Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, iVm §24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBlNr 52/1991, teilweise Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides insoweit abgeändert, als er wie folgt zu lauten hat:
"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufene Person (§9 VStG) der S & C T und M gesellschaft mbH und Co KG zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 29.5.1991 in xx folgende Lebensmittel durch Lagern (Bereithalten zum Abholen) in Verkehr gebracht hat:
1.
60 Packungen zu 250 g Szegediner Krautfleisch
2.
200 Packungen zu 330 g Chili Con Carne
3.
160 Packungen zu 330 g Rindsgulasch
4.
120 Packungen zu 330 g Beuschel
5.
300 Packungen zu 300 g Lasagne Bolognese
Das Abpackdatum war bei allen Lebensmittel mit "3.6." versehen, obwohl das Rindsgulasch, das Beuschel und das Szegediner Krautfleisch am 27.5.1991, das Chili Con Carne und die Lasagne Bolognese am 28.5.1991 verpackt wurden. Sie haben sohin verbotenerweise falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr gebracht.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Übertretungen 1. bis 5.: jeweils §§7 Abs1 litc iVm
8 litf iVm 74 Abs1 LMG 1975
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über sie folgende
Strafen verhängt:
Übertretungen 1. - 5.: jeweils S 1.000,--
(Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 15 Stunden) gemäß §74 Abs1 LMG 1975
Ferner haben Sie gemäß §64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz pro Delikt je S 100,-- zu bezahlen.
Der Gesamtbetrag von S 5.500,-- ist gemäß §59 Abs2 AVG innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen."
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat der Magistrat der Stadt xx über den Beschuldigten eine Geldstrafe von S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt, weil er die Verantwortung dafür trage, daß durch die S & C T und M gesellschaft mbH & Co KG am 29.5.1991 fünf verschiedene Lebensmittel mit dem Abpackdatum "3.6." in Verkehr gebracht wurden, obwohl diese Lebensmittel teils am 27.5. und teils am 28.5.1991 verpackt wurden.
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung (irrtümlich als Einspruch bezeichnet) des Beschuldigten mit dem Vorbringen, daß die genannte Gesellschaft die Fertiggerichte nicht in Verkehr gebracht hätte. Dies würde durch die Firma R erfolgen. Die Firma R bestelle lediglich bei der S & C T und M gesmbH & Co KG die Fertiggerichte mit einem bestimmten Abpackdatum und hole die Ware selbst ab. Die Verantwortung liege daher eindeutig bei der Firma R, da er ja gar nicht wisse, wann diese Firma die Produkte in Verkehr bringe. Aus dem genannten Grunde wurde die Bescheidbehebung beantragt.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ wie folgt erwogen:
Unbestritten wurde am 29. Mai 1991 im Erzeugungsbetrieb der S & C T
und M gesellschaft mbH & Co KG in xx anläßlich einer Überprüfung festgestellt, daß fünf verschiedene Lebensmittel mit dem Abpackdatum "3.6." versehen waren, obwohl diese Lebensmittel bereits teils am 27.5.1991 und teils am 28.5.1991 abgepackt wurden.
Wenn nun der Beschuldigte in seiner Berufung ausführt, es handle sich bei gegenständlichem Vorfall nicht um ein "in Verkehr bringen", so unterliegt er mit dieser Ansicht einem Rechtsirrtum. Gemäß §1 Abs2 LMG 1975 ist "in Verkehr bringen" das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, soferne es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. Dies bedeutet, daß unter dem Begriff "in Verkehr bringen" nicht nur der unmittelbare Verkauf an den Letztverbraucher zu verstehen ist, sondern jede Handlung, welche die Möglichkeit eröffnet, daß ein anderer die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Ware erlangt und diese nach eigenem Gutdünken und Entschluß in einem dem Wesen der Ware entsprechenden Sinn verwenden kann. Damit ist klargestellt, daß eine Ware auf dem Weg zum Hersteller bis zum Letztverbraucher mehrmals in Verkehr gebracht werden kann und daß hiezu jede Verursachung eines Wechsels der Verfügungsgewalt über die Ware genügt, durch den diese den Verbraucher näher gebracht wird. Das Bereithalten der genannten Lebensmittel zum Abholen durch die Firma R ist somit als "in Verkehr bringen" zu betrachten.
Zur Neufassung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses ist festzustellen, daß die Erstbehörde für fünf verschiedene Delikte lediglich eine gemeinsame Strafe verhängt hat und dies in Anbetracht des im Verwaltungsstrafverfahren geltenden "Kumulationsprinzips" (§22 VStG) unzulässig ist. Eine Aufteilung der verhängten Gesamtstrafe zu den einzelnen Übertretungen (allenfalls auch mit Strafherabsetzung) durch die Berufungsbehörde erscheint zulässig (VwGH 12.12.1978 Slg 9722A; 22.4.1987, 87/18/0029).
Zur Bemessung der Strafhöhe vertritt die Berufungsbehörde folgende Ansicht:
Grundlage für die Strafbemessung hat gemäß §19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu sein. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Besonders ist auf das Verschuldensausmaß Bedacht zu nehmen, ebenso dürfen die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Bemessung von Geldstrafen nicht unberücksichtigt bleiben.
Im gegenständlichen Fall war die falsche Bezeichnung hinsichtlich des Abpackdatums zur Irreführung über die Haltbarkeit geeignet. Dieser Umstand stellt grundsätzlich eine erhebliche Beeinträchtigung des schutzwürdigen Interesses (Verbrauchervertrauen, Gesundheit) dar, das Ausmaß dieser Beeinträchtigung ist aber zweifelsohne auch vom Ausmaß der Irreführung abhängig. Im gegenständlichen Fall beträgt die zeitliche Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem angegebenen Abpackdatum sechs bzw sieben Tage. Je nach Art des Lebensmittels kann ein Irrtum über diesen Zeitraum entsprechende Folgen nach sich ziehen. In concreto handelte es sich ausschließlich um Fertiggerichte und ist unter diesem Gesichtspunkt die Beeinträchtigung nach Meinung der Berufungsbehörde als durchschnittlich anzusehen.
Hinsichtlich des Ausmaßes des Verschuldens (Vorwerfbarkeit) steht die Berufungsbehörde hingegen auf dem Standpunkt, daß dieses als relativ hoch einzustufen ist. Der Beschuldigte hätte als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person entweder selbst oder durch entsprechende Kontrolleinrichtungen durchaus dafür sorgen können, daß derartige Falschbezeichnungen unterbleiben, soferne man den Beschuldigten lediglich Fahrlässigkeit zur Last gelegt.
Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse wurde als Vermögen ein Hälfteanteil an einem Ferienhaus (Superädifikat) angenommen, das Einkommen beträgt nach eigenen Angaben des Beschuldigten monatlich S 10.000,-- netto. Sorgepflicht liege für die Ehegattin und einen großjährigen Sohn (Student) vor.
Gegen den Beschuldigten liegen 10 Verwaltungsvorstrafen auf, einschlägig ist jedoch keine davon. Es sind weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe anzunehmen.
Unter den genannten Umständen erscheinen daher die verhängten Strafen tat- und schuldangemessen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß §51e Abs2 VStG abgesehen werden, da lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt und eine Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde.