Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die am 24.9.1991 beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingelangte Beschwerde der Frau B B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr ..., 1020 Wien, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt infolge Ausweisung aus ihrer Wohnung, somit wegen Verletzung ihres gesetzlich gewährleisteten Rechts auf ungestörte Benützung der in ihrem Besitz befindlichen Wohnung Tür 2 im Hause Wien 17, M-gasse und ihrer Privatsphäre, wie folgt entschieden:
Die Beschwerde wird gemäß §67c Abs3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung:
Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer Beschwerde folgendes vor:
"Ich bin Mieterin der Wohnung Tür Nr2 im Haus ... Wien, M-g 4. Seit 24. Juli 1991 bin ich in dieser Wohnung ordnungsgemäß gemeldet; die Anmeldung von Strom und Gas auf meinen Namen für diese Wohnung ist am 25. Juli 1991 erfolgt und habe ich die Wohnung mit meiner Tochter E ständig bewohnt.
Am 12. August 1991 gegen 18.00 Uhr war ich in dieser Wohnung mit meiner Tochter E und einer Bekannten anwesend.
Plötzlich kamen mehrere Personen in Begleitung der Polizei und verlangten Einlaß in meine Wohnung. Ich wies darauf hin, daß ich ordnungsgemäß seit 24. Juli 1991 in meiner Wohnung gemeldet bin und habe den einschreitenden Polizeibeamten des Polizeikommissariates H meinen Meldezettel gezeigt. Trotzdem forderten mich die Polizeibeamten auf, die Wohnung zu verlassen. Unterdessen wurden von den anderen Personen meine Möbel und sonstigen Fahrnisse auf den Gang verbracht, sowie das Schloß der Eingangstür ausgetauscht.
Da ich die Wohnung weiterhin nicht verlassen wollte, wurde ich abermals von den Polizeibeamten mit Nachdruck dazu aufgefordert, wobei mir bei Nichtbefolgung die gewaltsame Entfernung angedroht wurde. Unter diesem Druck verließ ich mit meiner Tochter die Wohnung; wir mußten in der Folge in der Wohnung einer anderen Hausbewohnerin nächtigen. Dieser Vorfall wurde von mehreren Hausbewohnern beobachtet.
Es ist für mich kein Grund ersichtlich, warum meine Ausweisung aus der Wohnung erfolgte, zumal ich dort ordnungsgemäß gemeldet war und den Beamten auch meinen Meldezettel vorwies. Mangels jeglicher gesetzlicher Grundlage für dieses Vorgehen der Behörde ist daher der angefochtene Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt grob rechtswidrig. Tatsächlich waren die einschreitenden Beamten nicht nur in keiner Weise berechtigt, mich aus der Wohnung auszuweisen, sondern hätten vielmehr verhindern müssen, daß durch andere anwesende Personen meine Möbel und sonstigen Fahrnisse verbracht werden und das Schloß der Eingangstür unzulässigerweise ausgetauscht wird."
Demgegenüber führte die Bundespolizeidirektion Wien als belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, welche wiederum auf den von der Bundespolizeidirektion Wien am 21.10.1991 niederschriftlich aufgenommenen Angaben des einen am Einsatz beteiligten Sicherheitswachebeamten, RevI P, beruht, folgendes aus:
"Am 12.8.1991, 16.43 Uhr, wurde der Streifenkraftwagen "QU/1" nach Wien ..., M-g 4/2, bezüglich einer Mietstreitigkeit beordert. Am Einsatzort wurde von der vermeintlichen Mieterin, V N, Wien ..., K-g 8/12 wh, eine Entscheidung des Bezirksgerichtes Hernals vorgewiesen, die besagt, daß N berechtigt sei, das Schloß der Wohnungstür ändern und die derzeitige Mieterin delogieren zu lassen. Da die im Beschluß bezeichnete beklagte Partei nicht anwesend war, wurde N mitgeteilt, daß es für die Polizei mangels Kompetenz keine Möglichkeit zum Einschreiten gäbe. Die Amtshandlung wurde abgeschlossen und eine Eintragung im Tagesbericht des Wachzimmers ... veranlaßt.
Um 18.12 Uhr selben Tages (lt Funkstelle/ID) wurde der Streifenkraftwagen "QU/2" wiederum zur oa Adresse entsandt. Einsatzgrund war eine Streitschlichtung.
Bei Eintreffen der beiden Sicherheitswachebeamten, die von dem Einsatz um 16.43 Uhr nicht informiert waren, stand die Tür zur Wohnung M-g 4/2 weit offen. In der Wohnung selbst sowie am Gang und im Stiegenhaus hielten sich ca 30 (ausländische) Personen auf. Nach einigem Hin und Her konnte festgestellt werden, daß eine Gruppe aus vermutlich Angehörigen der tatsächlich wohnhaften N, eine andere aus Angehörigen der Vormieterin (offenbar B B - in der Folge kurz: die BF) bestand. Beide Streitparteien wiesen durch Meldezettel eine aufrechte Meldung an der genannten Örtlichkeit vor, wobei die Meldung der BF älteren Datums war. Zu den Streitigkeiten war es wegen des Austausches des Wohnungsschlosses gekommen.
N wurde auf Anfrage von den Sicherheitswachebeamten mitgeteilt, daß die Besitzverhältnisse von der Polizei nicht geklärt werden könnten. Sie wurde auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Hiebei wurden weder Gegenstände aus der Wohnung entfernt, noch Personen aus der Wohnung gewiesen, noch sonst irgendeine Form exekutiver Befehls- und Zwangsgewalt angewendet. Die Sicherheitswachebeamten nahmen auch nicht wahr, daß während ihrer Anwesenheit Gegenstände aus der Wohnung verbracht worden wären."
Mit Schreiben vom 7.1.1992 bestätigte die Beschwerdeführerin die Richtigkeit der Angaben in der Gegenschrift.
Somit war der Sachverhalt ausreichend geklärt und war die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.
Da demnach am 12.8.1991 um 18.12 Uhr (das Beschwerdevorbringen bezieht sich allein auf die Amtshandlung um ca. 18.00 Uhr, nicht aber auf das vorherige vor 17.00 Uhr erfolgte Einschreiten) die Tür der Wohnung M-g 4/2 bei Eintreffen der beiden Sicherheitswachebeamten weit offen stand, kann von einem gewaltsamen Eindringen der Polizisten wohl nicht die Rede sein. Ebensowenig kann aufgrund der von der Beschwerdeführerin nicht mehr in Abrede gestellten Ausführungen in der Gegenschrift als erwiesen angesehen werden, daß die Beschwerdeführerin von den Sicherheitswachebeamten gezwungen wurde, die Wohnung zu verlassen, oder daß die Polizeiorgane etwas mit der Verbringung von Möbeln aus der Wohnung oder mit dem Austausch des Wohnungsschlosses zu tun hatten, da die Polizeibeamten nur zwecks Streitschlichtung zur Wohnung der Beschwerdeführerin kamen und die Beschwerdeführerin, als die Beilegung des Streits nicht möglich war (sowohl die Beschwerdeführerin als auch eine andere Person wiesen einen
Meldezettel für die gegenständliche Wohnung vor), auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Da somit gar keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien vorlag, mangelt es an einem tauglichen Beschwerdegegenstand und war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.