Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.
Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991, S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.
Das gegen Herrn H P erlassene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:
Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Zeit: 22. November 1990
Ort: xx K
xxstraße 7
Tatbeschreibung
Sie haben es als das gemäß §9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 nach außen
hin zur Vertretung berufene Organ der Fa H P, xxstraße 7, in Ihrer
Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten,
daß der jugendliche Lehrling M S, geb 21.01.1973, wohnhaft in xx
xxbrunn 132 für Arbeiten an Verkaufsständen vor dem Geschäft im
Freien herangezogen wurde.
Übertretungsnorm:
§9 Z27 der Verordnung über die Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche
Strafnorm und verhängte Geldstrafe:
§30 KJBG 1987 S 1.000,--
Vorgeschriebener Kostenbeitrag: S 100,--
Rechtsgrundlage
§64 Abs3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991
Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher S 1.100,--
Gegen dieses Straferkenntnis erhob Herr H P mit Schreiben vom 20. November 1991 Berufung, und führte darin im wesentlichen aus, daß der Lehrling M S nicht im Freien, sondern in der Passage gestanden habe. Diese befinde sich im Geschäftsgebäude und sei nur auf einer Seite in Richtung xxstraße offen. Deshalb sei sie auch keinen Witterungseinflüssen ausgesetzt gewesen, weshalb das Beschäftigungsverbot für Jugendliche hier nicht anzuwenden sei. Sollte diese Auslegung nicht richtig sein, liege jedenfalls ein entschuldbarer Irrtum vor. Der Berufungswerber beantragt daher, das Strafverfahren einzustellen oder von der Verhängung einer Strafe abzusehen.
Dazu hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ erwogen:
Die §§2 und 9 Z27 der Verordnung über die Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche bestimmen, daß Jugendliche an Verkaufsstellen vor Geschäften im Freien nicht beschäftigt werden dürfen.
Gemäß §30 Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz ist strafbar, wer den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, wobei der Strafrahmen S 1.000,-- bis S 15.000,-- beträgt.
Aufgrund der Aktenlage erwiesen und vom Berufungswerber auch unbestritten ist die Tatsache, daß die Jugendliche M S am 22. November 1990 am angegebenen Tatort vor dem Geschäft für Arbeiten an Verkaufsständen herangezogen wurde und sich diese in einer zur xxstraße offenen Passage befanden.
Das strafbare Verhalten ist immer dann gegeben, wenn die Beschäftigung im Freien, das heißt, nicht in einem geschlossenem Raum, stattfindet. Dabei ist es unerheblich, ob die Verkaufstätigkeit in einer Passage, die, wie im gegenständlichen Fall nur nach einer Seite offen ist, stattfindet. Das tatbildmäßige Verhalten liegt nämlich schon dann vor, wenn es sich um keinen - nach allen Seiten hin abgeschlossen - Raum handelt. Entsprechend dem Schutzzweck der Norm wird eine Tätigkeit bereits dann "im Freien" ausgeübt, wenn der Ort der Verkaufstätigkeit auch nur nach einer Seite hin offen ist, da bereits in diesem Fall die grundsätzliche Möglichkeit von Witterungseinflüssen gegeben ist. Daher sind auch Tätigkeiten in offenen Passagen als Tätigkeiten "im Freien" anzusehen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob es zum Tatzeitpunkt tatsächlich negative Witterungseinflüsse gegeben hat und ob der Lehrling diesen Witterungseinflüssen ausgesetzt war, da die Verordnung keine diesbezügliche Differenzierung vornimmt. Bereits die abstrakte Möglichkeit eines derartigen Witterungseinflusses reicht aus, um einen Verkaufsstand als "im Freien" liegend zu qualifizieren. Da diese Voraussetzung auch bei einer teilweise offenen Passage gegeben ist, wurde das vorgeworfene Verhalten des Beschuldigten durch die Behörde erster Instanz richtigerweise als rechtswidrig qualifiziert.
Der Auffassung des Berufungswerbers, daß es sich zumindest um entschuldbaren Irrtum handle, vermag der Unabhängige Verwaltungssenat nicht beizutreten.
Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit nach §5 VStG fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiters anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Unverschuldeter Rechtsirrtum liegt dann nicht vor, wenn der Beschuldigte verpflichtet gewesen ist, sich über die betreffenden Vorschriften zu informieren. Wer ein Gewerbe betreibt, ist verpflichet, sich vor Ausübung des Gewerbes über sämtliche die gewerbliche Tätigkeit betreffenden Bestimmungen zu informieren. Zu diesen Bestimmungen zählen insbesondere auch sämtliche Vorschriften über den Arbeitnehmerschutz. Sämtliche strafmildernden Umstände wurden von der Behörde erster Instanz bereits dadurch berücksichtigt, daß lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde.
Nach §64 VStG hat der Beschuldigte 20 % der verhängten Geldstrafe als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu entrichten. Dieser beträgt im gegenständlichen Fall S 200,-- weshalb der Gesamtbetrag von S 1.300,-- zu bezahlen ist. Da die Entscheidung lediglich von einer Rechtsfrage abhängig war, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß §51e VStG abgesehen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.