Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch dahingehend abgeändert, daß die Zitierung des §76 Abs5 KFG 1967 entfällt.
Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52,
S 600,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.
Weiters sind binnen 2 Wochen der Strafbetrag von S 3.000,-- sowie die Verfahrenskosten I. Instanz von S 300,-- zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des §64 Abs1 iVm §76 Abs5 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt. In diesem Straferkenntnis wurde als erwiesen angesehen, daß der Beschuldigte am 13. August 1991 um 16,10 Uhr in xx auf der
straße, Höhe des Gendarmeriepostens, Fahrtrichtung yy, den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt hat, ohne im Besitz der hiezu erforderlichen Lenkerberechtigung zu sein; die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen wurde dem Beschuldigten mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 11. Juli 1991, Zl , aberkannt.
Der Beschuldigte hat gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht
berufen. Er macht geltend, das Fahrzeug sei nicht von ihm, sondern
von Herrn F M , der auch als Zeuge im Verfahren ausgesagt
habe, gelenkt worden. Außerdem sei es vollkommen unlogisch, wenn er
am Gendarmerieposten , wo er bekannt sei, ohne Führerschein
vorbeifahren würde. Er berufe gegen Schuld und Strafe.
Im Hinblick auf diese Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ am 7. Oktober 1992 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
Der Beschuldigte ist trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Die Ladung wurde am 15. September 1992 am Postamt
hinterlegt und gilt gemäß §17 Abs3 des Zustellgesetzes mit diesem Zeitpunkt als zugestellt, obwohl die Ladung am 7. Oktober 1992 dem Unabhängigen Verwaltungssenat als nicht behoben vom Postamt
rückgemittelt wurde. Eine allfällige Ortsabwesenheit des Beschuldigten zum Hinterlegungszeitpunkt kann ausgeschlossen werden, da dieser die am 16. September 1992 hinterlegte Ladung für eine weitere für den 7. Oktober 1992 anberaumte Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat (Zl Senat- ) am 17. September 1992 beim Postamt behoben hat. Gemäß §51f Abs2 VStG hindert das Nichterscheinen einer ordnungsgemäß geladenen Partei weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung eines Erkenntnisses.
Als Zeugen wurden Herr A K , Herr Bez Insp H H und
Herr Insp M S einvernommen.
Der Zeuge A K , der Cousin des Beschuldigten, hat lediglich
angegeben, sich an den gegenständlichen Vorfall nicht mehr erinnern
zu können. Die als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten haben
übereinstimmend angegeben, sie seien zum angegebenen Tatzeitpunkt
gerade vor dem Gendarmerieposten bei ihrem
Dienstkraftwagen gestanden. Der Beschuldigte, der beiden von früheren Amtshandlungen her gut bekannt sei, sei mit seinem PKW mit einer relativ geringen Geschwindigkeit (30-40 km/h) unmittelbar an ihnen in Fahrtrichtung yy vorbeigefahren. Sie hätten dann versucht, den Beschuldigten mit dem Gendarmeriefahrzeug zu verfolgen, infolge des starken Verkehrsaufkommens sei dies jedoch nicht möglich gewesen. Eine Verwechslung des Beschuldigten könne ausgeschlossen werden.
Dem in der Verhandlung verlesenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 11. Juli 1991, Zl 10- zufolge, welcher Herrn P K am 20. Juli 1991 zugestellt wurde, erfolgte die Entziehung der Lenkerberechtigung auf die Dauer von 15 Monaten ab Zustellung des Bescheides, also vom 20. Juli 1991 bis zum 20. Oktober 1992.
Weiters in der Verhandlung verlesen wurde die Aussage des Herrn F
M vor dem Bezirksgericht vom 17. Dezember 1991, Zl
, die wie folgt lautet:
"Es stimmt schon, daß P K damals gefahren ist. Da ich
damals bei ihm wohnte, sagte er mir, ich solle aussagen, daß ich
gefahren sei. Ich habe das aus Dankbarkeit, weil ich bei ihm wohnen
durfte, gemacht. Der ganze Vorfall tut mir leid, ich werde das nie
mehr wieder tun."
Ebenfalls verlesen wird der Protokolls- und Urteilsvermerk
betreffend die Fortsetzung der genannten Verhandlung vor dem
Kreisgericht am 2. Juni 1992, Zl ,
. Diesem Urteil zufolge hat F M am 2. September 1991 in xx
vor einem Beamten der Bezirkshauptmannschaft als Zeuge bei seiner
förmlichen Vernehmung zur Sache in der Verwaltungsstrafsache gegen P
K wegen des §64 Abs1 KFG, Zl 3- , durch die Angaben
"es ist richtig, daß ich am 13.8.1991 gegen 16,10 Uhr mit dem PKW
des P K , Kennzeichen , in auf der
straße gefahren bin. Ich habe damals A K , Cousin des
Beschuldigten, auf die höhe geführt. Ich bin damals vom "s
E " kommend auf der Hauptstraße Richtung gefahren. Der
Beamte hätte mich daher sehr gut erkennen müssen, weil die Lenkerseite, somit ich, dem Beamten zugewandt war" falsch ausgesagt.
Eine Ladung des Herrn F M als Zeugen zur Verhandlung vor dem
Unabhängigen Verwaltungssenat war nicht möglich, da der derzeitige
Aufenthalt des Herrn M nicht eruiert werden konnte.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Der einvernommene Zeuge A K konnte sich an den in Rede
stehenden Vorfall überhaupt nicht mehr erinnern. Der vom
Berufungswerber namhaft gemachte Zeuge F M konnte in der
Verhandlung nicht einvernommen werden. Dieser hat jedoch vor Gericht angegeben, bei seiner Aussage vor der Bezirkshauptmannschaft xx im erstinstanzlichen Verfahren die Unwahrheit gesagt zu haben; zum angegebenen Tatzeitpunkt sei nicht er selbst, sondern der Berufungswerber mit dessen Auto gefahren. Diese Angaben decken sich mit den völlig übereinstimmenden und glaubwürdigen Aussagen der einvernommenen Gendarmeriebeamten, sie hätten den Berufungswerber, der in geringer Entfernung mit geringer Geschwindigkeit an ihnen vorbeigefahren sei, eindeutig erkannt.
Zum Vorbringen des Berufungswerbers, es sei unlogisch, ohne Führerschein am Gendarmerieposten , wo er bekannt sei, vorbeizufahren, wird bemerkt, daß unlogisches Verhalten von Verkehrsteilnehmern eine zwar nicht wünschenswerte, nach der Lebenserfahrung jedoch keineswegs seltene Erscheinung ist.
Es besteht daher für die Berufungsbehörde nicht der geringste Zweifel, daß der Berufungswerber selbst am 13. August 1991 um 16,10 Uhr mit dem PKW am Gendarmerieposten
vorbeigefahren ist und somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat (daß er zu diesem Zeitpunkt keine Lenkerberechtigung besaß, hat der Berufungswerber nicht bestritten).
Hinsichtlich der Strafhöhe wurde erwogen:
Der Beschuldigte hat ein Kraftfahrzeug ohne die dafür erforderliche Lenkerberechtigung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt. Dieses Verhalten stellt eine erhebliche Gefährdung jener Interessen dar, deren Schutz die Strafdrohung dient. Da das Lenken von Kraftfahrzeugen mit besonderen Gefahren verbunden ist, besteht nämlich ein großes Interesse der Allgemeinheit daran, daß nur bestimmte (nämlich fachlich, physisch und psychisch geeignete sowie zuverlässige) Personen als Lenker von Kraftfahrzeugen am Straßenverkehr teilnehmen.
Was das Ausmaß des Verschuldens betrifft, so ist dies nach Auffassung der Berufungsbehörde als hoch einzustufen, da der Beschuldigte den gegenständlichen PKW auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat, obwohl er wußte, daß er nicht im Besitz der erforderlichen Lenkerberechtigung der Gruppe B war; es ist ihm daher vorsätzliches Handeln anzulasten.
Nach den im Akt befindlichen Angaben hat der Beschuldigte kein Vermögen und bezieht eine monatliche Notstandsunterstützung von ca S 8.400,--. Er ist für zwei Kinder sorgepflichtig; seine Gattin ist halbtags berufstätig.
Milderungs- oder Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Bei der Strafbemessung ist auch davon auszugehen, daß nicht nur der Beschuldigte selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer in Hinkunft von einem gleichgelagerten strafbaren Verhalten abgehalten werden sollen.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist die Berufungsbehörde der Ansicht, daß die verhängte Strafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) durchaus schuld- und tatangemessen ist, obwohl sich diese Strafe nur im unteren Bereich des vom Gesetz vorgeschriebenen Strafrahmens (Geldstrafe bis zu S 30.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen) hält.
Da das erstinstanzliche Straferkenntnis durch die Berufungsbehörde zu bestätigen war, ist der Berufungswerber gemäß §64 VStG verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens im Ausmaß von 20 % der verhängten Geldstrafe - somit S 600,-- - zu bezahlen.
Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß hinsichtlich des somit insgesamt zu bezahlenden Geldbetrages von S 3.900,-- die Möglichkeit besteht, bei der Bezirkshauptmannschaft xx um Zahlungserleichterung (zB Stundung oder Ratenzahlung) anzusuchen; ein derartiges Ansuchen wäre allerdings mit einer S 120,-- Bundesstempelmarke zu vergebühren.
Da eine Übertretung gemäß §76 Abs5 KFG 1967 nur zwischen der vorläufigen Abnahme des Führerscheines durch Organe des Öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Erlassung des Bescheides auf Entzug der Lenkerberechtigung möglich ist, hingegen ab Erlassung eines Bescheides auf Entziehung der Lenkerberechtigung bis zum Ablauf der Entziehungsdauer oder bis zur Wiedererteilung einer Lenkerberechtigung begrifflich nur eine Übertretung gemäß §64 Abs1 KFG 1967 in Betracht kommt und im vorliegenden Fall den Beschuldigten der Führerschein mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 11. Juli 1991 vorübergehend entzogen wurde, war die zusätzliche Angabe des §76 Abs5 KFG 1967 als übertretene Norm (neben der richtig zitierten Norm des §64 Abs1 KFG 1967) im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zu streichen.