TE UVS Wien 1992/07/31 02/32/49/92

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Veröffentlicht am 31.07.1992
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Beschluß des VfGH vom 22.3.1993, Zl B 1451/92-3, über die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde Betreff

Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Beschwerde der M AG, Wien, S-platz, vertreten durch RA, gegen die Entscheidung der Gleichbehandlungskommission vom 1.6.1992, Geschäftszahl 141.520/13-I/11/92, durch sein Mitglied DDr Schönberger wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß §67c Abs3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung:

I. Beschwerdevorbringen

Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde unter anderem folgendes vor:

"Als infolge betriebsorganisatorischer Gründe die Anzahl der Arbeitsplätze im Vorstandssekretariat von 3 auf 2 reduziert werden mußte, bot man Frau Doris R zunächst 5 (!) Ersatzarbeitsplätze an, wovon mindestens 2 einen Karrieresprung dargestellt hätten. Dennoch lehnte sie sämtliche ihr angebotenen zumutbaren Ersatzarbeitsplätze beharrlich ab und forderte stattdessen die Versetzung auf einen Arbeitsplatz, der jedoch mit einer anderen Mitarbeiterin besetzt war. Da sich die Beschwerdeführerin nicht veranlaßt sah, diese Mitarbeiterin zugunsten von Frau R zu kündigen, bot man ihr zunächst eine einvernehmliche Lösung ihres Dienstverhältnisses an. Dies machte jedoch Frau Doris R von der Bezahlung einer Entschädigung im Ausmaß von S 1.500.000,-- netto (!) abhängig, was von der M AG ebenfalls abgelehnt werden mußte. Der Beschwerdeführerin blieb daher in der Folge nichts anderes über, als Frau Doris R zum 30.6.1991 zu kündigen.

Frau Doris R focht diese Kündigung beim Arbeits- und Sozialgericht Wien zunächst aus dem Grund der behaupteten Sozialwidrigkeit an und wurde hiezu ein Verfahren zur Zahl 5 Cga 715/91 eingeleitet. Erst im Zuge des Verfahrens ergänzte sie ihre Behauptungen und stützte sich ergänzend auch auf eine behauptete Motivkündigung wegen angeblich geschlechtsspezifischer Diskriminierung. Neben der Kündigungsanfechtung sowie der Einschaltung der Medien, wandte sich Frau Doris R auch an die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen. Sie veranlaßte diese, einen Antrag gemäß §6 GleichbG an die Gleichbehandlungskommission im Bundeskanzleramt wegen angeblicher geschlechtsspezifischer Diskriminierung zu stellen, obgleich selbst die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen in ihrem Antrag zugeben muß, daß ein direkter Vergleich mit männlichen Mitarbeitern nicht unmittelbar durchführbar ist, weil sich die Karriereverläufe von Männern bei der Beschwerdeführerin anders entwickeln, als die der Frauen und daher kein mit der Situation von Frau R vergleichbarer Mann tätig war. Aus der Tatsache jedoch, daß bei der Beschwerdeführerin mehr Männer als

 

Frauen beschäftigt sind und daher logischerweise auch mehr Männer an Ausbildungsseminaren teilnehmen als Frauen, wird jedoch der Schluß gezogen, daß daher eine Verletzung der Gleichbehandlungspflicht vorliegen muß.

Einer der Hauptkritikpunkte im Vorschlag der Gleichbehandlungskommission besteht darin, daß die belangte Behörde behauptet, Frau R wäre - wie auch angeblich andere Frauen im Betrieb der Beschwerdeführerin, bei der Weiterbildung nicht entsprechend unterstützt und berücksichtigt worden. Auch dazu ist auszuführen, daß puncto Aus- und Weiterbildung kein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Mitarbeitern gemacht wurde.

Grundsätzlich werden nahezu alle Mitarbeiter zu Schulungen und Seminaren geschickt, die für ihre innerbetriebliche Position, in der sie sich im Augenblick befinden von Relevanz sind. Das bedeutet, daß selbstverständlich eine Sekretärin nicht zu einem Seminar der Sales Representatives im Ausland und ein Mitarbeiter im Außendienst in der Regel nicht zu einer Schulung für Textverarbeitung geschickt wird.

Kurse, welche die Mitarbeiterführung und das Management betreffen, werden überhaupt nur mit Mitarbeitern in Managementpositionen beschickt.

Aus diesen Gründen ist es etwas verwunderlich, wenn von der belangten Behörde behauptet wird, es liege eine gleichheitswidrige Behandlung vor, wenn Frau R nicht zu Seminaren oder Sales Representatives im Ausland bzw zum "Gustav Käser-Training", das sich mit Mitarbeiterführung beschäftigt, entsandt wird. Schon aus dem Tätigkeitsbereich einer Vorstandssekretärin geht doch eindeutig hervor, daß sie eine Ausbildung in diesen Bereichen nicht benötigt.

In ihrem Tätigkeitsbereich wurden Frau R sehr wohl Möglichkeiten der Weiterbildung geboten. So wurde sie mehrmals zu Schulungen betreffend Information und Bedienungstraining mit Computern entstandt, wie sie ja selbst zugibt.

Zusammenfassend ergab sich daher, daß eine Diskriminierung von Frau R aufgrund ihres Geschlechtes nicht einmal annähernd vorlag. Die erfolgte Kündigung war lediglich als "ultima ratio" zu betrachten, da sämtliche angebotenen Alternativarbeitsplätze, die in der Folge die von Frau R gewünschte Weiterbildung und einen karrieremäßigen Aufstieg mit sich gebracht hätten, von ihr abgelehnt wurden."

Außerdem wurden seitens der Beschwerdeführerin Verfahrensmängel und Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz durch die willkürliche Entscheidung der Gleichbehandlungskommission geltend gemacht, wie etwa der Ausschluß des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom Verfahren, die Befangenheit der Gleichbehandlungskommission, die mehrfache Verweigerung der Akteneinsicht bzw der Ausfolgung von Verhandlungsprotokollen und die Mißachtung der Anträge der Beschwerdeführerin zu ergänzenden Zeugeneinvernahmen.

II. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß §67a Abs1 Z2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes).

Eine Beschwerde gemäß §67a Abs1 Z2 in Verbindung mit §67c AVG kann aber von den unabhängigen Verwaltungssenaten nur in Behandlung genommen werden, wenn es sich tatsächlich um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt.

 

1. Die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt setzt aber geradezu voraus, daß es zu keinem Verfahren gekommen ist.

Die Geltendmachung von Verfahrensmängeln (Verweigerung der Akteneinsicht, Nichtausfolgung von Protokollen, Ausschluß des Rechtsvertreters vom Verfahren) im Rahmen einer Beschwerde wegen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bedeutet daher einen Widerspruch in sich (vgl Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.3.1987, Zahl 84/01/0224) und kann nur im Verfahren selbst erfolgen.

Die diesbezügliche Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Aber auch hinsichtlich jenes Teiles der Beschwerde, der das Ergebnis der Gleichbehandlungskommission, nämlich die Feststellung der Ungleichbehandlung einer Arbeitnehmerin durch die Beschwerdeführerin, betrifft, liegen die Voraussetzungen zur Erhebung einer Beschwerde wegen unmittelbarer Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht vor.

Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erfordert nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich ein behördliches Handeln, das sich bereits als solches im Bereich des Faktischen auswirkt, ohne daß es hiezu weiterer Tathandlungen bedürfte. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Sachverhalt aber nur dann, wenn es keines dazwischengeschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen (vgl zB Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.3.1990, 89/12/0036). Durch das an die Beschwerdeführerin gerichtete Schreiben der Gleichbehandlungskommission allein wird der von der Gleichbehandlungskommission gewollte Zustand aber noch keineswegs hergestellt.

Dies geht auch daraus hervor, daß die Gleichbehandlungskommission mit dem an die Beschwerdeführerin gerichteten Schreiben vom 1.6.1992 der Beschwerdeführerin empfiehlt, "die Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung auf betrieblicher Ebene im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot einer generellen Überprüfung zu unterziehen" (Seite 2 unten der Beilage des Schreibens).

3. Eine unmittelbare Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt liegt auch schon deswegen nicht vor, weil die Gleichbehandlungskommission selbst bei "Aufforderung, die Diskriminierung zu beenden" (§6 Abs2 des Gleichbehandlungsgesetzes), diese Aufforderung nicht sogleich durchsetzen kann:

Erstens hat der Arbeitgeber einen Monat Zeit, einem solchen Auftrag nachzukommen; zweitens müßte in jenen Fällen, wo der Arbeitgeber dem Auftrag innerhalb der Monatsfrist nicht nachkommt, erst eine Interessenvertretung Klage beim zuständigen Arbeitsgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes erheben (§6 Abs3 leg cit). Erst das Urteil des Arbeitsgerichtes hätte die Rechtsfolgen des §2a des Gleichbehandlungsgesetzes zur Folge.

Ergebnis:

Da sich somit die von der Beschwerdeführerin inkriminierten Handlungen der Gleichbehandlungskommission insgesamt nicht als unmittelbare Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des §67a Abs2 AVG erweisen, liegt gar keine faktische Amtshandlung vor und war die Beschwerde insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte
Gleichheit in Bezug auf die Geschlechter; Gleichbehandlungsgesetz; Dienstverhältnis; Gleichbehandlungskommission; Gleichbehandlungspflicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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