Der BW war mit Straferkenntnis für schuldig erkannt worden, ein Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. In seiner Berufung brachte er dagegen vor, daß er während eines ganzen Tages drei Krügel Bier getrunken hätte und dies nicht zu einer festgestellten Alkoholisierung im Ausmaß von 1,7 Promille zum Zeitpunkt der Blutabnahme führen könne. Ein derart hoher Blutalkoholwert könne nur dadurch zustandegekommen sein, weil in der Zeit zwischen Blutabnahme und Blutuntersuchung eine Gärung des Blutes stattgefunden habe. Der UVS stellte fest, daß die Blutabnahme am 28.9. um 23.50 Uhr erfolgte, die Probe am 29.9. um
9.45 Uhr vom Institut für gerichtliche Medizin übernommen und danach bis zur Untersuchung am 30.9. gekühlt gelagert wurde. Der UVS gab der Berufung keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Bestrafung.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch seine Mitglieder, Mag Wendt, Vorsitzender, Dr Gindl, Beisitzer und DDr Lacina, Berichter über die Berufung des Herrn M gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Meidling vom 12.2.1992, AZ Pst 4201/Ml/91, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach §5 Abs1 StVO 1960 entschieden:
Aufgrund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis gemäß §66 Abs4 AVG bestätigt. Dem Berufungswerber wird gemäß §64 Abs1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 3.000,-- auferlegt.
Ferner hat der Berufungswerber gemäß §64 Abs3 VStG S 3.113,-- als Ersatz der Barauslagen für den Bericht des Institutes für gerichtliche Medizin der Universität Wien vom 8.4.1992 zu zahlen.
Begründung:
Der Berufungswerber führt im wesentlichen aus, daß selbst unter der Annahme, daß er während eines ganzen Tages drei Krügel Bier getrunken hätte, dies nicht zu einer Alkoholisierung im Ausmaß von 1,7 Promille zum Zeitpunkt der Blutabnahme kommen könne. Die Blutprobe wurde ihm am 28.9.1991 entnommen, die Untersuchung hätte jedoch erst am 30.9.1991 stattgefunden. Für das ordnungsgemäße Ergebnis sei es äußerst wichtig, wie die Blutprobe gelagert werde, damit eine Gärung des Blutes vermieden wurde. Das heißt, die Blutprobe müßte während dieser Zeit in einem Eiskasten verwahrt worden sein.
Aus der Anzeige geht hervor, daß der Berufungswerber dem Meldungsleger gegenüber hinsichtlich seines Alkoholkonsums befragt, folgendes angegeben hatte: "Ich habe in den Abendstunden des 28.9.1991, von 18.30 Uhr bis 20.45 Uhr drei Krügel Bier konsumiert bzw getrunken. Mehr will ich dazu nicht angeben. (Blatt 4 verso)."
Bei der hierauf vorgenommenen klinischen Untersuchung stellte der Amtsarzt bei dem Probanden als Zeichen von Ataxie einen unsicheren Gang, eine unsichere Finger-Fingerprobe sowie eine deutliche Rötung der Bindehäute, eine träge Pupillenreaktion, eine veränderte Sprache und einen deutlichen Geruch der Atemluft nach Alkohol fest. Die um 22.00 Uhr vorgenommene Alkotestprobe verlief
insoferne reaktiv, als die Marke überschritten wurde. Um 23.50 Uhr wurde dem Berufungswerber sodann Blut abgenommen, wofür der Berufungswerber auch seine Zustimmung erteilt hatte (Blatt 6 und 7).
Nach dem Bericht des Institutes für Gerichtliche Medizin der Universität Wien vom 30.9.1991 wurde die Blutprobe zweimal gaschromatographisch und zweimal nach der Methode von Widmark untersucht. Es ergab sich ein Wert vom 1,70 Promille, der sich auf den Zeitpunkt der Blutentnahme um 23.50 Uhr bezieht (Blatt 12). Geht man nun davon aus, daß der Berufungswerber seit dem Unfall sicherlich keinen Alkohol mehr zu sich genommen hatte, so befand sich der Berufungswerber spätestens ab diesem Zeitpunkt in der Abbauphase. Unter Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt um 21.00 Uhr ergibt sich daher ein annähernder Blutalkoholgehalt zur Tatzeit von etwa 2,0 Promille.
Hinsichtlich der vom Berufungswerber vorgebrachten Einwände bezüglich der abgenommenen Blutprobe erstellte das Institut für Gerichtliche Medizin der Universität Wien einen Bericht mit Datum vom 8.4.1992, wo folgendes ausgeführt wird:
"Am Samstag, dem 29.9.1991, wurde um 09.45 Uhr dem Insitut für Gerichtliche Medizin der Universität Wien die Blutprobe des M überreicht. Die Blutprobe wurde - wie üblich - durch den diensthabenden Portier des Institutes übernommen, in das Übernahmebuch eingetragen und sodann im Kühlschrank bis zur Blutalkoholbestimmung am Montag, dem 30.9.1991, gelagert. Die Blutprobe des M befand sich in einer zur Blutabnahme vorgesehenen sterilen, von der Wiener Polizei versiegelten und namentlich bezeichneten Venüle. Eine wie immer geartete Verunreinigung bzw Gärung des Blutes vor der Alkoholbestimmung kann somit mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
Am 13.3.1992 wurde die Blutprobe des M dem Kühldepot des Insitutes für Gerichtliche Medizin entnommen, zur Dokumentation fotographiert und einer Blutgruppen- und Faktorenbestimmung unterzogen.
Es wurden folgende Merkmale untersucht:
die klassischen Blutgruppe,
die Blutfaktoren M N und
die Rhesusfaktoren C-c-Cw, D, E-e.
Die Untersuchungen wurden entsprechend der, den einzelnen Merkmalen typischen, Reaktionsart und der Eigenheit der Testsera vorgenommen.
An der Blutprobe, bezeichnet mit M (siehe beiliegenden Fotos),
konnten folgende Merkmale festgestellt werden:
Blutgruppe B
Blutfaktoren M N
Rhesusfaktoren Cw cD.Ee
Nach biostatischer Berechnung kommt ein Blut mit der genannten
Blutformel 19 mal unter 100.000 Personen vor.
Die serologische Untersuchung dieser am 28.9.1991 um 23.30 Uhr durch den Polizeiamtsartz Med Rat OR Dr Nikbakhsh abgenommenen Blutprobe ergab die Blutgruppe B, Rhesusfaktor positiv. Für allfällige weitere Untersuchungen (weitere serologische Merkmale, DNA-Analyse) bzw einen Identitäsvergleich mit einer Herrn M neuerlich zu entnehmenden Blutprobe ist noch Blut vorhanden (Blatt 35-37)."
Auf Grund dieser Ausführungen ist daher mit der im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, daß die dem Probanden und nunmehrigen Berufungswerber entnommene Blutprobe nicht verwechselt wurde, zumal diese Blutprobe die vom Berufungswerber selbst angeführte Blutgruppe B
mit Rhesusfaktor positiv ergeben hatte (Blatt 21 und 36). Aus den angeführten Gründen war daher die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.
Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die Tat schädigte in erheblichem Maße das Interesse am Ausschluß nicht fahrtauglicher Personen von der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Lenkern.
Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat auch erheblich, zumal die gesetzliche Toleranzgrenze von 0,8 Promille zum Tatzeitpunkt vom Berufungswerber um mehr als 100 % überschritten worden war. Das Verschulden des Berufungswerbers war gleichfalls als erheblich anzusehen, da der Berufungswerber offensichtlich wissentlich gehandelt haben mußte, da bei einem geprüften Fahrzeuglenker das Wissen vorausgesetzt werden muß, wieviel Alkoholgehalt die von ihm konsumierten alkoholischen Getränken beinhalten.
Bei der Strafbemessung wurde auch eine auf der gleichen Neigung beruhende Verwaltungsvorstrafe (Blatt 15 verso) als erschwerend berücksichtigt.
Auf die allseitigen Verhältnisse des Berufungswerbers konnte nicht Bedacht genommen werden, da dieser sie der Behörde trotz Aufforderung (Blatt 19) nicht bekanntgegeben hat.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den von S 8.000,-- bis S 50.000,-- reichenden Strafrahmen ist die verhängte Geldstrafe, selbst bei ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie bei Bestehen etwaiger gesetzlicher Sorgepflichten des Berufungswerbers durchaus angemessen und keinesweges zu hoch, zumal im Verfahren keine Milderungsgründe hervorgetreten sind.
Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam daher nicht in Betracht. Dies auch deshalb, weil eine mildere Strafe kaum geeignet wäre, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuhalten.
Der Berufungswerber wird noch aufmerksam gemacht, daß er im Wiederholungsfalle mit einer strengeren Strafe rechnen müßte. Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 des VStG.
Die Auferlegung der Barauslagen für die Blutuntersuchung (Blatt 39) stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs3 VStG. Auf die Möglichkeit der Einbringung eines mit S 120,-- Bundesstempelmarken zu versehenden Ratenansuchens bei der Behörde erster Instanz wird hingewiesen.
Gemäß §51e Abs3 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.