrzeug ohne die erforderliche Bewilligung des Landeshauptmannes vorgenommen, und demnach eine Verwaltungsübertretung gem §146 Abs1 iVm §9 Abs2 Luftfahrgesetz BGBl Nr 253/57 begangen zu haben.

 

Gem §146 Abs1 Luftfahrgesetz BGBl Nr 253/57 verhängte die Erstbehörde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von S 2.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen.

 

Gem §64 des Verwaltungsstrafgesetzes wurden S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen - unrichtigerweise als Einspruch bezeichneten - Berufung beantragte der Einschreiter (konkludent) die Behebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes unter Bezugnahme auf den Erlaß des Bundesministeriums für Verkehr/Oberste Zivilluftfahrtbehörde in der Fassung vom 20. November 1986 über "Hängegleiter" und "Paragleiter".

 

Zudem bekämpft der Einschreiter die Höhe der verhängten Geldstrafe und den damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Kostenausspruch, indem er bezweifelt, daß sein monatliches Bruttoeinkommen von S 20.000,-- als gehobeneres Einkommen verstanden werden könne.

 

Das Magistratische Bezirksamt für den xx Bezirk in W legte die eingebrachte Berufung des Einschreiters (antragslos) zur Entscheidung vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hiezu erwogen:

 

Gem §9 Abs2 des Luftfahrtgesetzes ist für Abflüge und Landungen außerhalb eines Flugplatzes (Außenabflüge und Außenlandungen) soweit es sich um Zivilluftfahrzeuge handelt, eine Bewilligung des Landeshauptmannes erforderlich. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder wenn ein am Außenabflug oder an der Außenlandung bestehendes öffentliches Interesse ein allenfalls entgegenstehendes öffentliches Interesse überwiegt.

 

Gem §10 Abs1 litc legcit gelten die Bestimmungen des §9 Luftfahrtgesetz nicht für Außenlandungen von Segelflugzeugen und Freiballonen.

 

Das Bundesministerium für Verkehr, welches zugleich oberste Zivilluftfahrtbehörde in Österreich ist,  hat in seinem Erlaß vom 20.11.1986, Zl 38534/263-I/5-86 über "Hängegleiter" und "Paragleiter" die vorstehend angeführten Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes interpretiert.

 

Im Zuge dieser Auslegung wird im diesbezüglichen Erlaß unter einem zu Pkt 2.2.4 ausgeführt, daß die Landeshauptmänner ersucht werden, Abflüge mit Paragleitern ohne Außenabflugbewilligung zu dulden. Überdies, daß Landungen mit Hängegleitern und Paragleitern gem §10 Abs1 litc Luftfahrtgesetz (LFG) bewilligungsfrei sind.

 

In Anbetracht des Umstandes, daß der Berufungswerber im Zeitpunkt seiner Beanstandung Inhaber eines gültigen Sonderpilotenscheines gem §112 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung, BGBl Nr 219/1958 war und er seiner Berufung den in Rede stehenden Erlaß des Bundesministeriums für Verkehr vom 20.11.1986 über Hänge- und Paragleiter auszugsweise anschloß, ist davon auszugehen, daß ihm der bereits oben wiedergegebene wesentliche Inhalt desselben bekannt war. Diese Annahme wird auch durch die Rechtfertigung des Beschuldigten vom 26.8.1991 vor dem Magistratischen Bezirksamt für den xx Bezirk untermauert, in welcher der Genannte ausdrücklich darauf hinweist, zu wissen, daß es in NÖ Flugmöglichkeiten gäbe, wo es geduldet wird, daß der Pilot ohne Bewilligung des Landeshauptmannes Flüge durchführt.

 

Bei der rechtlichen Würdigung kam der inneren Tatseite des Berufungswerbers eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Demnach war bei der Beurteilung der subjektiven Tatseite einzig und allein die Frage, ob der Genannte das vom Gesetzgeber geforderte Maß an zumutbarer Sorgfaltspflicht beachtet hat, entscheidungsrelevant. Da sich der Rechtsmittelwerber inhaltlich mit der einschlägigen Gesetzesmaterie aktenkundigerweise vertraut gemacht und dieser entsprechend gehandelt hat, konnte davon ausgegangen werden, daß er die Grenzen der ihm zumutbaren Sorgfaltspflicht nicht überschritten hat.

 

Gem §5 Abs1 VStG ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Im gegenständlichen Fall war unter Zugrundelegung aller Tatumstände davon auszugehen, daß den Berufungswerber an der Verletzung der in Rede stehenden Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies vor allem deshalb, weil er als juristischer Laie nicht ernsthaft annehmen konnte, daß die ihm offensichtlich bekannte Auslegung der hier in Betracht kommenden Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes durch die oberste Zivilluftfahrtbehörde Österreichs rechtswidrig interpretiert worden sei. Demnach erübrigt sich auch jede weitere Erörterung dahingehend, ob der zuständige Landeshauptmann die in Rede stehende Außenlandung bzw den Außenabflug ohne eingeholter Bewilligung duldet oder nicht und sich somit erlaßkonform oder erlaßwidrig verhält.

 

Es war daher im gegenständlichen Fall mit einer Einstellung des Strafverfahrens vorzugehen, weil dem Täter die ihm angelastete Übertretung zumindest in subjektiver Hinsicht nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit nachgewiesen werden konnte.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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