TE UVS Niederösterreich 1992/10/07 Senat-ZT-92-002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.1992
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, grundsätzlich keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Das Ausmaß der verhängten Strafe wird jedoch auf S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) herabgesetzt.

 

Der Kostenbeitrag beträgt für das Verfahren erster Instanz S 50,--.

 

Der Strafbetrag und die Verfahrenskosten sind binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn M       R

vorgeworfen, am 1.9.1991 um 24,00 Uhr auf der L      im Ortsgebiet

von S           nächst Hausnummer    als Lenker des Fahrzeuges mit

dem Kennzeichen         der durch deutlich sichtbare Zeichen

(Rotlicht der Taschenlampe) erfolgten Aufforderung eines Organes der Straßenaufsicht zum Anhalten keine Folge geleistet zu haben. Hiefür wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte Berufung und verwies darin auf seine im bisherigen Verfahren getätigten Angaben. Diesem ist zu entnehmen, daß es zwar richtig sei, daß er das Haltezeichen des Gendarmeriebeamten gesehen habe. Er habe jedoch deshalb nicht angehalten, da er Stuhlgang verspürt habe. Diesbezüglich legte er auch eine Bestätigung eines Arztes vor, aus der hervorgeht, daß er wegen heftiger Durchfallserkrankung nicht in der Lage war, den Anweisungen des Gendarmeriebeamten Folge zu leisten.

 

Von der Bezirkshauptmannschaft xx wurde ein Gutachten des Amtsarztes eingeholt, aus der hervorgeht, daß Herr R       jedenfalls in der Lage gewesen sei, das Fahrzeug jederzeit anzuhalten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §97 Abs5 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffenden Amtshandlungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

 

Nach §99 Abs4 liti StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 1.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 48 Stunden zu bestrafen, wer in anderer als der in den Absätzen 1 und 2 sowie im Abs3 lita bis h bezeichneten Weise Gebote, Verbote oder Beschränkungen, sowie Auflagen, Bedingungen oder Fristen in Bescheiden nicht beachtet.

 

Unzweifelhaft und vom Beschuldigten auch unbestritten ist die Tatsache, daß dieser zur Tatzeit von einem Organ der Straßenaufsicht durch deutlich sichtbares Zeichen (Rotlicht der Taschenlampe) zum Anhalten aufgefordert wurde und er dieser Aufforderung nicht Folge geleistet hat.

 

Nach §5 Abs1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Bei sogenannten Ungehorsamsdelikten wie im gegenständlichen Fall ist derartige Fahrlässigkeit schon dann anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die vom Berufungswerber im Zuge des Verfahrens vorgebrachten Umstände (Durchfallerkrankung) sind nicht geeignet, eine schuldbefreiende Wirkung für das gesetzte rechtswidrige Verhalten zu erzielen. Dem Beschuldigten ist nämlich bereits grundsätzlich eine Einlassungsfahrlässigkeit vorzuwerfen. Diese besteht in der Mißachtung der Tatsache, daß er ein Fahrzeug nur dann lenken und in Betrieb nehmen darf, wenn er dazu geistig und körperlich in der Lage ist. Dies setzt auch voraus, daß er in der Lage sein muß, sämtliche im Straßenverkehr auftretenden Gefahren zu bewältigen und alle vorhandenen Gebote und Verbote sowie Anweisungen von Straßenaufsichtsorganen zu erfüllen. Ist eine Erkrankung so schwerwiegend, daß er dazu nicht in der Lage ist, so hätte er am Straßenverkehr überhaupt nicht teilnehmen dürfen. Dem Beschuldigten ist daher hinsichtlich des vorgeworfenen strafbaren Verhaltens jedenfalls zumindest Fahrlässigkeit anzulasten, weshalb erwiesen ist, daß er nicht nur tatbildmäßig, sondern auch schuldhaft gehandelt hat. Die Berufung erweist sich daher als unbegründet.

Zur Strafzumessung ist festzustellen:

 

Nach §19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen.

 

Eine Verletzung des durch die Strafdrohung geschützten Interesses war im konkreten jedenfalls deshalb gegeben, da durch die Mißachtung der Aufforderung zum Anhalten eine Überprüfung durch die Straßenaufsichtsorgane dahingehend, ob der Verkehrsteilnehmer die straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen eingehalten hat, vereitelt wurde. Laut Vorstrafenregister liegt keine einschlägige rechtskräftige Vorstrafe vor. Zu berücksichtigen sind allerdings die vom Beschuldigten in der Vernehmung am 27.12.1991 angegebenen persönlichen Verhältnisse, sowie die Tatsache, daß für die gegenständliche Übertretung ein Strafrahmen bis zu S 1.000,-- Geldstrafe vorgesehen ist. Die von der Bezirkshauptmannschaft xx verhängte Geldstrafe würde daher der gesetzlichen Höchststrafe entsprechen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die Verhängung einer Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) angemessen und ausreichend, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

 

Gemäß §64 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz 10 % der verhängten Strafe. Es ist daher ein Gesamtbetrag von S 550,-- zu entrichten.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e VStG abgesehen werden, da die Entscheidung lediglich von einer Rechtsfrage abhängig war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten