TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/20 99/11/0098

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Veröffentlicht am 20.09.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §27 Abs7;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. Jänner 1999, Zl. MA 15-II-1022/98, betreffend Eintragung in die Ärzteliste (mitbeteiligte Partei: V, vertreten durch DDr. Wolf Freissmuth, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bräunerstraße 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit Schreiben vom 11. März 1998 an die Ärztekammer für Wien erklärte die mitbeteiligte Partei gemäß § 11a des Ärztegesetzes 1984 (ÄrzteG) die Anmeldung für die Ausübung des ärztlichen Berufs im Bereich der Ärztekammer für Wien und legte unter einem die nach § 11a in Verbindung mit § 3b in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Z. 2 bis 5 ÄrzteG erforderlichen Nachweise bei. Die österreichische Ärztekammer wies mit Bescheid vom 16. Juni 1998 den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Eintragung in die Ärzteliste als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe gemäß § 11a Abs. 8 in Verbindung mit § 3b Abs. 1 ÄrzteG ab. Die mitbeteiligte Partei erhob Berufung.

Der Landeshauptmann von Wien gab der Berufung nach § 28 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998) in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG statt und hob den angefochtenen Bescheid "ersatzlos" auf.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (nunmehr: des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen), weil die belangte Behörde zu Unrecht der Berufung der mitbeteiligten Partei entsprochen und eine nicht der Rechtslage entsprechende Aufhebung des Bescheides der österreichischen Ärztekammer ausgesprochen habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

Sache des erstinstanzlichen Verfahrens vor der Ärztekammer nach § 27 ÄrzteG 1998 war die Eintragung des Beschwerdeführers in die Ärzteliste.

Gemäß § 27 Abs. 7 ÄrzteG 1998 hat die österreichische Ärztekammer eine Person in die Ärzteliste einzutragen und ihr einen mit ihrem Lichtbild versehenen Ausweis (Ärzteausweis) auszustellen, wenn die betreffende Person die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse erfüllt. Erfüllt die betreffende Person die Erfordernisse nicht, so hat die österreichische Ärztekammer die Eintragung in die Ärzteliste mit Bescheid zu versagen.

Mit ihrem abweisenden Bescheid hat die österreichische Ärztekammer über die Eintragung des Beschwerdeführers in die Ärzteliste (und zwar: negativ) entschieden. Diese Sache des erstinstanzlichen Verfahrens war nach der klaren Formulierung des Spruchs des erstinstanzlichen Bescheides auch Sache des Berufungsverfahrens.

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat - außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall - die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Daraus folgt aber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1992, Zl. 92/04/0120), dass die Berufungsbehörde - abgesehen vom Fall des § 66 Abs. 2 AVG - dann, wenn der meritorischen Entscheidung der Vorinstanz ein Antrag der Partei zu Grunde lag, auch über diesen Antrag abzusprechen hat. Im vorliegenden Fall lag eine Anmeldung der mitbeteiligten Partei zur Eintragung in die Ärzteliste vor. Eine solche Anmeldung ist vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einem Antrag gleich zu halten. Nach dem klaren Spruch des angefochtenen Bescheides, der sich ausdrücklich auf § 66 Abs. 4 AVG bezieht und ausdrücklich eine ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides vorsieht, hat die belangte Behörde jedoch einen Abspruch über den dem erstinstanzlichen Bescheid zu Grunde liegenden Antrag der mitbeteiligten Partei unterlassen. Angesichts des unzweifelhaften Wortlauts des Spruchs des angefochtenen Bescheides scheidet eine allfällige Interpretation des Bedeutungsgehaltes aus der Begründung desselben aus. Dass die belangte Behörde im Übrigen eine ersatzlose Behebung des Bescheides der ersten Instanz vornehmen wollte, ergibt sich auch klar aus den in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegenden, aber offenbar verworfenen, Bescheidkonzepten, in denen ein Abspruch über das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen intendiert war.

Schon aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.

Aufwandersatz war nicht zuzusprechen, weil gemäß § 47 Abs. 4 VwGG im Fall des Art. 131 Abs. 2 B-VG weder für den Beschwerdeführer noch für die belangte Behörde ein Aufwandersatz stattfindet und gemäß § 47 Abs. 3 Mitbeteiligte in keinem Falle als unterlegene Partei anzusehen sind.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 20. September 2001

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999110098.X00

Im RIS seit

05.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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