TE UVS Wien 1992/09/15 02/32/62/92

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Veröffentlicht am 15.09.1992
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Betreff

Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Zurückweisung

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied DDr Schönberger über die am 15.9.1991 durch Telefax eingelangte Beschwerde der Beatrix B, vertreten durch ihren Vater, Herrn Helmut B, wohnhaft in G, als gesetzlichen Vertreter, wie folgt entschieden:

Die Beschwerde vom 15.9.1992 wird gemäß §67c Abs3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung:

I. Beschwerdevorbringen

Der gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerin brachte am 15.9.1992 mittels Telefax eine mit gleichen Tag datierte Eingabe folgenden Inhaltes ein: "Maßnahmenbeschwerde

An den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien

Zu den Beschwerdesachen J, Be und Ba B hat der Direktor der Höheren Internatsschule des Bundes in G, Dr R U, dem Beschwerdeführer am heutigen Tage, 15.9.1992, dem Anreisetag ins Internat, die gleichfalls heute im Bundesministerium für Unterricht und Kunst gesetzte Maßnahme mitgeteilt, daß die angeführten Kinder ins Internat nicht aufgenommen werden dürfen. Zufolge Exekution des Beschwerdeführers unter das Existenzminimum ist eine Zahlung derzeit nicht möglich. Ausgeführt wird weiters wie in den bisherigen Eingaben. Beantragt wird Vorgehen gemäß §57 Abs1 AVG, in eventu iVm §4 Abs3 AVG, wegen Gefahr im Verzug, zum Schaden der Kinder durch deren Teilausschluß aus der Internatsschule ohne Verfahren."

II. Rechtliche Beurteilung

Gemäß §67c Abs1 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden nach §67a Abs1 Z2 AVG, also über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

1. Erforderliche Angaben der Beschwerdeschrift

Laut §67c Abs2 AVG muß die Beschwerde folgende Angaben enthalten:

1.

die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes,

2.

soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ den angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt hat, und welcher Behörde er zuzurechnen ist (belangte Behörde),

3.

den Sachverhalt,

4.

die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

 5. das Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären,

 

6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Der in Beschwerde gezogene Verwaltungsakt ist überhaupt nicht näher umschrieben; es geht aus der Beschwerde nämlich nicht hervor, welcher Art die "im Bundesministerium für Unterricht und Kunst gesetzte Maßnahme" vom 15.9.1992 war, ob sie etwa - wie in der für dieselbe Beschwerdeführerin eingebrachten Beschwerde vom 5.9.1992, die in der Zwischenzeit zurückgewiesen worden war - aus einer bloßen Mitteilung seitens des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst an den Direktor der Höheren Internatsschule des Bundes G oder aus einer anderen Handlung bestanden hat. Auch ist der Sachverhalt nicht ausreichend geschildert, zumal aus der Beschwerde nur hervorgeht, daß durch eine (nicht näher umschriebene) Maßnahme des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst die Beschwerdeführerin (und zwei ihrer Geschwister) nicht ins Internat aufgenommen werden dürfe(n), obwohl "infolge Exekution" des gesetzlichen Vertreters der Beschwerdeführerin "unter das Existenzminimum ... eine Zahlung derzeit nicht möglich" sei.

Der Verweis auf die früheren Eingaben (Beschwerde vom 5.9.1992 sowie zwei weitere Stellungnahmen hierzu), ist nicht nur deswegen verfehlt, weil über diese bereits entschieden wurde, sondern auch weil sich die Beschwerdeführerin dort auf Grund einer Mitteilung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst vom 7.8.1992 beschwert erachtete. Wenn auch die Nebenumstände gleichgeblieben sind, so kann der Sachverhalt doch nicht völlig ident sein. Was das verletzte Recht betrifft, so geht es laut Beschwerdeschrift (in Verbindung mit der Beilage = Schreiben des gesetzlichen Vertreters der Beschwerdeführerin an das Bundesministerium für Unterricht und Kunst vom 11.9.1992) offenbar um das "Recht der Beschwerdeführerin (und ihrer beiden Geschwister), das Internat der Höheren Internatsschule des Bundes

G auch ohne Bezahlung der "Platzgebühren" besuchen zu dürfen". Der vorliegenden Beschwerde mangelt es außerdem an dem ausdrücklichen Antrag, die in Rüge gezogene Amtshandlung der Organe der belangten Behörde für rechtswidrig zu erklären. Damit fehlt es der Beschwerde an Prozeßvoraussetzungen; bei solchen handelt es sich gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um Essentiale der Beschwerdeerhebung, deren Fehlen zur Zurückweisung der Beschwerde führt. Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Nichtvorliegen von Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

Darüber hinaus wäre die Beschwerde auch wegen Nichtvorliegens von Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zurückzuweisen.

2.1. Behauptete unmittelbare Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt

Eine solche liegt, wie aus dem Beschwerdevorbringen eindeutig hervorgeht, nicht vor. Denn unabhängig davon, welcher Art die vom gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin angefochtene Amtshandlung tatsächlich war, ist sie offensichtlich nicht direkt gegen die Beschwerdeführerin gesetzt worden: Der gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerin hat vom Schuldirektor von der (in der Beschwerde nicht näher bezeichneten) Maßnahme erfahren. Von einer unmittelbaren Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kann somit keine Rede sein.

 

2.2. Behauptete Befehls- und Zwangsgewalt

Durch das nicht unmittelbar gegenüber der Beschwerdeführerin gesetzte Handeln wurde ihr gegenüber weder physischer Zwang ausgeübt noch angedroht.

Die für den Fall der Nichtbezahlung der Gebühren vorgesehene Nichtaufnahme der Beschwerdeführerin in das Internat der Schule kann nicht als Ausübung von Zwangsgewalt angesehen werden. Die Handlung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst (in welcher Form auch immer) war gar nicht auf die Nichtaufnahme der Beschwerdeführerin, sondern (primär) auf die Bezahlung der (ausstehenden) Gebühren gerichtet.

Durch Bezahlung der Gebühr (aus wessen Mitteln auch immer) könnte die von der Beschwerdeführerin befürchtete Folge der Nichtaufnahme in das Internat (laut Beschwerde: "Teilausschluß aus der Internatsschule") abgewendet werden.

2.3. Behauptete Verletzung von Rechten

Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kann außerdem nur vorliegen, wenn ein Eingriff in von der Rechtsordnung zugestandene subjektive Rechte erfolgt. Ein (uneingeschränktes) Recht auf den Besuch einer bestimmten Schule kennt die österreichische Rechtsordnung nicht. Vielmehr ist der Schulbesuch - je nach Schultyp - von verschiedenen Voraussetzungen abhängig; bei einer Internatsschule ist eine dieser Voraussetzungen die Bezahlung der Gebühren. Ein Rechtsanspruch auf Besuch einer gebührenpflichtigen Schule ohne Leistung der Gebühren besteht nicht (dies hat nichts mit der Frage zu tun, ob etwa ein Anspruch auf Schülerbeihilfe gegeben ist), ebensowenig wie ein Anspruch auf "Wohnung ohne Bezahlung des Mietzinses" besteht.

Daran kann auch der in der Beilage (=Schreiben an das Bundesministerium für Unterricht und Kunst vom 14.9.1992) enthaltene Hinweis nichts ändern, daß die Kinder (wenn sie das Internat nicht besuchen dürften), "ohne jede Beaufsichtigung" wäre(n), also auch die Beschwerdeführerin, obwohl sie erst 13 Jahre alt sei.

Hunderttausende Schüler (viele davon noch jünger als die Beschwerdeführerin) verbringen ihre Nachmittage ohne elterliche Betreuung, da beide Eltern berufstätig sind und es gar nicht genügend Schulen mit Nachmittagsbetreuung gibt, um die Nachfrage zu befriedigen und allfällig doch vorhandene Schulen zu weit entfernt, bereits voll belegt oder unerschwinglich sind. Tatsache ist, daß die große Mehrheit der österreichischen Schüler keine Internatsschule besuchen kann und es auch keinen Rechtsanspruch auf den Besuch einer Internatsschule gibt. Abgesehen davon würden bei einer Internatsschule - wenn es einen "Anspruch" auf ihren Besuch gäbe, was nicht der Fall ist - wohl jene Schüler zum Zug kommen müssen, die nicht am Schulort, sondert weit entfernt wohnen und denen nicht zuzumuten ist, täglich vom Wohn- zum Schulort und retour zu fahren (die Beschwerdeführerin wohnt am Schulort G, es ist ihr daher nach den Erfahrungen des täglichen Lebens zumutbar, zu Hause zu wohnen und zu essen).

Da nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ein Rechtsanspruch auf Besuch eines Internats nicht existiert, konnte die Beschwerdeführerin auch nicht in einem derartigen Recht verletzt werden.

Zum Hinweis auf die "Konvention zum Recht des Kindes" bzw auf den "Schaden der Kinder durch deren Teilausschluß" (=Nichtaufnahme in das Internat) wird bemerkt, daß die Konvention das seelische und leibliche Wohl der Kinder im Auge hat und der gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerin wohl nicht behaupten wollen wird,

 

daß dieses Wohl bei ihm zu Hause nicht gewährleistet ist.

2.4. Ergebnis

Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt lag nicht vor, sodaß auch aus diesen Gründen die Zurückweisung der Beschwerde zu erfolgen hatte.

Schlagworte
Schule; Schulunterricht; Internat; Gebühren; Ausschluß; Konvention zum Recht des Kindes
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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