TE UVS Wien 1992/05/07 02/11/17/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.1992
beobachten
merken
Beachte
Beschwerde abgewiesen durch VwGH vom 30.5.1995, Zl 92/18/0275 Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Leitner über die Beschwerde des Herrn Marko R, geb 1944, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen die Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, AZ IV-95.703/FrB/92, worin als Beschwerdegegenstand die vorgenommene zwangsweise Beförderung durch Organe der belangten Behörde (Sicherheitsorgane) vom Polizeigefangenhaus Wien zum Grenzübergang Spielfeld und die daran anschließende Verschaffung über die österreichische Bundesgrenze angefochten wird und ausdrücklich im Antrag begehrt wird, dieser Beförderung unter Begleitung von Sicherheitsorganen vom Polizeigefangenhaus Wien zum Grenzübergang Spielfeld und die daran anschließende Verschaffung über die österreichische Bundesgrenze für rechtswidrig zu erklären, entschieden:

1. Die Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit gem Art 1

ff des Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl 684/1988 und Art 5 EMRK infolge der Beförderung durch Sicherheitsorgane  vom Polizeigefangenhaus Wien bis zur Landesgrenze Wien (darüber hinaus ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nicht gegeben) wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wegen Beförderung des Berufungswerbers unter Begleitung von Sicherheitsorganen von der Landesgrenze Wien zum Grenzübergang Spielfeld und die daran anschließende Verschaffung über

die österreichische Bundesgrenze wird infolge Unzuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien als unzulässig zurückgewiesen.

3. Die Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß der

in Punkt 1. angeführten Gesetzesstellen unter Ausdehnung auf Art 8 MRK wegen behaupteter Verwechslung bei der Inschubhaftnahme und anschließenden Anhaltung sowie letztlichen Abschiebung wird als unbegründet abgewiesen.

4. Die gestellten Anträge, der Unabhängige Verwaltungssenat Wien möge

die durch die belangte Behörde vorgenommene zwangsweise Beförderung unter Begleitung von Sicherheitsorganen vom Polizeigefangenenhaus Wien zur Landesgrenze Wien für rechts- allenfalls verfassungswidrig erklären, wird als unbegründet abgewiesen.

5. Der Antrag die zwangsweise Beförderung unter Begleitung von Sicherheitsorganen von der Landesgrenze Wien zum Grenzübergang Spielfeld und die daran anschließende Verschaffung über die österreichische Bundesgrenze für rechts- allenfalls verfassungswidrig

zu erklären, wird mangels  Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien als unzulässig zurückgewiesen.

6. Der Antrag gemäß § 79a AVG den Ersatz, der für die Rechtsdurchsetzung notwendigen Kosten in der Höhe von S 7.533,33 bei sonstiger Exekution zu Handen des Rechtsvertreters zurückgewiesen.

Text

Begründung:

I.

In seiner Beschwerde vom 6.4.1992 führt der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, er sei unter falschem Namen, nämlich Jordan D, in Schubhaft genommen worden. Sodann sei eine zwangsweise vorgenommene Beförderung unter Begleitung von Sicherheitsorgangen vom Polizeigefangenenhaus Wien zum Grenzübergang Spielfeld vorgenommen worden. Hinsichtlich der seines Erachtens eingetretenen Verwechslung der Person führte er aus:

Er sei als Marko G am 1944 in Jugoslawien geboren. Durch die Verehelichung am Standesamt Währing am 9.12.1991 habe er seinen Namen

auf den seiner Ehegattin, nämlich Regina R, geändert. Das von der Bundespolizeidirektion Wien, fremdenpolizeiliches Büro gegen Jordan D, 1944 geb, verhängte Aufenthaltsverbot vom 7.7.1989 sei somit auf seine Person nicht anwendbar. Das in diesem Akt vorhandene Foto sei mit seiner Person zwar stark ähnlich, jedoch nicht ident. Als Gründe, warum er (Marko R) mit der Person des Jordan

D verwechselt habe werden können, führt er an, daß er, um die anhaltende Behörde zufrieden zu stellen, bzw seine Enthaftung zu erreichen, sich in der Niederschrift vom 28.1.1992 schließlich als Jordan D ausgegeben habe.

Er führt weiters aus, bereits am 22.2.1992 eine auf § 5a Fremdenpolizei gerichtete Beschwerde an die hieramtige Behörde eingebracht zu haben.

Auf Grund dieser gemachten Ausführungen erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit

gemäß Art 1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit sowie Art 5 und Art 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention in einem mit Art 1 des 7. Zusatzprotokolles zur Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt.

II.

Da im gegenständlichen Verfahren derselbe Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Wien, fremdenpolizeiliches Büro angefochten wurde, wie bereits in der ha eingebrachten Beschwerde gemäß § 5a Fremdenpolizeigesetz, konnte dieses Aktenmaterial der nunmehr anhängigen Beschwerde zugrunde gelegt werden. Die vom Beschwerdeführer zitierte Aktenzahl IV-95.703/FrP/89 ist mit dem Akt der Bundespolizeidirektion Wien ident. Lediglich die Jahreszahl dürfte beim Abfassen der Beschwerde des Beschwerdeführers irrtümlich mit 89 anstatt mit 92 wiedergegeben worden sein.

Zu ihrem Sachverhalt und Gang des Verwaltungsverfahrens sei zu bemerken: Der Berufungswerber wurde am 24.1.1992 um 8.00 Uhr in Wien 20, Spaungasse 21/4/18 von Organen der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Brigittenau, angehalten, da er sich im Besitz eines auf eine andere Person lautenden Reisepasses (Marko R) und eines Meldezettels, lautend auf Marko G befunden habe und er seine Identität, die er mit Marko R angab, nicht glaubhaft unter Beweis stellen konnten. Auf Grund einer durchgeführten Identitätsfeststellung im Kommissariat Brigittenau, konnte letztlich festgestellt werden, daß der Festgenommene mit der wegen Aufenthaltsverbotes ausgeschriebenen Person des Jordan D, 1944 geb, ident war. In der Meldung der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Brigittenau wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß in dem Akt des Fremdenpolizeilichen Büros ein Lichtbild vorhanden sei, auf Grund dessen seine Identität zweifelsfrei feststellbar gewesen sei. Auf Grund der gegen ihn verhängten Schubhaft vom 24.1.1992 wurde er in das Polizeigefangenenhaus Wien zur Verfügung des Fremdenpolizeilichen Büros eingeliefert. Am 28.1.1992 wurde er dort im Beisein der Frau Dolmetsch Danika H abermals einvernommen, wobei im Vordergrund der Einvernahme wiederum die Klärung der von ihm behaupteten strittigen Identität stand. In dieser Niederschrift ist zu lesen:

"Zuerst möchte ich angeben, daß meine Angaben in einer am 24.1.1992 gemachten Niederschrift vollkommen falsch sind. Ich heiße nicht

Marko

G, bin nicht mit einer Österreicherin, namens R Regina verheiratet, und habe auch nicht deren Namen angenommen. Mein Name ist Jordan D, geboren am 1944 in Jugoslawien und bin ich mir bewußt, daß gegen mich

im Juli 1989 von der Bundespolizeidirektion Wien ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen wurde. Ich hatte bei der Einreise einen vermutlich gefälschten Reisepaß bei mir. Es wird mir zur Kenntnis gebracht, daß ich auf Grund des aufrechten Aufenthaltsverbotes in meine Heimat abgeschoben werde."

Diese Niederschrift wurde im Beisein des Referenten W und der angeführten Dolmetsch sowie der Person des Beschwerdeführers gemacht.

Wenn nun in der ha eingebrachten Beschwerde, gestützt auf Art 129 a BVG vorgebracht wird, die angehaltene Person sei verwechselt worden, und habe der Beschwerdeführer, Marko R, sich nur deshalb bei seiner Einvernahme am 28.1.1992 als Jordan D ausgegeben, weil sich die Behörde sonst nicht zufrieden gegeben hätte, und um endlich enthaftet

zu werden, so ist dem entgegenzuhalten, daß auf Grund der genannten Niederschrift vom 28.1.1992 und der damit übereinstimmenden kriminalpolizeilichen Erhebungen zur Klärung der Identität im Hinblick auf das dem Akt beigegebene Lichtblild des Jordan D, das Fremdenpolizeiliche Büro vollkommen zu Recht davon ausgehen konnte, daß der Angehaltene mit der Person des Jordan D ident sei. Aus dem Akt ist nicht ersichtlich, daß weiterhin eine Bestreitung des

Namens stattgefunden hätte. Es kann der die Schubhaft verhängenden Behörde nicht vorgeworfen werden, daß sie den auf Grund der niederschriftlichen Aussage eines Angehaltenen im Beisein eines Dolmetsch gemachten Angaben betreffend seine Person, Glauben geschenkt hat. Darüberhinaus hatte die verfügende Behörde, den zusätzlichen Beweis eines Lichtbildes aus dem Vorakt des Jahres 1989,

worin das Aufenthaltsverbot verhängt worden war. Es waren sohin keine

Zweifel an der Identität der angehaltenen Person zu vertreten.

III.

Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, das Aufenthaltsverbot vom 7.7.1989 weise nicht die für das Erfordernis eines Bescheides gemäß § 18 Abs 4 AVG erforderlichen Merkmale der leserlichen Beifügung des Namens und der abgegebenen Unterschrift auf, sei anzumerken, daß es nach der ständigen Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts lediglich erforderlich ist, daß der angeführte Schriftzug bzw der angegebene Akt einem Referenten, welche die Aprobationsbefugnis innehat, eindeutig zuzuordnen ist. Im Hinblick auf die heute zulässige automationsunterstützte Bescheidabfertigung ist weiters anzuführen, daß eine Genehmigungsvermerk auf dem Bescheid

nicht mehr schriftlich festzuhalten ist. Der Rechtsansicht des Beschwerdeführers kann somit auch in diesem Punkt nicht gefolgt werden.

IV.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers richtet sich schließlich gegen den effektiven Vollzug des Aufenthaltsverbotes. Hiezu ist anzumerken:

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 in Verbindung mit § 67c AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Darunter ist nach der ständigenRechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nur eine solche Amtshandlung zu verstehen, die ein behördliches Handeln im Rahmen der der Behörde zustehenden unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt darstellt; ie, der in irgendeiner Form eine rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung unmittelbar beigemessen werden kann, und bei der es sich um einen gegen eine individuell zu bestimmende Person eindeutig gerichteten Akt der unmittelbaren Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt, und somit um eine Amtshandlung individuellen normativen

Charakters handelt (vgl hiezu etwa VfSlg 7346 ua). Es muß sich somit um einen verwaltungsbehördlichen Befehl mit unmittelbarem unverzüglichen Befolgungsanspruch an den Beschwerdeführer handeln, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchzusetzen wäre (vgl hiezu etwa VfSlg 8327). Diese Voraussetzungen liegen, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, im Beschwerdefall nicht vor, weil sich

die Beschwerde des Beschwerdeführers darin erschöpft, sich gegen den Vollzug eines rechtskräftig verhängten Aufenthaltsverbotes der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, zu richten. Der Vollzug eines bestehenden Aufenthaltsverbotes ist keine Maßnahme der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes ist eine Maßnahme, die durch Bescheid (Aufenthaltsverbot der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 7.7.1989)

angeordnet wurde. Gegen einen Bescheid steht grundsätzlich ein ordentliches Rechtsmittel oder aber, wenn es sich um einen letztinstanzlichen Bescheid handelt, eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof zu. Die Anrufung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ist diesfalls vom Gesetzgeber nicht vorgesehen worden.

Dazu im Gegensatz sind Anordnungen zur Befolgung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die widrigenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt würden, keineswegs mit dem ordentlichen Rechtsmittelzug anzufechten - aus diesem Grunde steht die Möglichkeit der Anrufung der Unabhängigen Verwaltungssenate offen. Die Vollstreckung einer mittels Bescheid angeordneten Maßnahme

kann nicht unter diese Maßnahmen der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt subsumiert werden. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Darüberhinaus ist der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nur für Maßnahmen, die in Wien gesetzt wurden, örtlich zuständig. Im gegenständlichen Fall hat der Bund keine Kosten beantragt, zumal ihm durch diese Beschwerde auch keine effektiven Kosten erwachsen sind. Sohin werden gemäß § 79a AVG dem Beschwerdeführer keine Kosten vorgeschrieben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten