Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; Zurückweisung
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied DDr Schönberger über die von Rechtsanwalt Dr P, W, eingebrachte Beschwerde betreffend Herrn Markandu S, wegen der während seiner Anhaltung bzw Verwahrung in Schubhaft vom 14.11.1991 bis 4.1.1992 erlittenen erniedrigenden Behandlung und der Verweigerung der Kontaktaufnahme zwischen ihm und einer Vertrauensperson und seiner zwangsweisen Beförderung nach Sri Lanka am 4.1.1992 wie folgt entschieden:
Die Beschwerde wird gemäß §67c Abs3 AVG iVm §10 Abs2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung:
Dr P brachte mit Schriftsatz vom 14.2.1991, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 18.2.1991, für einen Herrn Markandu S eine Beschwerde wegen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ein. In dieser wurde ua vorgebracht, daß Herr Markandu S dadurch unmenschlich und erniedrigend behandelt worden wäre, daß er während der nach seiner Festnahme am Wiener Westbahnhof sowie während seiner im Rahmen eines Schubhaftverfahrens erfolgten Anhaltung im Polizeigefangenenhaus weder seinen Bedürfnissen entsprechend die Toilette aufsuchen oder baden noch mit anderen Mitgefangenen reden habe dürfen; weiters habe Markandu S Hunger leiden müssen; außerdem sei sein Mund auf dem Weg zum Flughafen verpflastert und er selbst zwangsweise zurück nach Sri Lanka befördert worden. Rechtsanwalt Dr P verwies im Schriftsatz darauf, daß die Vollmacht gemäß §8 RAO erteilt worden sei.
Das der Beschwerde beigelegte "Affidavit" stellt jedenfalls keine an Dr P gerichtete Bevollmächtigung durch den Beschwerdeführer dar:
Erstens ist es nicht von Markandu S (sondern von seiner Gattin!) unterfertigt.
In diesem Zusammenhang wird außerdem bemerkt, daß der Vorname von Frau S am "Affidavit" handschriftlich "Amuthamah", auf dem Begleitschreiben (ebenfalls handschriftlich) "Amuthama", auf dem "Affidavit" Seite 1 oben "Amuthammah" (mit Maschine geschrieben) und in der vom Rechtsanwalt verfaßten Beschwerde überhaupt ganz anders, nämlich "Amirthamma", lautet.
Zweitens ist das "Affidavit" nicht an Dr P, sondern wie aus dem dazugehörigen handschriftlichen Begleitschreiben hervorgeht, an den UN-Hochkommissär für Flüchtlingsfragen und an Amnesty International gerichtet. Der Name Dr P scheint nicht einmal auf. Ein Schreiben, aus dem nicht hervorgeht, daß Dr P bevollmächtigt wurde, kann jedenfalls nicht als Nachweis der Bevollmächtigung angesehen werden (analog zu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1.7.1983, Zl 83/04/0114). Drittens beschwört Frau Amuthama S die Richtigkeit der in der Folge im "Affidavit" aufgezählten Vorfälle, erhebt aber keine Beschwerde dagegen bzw fordert auch weder den UN-Hochkommissär noch Amnesty International auf, eine diesbezügliche Beschwerde einzubringen.
Das Begehren von Frau Amuthama S richtet sich vielmehr darauf, daß UNO und Amnesty International dafür sorgen sollen, daß ihr und ihrer Familie der Flüchtlingsstatus doch zuerkannt wird und die erforderlichen Visa für Österreich gewährt werden. Bei für Frau Amuthama S günstiger Auslegung könnte man aus Punkt 17 des "Affidavit" einen Auftrag an die vorgenannten internationalen Organisationen betreffend das Asylverfahren herauslesen. Das vorliegende "Affidavit" stellt daher keinesfalls eine Bevollmächtigung Dr Ps durch Markandu S zur Erhebung einer Beschwerde wegen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.
Da aber aus den Akten keine Kontaktnahme des Markandu S mit dem Rechtsanwalt oder mit dritten Personen aktenkundig ist und da eine Anfrage im Polizeigefangenenhaus und im Fremdenpolizeilichen Büro ergeben hatte, daß Markandu S während seiner Anhaltung (vom 14.11.1991 bis 4.1.1992) von niemandem besucht worden war, was im übrigen auch durch das vom Rechtsanwalt im Schriftsatz beigelegte
"Affidavit" (vgl S 2, P 11 "That we asked for permission ... to
appeal to the ... UNO and the Amnesty International ... but we
were not alow" - gemeint: "allowed" - "to do so") und durch die Beschwerde selbst (Beschwerde, Seite 2 oben, P c) und Seite 11, P c) bestätigt wird, und da schließlich auch eine allfällige, erst nach der Abschiebung aus Österreich erfolgte schriftliche Kontaktnahme zwischen Markandu S und Dr P nicht aktenkundig ist, tauchten Zweifel bezüglich Vorhandensein, Inhalt und Umfang der nach Angaben des Rechtsanwaltes ihm von Markandu S erteilten Vollmacht auf.
Gemäß §10 AVG hat die Behörde über den Inhalt und den Umfang einer Vollmacht auftauchende Zweifel nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (also auch nach der ZPO) zu beurteilen und die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des §13 Abs3 AVG zu veranlassen.
Gemäß §37 Abs1 ZPO ist der Mangel der Bevollmächtigung in jedem Stadium des Verfahrens zu berücksichtigen, da die Vertretungsmacht eine Prozeßvoraussetzung darstellt.
Rechtsanwalt Dr P wurde daher mit Schreiben vom 24.3.1992 (ihm zugestellt am 25.3.1992) unter sinngemäßer Anwendung des §13 Abs3 AVG aufgefordert, die Vollmacht des Markandu S binnen einer Woche vorzulegen, widrigenfalls das Anbringen zurückgewiesen werden würde.
Dr P ließ diese einwöchige (am 1.4.1992 endende) Frist verstreichen, ohne die Vollmacht vorzulegen.
Daher fehlte im vorliegenden Fall eine wesentliche Prozeßvoraussetzung und war die vom Rechtsanwalt eingebrachte Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen.