Die BW war mit Straferkenntnis einer Übertretung des §103 Abs2 KFG für schuldig befunden worden. Sie hatte nach Erhalt der Aufforderung der Behörde zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers geantwortet:
"Ihre Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers" vom 22.1.1992 erfolgte laut eigenen Angaben gemäß §103 Abs2 KFG 1967. Sie haben jedoch bei der Formulierung Ihres Auskunftsverlangens dem §103 Abs2 KFG nicht entsprochen, da die Frage, wer das Kraftfahrzeug zu einem gewissen Zeitpunkt gelenkt hat, im Gesetz nicht vorgesehen ist (VwGH 25.4.1977, 1247/76, VwGH 14.5.1980, 3339/80). Ich sehe mich daher nicht in der Lage Ihrem, in dieser Form gestellten, Auskunftsverlangen nachzukommen und erlaube mir den Hinweis auf einschlägige Urteile des VwGH in den Jahren 1975, 1977 und 1980.
In der Berufung führte sie weiters aus, daß sie zufolge einer schweren Krankheit schon seit Jahren nicht in der Lage sei, selbst Auto zu fahren, selbst den Schlüssel zu verwahren noch irgendwelche Aufzeichnungen darüber zu führen, wer das Fahrzeug zu welchem Zeitpunkt zur Verfügung hatte. Nach Erhalt der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers habe sie sich um Rat und Hilfe an ihren Rechtsfreund gewandt und bekam von diesem eine, wie sich nachträglich herausstellte, falsche Rechtsauskunft, auf deren Basis sie dann die "falsche" Lenkerauskunft gegeben habe.
Der UVS gab der Berufung keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Bestrafung.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Bachler über die Berufung der Frau Marianne S vom 6.8.1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat, vom 24.7.1992, Zahl Cst 152/Hg/92, wegen Übertretung des §103 Abs2 KFG 1967, entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerberin wird gemäß §64 Abs1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind S 1.000,--, auferlegt.
Begründung:
Die Berufung hat folgenden Wortlaut:
"Geltend gemacht werden die Berufungsgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie der unvollständigen Sachverhaltsfeststellung.
Nachdem die Behörde erster Instanz das Grunddelikt (Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit) noch mit S 2.000,-- bestrafen wollte, verhängte sie in der Strafverfügung bereits eine Strafe von S 3.000,-- und nach erfolgtem Einspruch dann im Straferkenntnis nunmehr S 5.000,--.
Die Behörde erster Instanz hat in Unkenntnis der persönlichen Umstände der Beschuldigten die Sache offensichtlich als einen persönlichen Affront aufgefaßt, ohne von Amts wegen Nachforschungen über den angeblich nicht geringen Verschuldensgrad der Beschuldigten durchzuführen.
Tatsächlich ist die Beschuldigte zufolge multipler Sklerose und Parkinsonscher Krankheit schon seit Jahren nicht in der Lage, selbst Auto zu fahren und wird dieses ihr gehörige Fahrzeug gelegentlich von Familienmitgliedern benutzt.
Die Beschuldigte ist aus gesundheitlichen Gründen weder in der Lage, den Schlüssel zu verwahren noch irgendwelche Aufzeichnungen darüber zu führen, wer das Fahrzeug zu welchem Zeitpunkt zur Verfügung hatte.
Beweis: vorzulegende ärztliche Bestätigungen, zeugenschaftliche Einvernahme des Mag. Helmut R, Rechtsanwaltsanwärter, pA des rechtsfreundlichen Vertreters der Beschuldigten.
Als die Beschuldigte dann die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers zugestellt bekam, wandte sie sich um Rat und Hilfe an ihren Rechtsfreund und bekam von diesem die, wie sich nachträglich herausstellte, falsche Rechtsauskunft, auf deren Basis dann die "falsche" Lenkerauskunft gegeben wurde. Die Beschuldigte hat somit all dies getan, was ihr im Rahmen ihrer Krankheit möglich war, um ihren Pflichten nachzukommen, sodaß ihr hinsichtlich der vorgeworfenen Tat an der subjektiven Tatseite fehlt.
Indem die Behörde erster Instanz aber, ohne daß das abgeführte Verfahren irgendeinen Hinweis hervorbrachte, einen nicht geringen Verschuldensgrad annahm, ist das Verfahren aber auch abgesehen von der unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Verschuldens auch hinsichtlich der Grundlagen für die Strafbemessungsgrundlagen mangelhaft geblieben.
Es wird daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis wegen mangelnder subjektiver Tatseite bzw wegen des nicht vorwerfbaren Rechtsirrtums zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu einem allfällig geringen Verschulden entsprechend eine Mahnung auszusprechen."
Die Berufungswerberin stellt damit klar, daß ihr die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers zugekommen ist. Sie beantwortete die Aufforderung am 12.2.1992 mit folgendem Schreiben auf der Rückseite des vorgesehen Formularabschnittes:
"Ihre "Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers" vom 22.1.1992 erfolgte laut eigenen Angaben gemäß §103 Abs2 KFG 1967. Sie haben jedoch bei der Formulierung Ihres Auskunftsverlangens dem §103 Abs2 KFG 1967 nicht entsprochen, da die Frage, wer das Kraftfahrzeug zu einem gewissen Zeitpunkt gelenkt hat, im Gesetz nicht vorgesehen ist (VwGH 25.4.1977, 1247/76; VwGH 14.5.1980, 3339/80).
Ich sehe mich daher nicht in der Lage Ihrem, in dieser Form gestellten, Auskunftsverlangen nachzukommen und erlaube mir den Hinweis auf einschlägige Urteile des VwGH in den Jahren 1975, 1976, 1977 und 1980."
Somit steht aus den Angaben der Berufungswerberin bereits als Sachverhalt fest, daß sie trotz Aufforderung der Behörde zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers diesen der Behörde nicht bekanntgab.
Die Berufung war daher als Infragestellen der rechtlichen Beurteilung dieses unstrittigen Sachverhaltes zu werten.
Hiezu wurde erwogen:
Durch die Anmeldung des Kraftfahrzeuges auf sie als Zulassungsbesitzerin übernahm die Berufungswerberin die Verpflichtung, sich mit den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen, welche für Zulassungsbesitzer von Kraftfahrzeugen Bedeutung haben, selbst vertraut zu machen. Im konkreten Fall kommt noch dazu, daß die Berufungswerberin bereits zweimal wegen Übertretung der Vorschrift des §103 Abs2 KFG 1967 rechtskräftig bestraft wurde (1990), ihr somit gerade diese Bestimmung besonders bekannt sein muß.
Dessen ungeachtet findet sich aber sogar auf dem Formular zu der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers eine allgemein verständliche Rechtsbelehrung. Aus diesen Gründen bestand für die Berufungswerberin daher keine Notwendigkeit, einen Rechtsfreund zwecks Rechtsauskunft über die Beantwortung zu befragen. Tat dies die Berufungswerberin dennoch, so trägt sie das Risiko einer unrichtigen Auskunft selbst.
Zum Einwand, die Berufungswerberin könne auf Grund ihrer Krankheit die Bestimmungen des KFG 1967 nicht einhalten, weshalb sie die subjektive Tatseite nicht begangen habe, ist ihr zu entgegnen, daß dies keinesfalls zutrifft, sondern ihr im Gegenteil Vorsatz in der Form der Wissentlichkeit vorzuwerfen ist. Denn wer eine freiweillige Willenshandlung (hier: Anmeldung bzw Aufrechterhaltung der Anmeldung eines Kraftfahrzeuges und der dadurch ausgelösten Übernahme der Pflichten der Zulassungsbesitzerin) im Bewußtsein vornimmt bzw aufrechterhält, die damit verbundenen Pflichten aus Krankheitsgründen nicht einhalten zu können, bezweckt zwar nicht unmittelbar den tatbildmäßigen Erfolg, weiß aber, daß der mit Strafe bedrohte Erfolg (hier: Nichterfüllung der Auskunftpflichten der Zulassungsbesitzerin gemäß §103 Abs2 KFG 1967) sicher mit seiner Handlung verbunden ist und handelt daher mit dolus principalis. Somit ist auch die subjektive Tatseite erwiesen, weshalb der erstinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen war.
Eine Herabsetzung der Strafe kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die Tat schädigte in erheblichem Maße das Interesse an der raschen Ermittlung der im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Person.
Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich groß, zumal der Zweck der Gesetzesbestimmung, nämlich die Ausforschung der im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Person, tatsächlich verhindert wurde und diese Person somit einer Strafverfolgung entzogen wurde.
Das Verschulden der Berufungswerberin war als erheblich anzusehen, da die Berufungswerberin vorsätzlich gehandelt hat und wurde bereits ausgeführt.
Bei der Strafbemessung wurden zwei gleichartige Verwaltungsvorstrafen als erschwerend gewertet, sowie die unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse, das unbedeutende Vermögen, das durchschnittliche Einkommen des Ehepartners und das Fehlen gesetzlicher Sorgepflichten berücksichtigt.
Zur Strafhöhe wird noch angemerkt, daß das zugrundeliegende Delikt (Schnellfahren) nur mit einer gesetzlichen Strafdrohung bis S 10.000,--, das der Berufungswerberin zur Last gelegte Delikt aber mit einer Strafe bis S 30.000,-- bedroht ist. Somit ist in der Verhängung einer höheren Strafe als nach dem Grunddelikt auch aus dem Grund der unterschiedlich hohen Strafdrohungen keine Unverhältnismäßigkeit zu erblicken.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis S 30.000,-- reichenden Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.
Dies auch deshalb, weil eine mildere Strafe nicht geeignet wäre, die Berufungswerberin von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuhalten.
Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 des VStG.