Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991, (AVG), insoweit Folge gegeben, als die unter den Punkten
a) und b) des angefochtenen Bescheides jeweils verhängte Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) auf jeweils S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden),
c) verhängte Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) auf S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden)
d) S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängte Geldstrafe auf
S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden)
e) bis i) jeweils verhängte Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag, 12 Stunden) auf jeweils S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) herabgesetzt wird.
Gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl Nr 52/1991, VStG hat der Berufungswerber den Betrag von S 430,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz binnen 2 Wochen zu zahlen.
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt xx vom 27.9.1991, Zl
xx, wurden über den Beschuldigten Dr G H als verantwortlichen
Masseverwalter betreffend die Gebrüder G GesmbH, xx W , S
H straße xx, wegen verschiedener Übertretungen nach dem
Arbeitnehmerschutzgesetz BGBl Nr 234/1972 iVm der allgemeinen
Arbeitnehmerschutzverordnung BGBl Nr 218/1983 idgF Geldstrafen in
der Gesamthöhe von S 26.000,-- verhängt. Ihm wurde angelastet, als
verantwortlicher Masseverwalter betreffend die Gebrüder G GesmbH
xx Wien, S H straße xx, vertreten zu müssen, daß laut
dienstlicher Wahrnehmung eines Organes des Arbeitsinspektorates für den x Aufsichtsbezirk vom 6.3.1991 anläßlich einer Überprüfung der Betriebsanlage der Notausgang verlagert vorgefunden wurde, der Hauptverkehrsweg eine geringere als die gesetzliche Breite aufwies, daß für die Erste Hilfeleistung keine ausreichende Ausstattung vorhanden war, keine Person bei fünf ständig beschäftigten Arbeitnehmern nachweislich in Erster Hilfeleistung in einer mindestens 16 stündigen Kurs ausgebildet war, die Kälteanlage keiner gesetzlichen Prüfung hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit unterzogen war, die Kühlhaustüre nicht von innen öffenbar war, der Auflagerungsakt des Bescheides vom 21.6.1983 nicht eingehalten wurde, der Auflagerungsakt 1 des Bescheides vom 16. Jänner 1963 deshalb nicht eingehalten wurde, da die elektrischen Anlage nicht mindestens alle Jahre überprüft wurde und daß die Förderanlage ebenfalls nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfung unterzogen war.
Fristgerecht hat der Beschuldigte mit Schriftsatz vom 14.10.1991 Berufung erhoben und im wesentlichen ausgeführt, daß das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben sei. So sei eine dienstliche Wahrnehmung von Organen des Arbeitsinspektorates als Beweis für das angelastete strafbare Verhalten nicht ausreichend; außerdem sei von der Behörde keine Prüfung der Frage erfolgt, ob ein verantwortlicher Beauftragter nach §9 Abs3 VStG bestellt worden ist. Schließlich wird zur Strafbemessung bzw Verhängung auf die Bestimmung der §§21 und 22 VStG hingewiesen und betont, daß das Verschulden des Berufungswerbers im Hinblick auf seine zeitlich begrenzte Funktion als Masseverwalter geringfügig sei. Da auch die Folgen der Übertretung als unbedeutend anzusehen sind, hätte er einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des §21 VStG. Jedenfalls würden die verhängten Strafen dem Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretungen in keiner Weise entsprechen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat hiezu folgendes erwogen:
Vom Vorbringen in der Berufung kann davon ausgegangen werden, daß der angelastete Sachverhalt vom Berufungswerber substantiell auch nicht bestritten wird. Es wird als Mangelhaftigkeit ausgeführt, daß für die Behörde die Übertretungen bereits aufgrund der "dienstlichen Wahrnehmungen" von Organen des Arbeitsinspektorats erwiesen sind. Beweise dafür, daß die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht bzw nicht in dieser Form gesetzt wurden, werden im Rechtsmittel selbst nicht angeboten. Auch hinsichtlich eines allfällig bestellten verantwortlich Beauftragten nach §9 Abs3 VStG unterbleibt in der Berufung eine konkrete Namensnennung.
Insgesamt ist daher kein Anlaß gegeben, die dem Berufungswerber in seiner Funktion als Masseverwalter angelasteten Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes in Frage zu stellen, wurde der strafbare Sachverhalt doch anläßlich einer Überprüfung des gegenständlichen Betriebes durch Organe des Arbeitsinspektorates für den x Aufsichtsbezirk erhoben; in diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, daß die Beamten eines Arbeitsinspektorates durchaus als besonders geschulte Organe, was die Kontrolle der Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen betrifft, anzusehen sind. Der so erhobene und dem Berufungswerber angelastete Sachverhalt war daher von der Behörde erster Instanz zu Recht als erwiesen anzunehmen.
Bei Prüfung der Frage der Strafzumessung ist allerdings den Argumenten des Berufungswerbers weitgehend zu folgen:
Zur beantragten Anwendung des §21 VStG ist jedoch folgendes festzuhalten:
Gemäß §21 Abs1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.
Im vorliegenden Fall ist wohl bei einer hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt zu berücksichtigen, daß für die Kontrolle der Betriebstätigkeit im gegenständlichen Betrieb nur beschränkt Zeit zur Verfügung stand. Schließlich bietet die Übernahme eines Betriebes für die Dauer eines Konkursverfahrens kaum Möglichkeiten, Arbeitsabläufe umzustrukturieren und ist die Funktion eines Masseverwalters in dieser Hinsicht nicht der eines Betriebsinhabers gleichzuhalten.
Der Unabhängige Verwaltungssenat ist daher der Ansicht, daß das Verschulden des Berufungswerbers vor diesem Hintergrund als geringfügig einzustufen ist.
Die übertretenen Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes dienen dem Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer. Die Folgen der gegenständlichen Übertretungen können daher - auch nach den Erfahrungen des täglichen Lebens - nicht von vornherein als unbedeutend qualifiziert werden. Durch die Vielzahl der Übertretungen von zwingend vorgeschriebenen Rechtsnormen war für die Anwendung des §21 Abs1 VStG trotz der festgestellten Geringfügigkeit des Verschuldens kein Raum.
Wohl aber erscheint es dem Unabhängigen Verwaltungssenat vor diesem Hintergrund durchaus gerechtfertigt, die verhängten Strafen weitgehend herabzusetzen, hat doch auch die Behörde erster Instanz keine Straferschwerungsgründe gefunden, sodaß davon auszugehen ist, daß die gegenständlichen Übertretungen die ersten ihrer Art sind, die vom Berufungswerber zu verantworten sind. Die verhängten Strafen erscheinen nicht zuletzt auch im Hinblick auf die "zeitlich begrenzte Funktion" als Masseverwalter ausreichend.
Da die Parteien des gegenständlichen Verfahrens auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet haben, war von einer solchen gemäß §51e Abs3 VStG Abstand zu nehmen.