Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG, BGBl Nr 51/1991, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.
Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG, BGBl Nr 52/1991, S 400,-- an Kosten für das Verfahren der Berufungsbehörde (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den
Rechtsmittelwerber wegen Übertretung des §4 Abs1 lita und §4 Abs5
der Straßenverkehrsordnung 1960 eine Geldstrafe in Höhe von
insgesamt S 2.000,-- verhängt. Im Spruch wird ihm angelastet, er
habe am 8.6.1990 um 07,25 Uhr im Gemeindegebiet xx, Autobahn A ,
Kilometer in Richtung yy
1. seinen LKW W bei einem Verkehrsunfall nicht sofort
angehalten, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem
Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand (PKW W -
rechter vorderer Kotflügel stark eingedrück); und
2. nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte.
Dagegen erhob der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung und führte im wesentlichen aus, daß der er zum Unfallszeitpunkt keine Kenntnis von der Kontaktierung der Fahrzeuge gehabt hätte, da er ansonsten nicht zwei Stunden später, nachdem er vom Geschehen Kenntnis erlangt hätte, die Gendarmerie in Kenntnis gesetzt hätte. Subjektiv jedenfalls hätte er keine Kenntnis von der Berührung erlangt, da er im Fahrzeug Blumenständer geladen hätte, welche während der Fahrt ein ständig schepperndes, klirrendes Geräusch erzeugt hätten.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat in der Entsprechung des §51e VStG am 8. September 1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der sowohl der Beschuldigte als auch die Zeugen einvernommen wurden.
Der Beschuldigtenvertreter blieb bei seiner bisherigen Verantwortung und brachte darüberhinaus vor, daß es sich bei dem abgerissenen Stoßstangenteil lediglich um einen Plastikteil gehandelt hat und daß die gegenständliche Stoßstange bereits vor dem Zeitpunkt der Kollission beschädigt gewesen sei.
Die Zeugen J S sen und jun erklärten übereinstimmend, daß sie sich mit ihrem Mercedes ungefähr auf gleicher Höhe mit dem Fahrzeug des Beschuldigten befanden, als sich die beiden Fahrstreifen im Gegenverkehrsbereich verschwenkten. Der Beschuldigte hätte dieser Verschwenkung nicht gefolgt, sondern sei am ersten Fahrstreifen geradeaus weitergefahren und habe dem Mercedes den Weg abgeschnitten. Es kam zur Kollission, wobei die Stoßstange am Kastenwagen teilweise weggerissen wurde und der Kotflügel des Mercedes stark eingedrückt wurde. Das Geräusch des Anpralls sei laut und deutlich zu hören gewesen. Die beiden Zeugen seien dem Fahrzeug des Beschuldigten nachgefahren, hätten ihn ca in der Mitte des Gegenverkehrsbereiches eingeholt und die Autonummer notiert. Nach Ende des Gegenverkehrsbereiches hätten sie den Beschuldigten überholt, seien unter Setzung des Blinkers nach rechts auf den Pannenstreifen gefahren, wo sie gehupt und dem Beschuldigten durch Handzeichen gedeutet hätten, stehenzubleiben. Dieser sei unter Setzung des Blinkers nach links an ihnen ohne jede Reaktion vorbeigefahren.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land hat erwogen:
Gemäß §4 Abs1 lita StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.
Nach §4 Abs5 haben die oben genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, wenn bei einem Verkehrsunfall ein Sachschaden entstanden ist. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Voraussetzung für die Erfüllung der Tatbestände des §4 Abs1 lita und §4 Abs5 StVO 1960 ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden sowie die Kenntnis des Täters hievon. Zu den objektiven Tatbestandsmerkmalen zählen im gegenständlichen Fall insbesondere das physische und akustische Wahrnehmen der Kollision sowie die Kenntnis des Einschreiters, daß bei dem Zusammenstoß zumindest die Stoßstange links hinten weggerissen wurde, weshalb ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit wenigstens zu Bewußtsein hätte kommen müssen, daß er einen Verkehrsunfall mit Sachschaden begangen haben könnte. Dies vor allem auch deshalb, weil es in höchstem Maße lebensfremd wäre, anzunehmen, daß die Kollision auch bei scheppernden Geräusch der drei Stück Halterungen vom Beschuldigten unbemerkt geblieben ist.
In subjektiver Hinsicht muß darauf hingewiesen werden, daß die Schuldform der Fahrlässigkeit zur Begehung der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung durchaus ausreicht. Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zur Ansicht, daß der Beschuldigte aufgrund des dargestellten Unfallherganges zumindest fahrlässig gehandelt hat.
Der Rechtsauffassung des Beschuldigten, er habe dadurch, daß er den Verkehrsunfall nach zwei Stunden gemeldet habe, seiner gesetzlichen Meldepflicht genüge getan und daher nicht tatbildmäßig gehandelt, kann nicht beigepflichtet werden. Dies wiederum deshalb, weil der Lenker eines Fahrzeuges zunächst seiner Anhaltepflicht, die ihm auch durch Gesten begreiflich zu machen versucht wurde, nicht nachgekommen ist. Wie oben ausgeführt, wäre es ihm jedoch unter Anwendung seiner objektiven Sorgfaltspflicht durchaus zuzumuten gewesen, sich zu vergewissern, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen über Sachen zu treffen.
Das Nichterkennen des verursachten Schadens im gegenständlichen Fall vermag also deswegen nicht zu entschuldigen, weil sich der Rechtsmittelwerber durch sein Verhalten am Unfallort grundsätzlich der Möglichkeit begeben hat, sich überhaupt in die Lage zu versetzen, von dem angerichteten Schaden Kenntnis zu erlangen. Allein schon aufgrund der von ihm selbst angegebenen Art und Weise des Unfallherganges und seiner damit im Zusammenhang stehenden persönlichen Wahrnehmungen hätte er bei gehöriger Aufmerksamkeit den von ihm angerichteten Schaden erkennen müssen. Aus der Erklärung des Beschuldigten, daß er, hätte er vom Geschehen Kenntnis erlangt, sich aus Angst vor Strafe nicht zwei Stunden später bei der Gendarmerie gemeldet hätte, ist jedenfalls nichts zu gewinnen. Objektiv jedenfalls liegt kein wie immer gearteter Grund vor, welcher die Unterlassung der Unfallsmeldung bei der Gendarmerie gerechtfertigt hätte.
Aus all den dargestellten Überlegungen war der Rechtsmeinung des Beschuldigten, kein tatbildmäßiges Verhalten gesetzt zu haben, der Erfolg zu versagen.
Hinsichtlich der Strafhöhe wurde erwogen:
Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen Berücksichtigung zu finden.
Der Rechtsmittelwerber verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von S 16.000,--, hat kein nennenswertes Vermögen und keine Sorgepflichten.
Im vorliegenden Fall war dem Beschuldigten die Ersttäterschaft als mildernd anzurechnen. Erschwerend war kein Umstand. Zu den verhängten Strafen ist auszuführen, daß diese ohnehin nur an der Untergrenze des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens liegen, weshalb das spruchgegenständliche Strafmaß im Lichte der eingangs dargestellten persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschuldigten unter Bedachtnahme auf den nicht unerheblichen Grad des Unrechtsgehaltes der Tat des Beschuldigten als durchaus tat- und schuldangemessen angesehen werden muß.
Die Kostenentscheidung (S 200,--, das sind 10 % für das Verfahren vor der Behörde I. Instanz) und S 400,-- (das sind 20 % für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat) gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.