Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, iVm §24 VStG, BGBl Nr 52/1991, abgewiesen.
Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 Abs2 VStG 20 % der verhängten Strafe, das sind S 4.000,-- zu zahlen.
Die Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für NÖ, Außenstelle xx, hat Herrn L F als Lenker des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen W am 20.1.1991 gegen 17,35 Uhr am Parkplatz der xxautobahn, Richtungsfahrbahn xx bei km 40,900, einer Lenkerkontrolle unterzogen, bei der er keinen Führerschein vorweisen konnte. Seine Behauptung, seit dem Jahre 1982 die erforderliche Lenkerberechtigung zu besitzen wurde überprüft, wobei festgestellt wurde, daß im Verkehrsamt W über ihn zahlreiche hohe Strafen wegen Fahrens ohne erforderliche Lenkerberechtigung aufscheinen, seit dem ihm im Jahre 1982 nach einem im alkoholisierten Zustand verursachten Verkehrsunfall die von der Bezirkshauptmannschaft xx ausgestellte Lenkerberechtigung entzogen wurde.
Die Beamten haben daher gegen L F Anzeige wegen der Übertretung nach §64 Abs1 KFG 1967 erstattet. Der Angezeigte wurde vom Bezirkspolizeikommissariat seines Wohnortes xx unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Vormerkungen mit S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Wochen) bestraft.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte telegrafisch berufen. Die trotz der teilweisen unrichtigen Rechtsmittelbelehrung ("Sie können die Berufung auch direkt bei der Berufungsbehörde (= Verwaltungssenat der Stadt Wien, 1200 Wien, Dresdner Straße 75) einbringen") richtig an die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat xx adressierte Berufung hat folgenden Wortlaut: "Gegen die Straferkenntnis mit der Nummer PSt xx erhebe ich hiermit Berufung. Begründung: Die Strafbemessung ist viel zu hoch. L F".
Das Telegramm ist, wie aus dem Eingangsstempel der Protokollstelle des Bezirkspolizeikommissariates xx zu entnehmen, dort am Montag, den 27.5.1991 übernommen worden. Das Bezirkspolizeikommissariat xx hat den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 12.6.1991 ein erstes und am 26.6.1991 ein zweites Mal im Wege des Revisionsbüros für Polizeistrafsachen zur Entscheidung vorgelegt, und bei der Vorlage angemerkt, daß die Berufung verspätet eingebracht sei.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat den Verwaltungsstrafakt unter Hinweis auf §51 Abs1 VStG dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ zuständigkeitshalber weitergeleitet.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat nach Prüfung des vorgelegten Aktes erwogen:
1) Gemäß §63 Abs5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, oder bei der Behörde, die über die Berufung zu entscheiden hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.
Die Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen Bescheid enthält zwar eine von dieser Bestimmung abweichende Formulierung - es wurde eine unzuständige (§51 Abs1 VStG) Berufungsbehörde mit noch dazu unrichtiger Bezeichnung (Verwaltungssenat der Stadt Wien statt richtig Unabhängiger Verwaltungssenat Wien) angegeben - da der Beschuldigte jedoch sein Rechtsmittel richtig an die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat xx adressiert hat, ist dieser Mangel saniert.
Das Straferkenntnis wurde nach einem ersten Zustellversuch am Mittwoch, den 8.5.1991 und einem zweiten Zustellversuch am Freitag den 10.5.1991 am Freitag, den 10.5.1991 durch Hinterlegung beim Postamt W rechtswirksam zugestellt und mit diesem Tag auch erstmalig zur Abholung bereitgehalten.
Gemäß §32 Abs2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Da die Berufungsfrist im gegenständlichen Fall mit der Hinterlegung am Postamt am Freitag, den 10.5.1991 begonnen hat, endet diese Frist am Freitag, den 24.5.1991, 24,00 Uhr.
Der Berufungswerber hat sein Rechtsmittel telegrafisch eingebracht, der Telegrammausfertigung ist ohne Schwierigkeiten Aufgabedatum und Aufgabeart, weiteren Buchstaben- und Zahlenkombinationen auch noch Aufgabenummer, Aufgabeamt, Worteanzahl und Zustellverfügung zu entnehmen. Aus der Buchstaben- und Zahlenfolge "w /tel 39/31 24 2250" ist unschwer abzulesen, daß das Telegramm in W (Telegrafenzentralstation) am 24. (5.1991) um 22,50 (Uhr) mit 31 Worten (bwz 39 Gebührenwörtern - Bezirkspolizeikommissariat sind zB 3 Worte) telefonisch aufgegeben wurde.
Der Zustellvermerk "am 25. tags" bedeutet, daß erst am 25.5.1991 tagsüber und nicht noch zur Nachtzeit zuzustellen ist.
Das Telegramm wurde an das Postamt W weitergeleitet, dort
ausgefertigt und kuvertiert. Auf der Rückseite des Kuverts findet
sich der Eingangsstempel des Zustellpostamtes W mit dem
Zeitpunkt des Einlangens: 25.5.1991, 05,00 Uhr - der Poststempel ist hier (ausnahmsweise) nicht der Nachweis der Postaufgabe, sondern der Weiterleitung.
Die, wie dargelegt, nachweislich am 24.5.1991 eingebrachte Berufung war somit rechtzeitig.
2) Nach dem gemäß §24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden §63 Abs3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Eine Eingabe ist nur dann als Berufung im Sinne des §63 AVG anzusehen, wenn ihr zunächst entnommen werden kann, daß der bezeichnete Bescheid angefochten wird, dh daß die Partei mit der Erledigung der erkennenden Behörde nicht einverstanden ist. Des weiteren muß aber aus der Eingabe auch ersichtlich sein, aus welchen Erwägungen die Partei die in Berufung gezogene Entscheidung bekämpft. Denn das Gesetz verlangt nicht nur einen Berufungsantrag schlechthin, sondern überdies seine Begründung, dh die Darlegung, aus welchen Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird.
Die Formulierung "Die Strafbemessung ist viel zu hoch" reicht gerade noch für die Annahme des Vorliegens eines begründeten Berufungsantrages aus (vgl VwGH 9.7.1985, 85/07/0080 Slg 11832A).
3) Eine öffentliche mündliche Verhandlung war gemäß §51e Abs2 VStG nicht anzuberaumen, weil sie nicht ausdrücklich verlangt und die Berufung nur gegen die Strafhöhe gerichtet war.
4) Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat nach Prüfung des objektiven Kriteriums des Unrechtsgehaltes der Tat und des subjektiven Schuldgehaltes (§19 Abs1 und 2 VStG) erwogen:
Sinn der vom Berufungswerber übertretenen Norm ist, die Teilnahme nicht befähigter Lenker am Straßenverkehr im Interesse der eigenen und der allgemeinen Verkehrssicherheit zu verhindern. Die durch Entzug der Lenkerberechtigung indizierte unzureichende Verkehrszuverlässigkeit stellt von vornherein eine die Allgemeinheit gefährdende Benützung eines Fahrzeuges dar. Über den Berufungswerber liegen Vormerkungen über noch nicht getilgte Vorstrafen wegen Übertretung des §64 Abs1 KFG vor, die letzte rechtskräftig verhängte Strafe betrug S 22.000,--.
Die vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ veranlaßte Erhebung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie der Sorgepflicht hat ergeben, daß der Beschuldigte monatlich S 15.000,-- verdient, vermögenslos und für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig ist.
Davon ausgehend und unter Berücksichtigung der weiteren Kriterien des §19 Abs1 und 2 VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ insbesonders im Hinblick darauf, daß auch eine Geldstrafe in der Höhe von S 22.000,-- nicht geeignet war, den Berufungswerber vom Lenken eines Kfz ohne der hierfür erforderlichen Lenkerberechtigung abzuhalten, die Berufung abgewiesen und die von der Behörde I Instanz verhängte Strafe als schuldangemessen und persönlichkeitsadäquat bestätigt.
5) Gemäß §64 Abs2 VStG ist der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag von 20 % der von der Behörde erster Instanz verhängten Geldstrafe, das sind S 4.000,-- für das Berufungsverfahren zu bezahlen.
Gemäß §54b Abs3 VStG hat jedoch die Bundespolizeidirektion xx auf Ansuchen des Bestraften die Möglichkeit, Zahlungserleichterungen, dh einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlungen zu bewilligen.