TE UVS Niederösterreich 1992/06/11 Senat-WB-91-032

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Veröffentlicht am 11.06.1992
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VwGH vom 8.9.1994, Zl 92/18/0317, Behandlung der Beschwerde abgelehnt Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991, S 11.400,--  als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 16. September 1991, Zl 3-     -91, wurde über Herrn P B als gemäß §9 VStG, BGBl Nr 52/1991, zur Vertretung nach außen Berufener der Firma G D GesmbH & CO KG wegen verschiedener Übertretungen nach den Bestimmungen der §§ 3 Abs2, 6 Abs1, 7, Abs1 ARG iVm §27 Abs1 ARG, BGBl Nr 144/1983 idgF eine Geldstrafe in der Gesamthöhe von S 57.000,--, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 114 Tagen verhängt.

 

Dem Beschuldigten wurde angelastet, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma G D GesmbH & CO KG in yy dafür verantwortlich gewesen zu sein, daß Arbeitnehmer während der Wochenendruhe beschäftigt waren (Punkt 1 bis 48 des Straferkenntnisses), daß Arbeitnehmern, die während der Wochenendruhe beschäftigt wurden, in der folgenden Arbeitswoche keine Ersatzruhe im Ausmaß der während der wöchentlichen Ruhezeit geleisteten Arbeit gewährt wurde (Punkte 49 bis 91 des Straferkenntnisses), und daß Arbeitnehmer während der Feiertagsruhe beschäftigt wurden (Punkt 92 bis 114 des Straferkenntnisses).

 

Über seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhebt der Beschuldigte fristgerecht Berufung und führt ua dazu aus, daß die angelasteten Überschreitungen des Arbeitsruhegesetzes nicht in Abrede gestellt werden. Verwiesen wird auf die betriebliche Notsituation, bis hin zur Existenzbedrohung, beides verursacht durch den Lieferverzug der Fremdfirma. Die Anordnung der inkriminierten Mehrleistungen sei die einzige Möglichkeit zur Abwendung des drohenden wirtschaftlichen Schadens gewesen. Auf den vereinbarten und vorgesehenen Liefertermin (Oktober 1990 bis November 1990) habe man angesichts des Weltstandards der Lieferfirma vertraut. Durch die Überschreitung des Liefertermins war man gezwungen, vereinbarte Druckaufträge an andere Unternehmen weiterzugeben, was mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen des Betriebes verbunden war. Die Anmietung einer Ersatzmaschine sei nicht möglich gewesen, die Aushandlung eines Pönales nicht vereinbart worden, da die Existenzbedrohung durch Pönalzahlung nicht abzufangen gewesen wäre.

 

Im vorliegenden Rechtsmittel wird der Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gestellt, in eventu die Aufhebung der Strafverfügung und Zurückweisung der Verwaltungsstrafsache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz, sowie eine Herabsetzung der verhängten Verwaltungsstrafe.

 

Das zuständige Arbeitsinspektorat hat im Rahmen des Parteiengehörs den Strafantrag vollinhaltlich, auch hinsichtlich des beantragten Strafausmaßes, aufrecht erhalten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat dazu folgendes erwogen:

 

Vom Berufungswerber wurde nie in Abrede gestellt, daß es zu den im Straferkenntnis angeführten Überschreitungen des Arbeitsruhegesetzes gekommen sei.

Außergewöhnlich ist ein Fall im Sinne der Bestimmung des §11 ARG dann, wenn der Eintritt eines bestimmten Sachverhalts nicht mit dem üblichen Betriebsablauf verbunden ist. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichshofes fallen Lieferverzug einer Fremdfirma sowie die Installation einer Maschine nicht in den Anwendungsbereich des §11 ARG. Bei diesen Vorkommnissen handelt es sich um keine außergewöhnlichen Fälle im Sinne der Bestimmungen des §11 ARG.

 

Im streitgegenständlichen Verfahren hat es sich um eine seit längerer Zeit geplante und schließlich dann getätigte größere Investition gehandelt. Fest steht, daß Kaufgespräche und - letztlich darauf basierend - die Bestellung der neuen Druckmaschine schon im Frühjahr 1990 erfolgte. Dieses Vorbringen des Beschuldigten schließt aber die Annahme aus, daß im vorliegenden Fall der eingetretenen Lieferverzögerung unvorhergesehene und nicht zu verhindernde Gründe vorlagen. Bei geplanten Installationen solcher Größenordnung, die offensichtlich einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, mußte dem Berufungswerber schon aufgrund seiner Erfahrung bewußt sein, daß der Eintritt von Verzögerungen oder allfälligen Komplikationen nicht ausgeschlossen werden kann, weshalb auch für solche Fälle durch Anordnung entsprechender Maßnahmen, beispielsweise durch Aufnahme zusätzlicher Arbeitskräfte, vorzusorgen gewesen wäre.

 

Diese Rechtsauffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates geht mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes konform. (vgl analog Erkenntnis VwGH 90/19/0225 vom 15.4.91).

 

Aus den entsprechenden Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes ergibt sich schlüssig, daß auch Sondereinsätze zur termingerechten Fertigstellung von Arbeiten den Arbeitgeber oder deren gesetzliche Vertreter nicht dazu berechtigen, den Arbeitnehmern keine wöchentliche Ruhezeit zu gewähren.

Die im §11 Abs1 Z2 ARG verwendete Generalklausel "sonstigen und verhältnismäßigen wirtschaftlichen Schaden" bezieht sich auf Fälle, in denen vorübergehende und unaufschiebbare Arbeiten zur Verhinderung betrieblicher Schäden erforderlich sind. Es kommen jedoch nur unmittelbare materielle Schäden in Betracht und nicht etwa ein entgangener Gewinn durch die Produktionsunterbrechung während der Ruhezeiten.

Der Hinweis in der Berufung, daß die Arbeitnehmer für die Situation hinreichend Verständnis aufbrachten, bringt nichts für den Berufungswerber, da es sich beim Arbeitsruhegesetz um eine soziale Schutznorm handelt, die der freien Übereinkunft entzogen ist.

 

Der in der Berufung gestellte Eventualantrag auf Aufhebung der Strafverfügung und Zurückweisung zur Verfahrensergänzung und zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz ist nach §24 VStG nicht anwendbar, da die diesbezügliche Bestimmung des §66 Abs2 AVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht zum Tragen kommt.

 

Gemäß §19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im Absatz 2 dieser Bestimmung sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx wurden weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe der Strafbemessung zugrunde gelegt. Die Strafe wurde innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzt. Gemäß §27 Abs1 Arbeitsruhegesetz sind Arbeitgeber oder deren gesetzliche Vertreter bei Zuwiderhandeln gegen die gesetzlichen Normen mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis 30.000,-- zu bestrafen. Die von der Erstinstanz verhängte Höhe der Strafe erscheint durchaus schuldangemessen und einerseits geeignet, eine generalpräventive Wirkung zu erzielen, andererseits wird der Zweck erreicht, den Beschuldigten von der Begehung weiterer Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Der Einwand, er sei zur Wahrung der Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens zu dem ihm angelasteten Verhalten genötigt gewesen, kann nicht als mildernder Umstand gewertet werden (VwGH 19.12.1973, 319/73).

Durch das strafbare Verhalten im Bewußtsein der Rechtswidrigkeit über einen längeren Zeitraum kann auch eine außerordentliche Milderung der Strafe im Sinne der Bestimmung des §20 VStG nicht Platz greifen. Der Hinweis in der Berufung, daß die enorme Überschreitung letztlich erschwerend vorgehalten wird, geht ins Leere, da aus dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx klar ersichtlich ist, daß keine Erschwerungsgründe der Strafbemessung zugrunde gelegt wurden.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Gründe war daher der Berufung im vorliegenden Fall der Erfolg zu versagen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Gemäß §51e Abs2 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da sämtliches Vorbringen unter den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung subsumierbar ist und die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich begehrt wurde.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesstellen, danach ist der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens für das Berufungsverfahren mit 20 % der verhängten Strafe zu bemessen.

Der Berufungswerber hat daher insgesamt folgende Beträge zu entrichten:

1. Verhängte Geldstrafe                          S 57.000,--

2. Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz    S  5.700,--

3. Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens S 11.400,--

                                                 -----------

                                       Gesamt    S 74.100,--

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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