TE UVS Wien 1992/06/30 03/10/1637/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.1992
beobachten
merken
Betreff

Die BW war mit Straferkenntnis für schuldig befunden worden, sie habe als Lenkerin eines KFZ den Vorrang gegenüber einem Fahrzeug, das von rechts kam, nicht beachtet. Der UVS gab der Berufung Folge, ohne auf das Vorbringen der BW konkret eingehen zu müssen, weil wesentliche Tatbestandselemente nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist angelastet worden waren, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Verfahren gemäß §45 Abs1 Z3 VStG ein.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Berufung der Frau S gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Wieden vom 20.5.1992, AZ Pst 1358/W/91, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach §19 Abs1 StVO 1960 entschieden:

Auf Grund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis gemäß §66 Abs4 AVG behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Zif3 VStG eingestellt.

Gemäß §65 VStG wird der Berufungswerberin ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.

Text

Begründung:

Der Berufungswerberin wurde in dem von ihr angefochtenen Straferkenntnis angelastet, am 3.6.1991 um 18.20 Uhr in Wien 4, Johann Strauß-Gasse 37 Krzg Kolschitzkygasse als Lenkerin des dem Kennzeichen nach bestimmten KKW den Vorrang gegenüber einem Fahrzeug, das von rechts kam, nicht beachtet zu haben. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §19 Abs1 StVO 1960 begangen.

Dazu wird in rechtlicher Hinsicht ausgeführt,daß der §19 Abs1 StVO 1960 keine Tatbestände enthält, die durch den Wartepflichtigen verwirklicht werden könnten. Strafbar ist nur, wer das Verbot des §19 Abs7 leg cit verletzt (Verwaltungsgerichtshof verstärkter

Senat 11.9.1978, Slg 9626/A = ZfVB 1979/2/455; 15.1.1980, 1810/79

= ZfVB 1980/6/1942).

Der §19 Abs1 StVO enthält sohin kein Gebot oder Verbot, sondern nur eine Vorrangregel. Der Verstoß gegen eine solche Vorrangregel allein ist aber nur dann strafbar, wenn die Tatbestandselemente des §19 Abs7 StVO hinzutreten, also der Umstand, daß der Wartepflichtige den Vorrangberechtigten zum unvermittelten Bremsen oder zum Ablenken seines Fahrzeuges nötigt. Nur wenn beide Tatbestände vorliegen, nämlich §19 Abs7 als Verbotsnorm und §19 Abs1 StVO als jene Norm, die - neben den Abs2 bis 6a - den Begriff des Vorranges regelt, kann in diesem Zusammenhang im Sinn des §99 Abs3 lita StVO davon gesprochen werden, daß jemand als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstoßen hat.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine dem Gesetz entsprechende Verfolgungshandlung bezüglich einer einem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nur dann vor, wenn sie sich auf alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale sowie auf ein konkretes Tatgeschehen bezieht.

Eine ausreichende Konkretisierung der Tat setzt unter anderem voraus, daß diese so genau umschrieben ist, daß der Beschuldigte durch diese Umschreibung in die Lage versetzt wird, auf den Tatvorwurf bezogene, dessen Widerlegung dienende Beweise anzubieten und wenn der Berufungswerber rechtlich dafür geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH 14.2.1985, 85/02/001).

Auch ist eine derartige Verfolgungshandlung gemäß §31 Abs2 VStG binnen einer Frist von sechs Monaten ab dem Tatzeitpunkt zu setzen; im gegenständlichen Fall endete die Verfolgungsverjährungsfrist am 3.12.1991.

Aus dem Akteninhalt geht nicht hervor, daß gegen die Berufungswerberin bis zu diesem Zeitpunkt eine Verfolgungshandlung im Sinne des §32 Abs2 VStG, die auch die wesentlichen Tatbestandsmerkmale des §19 Abs7 StVO aufweist, gesetzt wurden. Aus den angeführten Gründen war der Berufung daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und die Einstellung des Verfahrens spruchgemäß zu verfügen.

Gemäß §51e Abs1 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.

Schlagworte
Vorrangregel, Vorrangverletzung, Anlastung, wesentliche Tatbestandselemente
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten