Die BW war mit Straferkenntnis für schuldig erkannt worden, nicht dafür gesorgt zu haben, daß der Gehsteig in W, E-gasse auf einer Länge von ca 20 m um 20.55 Uhr bei Glatteis bestreut wurde. Die BW führte in der Berufung dagegen aus, daß an diesem Tag zu folgenden Zeitpunkten Fahrer zur gegenständlichen Adresse entsendet wurden: ca 3.00 Uhr, ca 10.00 Uhr, ca 15.00 Uhr, ca 18.00 Uhr. Ab ca 11.00 Uhr war das Salzstreuverbot an diesem Tag aufgehoben, sodann wurde Salz verwendet. Die Streukfz bestreuen Gehsteige in einer Breite von 1,5 - 2 m. Der UVS stellte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung fest, daß um 20.55 Uhr der Gehsteig auf einer Länge von ca 20 m und einer Breite von 1,5 m (bei einer Gehsteigbreite von gesamt 2,0 m) nicht bestreut war. Es befand sich dort eine zentimeterdicke Eisschichte. Die verbleibenden 50 cm waren gereinigt und bestreut. Die E-gasse weist ein Gefälle von der dort befindlichen Grünfläche zum Gehsteig auf, sodaß das Wasser auf den Gehsteig rann und anfror. Der UVS gab der Berufung in der Schuldfrage keine Folge, setzte aber die Strafe herab, weil die BW unbescholten war und die verhängte Strafe im Hinblick auf den bis S 1.000,-- reichenden Strafsatz unangemessen hoch schien.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat über die Berufung der Frau R, vertreten durch RA Dr D, in W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Hietzing vom 17.7.1992, AZ: Pst 3505/HG/91, wegen Übertretung des §93 Abs1 StVO 1960 entschieden:
Auf Grund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung und nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28.10.1992 wird das angefochtene Straferkenntnis gemäß §66 Abs4 AVG in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat:
"Die Beschuldigte R hat nicht dafür gesorgt, daß der Gehsteig in Wien 13, Erzbischofgasse (Ecke Schweizertalstraße 0Nr 1) auf einer Länge von ca 20 m am 18.12.1991 um 20.55 Uhr bei Glatteis bestreut wurde.
Die Geldstrafe von S 800,-- wird auf S 400,--, bei Uneinbringlichkeit 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt. Dementsprechend wird der erstinstanzliche Kostenbeitrag gemäß §64 Abs2 VStG auf S 40,-- ermäßigt.
Gemäß §65 VStG wird der Berufungswerberin ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.
Begründung:
Die Berufungswerberin bestreitet die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und führt im wesentlichen aus, daß der der Gehsteig am Tatort am Vorfallstag mehrmals gesäubert und bestreut worden sei.
Zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 28.10.1992 anberaumt, zu der die rechtsfreundlich vertretene Berufungswerberin und der Meldungsleger geladen wurden.
Anläßlich der Einvernahme der Berufungswerberin in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.1992 führte diese wie folgt aus:
"Ich bin die Inhaberin der protokollierten Firma W. Der Gehsteig am Tatort wurden am 18.12.1991 zu folgenden Zeitpunkten Fahrer von mir entstand: ca 03.00 Uhr, ca 10.00 Uhr, ca 15.00 Uhr, ca 18.00 Uhr. Ab ca 11.00 Uhr war das Salzstreuverbot an diesem Tag aufgehoben und wurden von uns die Gehsteige auch mit Salz bestreut. Es werden von uns KFZ eingesetzt, die in einem Ausmaß von ca 1 1/2 bis 2 m streuen. Der Gehsteig in der Erzbischofg ist ca 70 m lang und wird auch der angrenzende Gehsteig in der Schweizerthalstr von meiner Firma betreut. In ca der Mitte des von uns betreuten Gehsteiges id Erzbischofg befindet sich eine Bushaltestelle, die neben meiner Firma auch von einer anderen Firma gereinigt u bestreut wird."
Der Meldungsleger deponierte anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.1992 folgenden Sachverhalt:
"Ich kann mich an den Vorfall v 18.12.91 noch gut erinnern. Ich war damals im WZ Preindlg dienstzugeteilt und wurden wir durch einen Anruf darauf aufmerksam gemacht, daß an der Ecke Erzbischofg/Schweizerthalstr der Gehsteig nicht geräumt sei. Ich bin dann mit dem StkW zur besagten Örtlichkeit gefahren, bin ausgestiegen und konnte dabei folgendes feststellen: In der Erzbischofg war der Gehsteig auf einer Länge von ca 20 m von der Kurve Schweizerthalstr Richtung Wittusg auf einer Breite von ca 1,5 m nicht bestreut. Es befand sich dort eine zentimeterdicke Eisschichte. Der Gehsteig ist dort ungefähr 2 m breit und war der Gehsteig an der gegenständl. Örtlichkeit in einem Ausmaß von ca 50 cm gereinigt und bestreut.
Der Gehsteig war sowohl in der Schweizerthalstr als auch im restl Bereich der Erzbischofg geräumt und bestreut.
Im Bereich der Erzbischofg ist ein Gefälle von der dort befindl Grünfläche zum Gehsteig und erkläre ich mir die Eisschicht am Tatort so, daß das Wasser von der Wiese allmählich auf den Gehsteig geflossen ist.
Vor dem Vorfallstag wurde der Gehsteig am Tatort zuletzt am 8.12.1991 gereinigt und bestreut."
Die erkennende Behörde schenkt der zeugenschaftlichen Aussage des Meldungslegers aus nachstehenden Gründen Glauben:
Der Meldungsleger unterliegt auf Grund seines Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und träfen ihm im Falle einer Verletzung dieser Pflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen. Es besteht kein Anlaß, an seinen Angaben anläßlich seiner zeugenschaftlichen Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.1992 zu zweifeln, zumal diese Angaben schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar sind. Der Meldungsleger hinterließ bei der erkennenden Behörde einen glaubhaften, versierten Eindruck und muß ihm schon auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung zugemutet werden, für den Verkehr relevante Tatsachen Sachverhalte objektiv und richtig festzustellen und wiederzugeben. Hiezu zählt zweifellos die Feststellung, ob ein Gehsteig entsprechend den winterlichen Verhältnissen ordnungsgemäß bestreut und gereinigt wurde. Für die erkennende Behörde ist außerdem kein Grund ersichtlich, warum der Meldungsleger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig belasten sollte. Die Berufungswerberin war hingegen zur Tatzeit nicht am
Tatort und beruhen daher ihre Angaben über die Verhältnisse am Tatort nur auf Vermutungen.
Da für die erkennende Behörde nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 28.10.1992 der maßgebliche Sachverhalt ausreichend geklärt erscheint, war die Aufnahme weiterer Beweise nicht notwendig.
§93 Abs1 StVO 1960 normiert ua, daß die entlang einer Liegenschaft im Ortsgebiet in einer Entfernung von nicht mehr als 3 m vorhandenen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 6 bis 22 Uhr von Schnee und Verunreinigungen zu säubern sowie bei Schee und Glatteis zu bestreuen sind. Die Verpflichtung den Gehsteig am Tatort entsprechend der Bestimmung des §93 Abs1 StVO 1960 zu betreuen, wurde der Berufungswerberin durch Rechtsgeschäft gemäß §93 Abs5 leg cit übertragen.
Zum Einwand der Berufungswerberin, daß weitere Streuungen am Tattag nicht zumutbar gewesen seien, weil sich in Folge wiederholter Regenfälle ständig neues Glatteis bildete, wird entgegengehalten, daß sich aus dem von der Berufungswerberin beigebrachten Meteorologischen Gutachten vom 14.1.1992 ergibt, daß es am 18.12.1991 in Wien zu Glatteisbildung kam, wobei dieses nur bis etwa 16.00 Uhr in Folge der Niederschlagstätigkeit ständig neu gebildet wurde. Im übrigen wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9.9.1983, 83/02/0127 verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausführt, daß dem Gesetz nicht entnommen werden kann, daß die Säuberungen und Bestreuung der Gehsteige bei andauerendem Schneefall und starkem Wind unterbleiben dürfen, zumal sich diese Maßnahme gerade in einer solchen Situation im Interesse eines geordneten Fußgängerverkehrs als besonders notwendig erweisen.
Da für die erkennende Behörde auf Grund des durchgeführten Beweisverfahren als erwiesen feststeht, daß der Gehsteig am Tatort zur Tatzeit bei Glatteisbildung nicht bestreut war und es der Berufungswerberin nicht gelang glaubhaft zu machen, daß ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen ist, war die ihr zur Last gelegte Tat als erwiesen anzunehmen.
Die Abänderung im Spruche diente der genaueren Tatumschreibung und Anpassung an den Straftatbestand.
Die Strafe wurde spruchgemäß herabgesetzt, da die Berufungswerber unbescholten ist und im Hinblick auf den bis S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe reichenden gesetzlichen Strafsatz, die von der erstinstanzlichen Behörde verhängte Strafe unangemessen hoch erscheint. Eine weitere Herabsetzung der Strafe kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an einem geordneten Fußgängerverkehr, weshalb der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering zu werten war.
Das Verschulden der Berufungswerber kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder das die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Bei der Strafbemessung wurde auch die zur Tatzeit vorgelegene verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie die angeführten durchschnittlichen Einkommensverhältnisse, die Vermögensverhältnisse (Hausbesitzerin) und das Fehlen einer
gesetzlichen Sorgepflicht berücksichtigt.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis S 1.000,-- reichenden Strafsatz ist die im unteren Bereich der Strafdrohung verhängte Geldstrafe nunmehr angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere besondere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.