TE UVS Steiermark 1992/07/16 30.10-2/92

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Veröffentlicht am 16.07.1992
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Spruch

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 45 Abs 1 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung von Herrn J. K., wh. in Z., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 10.4.1990, GZ.: 15.1 Kain 59/2-90 Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

Text

Aus dem von der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung als Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz durchgeführten

Ermittlungsverfahrens ergibt sich folgender Sachverhalt: Das Referat Gruppe 8.3 der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung hat eine Anzeige vom 7.12.1990 an das Strafreferat derselben Behörde folgenden

Inhalts erstattet:

 

"Bei der Überprüfung des Tierbestandes am 6.12.1990 von Herrn K. J., Z. Nr.7 wurde festgestellt, daß die bewilligte Bestandsobergrenze gemäß § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl Nr 621 in der Fassung der Viehwirtschaftsgesetznovelle 1988, BGBl Nr 332 um 20, 48 % überschritten wurde".

 

Diese Anzeige wurde sodann urschriftlich am 10.12.1990 an den Gendarmerieposten in Wundschuh mit dem Ersuchen um Erhebung und Berichterstattung über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten und zur Abgabe seiner Rechtfertigung übermittelt. Der Beschuldigte hat vor dem Gendarmeriepostenkommando Wundschuh angegeben, daß es richtig sei, daß er bei der Kontrolle der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung um 20,48 % mehr Mastschweine als erlaubt in seinem Stall stehen hatte. Der Grund dafür sei, daß er von der Firma E. aus St.Georgen/Stiefing ca 100 Tiere wegen eines Fütterungsversuches eingestellt habe.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 22.1.1991 wurde der Beschuldigte nochmals aufgefordert, sich zur Anzeige vom 7.12.1990 zu rechtfertigen. Als Norm der Verwaltungsübertretung wurde der § 13 Abs 3 Viehwirtschaftsgesetz angeführt.

 

Im Schreiben vom 8.2.1991 hat der Beschuldigte mitgeteilt, daß er durch einen Bescheid vom Oktober 1978 zum Halten von 1.220 Mastschweinen berechtigt sei. Es liege daher keine Überschreitung der Bestandsobergrenze vor. Mit daraufhin ergangenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 10.4.1991, GZ.: 15.1 Kain 59/2 -90 wurde Herr J. K. schuldig erkannt, er habe am 6.12.1990 die bewilligte Bestandsobergrenze gemäß § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983 um 20,48 % überschritten. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 13 Abs 3 Viehwirtschaftsgesetz begangen.

 

Gemäß § 27 leg cit wurde gegen den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 6.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 8 Tagen verhängt.

 

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung macht der Berufungswerber im wesentlichen geltend, daß ihm im Oktober 1978 ein Bewilligungsbescheid zum Halten von 1.220 Mastschweinen erteilt worden sei. Im Zusammenhang mit diesem Bescheid sei jedoch ein Verfahren beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft anhängig, welches jedoch noch nicht zum Abschluß gebracht werden konnte. Zum Zeitpunkt der Überprüfung durch einen Beamten der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung sei eine Stückzahl von 502 Mastschweinen festgestellt worden. Er habe darauf hingewiesen, daß sich davon 200 Mastschweine im Eigentum eines Futtermittelproduzenten befinden. Diese Mastschweine seien nur zur Durchführung eines Fütterungsversuches bei ihm eingestellt. Einen diesbezüglichen Vermerk habe auch das erhebende Organ in seinem Akt angebracht. Schon allein aus diesem Grund hätte die Behörde kein Straferkenntnis erlassen dürfen, weil er die bewilligungsfreie Bestandsobergrenze des § 13 Abs 1 Viehwirtschaftsgesetzes nicht überschritten habe.

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes ist die Berufungsbehörde von folgenden Überlegungen ausgegangen: Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Gemäß § 13 Abs 1 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983 dürfen Inhaber von Betrieben ohne Bewilligung folgende Tierbestände halten: 1.) 400 Mastschweine, 2.) 50 Zuchtsauen, ... Jede der genannten Bestände entspricht dem höchstzulässigen Gesamtbestand von 100 %. Nach Abs 3 dieser Gesetzesstelle ist für das Halten größerer Tierbestände als nach Abs 1 eine Bewilligung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft erforderlich, die nur unter näher genannten Voraussetzungen erteilt werden darf.

 

Gemäß § 27 Abs 4 leg cit, begeht, wer Tiere ohne die gemäß § 13 erforderliche Bewilligung hält, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 500,-- bis zu S 200.000,-- zu bestrafen.

 

Gemäß § 31 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Diese Verjährungsfrist beträgt wie bei Verwaltungsübertretungen im gegenständlichen Fall sechs Monate und ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl).

 

Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verjährung ausschließt u.a. wegen eines bestimmten strafbaren Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert, daß sie sich auf alle die Tat betreffende Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Der Beschuldigte muß in die Lage versetzt werden, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, daß die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz eine diesen Anforderungen entsprechende Verfolgungshandlung nicht gesetzt hat. Sie wäre verpflichtet gewesen, den in der Verfolgungshandlung aufscheinenden Tatvorwurf nach den Tatbestandsmerkmalen der in Frage kommenden Norm des § 13 Abs 1 oder § 13 Abs 3 des Viehwirtschaftsgesetzes hinlänglich zu konkretisieren (Tatort, Eigenschaft als Betriebsinhaber, vor allem Bezeichnung der Tierart, deren Bestandsobergrenze ohne Bewilligung überschritten wurde).

 

Darüberhinaus ist noch zu bemerken, daß nach den Bestimmungen des § 44a Abs 1 VStG der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, u. a. zu enthalten hat: a) die als erwiesen angenommene Tat b) die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist. Auch das bekämpfte Straferkenntnis weist mangels entsprechender Tatbeschreibung die erwähnten Anforderungen des § 44a lit a VStG nicht auf. Da somit innerhalb der bereits erwähnten Fristen der §§ 31 und 32 VStG keine rechtswirksame Verfolgungshandlung gesetzt worden ist und das angefochtene Straferkenntnis vom 10.4.1990 den angeführten Anforderungen nicht entspricht, erweist sich dieses als rechtswidrig und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Landwirtschaftliche Angelegenheiten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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