Der BW war mit Straferkenntnis einer Übertretung der durch Verbotszeichen kundgemachten Höchstgeschwindigkeit für schuldig erkannnt worden. Der BW führte dagegen im wesentlichen aus, das von seinem Fahrzeug angefertigte Foto könne nur auf Grund eines technischen Defektes der automatischen Radarstation entstanden sein bzw hätte die aufgezeigte Messung in Wirklichkeit einem anderen Fahrzeug gegolten. Der Verdacht, daß ein technische Defekt vorgelegen sei, werde dadurch erhärtet, daß es zur Vorfallszeit in kurzen Abständen mehrmals geblitzt hätte, was einen Schluß auf mehrfache Fotografiervorgänge zulasse. Der UVS stellte fest, daß bei festinstallierten Radargeräten im Zuge der Vorbeifahrt notwendigerweise mehr als ein Blitz zwecks Anfertigung eines Kontrollfotos ausgesendet wird, gab der Berufung keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied, DDr Lacina, über die Berufung des Herrn R gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Favoriten vom 2.3.1992, AZ Cst 10.543/F/91, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach §52 Zif10a StVO 1960 entschieden:
Auf Grund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wird wird das angefochtene Straferkenntnis gemäß §66 Abs4 AVG hinsichtlich der Strafzumessung und der Kostenentscheidung vollinhaltlich und in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat:
"Der Beschuldigte, R, hat am 27.4.1991 um 20.09 Uhr in Wien 10, A 23, Lichtmast M3 Richtung Norden, als Lenker des dem Kennzeichen nach bestimmten KFZ die durch Verbotszeichen gemäß §52 lita Zif10a StVO 1960 kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten."
Dem Berufungswerber wird gemäß §64 Abs1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 300,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, auferlegt.
Begründung:
Der Berufungswerber bestreitet die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und führt im wesentlichen aus, daß das verwendete Radargerät nicht geeicht gewesen sei. Sollte dies jedoch dennoch der Fall gewesen sein, könne die erfolgte Messung nicht seinem Fahrzeug gegolten haben, da die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit nicht mit der angegebenen übereinstimme. Das vom Fahrzeug des Betroffenen angefertigte Foto könne nur auf Grund eines technischen Defektes der automatischen Radarstation enstanden sein bzw hätte die aufgezeigte Messung in Wirklichkeit einem anderen Fahrzeug gegolten. Der Verdacht, daß ein technischer Defekt vorgelegen sei, werde dadurch erhärtet, daß es zur Vorfallszeit in kurzen Abständen mehrmals geblitzt hätte, was einen Schluß auf mehrfache Fotografiervorgänge zulasse. Laut Anzeige vom 30.4.1991 wurde der noch unbekannte Lenker des dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges deshalb angezeigt, weil er am 27.4.1991 zur Tatzeit die am Tatort erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten hatte. Die Geschwindigkeitsüberschreitung konnte mittels eines Radargerätes
der Type Nr 275 Multanova MU VR 6FA festgestellt werden (Blatt 1).
Gegenständlicher Verkehrsgeschwindigkeitsmesser wurde gemäß §56 Abs4 des Maß- und Eichgesetzes (MEG) vom 5.7.1950, BGBl Nr 152/1950, zuletzt geändert durch das BGBl Nr 742/1988, am 10.4.1990 geeicht. Die gesetzliche Nacheichfrist läuft nach §15 Zif2 bzw Zif3 litb und §16 MEG am 31.12.1993 ab (Bl 34). Sohin entsprach der zur Feststellung der vorliegenden Verwaltungsübertretung verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmesser zur Tatzeit den Bestimmungen des MEG. Hinsichtlich der Zweifel an der Richtigkeit der Meßergebnisse durch gegenständlichen Verkehrsgeschwindigkeitsmesser holte die Berufungsbehörde den Bericht der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsabteilung, ein. In ihrem Bericht vom 1.6.1992 gab diese Behörde folgende Stellungnahme ab:
"Die in Rede stehende Geschwindigkeitsüberschreitung wurde am 27.4.1991, um 20.09 Uhr, in Wien 10, A23, Höhe Lichtmast M3 in Richtung Norden mit dem dort festinstallierten Verkehrsgeschwindigkeitsmesser (Radarkabinengerät der Marke Multanova, Type MU VR 6FA, Fabrikationsnummer 275) festgestellt. Das Meßgerät war bundesamtlich geeicht (letzte Eichung bezogen auf die Tatzeit war der 10.4.1990) und stand unter Eichverschluß. Funktionsstörungen lagen nicht vor. Dies kann mit Sicherheit angegeben werden, da das Gerät in einem Abstand von ca 24 Stunden kontrolliert und überprüft wird, wobei ein Testprogramm aktiviert wird. Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, daß der EW die Meßörtlichkeit als Lenker eines Einzelfahrzeuges passiert hat, was auf dem Radarfoto zweifelsfrei zu erkennen ist. Das Fahrzeug befindet sich in der für die Fotoauswertung eichamtlich zugelassenen Position im Foto, und somit ist der ausgewiesene Meßwert dem angezeigten Fahrzeug zweifelsfrei zuzuordnen. Wenn der EW angibt, daß im Zuge seiner Vorbeifahrt mehr als ein Blitz vom Radargerät ausgesendet wurde, so ist dies zutreffend - sogar notwendig, denn es wird entsprechend einer Zeitkonstante ein zweites Foto, ein sogenanntes Kontrollfoto ausgelöst. Dieses Kontrollfoto dient dazu, auf einem zweiten, von der Radarmessung unabhängigen Weg den vom Meßgerät ausgegebenen Geschwindigkeitswert innerhalb einer eichamtlich festgelegten Toleranzgrenze zu bestätigen, wodurch die sonst bei Mobilgeräten notwendige laufende Beobachtung entfallen kann. Der "zweite Weg" besteht darin, daß einem Computerprogramm notwendige Parameter eingegeben werden und unter Nutzung des Verkleinerungseffektes mit zunehmender Entfernung und unter Berücksichtigung allfälliger Winkelfehler auf der Weg-Zeit Basis eine Geschwindigkeit errechnet wird. Im konkreten Fall lag zwischen der vom Meßgerät ausgewiesenen Geschwindigkeit und der vom Computer errechneten eine Differen von -1,24 % vor. Für die Fotoauswertung wäre eine Abweichung von 10 % noch zulässig gewesen. Die im Radarfoto ausgewiesene Geschwindigkeit wird durch die Kontrollmessung bestätigt, und daher ist schon aus diesem Grund eine Fehlmessung des Meßgerätes auszuschließen. Der EW bezieht sich auf eine Publikation in der Zeitschrift "Spiegel", wonach die Geschwindigkeitsmeßanlagen unzureichend funktionieren und unrichtige Meßwerte ausgeben. Der Spiegel stützt sich in seiner Abhandlung auf eine Expertise des Freiburger Verkehrssachverständigen Dipl Ing Ulrich Löhle, der seinerseits zwar auf die Gerättype Multanova 6F (Mobilgerät) eingeht, aber die Type Multanova 6FA (Kabinengerät mit Kontrollfotoeinrichtung unerwähnt läßt. Zum Standort (Leitplanken) der gegenständlichen stationären Anlage muß ausgeführt werden, daß dieser Standort
eichamtlich überprüft und für die Errichtung der stationären Meßeinrichtung geeignet und zulässig befunden worden ist. Befürchtungen, wie sie Dipl Ing Löhle hegt, daß durch Reflexionen ausgelöst, ein "Unschuldiger" fotografiert werden könnte, muß widersprochen werden, da mehrere Kriterien zur Verifizierung eines Meßwertes erforderlich sind, die von einem "vagabundierenden" Signal nicht erfüllt werden können. Zudem wird das Foto geschwindigkeitsproportional ausgelöst (definierte Stellung des Fahrzeuges im Bild), und zudem wird wie bereits erwähnt der Meßwert durch ein Kontrollfoto bestätigt. Es darf hierzu noch erwähnt werden, daß Jahre vor der Veröffentlichung des hier zitierten Artikels aus der Zeitschrift "Spiegel" in einer Arbeitsgruppe von Vertretern des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, der Erzeugerfirma sowie der Generalvertretung des genannten Produktes in Österreich, der Fernmeldebehörde erster Instanz und Vertretern der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsabteilung alle Möglichkeiten von Fehlmessungen und Fehlfunktionen theoretisch erörtert und praktisch simuliert wurden. Bei einigen Tests setzte das Gerät konstruktions- und funktionsbedingt auf Null (Meßwertannullierung), in anderen Fällen blieben Störquellen ohne jeglichen Einfluß. Ein nichtzutreffender Meßwert wurde jedoch niemals angezeigt. Diese Versuche haben auch jene Befürchtungen inkludiert, die Dipl Ing Löhle vor Jahren fremden HF-Feldern (Funksignale) zuschrieb und in der Fachpresse publizierte. Der Artikelverfasser stellt auch fest, daß 25 % der zur Nacheichung angelieferten Geräte ersteinmal repariert werden müssen. Tatsächlich ist es so, daß notwendige Wartungs- und Servicearbeiten aus ökonomischen Gründen eher vor als nach einer Geräteeichung durchgeführt werden, weil absolut jeder Eingriff in das total unter Eichverschluß stehende Meßgerät wiederum eine neue Eichung zumindest aber eine eichamtliche Überprüfung nach sich ziehen würde. Rückschlüsse auf eine Funktionsuntauglichkeit der Geräte können aus dem Service vor Eichung nicht abgeleitet werden. Gerade die Geräte der Type Multanova MU VR 6FA sind mit einem umfangreichen Eigentestprogramm ausgestattet und zeigen eine Fehlfunktion entweder in der Matisse des Bedienteils an oder schalten das Gerät selbsttätig ab. Zu dem angesprochenen Segmenteausfall in der Flüssigkeitsanzeige ist zu erwähnen, daß bei jedmaligem Einschalten des Gerätes ein Segmenttest durchgeführt und im Rahmen der täglichen Überprüfung auch kontrolliert wird. Da im Zusammenhang mit der vorliegenden Anzeige alle eichrechtlichen Auflagen erfüllt wurden, eine Funktionsstörung nicht vorlag, die ausgewiesene Geschwindigkeit entsprechend der Auswertekriterien ausschließlich und ohne jeden Zweifel nur dem Fahrzeug des Angezeigten zugeordnet werden kann, werden die in der Anzeige gemachten Angaben vollinhaltlich aufrecht erhalten (Blatt 43-45)."
Die Berufungsbehörde erachtet den Inhalt dieses Berichtes für völlig unbedenklich, da dieser klar, widerspruchsfrei und nachvollziehbar ist, und haben sich sohin auch die vom Berufungswerber im Laufe des Verfahrens vorgebrachten Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des gegenständlichen Verkehrsgeschwindigkeitsmessers nicht bestätigen können. Die dem Berufungswerber angelastete Tat war daher als erwiesen anzunehmen, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch in modifizierter Form zu bestätigen war.
Die Abänderung im Spruche diente der genaueren Tatumschreibung und Anpassung an den Straftatbestand bzw der richtigen Zitierung der heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmung.
Der Beweisantrag auf Einvernahme des Zeugen B war jedoch abzuweisen, da der Zeuge nicht der Lenker des gegenständlichen Kraftfahrzeuges war, sondern lediglich der Beifahrer und sich aus dem Akt keine Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, daß er gerade zur Tatzeit am Tatort den Fahrtgeschwindigkeitsmesser im KFZ des Berufungswerbers beobachtet hätte.
Der weitere Beweisantrag auf Übermittlung des gesamten Meßfilms zur Überprüfung war gleichfalls abzuweisen, da dieser Beweisantrag lediglich dazu dient, die Behörde zur Vornahme nicht gerechtfertigter unökonomischer Verfahrensschritte zu veranlassen, um konkrete Anhaltspunkte für die spätere Stellung von Beweisanträgen zu gewinnen. Es handelt sich demnach nicht um eine unmittelbare Beweisführung von Tatsachen und stellt dieser Antrag einen Erkundungsbeweis dar. Dieser Antrag war demnach abzulehnen. Eine Herabsetzung der Strafe kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Verkehrssicherheit. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering, zumal die zulässige Höchstgeschwindigkeit am Tatort um 40 % überschritten wurde (Bl 1).
Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als ganz geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes nur schwer hätte vermieden werden können.
Bei der Strafbemessung wurden auch die zur Tatzeit vorgelegene verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit (Bl 23 und 24) sowie die angegebenen durchschnittlichen Einkommensverhältnisse, die Vermögenslosigkeit und die Sorgepflicht für ein außereheliches Kind (Bl 21) berücksichtigt.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis S 10.000,-- reichenden Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe im Verfahren nicht hervorgetreten sind. Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam daher nicht in Betracht. Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 des VStG.
Gemäß §51e Abs2 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.