Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, teilweise Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides insoweit abgeändert, als dieser wie folgt zu lauten hat:
"Sie haben am 24. Oktober 1990 gegen 15,15 Uhr als Wasserberechtigte
der auf den Grundstücken 3 , 3 und 3 (alle KG) und 1 (KG ) befindlichen Deponie für Holz- und Textilabfälle, Bauschutt und Aluminiumschlackenstaub den bei der Zufahrt zur Deponie befindlichen Schranken versperrt gehalten, obwohl sie von der Wasserrechtsbehörde zum Öffnen desselben aufgefordert wurden. Sie haben somit als Wasserberechtigte die Durchführung der Gewässeraufsicht durch Benutzen Ihrer Grundstücke (insbesondere durch Zu- und Abfahren) nicht geduldet und somit verhindert, obwohl die Benutzung unbedingt notwendig gewesen wäre.
Übertretungsnorm: §§ 72 Abs1 litg iVm 133 Abs3 iVm 137 Abs1 liti des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) idF BGBl Nr 252/1990.
Strafnorm: §137 Abs1 liti WRG 1959.
Über Sie wird folgende Geldstrafe verhängt: S 4.000,--
Ersatzarreststrafe: 5 Tage
Vorgeschriebener Kostenbeitrag: S 400,--
Rechtsgrundlage:
§64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG."
Gemäß §59 Abs2 AVG ist der Gesamtbetrag von S 4.400,-- innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Frau H B von der Bezirkshauptmannschaft xx mit einem Betrag von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Wochen) bestraft, weil sie am 24. Oktober 1990 als Wasserberechtigte einer den Parzellennummern nach bestimmten Deponie den Zutritt zu dieser den Organen der Wasserrechtsbehörde zwecks Durchführung von Messungen und Untersuchungen verwehrt hat, obwohl sie als Wasserberechtigte gemäß §72 WRG 1959 verpflichtet gewesen wäre, das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke zur Durchführung der Gewässeraufsicht zu dulden.
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung mit dem Vorbringen, daß den Organen der Wasserrechtsbehörde keineswegs der Zutritt verwehrt worden wäre.
Weiters wäre aufgrund eines eingeholten Sachverständigengutachtens bekannt gewesen, daß die Durchörterung des Lehmbodens eine große Gefahr für das Grundwasser darstellen würde. Eine Zustimmung zu den von der Behörde beabsichtigten Maßnahmen hätte daher im Falle einer tatsächlichen Verunreinigung eine Haftung bewirkt, weshalb auch die Rechtsmeinung geäußert wurde, daß die beabsichtigten Maßnahmen nicht innerhalb des Ermessensschrankens des §133 Abs5 WRG 1959 gelegen wären. Das Betreten der Grundstücke wäre daher auch nicht im Sinne des §72 Abs1 litg WRG 1959 zur Durchführung der Gewässeraufsicht erfolgt, weshalb die Beschuldigte daher auch nicht zur Duldung des Betretens verhalten gewesen wäre. Aber auch in tatsächlicher Hinsicht könne keine Rede davon sein, daß der Zutritt zur Deponie nicht freigegeben worden wäre. Der Schranken habe lediglich das Zufahren von Kraftfahrzeugen erschwert, an beiden Seiten des Schrankens wäre jedoch der Zutritt ungehindert möglich gewesen.
Überdies bestünde gemäß §72 WRG 1959 lediglich eine Duldungspflicht, somit sei eine Verpflichtung zu einem positiven Tun nicht gegeben. Eine Verpflichtung zum Öffnen des Schranken wäre aber eine Verpflichtung zu einem positiven Handeln, weshalb vom Begriff des "Duldens" nicht mehr gesprochen werden könne.
Beim tatsächlichen Einfahren des LKWs der Firma R wäre kein Widerstand geleistet worden, woraus sich eindeutig ergäbe, daß kein strafbarer Tatbestand gesetzt wurde.
Desweiteren wird vorgebracht, daß die Beschuldigte über 70 Jahre alt und hilfsbedürftig sei. Sie habe niemals ihrem Rechtsvertreter Anweisungen gegeben, sondern wären derartige Anweisungen nur von deren Töchtern gegeben worden. Auch wäre ihr das Schreiben vom 3.10.1990 niemals zur Kenntnis gebracht worden. Sie habe daher von den beabsichtigten Maßnahmen weder Kenntnis gehabt noch Anweisung gegeben, daß die Behörde die Grundstücke nicht betreten dürfe. Diese Anweisungen hätten in Ausübung der Vollmacht die Töchter gegeben. Abschließend wird noch vorgebracht, daß die Beschuldigte nicht einmal einen Schlüssel für den bezughabenden Schranken habe, da die Deponie von einer anderen Firma betrieben werde. Sie habe daher faktisch gar nicht die Möglichkeit gehabt, den Schranken aufzusperren.
Zur Strafhöhe von S 10.000,-- wurde noch vorgebracht, daß diese ungerechtfertigt hoch wäre, da die Beschuldigte lediglich eine kleine Pension von S 10.000,-- beziehe.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat als Berufungsbehörde am 9. September 1992 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt und konnte dabei folgender Sachverhalt festgestellt werden:
Der Landeshauptmann von NÖ als Wasserrechtsbehörde hat mit Schreiben
vom 3.10.1990 Frau H B (sowohl persönlich als auch ihren Rechtsvertreter Dr H K ) davon in Kenntnis gesetzt, daß
verschiedene Maßnahmen im Rahmen der Gewässeraufsicht auf der verfahrensgegenständlichen Deponie vorgenommen werden müssen. Am 24.
Oktober 1990 gegen 15,15 Uhr (Eintreffen der Wasserrechtsbehörde bzw
der Organe der Gewässeraufsicht) bei der Zufahrt zur Deponie war der
Schranken geschlossen und versperrt. Die Beschuldigte war persönlich
nicht anwesend, sehr wohl hingegen ihr Rechtsvertreter RA Dr K
sowie ihre Töchter I D und S B . Trotz
schriftlicher Aufforderung vom 3.10.1990 und abermaliger mündlicher
Aufforderung durch den Leiter der Amtshandlung, Dr B K ,
wurde der Schranken nicht geöffnet, sodaß der Leiter der Amtshandlung die Weisung zum gewaltsamen Öffnen des Schrankens gab. Nach erfolgter Öffnung wurde mit dem LKW bzw den Geräten auf die Deponie gefahren und die mit Schreiben vom 3.10.1990 angekündigten Maßnahmen durchgeführt. Aktiver physischer Widerstand wurde nicht geleistet. Ein Zutritt zur Deponie war trotz verschlossen gehaltenen Schrankens beidseitig des Schrankens möglich.
Die anschließend vorgenommenen Maßnahmen bestanden aus Probegrabungen, bodenphysikalischen Untersuchungen sowie Gasmessungen in verschiedenen Tiefenlagen. Der Grund hiefür bestand in der Ermittlung von Beurteilungskriterien einerseits für das wasserrechtliche Verfahren zwecks Vorschreibung abschließender Maßnahmen und andererseits zur Ermittlung der tatsächlichen Grubensohle. Dies vorwiegend deswegen, da Differenzen zwischen der aus Luftbildern ermittelten Höhenlage und der seinerzeitigen Ablagerungstiefe festgestellt wurden.
Diesen Sachverhalt hat auch die Behörde erster Instanz ihrer Entscheidung zugrunde gelegt und wurde dieser von der Berufungswerberin nicht bestritten.
Rechtlich ist vorgenannter Sachverhalt wie folgt zu würdigen:
Gemäß §133 Abs5 WRG 1959 sind die mit der Vollziehung des Wasserrechtsgesetzes betrauten Organe der Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit sowie die von diesen herangezogenen Sachverständigen befugt, Grundstücke und Anlagen zum Wege der Vornahme der notwendigen Messungen und Untersuchungen sowie zur Entnahme von Wasserproben zu betreten, soweit dies zur Vollziehung des Gesetzes notwendig ist. Weiters sind die Organe der Behörde in dringenden Fällen befugt, sich unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel den Zutritt zu Grundstücken zu verschaffen, wenn dies nicht freiwillig gewährt wird. Gemäß Abs 3 leg cit sind auf die Gewässeraufsicht einschließlich der notwendigen Messungen und Untersuchungen sowie der Entnahme von Wasserproben die Bestimmungen des §72 leg cit sinngemäß anzuwenden. Nach dieser Bestimmung haben die Eigentümer von Grundstücken und die Wasserberechtigten zur Durchführung der Gewässeraufsicht das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke, insbesondere zur Zu- und Abfuhr und zur Ablagerung von Baustoffen, Geräten, Werkzeugen und dergleichen, zur Zubereitung der Baustoffe, zur Vornahme von Erhebungen und Untersuchungen sowie zur Entnahme von Proben und zur Einrichtung von Untersuchungs- und Überwachungseinrichtungen insoweit zu dulden, als sich dies als unbedingt notwendig erweist.
Es stellt sich somit zunächst die Frage, ob die im Rahmen der Gewässeraufsicht beabsichtigten und auch tatsächlich vorgenommenen Maßnahmen solche waren, zu deren Duldung eine Verpflichtung aufgrund des §72 WRG 1959 besteht. Hiezu wurde Dipl Ing Dr R (Amtssachverständiger für Deponietechnik) im Rahmen der Berufungsverhandlung einvernommen und erklärte dieser, daß einerseits Beurteilungskriterien für die Vorschreibung abschließender Maßnahmen im Wasserrechtsverfahren und andererseits solche zur Ermittlung der tatsächlichen Grubensohltiefe erforderlich gewesen wären. Dies deshalb, da es Differenzen zwischen der aus Luftbildern ermittelten Höhenlage und der seinerzeitigen Ablagerungstiefe gegeben habe. Zur Ermittlung dieser Kriterien wären Probegrabungen, bodenphysikalische Materialuntersuchungen und Gasmessungen in verschiedenen Tiefenlagen vorzunehmen gewesen. Die Berufungsbehörde kann hinsichtlich dieser Aussagen keinen Anhaltspunkt dafür finden, daß diesbezüglich irgendeine Unschlüssigkeit bzw Widersprüchlichkeit vorliege, weshalb nach Ansicht der Berufungsbehörde die beabsichtigten Maßnahmen ohne jeden Zweifel derartige waren, deren Duldung gemäß §72 WRG 1959 vorgeschrieben ist. Auch geht der Einwand der Beschuldigten, wonach die geplanten und auch tatsächlich gesetzten Maßnahmen nicht vom §133 Abs5 WRG 1959 umfaßt und somit auch nicht gemäß §72 leg cit zu dulden gewesen wären, nicht gegen die Notwendigkeit der Maßnahmen als solche, sondern beschränkt sich auf die angebliche Gefährlichkeit der Maßnahmen, woraus sich ergäbe, daß diese Maßnahmen nicht mehr unter §133 Abs5 leg cit zu subsumieren wären. Nach Ansicht der Berufungsbehörde beinhaltet §133 Abs5 leg cit nur eine Einschränkung dahingehend, daß lediglich solche Maßnahmen von der Behörde gesetzt werden dürfen, die zur Vollziehung des Wasserrechtsgesetzes erforderlich sind. Keinerlei Einschränkung besteht aber in die Richtung, daß es sich nur um jene Maßnahmen handeln dürfe, die keine Verunreinigung oder eine über ein bestimmtes Ausmaß nicht hinausgehende Beeinträchtigung des Wasserberechtigten bewirken. Es kann daher der Rechtsmeinung der Beschuldigten, wonach im Falle einer tatsächlichen Verunreinigung durch die beabsichtigten Maßnahmen und im Falle ihrer Zustimmung zu diesen Maßnahmen eine Haftung ihrerseits entstünde, weshalb diese Maßnahmen nicht mehr unter §133 Abs5 leg cit subsumiert werden könnten, nicht im mindesten beigetreten werden. Daraus ergibt sich auch, daß eine Verpflichtung zur Duldung dieser Maßnahmen gemäß §72 leg cit ohne jeden Zweifel gegeben war. Überhaupt erscheint das Vorbringen, wonach im Falle einer Zustimmung zu diesen Maßnahmen eine Haftung der Wasserberechtigten entstünde, völlig unverständlich. Das Einverständnis mit irgendeiner Maßnahme setzt begrifflich voraus, daß der Betreffende zur Vornahme oder Duldung dieser Maßnahme nicht verpflichtet ist, weshalb eben dessen Einverständnis eingeholt werden muß. Im gegenständlichen Fall handelte es sich jedoch um Maßnahmen, die von der Behörde bzw von Organen der Gewässeraufsicht angeordnet wurden, weshalb bereits begrifflich eine Zustimmung und eine allfällige Haftung im Falle einer Zustimmung ausscheiden.
Daß das Ausmaß der Beeinträchtigung für die Duldung nicht ausschlaggebend sein kann, ergibt sich beispielsweise auch aus §72 WRG 1959, wonach ua der Wasserberechtigte sogar die Einschränkung oder Einstellung der Wasserbenutzung zu dulden hat. In einem derartigen Fall ist der Wasserberechtigte lediglich auf Ersatzansprüche (§117) beschränkt.
Weiters ist die Rechtsfrage zu klären, ob durch die Weigerung zum Öffnen eines versperrt gehaltenen Schranken das Betreten und Benutzen eines Grundstückes nicht geduldet wird, oder ob die Aufforderung zum Öffnen des Schranken ein aktives Handeln beinhaltet, für welches aus §72 WRG 1959 keine Verpflichtung mehr abgeleitet werden kann. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ vertritt hiezu die Ansicht, daß von einem "Nicht-Dulden" immer dann gesprochen werden muß, wenn der Wasserberechtigte trotz Aufforderung ein Hindernis (egal welcher Art dieses ist und aus welchem Grunde dieses errichtet wurde), ohne das eine beabsichtigte Maßnahme ohne weiteres vorgenommen werden könnte, nicht beseitigt. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ besteht keinerlei vernünftiger Zweifel daran, daß das Versperrthalten eines Schrankens (auch wenn dieser aufgrund einer bescheidmäßigen Auflage errichtet wurde) trotz Aufforderung zum Öffnen eine Verletzung der im §72 statuierten Duldungspflicht darstellt. Es widerspricht jeder logischen Denkweise, Hindernisse zu errichten und diese trotz Aufforderung nicht zu beseitigen und dennoch die Meinung zu vertreten, man würde die beabsichtigten Maßnahmen ohne weiteres dulden. Die Berufungsbehörde kann daher auch in diesem Punkt der Rechtsmeinung der Berufungswerberin nicht nähertreten.
Ergänzend ist hiezu zu bemerken, daß §72 Abs1 leg cit nicht nur das Dulden des Betretens von Grundstücken beinhaltet, sondern generell das Benutzen von Grundstücken auch zum Zwecke des Zu- und Abfahrens, weshalb der Einwand der Beschuldigten, die Organe der Wasserrechtsbehörde bzw der Gewässeraufsicht hätten beidseitig des Schrankens sehr wohl das Deponiegelände betreten können, ebenfalls ins Leere geht.
Aufgrund dieser Umstände gelangt die Berufungsbehörde zur Ansicht, daß die Beschuldigte die ihr zur Last gelegte Verletzung der gemäß §133 Abs3 iVm §72 Abs1 WRG 1959 statuierten Duldungspflicht begangen hat.
Gemäß §5 Abs1 zweiter Satz VStG ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies bedeutet, daß bei sogenannten "Ungehorsamsdelikten" hinsichtlich des Verschuldens von einer Umkehr der Beweislast auszugehen ist.
Im konkreten Fall wird von Beschuldigtenseite darauf hingewiesen, daß in Anbetracht ihres hohen Alters und ihrer Pflegebedürftigkeit sie sich um die bezughabenden Angelegenheiten nicht mehr persönlich kümmere, sondern dies ihren Töchtern und ihrem Rechtsanwalt überlasse. Dies wäre auch der Grund dafür, daß die Beschuldigte von der beabsichtigten Maßnahme gar nichts gewußt hätte. Zurechnungsunfähigkeit wurde auf ausdrückliches Befragen nicht geltend gemacht.
Diese ins Treffen geführten Umstände sind nach Ansicht der Berufungsbehörde jedoch nicht geeignet, glaubhaft darzulegen, daß die Beschuldigte an der Verletzung der genannten Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies vor allem deswegen, da der bloße Umstand des Alters der Beschuldigten von 72 Jahren grundsätzlich nicht im mindesten einen Hinderungsgrund dafür darstellt, sich - vereinfacht ausgedrückt - um ihre Angelegenheiten zu kümmern. Die behauptete Gebrechlichkeit und Pflegebedürftigkeit richtet sich vorwiegend auf den körperlichen und nicht auf den geistigen Bereich einer Person, weshalb auch dieser Vorwurf ins Leere geht. Auf ausdrückliches Befragen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschuldigtenvertreter bekanntgegeben, daß Zurechnungsunfähigkeit nicht geltend gemacht werde. Da auch sonst keine Hinweise auf einen derartigen geistigen Zustand vorliegen, erübrigt sich diesbezüglich jede weitere Beweisaufnahme.
Die Beschuldigte hat persönlich das Schreiben der Wasserrechtsbehörde vom 3.10.1990 übernommen und wäre es ihr durchaus zuzumuten gewesen, dieses Schreiben auch persönlich zu lesen oder sich über den Inhalt berichten zu lassen. Aufgrund der Kenntnis des Inhaltes des Schreibens hätte sie ohne weiteres ihrem Rechtsvertreter oder auch ihren Töchtern, die sie ebenfalls vertreten, Anweisung zum Öffnen des Schranken geben können. Es wäre in diesem Zusammenhang nämlich nicht erforderlich gewesen, daß die Beschuldigte persönlich den Schranken bei der Deponieeinfahrt öffnet. Auch kann der Umstand, daß angeblich kein Schlüssel vorhanden gewesen wäre, die Beschuldigte nicht im mindesten exkulpieren. Die Beschuldigte ist Wasserberechtigte und hat daher dafür zu sorgen, daß sie jederzeit ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen kann, weshalb sie im konkreten Fall auch dafür zu sorgen gehabt hätte, jederzeit in den Besitz des erforderlichen Schlüssels zum Öffnen des Schrankens zu gelangen. Die behauptete Weitergabe des Schlüssels an Dritte muß daher zum Vorwurf gemacht werden.
Anders würde es sich lediglich dann verhalten, wenn ein Verpflichteter seinen Vertretern Weisung zu gesetzmäßigem Verhalten gibt und diese Vertreter trotz entsprechender Weisung sich nicht gesetzeskonform verhalten. Lediglich in einer derartigen Situation besteht unter Umständen die Möglichkeit des Exkulpierens seitens des Beschuldigten. Derartiges wurde jedoch nicht vorgebracht.
Hinsichtlich der Strafhöhe hat die Berufungsbehörde wie folgt erwogen:
Rechtsgrundlage hiefür ist §19 VStG, wonach als Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu dienen. Weiters sind im ordentlichen Verfahren die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Besonders ist das Ausmaß des Verschuldens zu berücksichtigen. Bei Verhängung von Geldstrafen haben überdies die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Berücksichtigung zu finden.
Nach eigenen Angaben bzw nach Angaben des Beschuldigtenvertreters bezieht die Beschuldigte eine Pension in Höhe von rund S 10.000,-- netto monatlich und ist Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Deponiegrundstücke.
Mildernd ist die bisherige Unbescholtenheit, erschwerend hingegen kein Umstand.
Zum Ausmaß der Schädigung bzw Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist festzustellen, daß dieses nicht unerheblich ist. Sinn und Zweck der Bestimmungen der §72 und 133 WRG 1959 ist im weiteren Sinn die Gewässerreinhaltung. Im konkreten Fall war ua die tatsächliche Grubensohltiefe zu ermitteln. Diese Kenntnis ist vor allem für die Ermittlung der Höhendifferenz zwischen Grubensohle und Grundwasserspiegel notwendig, um allfällige Auswaschungen des Deponieinhaltes zu verhindern.
Zum Verschuldensausmaß wird festgestellt, daß auch unter Berücksichtigung des Alters und der behaupteten Pflegebedürftigkeit ein Mindestmaß an Sorgfalt bei Besorgung der eigenen Angelegenheiten gefordert werden muß. Es wäre der Beschuldigten durchaus zuzumuten gewesen, das Schreiben der Wasserrechtsbehörde vom 3.10.1990 zu lesen oder sich über den Inhalt berichten zu lassen, um entsprechende Anweisungen an ihre Vertreter zu geben.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände sowie der vom Gesetz vorgesehenen Höchststrafe von S 10.000,-- erscheint aber die von der Erstbehörde sofort verhängte Höchststrafe als unangemessen hoch. Nach Meinung der Berufungsbehörde ist - auch unter dem Gesichtspunkt spezial- und generalpräventiver Überlegungen - mit 40 % der Höchststrafe das Auslangen zu finden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zur Spruchänderung wird noch ausgeführt, daß die Korrektur der Tatbeschreibung einerseits zur Vereinfachung und andererseits zur exakteren Orientierung am Gesetzestext vorgenommen wurde, ohne daß deswegen von einer unzureichenden Tatbeschreibung (§44a VStG) des angefochtenen Strafbescheides gesprochen werden kann. Die Korrektur der Straf- und Übertretungsnorm war erforderlich, da für das angelastete Verhalten eine spezielle Strafbestimmung (§137 Abs1 liti WRG 1959) existiert.