Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der BW schuldig erkannt, das Verkehrszeichen "Fahrstreifen für Omnibusse" (mit dem Zusatz "ausgenommen Taxi") nicht beachtet zu haben, indem er den für Busse vorgesehenen Fahrstreifen benutzte.
In seiner dagegen erhobenen Berufung bestreitet der BW den objektiven Tatbestand nicht. Er bringt aber vor, daß infolge eines Flohmarktes in der N-gasse das Verkehrsaufkommen in der Ne-gasse sehr hoch gewesen sei und er deshalb die Busspur mit seinem Fahrzeug benützt habe, da auf dieser kein Autobus unterwegs gewesen und somit auch keine Behinderung durch sein Fahrzeug erfolgt war. Weiters sei er verhalten gewesen dringende geschäftliche Termine wahrzunehmen und habe sich der Berufungswerber in großem Zeitdruck befunden, der für ihn sohin eine Notstandssituation geschaffen habe, sodaß das vorliegende Vergehen subjektiv nicht anzulasten gewesen sei. Jedenfalls hätte im vorliegenden Fall eine Verwarnung ebenfalls den Zweck zu erreichen vermocht.
Der UVS gab der Berufung keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Kurzmann über die Berufung des Herrn Ben A, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat vom 4.6.1992, Zahl Pst 3822/N/92, wegen Übertretung des §9 Abs5 StVO in Verbindung mit §53 Z25 StVO 1960, wie folgt entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 120.--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, am 27.9.1991, um 14.30 Uhr in Wien, N-gasse, Richtung stadtauswärts als Lenker des Kfz mit dem Kennzeichen W-34 die auf der Fahrbahn deutlich sichtbar angebrachte Bodenmarkierung "BUS", sowie das deutlich sichtbar aufgestellte Verkehrszeichen "Fahrstreifen für Omnibusse" (mit dem Zusatz: "ausgenommen Taxi") nicht beachtet zu haben, indem er den für Busse vorgesehenen Fahrstreifen benutzte.
Hiedurch habe er §9 Abs5 StVO iVm §53 Ziff25 StVO verletzt, weswegen über ihn eine Geldstrafe von S 600.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) gemäß §99 Abs3 lita StVO verhängt und ihm ein entsprechender Verfahrenskostenbeitrag auferlegt wurde.
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber den objektiven Tatbestand nicht bestreitet. Er bringt aber vor, daß infolge eines Flohmarktes in der N-gasse das Verkehrsaufkommen in der Ne-gasse sehr hoch gewesen sei und er deshalb die Busspur mit seinem Fahrzeug benützt habe, da auf dieser kein Autobus unterwegs gewesen und somit auch keine Behinderung durch sein Fahrzeug erfolgt war. Weiters sei er verhalten gewesen dringende geschäftliche Termine wahrzunehmen und habe sich der Berufungswerber in großem Zeitdruck befunden, der für ihn sohin eine Notstandssituation geschaffen habe, sodaß das vorliegende Vergehen subjektiv nicht anzulasten gwesen sei. Jedenfalls hätte im vorliegenden Fall eine Verwarnung ebenfalls den Zweck zu erreichen vermocht.
Dazu ist auszuführen, daß der Tatsache des Zustandekommens der Übertretung aufgrund einer beruflichen Tätigkeit bzw zur Einhaltung wichtiger geschäftlicher Termine keine schuldausschließenden Wirkungen zukommen.
Notstand kommt einem Täter nur unter der Voraussetzung zugute, daß die Verletzung der Norm das einzige zur Beseitigung einer drohenden Gefahr zur Verfügung stehende Mittel ist. Weiters ist Notstand nur dann gegeben, wenn eine Verwaltungsübertretung zur Abwendung unmittelbar drohender Gefahr erfolgt, die so groß ist, daß sich der Täter im unwiderstehlichen Zwang befindet, eher die in Betracht kommende Vorschrift zu übertreten, als das unmittelbar drohende Übel über sich ergehen zu lassen.
Schließlich kann Notstand auch nur dann angenommen werden, wenn derjenige, der gesetzwidrig handelt, nur durch das verbotswidrige Handeln ein angeblich gefährdetes Rechtsgut retten kann. Wird nun der Sachverhalt des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens mit den obgenannten Notstandssituationen verglichen, so herrscht wohl in keinem der angführten Punkte Übereinstimmung.
Da jeder Kraftfahrer damit rechnen muß, in bestimmten Gebieten zu bestimmten Tageszeiten einen regen Verkehrsfluß vorzufinden, wäre es für den Berufungswerber daher leicht möglich gewesen, sich auf diese Situation einzustellen, zB auf die Inbetriebnahme seines Fahrzeuges zu verzichten und andere Möglichkeiten wie Inanspruchnahme eines Taxis oder des gut ausgebauten Netzes der öffentlichen Verkehrsmittel, in Anspruch zu nehmen. Andererseits hätte er so rechtzeitig sein Fahrziel in Angriff zu nehmen gehabt, daß ihm die Einhaltung der Termine auch ohne einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung möglich gewesen wäre.
Es kann überhaupt nicht angenommen werden, daß der Berufungswerber unverschuldet in eine Notstandssitiuation geraten ist bzw, daß die Übertretung der Verwaltungsvorschrift aufgrund einer Notstandssituation erforderlich war. Eine zeitliche Häufung von beruflichen Agenden, beziehungsweise die Notwendigkeit, geschäftliche Obliegenheiten mit gebotener Raschheit und Pünktlichkeit wahrzunehmen, können daher hinsichtlich vorliegender Verwaltungsübertretung keinesfalls als schuldausschließende Umstände gewertet werden.
Somit war neben der unbestritten gebliebenen Tatbestandsverwirklichung auch ein Verschulden dem Berufungswerber zuzurechnen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Gemäß §21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.
Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Eine Anwendung der oben zitierten Gesetzesstelle und die Erteilung einer Ermahnung kam im gegenständlichen Fall aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das, an der Aufrechterhaltung der Verkehrsflüssigkeit und der Bevorzugung bestimmter Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs (Bus und Taxi), bestehende Interesse, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering war.
Da der Berufungswerber, wie sich aus seiner eigenen Rechtfertigung ergibt, vorsätzlich gehandelt hat, war das Verschulden als erheblich anzusehen.
Auch schien der Berufungsbehörde die Erteilung einer bloßen Ermahnung des Berufungswerbers nicht geeignet, den Berufungswerber von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Bei der Strafbemessung wurde auch eine auf der gleichen Neigung beruhende Verwaltungsvorstrafe sowie das eher überdurchschnittliche Einkommen, das nicht unbedeutende Vermögen und die Sorgepflicht für 3 Kinder berücksichtigt.
Der Tatbestand des §53 Ziff25 StVO 1960 stellt kein Erfolgsdelikt dar; es kommt daher nicht auf eine konkrete Behinderung des Verkehrs bzw bestimmter Fahrzeuge an (VwGH v 24.6.1983, 83/02/0047-7).
Bemerkt wird jedoch, daß das Vorliegen einer solchen Behinderung als erheblich nachteilige Folge des deliktischen Verhaltens bei der Strafbemessung als erschwerend zu berücksichtigen ist. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis 10.000.-- S reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal besondere Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind.
Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam daher nicht in Betracht. Gemäß §51e Abs2 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen, da über eine Rechtsfrage abzusprechen war und deren Durchführung nicht beantragt worden war.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.