Der BW war unter anderem bestraft worden, weil er sich geweigert hatte, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Der BW wandte dagegen ein, daß keine Ursache für die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung vorgelegen sei und daß die Aufforderung nicht rechtmäßig erfolgt sei. Der UVS stellte in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung fest, daß Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung vorlagen und die Aufforderung zum Alkotest durch einen langjährig bekannten Kollegen, mit welchem der Aufgeforderte per "Du" war, durch die Worte "Es wird wohl das Beste sein, du machst einen Alkotest und anschließend den Amtsarzt" erfolgte. Der UVS gab der Berufung keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Bestrafung.
Die Bundespolizeidirektion Wien, Administrationsbüro, hat am 8.7.1991 zZl: III-Pst 94/AB/91, betreffend Herrn G, ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch gefällt:
"Sie haben am 27.4.1991 um 18.15 Uhr in Wien 2, Ausstellungsstraße bei der Kreuzung mit der Wohlmutstraße Richtung Praterstern den dem Kennzeichen nach bestimmten PKW gelenkt und 1.) im Wachzimmer Ausstellungsstraße nach Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die Ablegung eines Alkotestes insoferne verweigert, als Sie sich nach der Aufforderung aus dem Wachzimmer entfernt haben und 2.) dadurch auch an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1.) §5 (2) iVm §99 (1) b StVO und 2.) §4 (1) c iVm §99 (2) a StVO. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Zu 1.) Geldstrafe von S 8.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen gemäß §99 (1) b StVO, zu 2.) Geldstrafe von S 1.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag gemäß §99 (2) a StVO. Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:
S 900,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, .s 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 9.900,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Aufgrund der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG, BGBlNr 51/1991) das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:
"1.) Sie haben, nachdem Sie am 27.4.1991 um 18.15 Uhr den dem Kennzeichen nach bestimmten PKW gelenkt hatten, sich um 18.25 Uhr im Wachzimmer Wien 2, Ausstellungsstr 44 geweigert, Ihre Atemluft von einem geschulten und hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl
vermutet werden konnte, daß Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden, weil Sie sich nach der diesbezüglichen Aufforderung des Straßenaufsichtsorganes aus dem Wachzimmer entfernten.
2.) Sie waren am 27.4.1991 um 08.15 Uhr in Wien 2, Ausstellungsstraße, Kreuzung mit der Wohlmutstraße Richtung Praterstern als Lenker des dem Kennzeichen nach bestimmten PKW an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt und haben an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes insofern nicht mitgewirkt, als Sie um 18.25 Uhr nach der Aufforderung eines Straßenaufsichtsorganes sich einer Atemluftkontrolle zu unterziehen, das Wachzimmer Ausstellungsstraße verließen.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
ad 1.) §5 Abs2 StVO 1960 iVm §99 Abs1 litb.
ad 2.) §4 Abs1 litc StVO 1960.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt: ad 1.) S 8.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle 8 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß §99 Abs1 litb StVO 1960. ad 2.) S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß §99 Abs2 lita StVO 1960. Gemäß §64 Abs2 VStG beträgt der erstinstanzliche Kostenbeitrag zu Punkt 1.) S 800,-- und zu Punkt 2.) S 100,--."
Gemäß §64 Abs2 VStG wird dem Berufungswerber ein Berufungskostenbeitrag von S 1.600,-- zu Punkt 1.) und S 200,-- zu Punkt 2.) auferlegt.
Begründung:
Der Berufungswerber wendet ein, für den Tatbestand gemäß §99 Abs1 litb StVO 1960 sei ein wesentliches Merkmal, daß vermutet werden konnte, daß sich der Beschuldigte beim Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Beim gegenständlichen Straferkenntnis sei weder aus dem Spruch noch aus seiner Begründung ersichtlich, daß diese Vermutung bestanden habe. Diese Vermutung sei jedoch Voraussetzung, daß überhaupt die Berechtigung bestehe, den Beschuldigten gemäß §5 Abs2 StVO 1960 auf Alkoholgehalt zu untersuchen.
Zum Beweis dafür, daß keine Vermutung zur Annahme bestanden habe, daß sich der Berufungswerber in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, wird die Einvernahme der mit dieser Sache befaßten, sowie zwei weiteren Polizeibeamten beantragt. Weiters wird gerügt, daß der Spruch des erstinstanzlichen Erkenntnisses nicht den Anforderungen des §44 Zif1 VStG entspreche; gerügt wird auch die von der Behörde erster Instanz abgegebene Begründung des Straferkenntnisses. Es sei nicht erkennbar, worin die mangelnde Mitwirkung des Beschuldigten bestanden habe, obwohl er nach einem Verkehrsunfall mit lediglichem Sachschaden, die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.
Dazu ist folgendes zu sagen:
Gemäß §5 Abs2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Gemäß §99 Abs1 litb StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafen von S 8.000,-- bis S 50.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im §5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich einem Arzt
vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht. Gemäß §4 Abs1 litc haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.
Die Behörde nimmt folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Der Berufungswerber war am 27.4.1991 um 18.15 Uhr als Lenker eines Kraftfahrzeuges an einem Verkehrsunfall beteiligt, der sich in Wien 2, Ausstellungsstraße in der Höhe Ortsnummer 41, Kreuzung Wohlmutstraße, zutrug.
Der Berufungswerber, ein Polizeibeamter, zu diesem Zeitpunkt in Uniform, begab sich sodann mit dem Zweitbeteiligten in das Wachzimmer Ausstellungsstraße. Im Wachzimmer Ausstellungsstraße wurde vom Zweitbeteiligten sowie Unfallszeugen der Verdacht geäußert, daß sich der Berufungswerber in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand; der Berufungswerber wurde daraufhin von einem Polizeibeamten aufgefordert, sich einer Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt zu unterziehen. Während dieser Polizeibeamte damit beschäftigt war, diese Untersuchung vorzubereiten, verließ der Berufungswerber jedoch das Wachzimmer.
Die aufgrund des Berufungsvorbringens durchgeführte öffentliche, mündliche Verhandlung, zu welcher der Berufungswerber geladen war, aber nicht erschien, erbrachte folgendes Ergebnis:
Der vom Berufungswerber namhaft gemachte Zeuge, RvI K, gab zu Protokoll, er habe sich während der Amtshandlung nicht im Parteienraum, sondern im Aufenthaltsraum aufgehalten und habe daher keine Einzelheiten dieser Amtshandlung wahrgenommen. RvI M gab zu Protokoll, er habe nicht wahrgenommen, daß einer der anwesenden Kollegen den Berufungswerber aufgefordert hätte, eine Alkoholkontrolle über sich ergehen zu lassen; er habe auch nicht wahrnehmen können, daß der Berufungswerber einen alkoholisierten Eindruck gemacht hätte. Er sei im Wachzimmer cirka drei bis fünf Minuten an einem Tisch mit dem Berufungswerber gesessen und sei ihm insbesondere bei der Übergabe der Autoschlüssel und der Dienstwaffe nahe gekommen.
RvI S gab zu Protokoll, er habe den Berufungswerber beim Verkehrsüberwachungsdienst abgelöst und habe ihn zum letzten Mal um 15.30 Uhr gesehen; dabei sei er jedenfalls nicht alkoholisiert gewesen.
GrI N gab zu Protokoll, er habe mit dem Berufungswerber so wenig Kontakt gehabt, daß er über eine allfällige Alkoholisierung nichts aussagen könne. Auch habe er nicht wahrgenommen, daß der Berufungswerber zur Alkoholuntersuchung aufgefordert worden wäre, weil er sich mit den Parteien in einem anderen Raum befunden habe. Der Polizeibeamte, RvI E, der den Berufungswerber aufforderte, sich der Alkoholuntersuchung zu unterziehen, gab bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme folgendes zu Protokoll:
"Ich wurde von Herrn Kollegen N ersucht, einem Polizeischüler bei der Aufnahme eines Verkehrsunfalles zu helfen. Ich ging in den Parteienraum und bemerkte, als einer der unfallbeteiligten Zeugen feststellte, daß der Berufungswerber betrunken sei, daß es sich bei dieser Person um Inspektor G handelte. Ich selbst nahme bei Inspektor G den Geruch von alkoholischen Getränken wahr; er machte jedoch keinen stark alkoholisierten Eindruck. Überdies war Inspektor G sicher übermüdet; ich wußte, daß Inspektor G gerade 24 Stunden Dienst hinter sich gebracht hatte. In welcher Entfernung sich Inspektor G bei dieser Amtshandlung von mir befand, vermag ich heute nicht mehr anzugeben. Als dieser Zeuge darauf hinwies, daß Inspektor G betrunken sei, sprach ich
Inspektor G darauf an. Ich kann mich jedoch an die genaue Antwort des Inspektor G nicht mehr erinnern. An den genauen Wortlaut meiner Aufforderung an Herrn Inspektor G bezüglich der Alkoholuntersuchung, habe ich keine Erinnerung mehr. Da ich Inspektor G seit 1984 kenne und mit ihm per "Du" bin, habe ich zu ihm sicher nicht förmlich gesagt: "Ich fordere Sie auf, einen Alkotest durchzuführen"; ich nehme vielmehr an, daß ich zu ihm gesagt haben werde: "Es wird wohl das Beste sein, du machst einen Alkotest und anschließend den Amtsarzt." An die Reaktion des Inspektor G kann ich mich nicht erinnern. Ich bin jedoch sicher, daß ich mich, um diesen Test vorzubereiten, aus dem Aufenthaltsraum, wo sich die Amtshandlung zutrug, entfernte. Ich denke schon, daß Inspektor G sich des Umstandes bewußt war, daß ich seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen wollte. Als ich mit dem Teströhrchen wieder zurückkam, war Inspektor G nicht mehr da."
Die Berufungsbehörde ist sich des Umstandes durchaus bewußt, daß sich die in der Verhandlung einvernommenen Zeugen, allesamt Kollegen des Berufungswerbers, in einer moralischen schwierigen Situation befanden.
Im Hinblick auf die Aussage des Zeugen E, der sich im Rahmen des rechtlich gerade noch zulässigen bemühte, den Berufungswerber so wenig wie möglich zu belasten, mag dahingestellt bleiben, ob sich der eine oder andere Zeuge bei seiner Einvernahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien des gerichtlich strafbaren Tatbestandes der falschen Zeugenaussage schuldig gemacht hat. Aufgrund der Aussage des Zeugen E steht mit der für den Schuldspruch erforderlichen Sicherheit fest, daß die Voraussetzungen für die Vornahme der Untersuchung vorlagen und daß der Berufungswerber in ausreichend klarer Weise aufgefordert wurde, diese Untersuchung über sich ergehen zu lassen. Das Gesetz sieht einen besonderen Wortlaut für diese Aufforderung nicht vor; sie hat lediglich so bestimmt zu sein, daß der Aufgeforderte, der als Fahrzeuglenker unwiderlegbar über seine Verpflichtungen informiert ist, weiß, welches Ereignis auf ihn zukommt. Da es sich beim Aufgeforderten sogar selbst um ein zur Vornahme einer solchen Untersuchung berechtigtes Organ und beim Aufforderer um einen Kollegen handelt, mit dem er per "Du" ist, genügt der in der Aussage des Inspektor E wiedergegebene Wortlaut.
Dem Berufungswerber wurde am 7.6.1991 als Beschuldigter der Akteninhalt zur Kenntnis gebracht. Bezüglich des gesamten Akteninhaltes bis zu diesem Zeitpunkt liegt daher sowohl eine taugliche Verfolgungshandlung, als auch eine dem Gesetz entsprechende Tatanlastung vor.
Die Berufungsbehörde war daher im Rahmen des von ihr anzuwendenden §66 Abs4 AVG berechtigt wie verpflichtet, den mangelhaften Spruch der Behörde erster Instanz zu verbessern.
Der objektive Unwertgehalt beider als erwiesen angenommenen Übertretungen ist als hoch anzusehen: es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Feststellung, ob eine Person, die berechtigt ist ein Fahrzeug zu lenken, sich im alkoholbeeinträchtigten Zustand befindet. Weiters besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Aufklärung der näheren Umstände, die zu einem Verkehrsunfall geführt haben. Durch das Verhalten des Berufungswerbers wurde die Verwirklichung dieser öffentlichen Interessen vereitelt. Daß dem Berufungswerber die Einhaltung der übertretenen Vorschriften aus besonderen Gründen nur erschwert möglich gewesen wäre, ist nicht hervorgekommen; auch sein Verschulden ist daher als hoch zu qualifizieren.
Das Gesetz sieht für Verwaltungsübertretungen gemäß Punkt 1.), wie oben ausgeführt, Geldstrafen von S 8.000,-- bis S 50.000,-- vor, zu Punkt 2.) solche von S 500,-- bis S 30.000,--. Die von der Behörde erster Instanz verhängten Strafen von S 8.000,-- zu Punkt
1.) sowie S 1.000,-- zu Punkt 2.) sind auch im Hinblick auf die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers und unter Bedachtnahme auf seine wirtschaftliche Lage und Sorgepflichten, keinesfalls zu hoch bemessen.
Der Ausspruch über die Kosten ist in §64 Abs2 VStG begründet. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.