Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; Großbetriebsprüfung Wien; Zurückweisung
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die mit 20.5.1992 datierte, am 25.5.1992 zur Post gegebene und am 27.5.1992 beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingelangte Beschwerde des Herrn Walter S, vertreten durch RA, gegen das von der Großbetriebsprüfung Wien erfolgte hoheitliche Einschreiten, insbesonders gegen die durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung gemäß §197 FinStrG durch sein Mitglied DDr Schönberger wie folgt entschieden:
Die Beschwerde wird gemäß §67c Abs3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung:
I. Beschwerdevorbringen
Der Beschwerdeführer brachte in seiner Beschwerde vom 20.5.1992 wörtlich folgendes vor:
"Die Großbetriebsprüfung Wien als - vorgebliche - Abgabenbehörde hat zur Steuernummer GrBp-348/1988 beim Einschreiter eine abgabenbehördliche Überprüfung durchgeführt.
Rechtsgrundlage dieser Betriebsprüfung ist - der Angabe der Großbetriebsprüfung zur Folge - der gemäß §197 Finanzstrafgesetz dem Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz erteilte Auftrag (Beschluß des Landesgericht für Strafsachen Wien vom 11.4.1988, GZ 24 b Vr 3177/88).
Festzuhalten ist, daß dieser Beschluß des Landesgericht für Strafsachen Wien die Großbetriebsprüfung Wien nicht mit der Durchführung von Erhebungen oder einer Betriebsprüfung beauftragt. Mit Schreiben der Großbetriebsprüfungsstelle vom 11.5.1992 wurde die steuerliche Vertreterin des Einschreiters, die Firma D GmbH, Wien, von dem ins Auge gefaßten Termin der Betriebsprüfung am 21.5.1992 verständigt und zum Besprechungstermin eingeladen. Als Leiter der dann durchgeführten Betriebsprüfung am 21.5.1992 fungierte der Oberrat Dr Günther K als Leiter der Amtshandlung, als weiteres amtliches Organ war Herr Rev R V und als sonstige Anwesende waren Wirtschaftsprüfer Dr Peter S samt Mitarbeiter an der Amtshandlung der - vorgeblich als eigene Abgabenbehörde einschreitenden - Großbetriebsprüfung Wien beteiligt (§67c Abs2 Z2 AVG).
Die Großbetriebsprüfung Wien wurde lediglich durch einen Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen als eigene Abgabenbehörde einzurichten versucht. "Erlässe", also bloß verwaltungsinterne Normen mit generellem Adressatenkreis sind - trotz ihrer irreführenden Bezeichnung als "Verwaltungsverordnung" - keine Verordnung im Sinne des B-VG, sondern allenfalls Weisungen (Art20 Abs1 B-VG). Weisungen sind keine taugliche Grundlage der Einrichtung von Organisationseinheiten von Behörden. Derartige Regelungen befinden sich lediglich im Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz (AVOG), welches den Aufbau der Abgabenverwaltung des Bundes abschließend regelt. Die einzelnen Finanzbehörden sind entweder in diesem Gesetz selbst oder in dessen Anhang ausdrücklich bezeichnet und normiert. Die Großbetriebsprüfung Wien scheint in dem genannten Gesetz nicht auf; sie ist auch in keinem anderen Bundesgesetz geregelt. Es wäre auch nicht zulässig gewesen, dies in einer Verordnung zu regeln, da es dafür einer Änderung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes bedurft hätte, um diese aus dem in Punkt AZ 1 der Anlage 1 zum AVOG genannten Finanzamt auszugliedern und als eigene selbständige Behörde zu installieren. Die Großbetriebsprüfung Wien ist ungeachtet dieses Umstandes im gegenständlichen Abgabenverfahren als selbständige Behörde eingeschritten und hat hoheitliche Verfügungen, Ladungen, Durchführung von Verhandlungen sowie die Betriebsprüfung selbst durchgeführt und am 21.5.1992 eine Besprechung abgehalten. Es ist daher im Hinblick auf die aufgezeigte fehlende rechtliche Existenz der genannten - vorgeblichen - Abgabenbehörde das gesamte Betriebsprüfungsverfahren nichtig (§67c Abs2 Z4 AVG)."
Abschließend stellte der Beschwerdeführer den Antrag, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären.
II. Rechtliche Beurteilung
1. Eine eigenständige Behörde mit der Bezeichnung "Großbetriebsprüfung Wien" existiert tatsächlich nicht. Die "Großbetriebsprüfung Wien" ist keine Abgabenbehörde und kann daher keine hoheitlichen Befugnisse im eigenen Namen ausüben. Es handelt sich vielmehr um eine organisatorische Einheit im Bereich der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, die Betriebsprüfungen bei Großbetrieben im Auftrag und im Namen des jeweils sachlich und örtlich zuständigen Finanzamtes tätigt.
Somit sind die in Beschwerde gezogenen Handlungen keineswegs einer rechtlich nicht existenten Behörde, sondern einem Finanzamt, somit einer bestimmten Abgabenbehörde, zuzurechnen.
Die Behauptung, daß im gegenständlichen Abgabenverfahren eine unzuständige Behörde eingeschritten sei, erweist sich daher als verfehlt.
Da somit der behauptete Beschwerdegegenstand (Einschreiten einer unzuständigen Behörde) gar nicht vorliegt, war die Beschwerde schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.
2. Doch selbst wenn man von der - falschen - Behauptung des Beschwerdeführers ausginge, daß nämlich die von ihm inkriminierten Handlungen von einer rechtlich nicht existenten Behörde gesetzt worden seien, wäre die Beschwerde zurückzuweisen gewesen:
Denn die Handlungen einer rechtlich nicht existenten Behörde können wohl nicht als die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert werden.
3. Im übrigen erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers auch dahingehend als rechtlich verfehlt, als er einerseits behauptet, die gesetzten Handlungen seien nichtig, andererseits aber deren Rechtswidrigerklärung begehrt.